This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as pari of a project
to make the world's books discoverable online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A pubHc domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the pubUc domain may vary country to country. PubHc domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long joumey from the
pubUsher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with Libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing techrücal restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthe files We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine
translation, optical character recogiütion or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we beüeve a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from countiy to country, and we can't offer guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement UabiHty can be quite severe.
About Google Book Search
Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world's books while helping authors and pubUshers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web
at http : //books . google . com/
über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
-I- Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
-I- Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Vei'wendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentHch zugängHch ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugängHch ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzHch zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheben'echtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugängHch zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu en'eichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http : / /books . google . com durchsuchen
. ^v^/L--nr*-M. /T
ZEITSCHRIFT
PUB
VERGLEICHENDE
SPRACHFORSCHUNG
AUF DEM GEBIETE DES
DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN UND LATEINISCHEN
HERAUSGEOEBEN
VON
Br. ABAX.Bi:ilT KUHN,
PROFESSOR Utm DIRBCTOR DBS CÖI^NISOHBIt OTMNASIUMa ZU BBRUK.
BAND XX.
THE
HILDEBRAFD
LIBRAEY.
BERLIN,
FERD. DÜMMLER'S VERLAGSBUCHHANDLUNG
(HARSWITZ OND G088MANN}
1872.
a:j
libpär
%^
^^/!!!yERs\:^
S\. *b q ^ k ^
Verzeichnis der bisherigen mitarbeiter.
Director dr. Ahrens in Han-
nover.
Prof. dr. Andresen in Bonn.
C. Arendt in Peking.
Prof. Ascoli in Mailand.
Prof. dr. Th. Aufrecht in Edin-
barg.
Prof. dr. Ag. Benary in Ber-
lin f.
Prof. dr. Tk. Benfey in Göttin-
gen.
Prof. dr. Bickell in Münster.
Dr. A. Birlinger in Bonn.
Staatsrath dr. 0. t>. Boehtlingk
z. z. in Jena.
Prof. dr. Bollensen in Witzen-
hausen a. d. Werra.
Prof. dr. F. Bopp in Berlin f-
Prof. Michel Brial in Paris.
Prof. dr. Ernst Brücke in Wien.
Dr. Jos. Budenn in Pesth.
Prof. dr. G. Bühler in Bombay.
Prof. dr. Sophus Bugge in Chri-
stian ia.
Prof. dr. W. Clemm in Giefsen.
Prof. Z>. Comparetti in Pisa.
Prof. dr. W. Corssen in Berlin.
Prof. dr. G. Curtius in Leipzig.
Prof. dr. Berthold Delbrück in
Jena.
Dr. Lorenz Diefenbach in Frank-
furt a. M.
Director dr. A. Dietrich in Er-
furt.
Prof. dr. H. Düntter in Cöln.
Prof. dr. H. Ehel in Schneide-
mShl.
Dr. Gust. Eschmann in Burg-
steinfort.
Aug. Fick in Göttingen.
Oberbibliothekar prof. dr. E.
Förstetnann in Dresden.
Dr. Froehde in Liegnitz.
Dr. G. Gerland in Halle.
Schalrath dr. A. Goebel in Kö-
nigsberg i. Pr.
Heinr. Gradl in Eger.
Prof. dr. Grafsmann in Stettin.
Hoirath /. Grimm in Berlin f.
Prof. dr. V. Grohmann in Prag.
Prof dr. M. Haug in Manchen.
Dr. Ludwig Hirsel in Fraaen-
feld (Gant. Thargau).
Prof. dr. A. Hoefer in Greifs-
wald.
Hofrath dr. Hollzmann in Hei-
delberg f.
Prof. dr. Hupfeld in Halle f.
J. B. Janku in Florenz.
Prof. dr. Jülg in Innsbruck.
G. Jurmann in Wien.
Prof. dr. H. Kern in Leyden.
Prof. F. Kielhorn in Püna.
Justizr. dr. Th. Kind in Leipzigf .
Prof. dr. Kirchhoff in Berlin.
Dr. Gustat Kifsling in Bremen
Dr.üT. V. Knoblauch.
Dr. Reinhold Köhler in Weimar.
verzeichnlB der biBherigen raitarbeiter.
Director dr. A. Kuhn in Berlin,
Dr. Emsl W. A, Kulm in Halle.
Prof. dr, S. Lefmann ia Heidel
berg.
Gympasiallehrer dr. Gustav Le-
gerlolz in Soest.
Prof. dr. F. A. Leo in BerJin.
Prof. dr. H. Leo in Halle.
Prof. dr. R. Lepsius in Berlin.
Prof. dr. St. Lexer in Würz-
burg.
Prof. F. Liebrecht in LStticli.
Prof. dr. C, Lollner in Dublin.
Prof. dr. A. Ltidinig in Prag.
Dr, W. ilannhardl in Danzig.
Dr. H. /Härtens in Bremen.
Prof. dr. Mafsmann in Berlin.
Dr, Matirüphrtjdes aus Kappa-
dokien in Athen f.
Prof. dr. Leo Meyer in Dorpat.
Prof. dr. Michaelis in Berlin.
Prof. Frans Misleli inSolotharn.
Prof. dr. Th. Mülniis in Kiel.
Prof. dr, K. MüUenhofJ' inBerlin.
Prof. dr. Max Müller in Oxford.
Prof. dr. Friedrich Müller io
Wien.
Prof. dr. Mussafia in Wien.
Dr. Pauh in Münden.
Prof. Ign. Petters in Leitmeritz.
Dr. Friedr. Pfeiffer in Breslau.
Prof. dr. A. Fielet in Genf.
Dr. R. Pisckel in BerÜD.
Prof. dr. A. F. Polt in Halle.
Prof. dr. Karl Regel in Gotha.
Dr. Rick. Rüdiijer in Berlin.
Dr. Hosselel in Berlin f.
Prof. dr. R. Roth in Tübingen.
Prof. dr. J.Savelsberrfiu Aachen.
Prof. dr. A. Schleicher in Jenaf.
Dr. Johannes Schmidt in Bonn.
Prof. dr. M. Schmidt in Jena.
Prof. dr. Schmidt- Göbel iuLem-
berg.
Prof. är.Schnilzerla Ellwangen.
Dr. 6. Schönberg in Tagaurog.
Dr. Schröder in Merseburg f.
Dr. Htigo Schuchardt in Leipzig.
Director dr. W. Schwarte in
Neu-Ruppio.
Prof. dr. ff. Schweizer- Sidler
in Zürich.
Eector dr. W. Sonne in Wismar.
Prof. dr. Spiegel in Erlangen.
Prof, dr. //. Steiiithal ia Berlin.
Director G. Stier in Zerbst.
Dr. Streklke in Danzig.
Dr. Techen iti Wismar.
Prof. dr. L. Tobler in Bern.
Prof. dr. W. Treit'i in Marburg f.
K. Walter in Freien walde a. O f.
Prof. dr. A. Weber in Berlin.
Prof. dr.Hugo Weber in Weimar.
Prof. dr. yVeinkold in Kiel.
Prof. dr. Westphal.
Dr, Wilbrandt in Rostock.
Fr. Woeste in Iserlohn.
Oberlehrer dr. Zeyfs in Marieu-
werder,
Prof. Zyro in Bern.
Inhalt.
Seif
Znr etymologischen wortfonchnng. Von S. Bagge 1
HessapischeB. Ton H. Schmidt 60
Zimmerische Chronik, heraosgegehen von E. A. Barack. Angezeigt
von A. Birlinger 65
Zu Benfey: Ueber die entstehong und verwendnng der im sanskrit
mit r anlantenden personalendungeo. Von B. Roth 69
K. Regel: die Ruhlaer mnndart. — O. Donner: Pi94spitl7ajna. —
A. Boltz: das firemdwort in seiner knlturhistorischen entstehung
und bedeutnng. Angezeigt von E. Kuhn 72
Kleine Schriften von Jacob Grimm. Vierter band. Angezeigt von
A. Kuhn . . . . ' 76
1) fastna „der trotz". 2) pectos. Von H. Br^al 79
Soffis -vyii- Von £. Kuhn 80
Eine nmbrische gefiirsinschrift von Fossato di Vico. — Zum oskisohen
dialekt. I. Oskische grabschriften. II. Verschiedene oskische In-
schriften. Von W. Corssen 81
Erörterungen ans dem gebiete der italischen sprachen. Von Zeyfs . 118
Bemerkungen ttber den Ursprung der lateinischen sufäxe clo, cnlo, cro;
cla, cnla, cra; cino, cinio; cundo. Von S. Bngge . . . . 184
Zur deutschen Wortforschung. Von A. Birlinger 148
Die dritte person pluralis des perf. red. med. im altbaktrischen. Von
F. Spiegel 166
L. Steub: die oberdeutschen familiennamen. Angezeigt von E. Fdr-
stemann 167
Etymologische beitrage. Von A. Fick 161
Erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. Von Zeyfs . 181
Znr knade deutscher mandarten. BeitrBge zum pronomen. Von H. Gradl 192
Znr Prometheus-sage (mit bezug anf Knhn's buch „von der herabholung
des feuers" n. s. w.). Von W. Schwartz 201
A. Ludwig: der Infinitiv im Veda. Angezeigt von B. Delbrück . 212
Suum cuique. Zur geschichte der Sprachforschung 240
Albanisches und romanisches. Zu Miklosich's albanischen forschungen.
Von U. Schnchardt 241
Etymologische mittheilongen. 1) getst. gtthren. garstig, gas. 2) krank.
klein. 8} gothisches naiv. 4) löschen. Von L. Meyer . . . 803
Einige worte za s. 72 dieses bandes. Von Th. Benfey 814
Zur deutschen Wortforschung, müch-, manch-. Von A. Birlinger . 816
VI Inhalt.
Seite
Beiträge zur lateinischen lautlehre und elymologie. 2) Die ableitung
der yerbalendungen aus Hilfsverben und die entstehung der lateini-
schen e-declination. Angeschlossen an die gleichnamige Schrift
von dr. II. Merguet. Von C. Pauli 321
Allerlei. Von A. Fick 363
Ueber den namen /JfAatr/o'f. Von B. Pischel 869
Die heimat des indogennaniscben nrvolkes. Von A. Hoefer . . . y,79
Zur deutschen Wortforschung. — Zur bergmannsprache. Froner. Frone.
Frontheile. Fronberge. Von A. Birlinger . '. -385
R. von Baumer: gescbicbte der germanischen Philologie. Angezeigt
von 6. Gerland 894
Lat. cicatrix narbe. Von A. Fick 400
Assimilation im deutschen. — Altdeutsche namen ans Spanien. Von
E. Föratemann 401
Umbrische wortdeutungen. 1) vatnva. 2) fikla. Von J. Savels-
berg 441
Einige versteckte ansl&ufer der indogermanischen wurzel bhä „glänzen".
Von G. 8ch8nberg 444
Erörterungen aus dem gebiete der italischen sprachen. Von Zeyfs . 448
Zur beseitigung von mifsverstündnissen. Von Rudolf von Raumer. 462
Flechia, Giovanni, Di alcune forme de' nomi locali dell' Italia supe-
riore. Dissertazione linguistica. Angezeigt von H. Schuchardt 464
Sach- und Wortregister. Von B. Fritzsche 467
Zur etymologischen Wortforschung.
maisa widder, schafsfell, ledersack, sack, altn. meiss.
Ökr. meää masc. von der grundform maisa beifst wid-
der. Das wort ist wohl von miä gebildet, das die wur-
zelverzeicbnisse mit der bedeutung besprengen auffahren;
diese wurzel ist gewifs eine erweiterung von mih, wovon
skr. medhra widder gebildet ist. meSa bezeichnet dem-
nach das thier als das brünstige. Da das wort in der äl-
teren Sprache auch vliefs des schafes und was daraus ge-
macht ist, bezeichnet, haben Böthlingk-Roth unzweifelhaft
richtig damit zusammengestellt kirchensl. m^chii masc.
leder, ledersack, lett. maifs sack, ledersack, lit. mäiszas
masc. nach Nesselmann „ein grofser sack, getreidesack,
bopfensack" und in einer anderen gegend „der von grobem
bindfaden netzartig gestrickte heusack, der auf reisen zum
einpacken des beus für die pferde, und zugleich als
rückenlehne im wagen benutzt wird*. Diesem entspricht, wie
schon Holmboe in „det norske sprogs vsesentligste ordfor-
raad** andeutet, völlig altn. meiss masc, nom.pl. meisar,
das in Norwegen, wo es jetzt zum theil femininum ist,
sehr häufig gebraucht wird; Aasen erklärt es: „ein netz
wie ein korb gebildet. Besonders 1) weidenkorb an einem
saumsattel, 2) ein geflecht von händern, in welchem man
lasten auf dem rocken trägt, 3) ein grobes netz von tau
oder weiden, worin man hen einpackt, um es von den ber-
gen hinabzuwälzen".
Das wort wird demnach in Norwegen beinahe ganz
wie in Litauen gebraucht. Es ist in allen nordischen spra-
Zeitschr. f. vgl. spraohf. XX. 1. I
2 ßugge
eben verbreitet und von iboen ins lappiscbe übergegangen.
Es ist aucb im deutschen nicht unbekannt, schon ahd.
meisa fem. sarcina, in qua portantur eibi et alia Graff
II, 874, und noch in söddeutschen dialecten. Eietz svensjjt
dialect-lex. s. 436a vergleicht ir. maois fem. a pack or
bag: a kind of basket, cymr. mwys fem. brodkorb.
Von den europäischen sprachen hat das slawische die
bedentung am besten erhalten.
Andere vermuthungen bei Pictet origines Indo-Eur.
II, 144.
ru (lu) ftir var in den indoeuropäischen sprachen.
Skr. vrkäa bäum beifst im präkrit rukkha, in der
inscbrift von Girnar lukSa. Die lautwandlung ist in der
weise aufzufassen, dafs der vocal in der Stammsilbe durch
die bei den liquiden gewöhnliche metathesis hinter r (1)
trat, so dafs vr (vi) in den anlaut kam; diese consonan-
tenverbindung fand dann die spräche zu hart, und v wurde
vom anlaut des wertes weggedrängt, es zeigt aber noch
seinen einflufs auf den nach r (1) folgenden vocal. Diese
lautwandlung ist von derjenigen nicht erheblich verschie-
den, die im altfriesischen eine grundform vorhts, got.
vaurhts in ruocht ändert; sie hat in den indoeuropäi-
schen sprachen ein weites gebiet. Benfey griech. wurzellex.
II, 26 hat richtig gesehen, dafs das verhältnifs zwischen
griech. X'bxog, lat. lupus und skr. vfka in derselben weise
aufzufassen ist; der stamm vocal u in dem griechischen und
lateiuischen worte rührt von dem einflusse des ursprüng-
lichen V im anlaut her.
Schon in der gemeinschaftlichen grundspracbe, die
alle japbetiscben sprachen voraussetzen, mufs sich dieser
lautwechsel bei mehreren Wörtern geltend gemacht haben.
Die Wurzel rudh, die im skr. ruh röbati ersteigen, wach-
sen, altbaktr. rud raodhehti wachsen, got. liudan laup
wachsen, ags. leödan germinare, crescere hervortritt, ist,
wie Arendt beitr. II, 444 (vergl. Bopp Gloss. s. v. vardh)
gesehen bat, aus vardh entstanden, das in skr. vardh
vairdhate aufwachsen, altbaktr. vared fördern, vareda
zur etymologischen wortforsctflng. S-
wachstbum, griech. ßXäaxri für ßkd&Tri nach Curtius, j:oß-
vjyro'g vorkommt. Die wurzel ruk im skr. ruK rökate
scheinen, leuchten (von sonne, feuer u. s. w.), altbaktr. ruK
caus. raoKajeiti, lat. lu^cere o. s. w. ist aus vark im
skr. värKas glänz, besonders vom glänz des feuers (siebe
Grafsmann zeitschr.XVI, 164ff.), altbaktr. vareKanh, lat.
Volcanus entstanden. Die wurzel rudh im skr. rudh
runaddhi zurückhalten, wehren, einschliefsen , verscblie-
fsen, verballen, altbaktr. rud caus. raodfaajeiti lautete
ursprQnglich vardh und ist aus der wurzel var skr.
vrnöti, vrnäti wehren, wahren, bedecken, altbaktr. var
verenvaiti bedecken, beschützen, abhalten, kirchenslaw.
vreti schliefsen, lit. verti öffnen, schliefsen erweitert;
rudh ist aus var durch den nämlichen zusatz, wie alt-
baktr. rud fliefsen aus sru, griech. nXt}&<a aus vrz. nltj
u. 8. w. gebildet. Die wurzel rüg im griech. Ävyo^; bieg-
samer zweig, Ivyi^o) biege, /f^,vytfffi6g wendung, Schwingung,
lit. lugnas biegsam (Ness.) ist eine änderung von varg
im skr. vrgina krumm, ags. wrenc, wrence krümmung,
winkelzOge u. s. w. Die wurzel lubh im skr. lubhjati
begehren, wünschen, lat. lubet, got. Hubs, kirchenslaw.
Ijubiti (f/iXüv verhält sich nach meiner vermuthung zur
wurzel var (val) vrnöti vrnSti wählen und (besonders
im med.) wünschen, wollen, lat. volo, got. viljan, val-
jan, wie stubh zu stu, käubh zu käu. Die wurzel
luk im skr. lunk luiikati ausrupfen ist gewiis aus vark
entstanden und eine erweiterung der wurzel var, die in
anderer weise im lat. vellere erweitert ist.
Nach dieser analogie werden einige sanskritwörter,
deren Ursprung bisher nicht erwiesen ist, leicht ihre er-
klärung finden. Das adjectivum rür4, das im Atharva-
Veda mit der bedeutung hitzig (vom fieber) gebraucht
wird, stammt von der wurzel var sieden, die im kirchensl.
vrÖti fervere, vartixav;««, lit. virti sieden, kochen, got.
vulan U.8.W. hervortritt, vgl. Fick s. 167, Curtius grnndz.
s. 51 7 f.; rüra ist wie altbaktr. mrüra hart, fest gebildet.
rüpa neutr. ist äufsere erscheinung, sowohl färbe (na-
mentlich plur.) als gestalt, form. Die meisten leiten das
1*
Bugge
wort von röpajfitni caus. von ruh aufsteigen, wachaeu
her; diese erkläriing inuJ's aber verworfen werden; denn
röpajfimi ist nacbvediscbe form, während die vedaspruehe
nur röhajäuii könnt; ruh lautet ursprünglich rudh, uud
es ist nicht erwiesen, dafs das causale p in der ältesten
spräche an eine auf dh analautende wurzel mit Verdrän-
gung des dh angefügt wurde. Weder leitet formell besser
rüpa von rup brechen ab, so dafs daa wort eigentlich
„bruch" heilse; aber diese erklSning ist mir der bedeu-
tungseutwickelung wegen unw-ahrstheinlicb.
Synonym mit rüpä ist in der vedasprache värpas
neutr. bild , gestalt. Demnach erkläre ich rüpa als
BUS varpä entstanden; wenn varp sich in värpas
unverändert erhalten hat, während es in rüpä zu rüp
geschwächt ist, so rftlirt dies davon her, dafs der accent
in värpas auf der ersten, dagegen in rüpä auf der letz-
ten silhe rnht. In Verbindung bieniit steht das griechische
synonyme itu^xp'}, das schon Benfey gr. wurzeJlex. 11, 'Ml
richtig mit skr. värpas zusammengestellt hat, während ich
dagegen für tUe von Bonfey angenommene grundbedentung
keine sichere stütze finde, fiooifrj steht also für^o/j;r?/;
dals u im anlaut mehrerer griechischen Wörter aus f ent-
standen ist, hat Curiius grundzCige s. 522 f. dargethan, und
was ff für n betrifft, verweise ich auf Curtius s. 447 — 449.
Nach dem hier entwickelten sind also skr. rüpa und gr.
fiOQ'fi] mit ai)t.nahme des gescblechts in ihrem Ursprung
identisch, beide weisen auf eine grundform varpä, fem.
varpä zurück.
Skr. röman, loman n. haar, gefieder, schuppe mag
wohl ans der wurzel var bedecken zu erklären sein.
Deutlicher ist die Schwächung von var 7,u ru nachzu»
weisen, wo ein anderer kousonant vorausgeht. Mehrere falle
aiud bekannt, h var ( h vi) curvare, laodere, affligere, präa.
hrunäti Rigv. I, lü6, 12: indra^ Icauü tjägasä vi hrunäti
tat »Not even Indra in bis scorn ean injure that bounty"
(M.Müller); part, hrutd; ähruta nicht j-chwankend, un-
gekrfimmt, gerade; abhihrüt beugend, fällend, fall, nie-
derlage, schaden; abbibrutt dasselbe. Fick 8.69 ver-
zur etymologischen wortforscbnng. 5
gleicht lit. griiiti störzen, wozu Pott wurzelwtb. 744 lat.
con-gruere, in-gruere stellt. Ved. dhru und dhrut
am ende eines comp, täuschend, dhrüti verföhrung sind
vom verwandten dhvar beugen, zu fall bringen gebildet.
Damit vergleicht Fick s. 99 u. a. lat. fraus. Ebenso nimmt
Fick 8. 63 an, dafs die skr. wz. gvar, gval glühen (vgl.
gürv) im griechischen als ygv auftrete.
Wurzel srudh, rudh mit Verzweigungen.
Die Wurzel, woraus das wort „roth* gebildet ist, hat
man bisher nicht deutlich nachgewiesen. Im altbaktr. wird
rud aus älterem rudh in der bedeutung „fliefsen«, impf.
3. sg. raodhat, pot. 3. sg. ni-rnidhjät von dem men-
slruirenden weibe gebraucht, caus. praes. 3. sg. med. frä-
raodhajeite lasse hervorfliefsen; davon u rud flnfs. rudh
för srudh kömmt von sru, das im altbaktrischen sonst
in den formen thru und fru erscheint, lit. sravjü, sra-
vö'ti strömen, fliefsen (lit. sravä die menstruation der wei-
ber, wovon altbaktr. nirud angewandt wird). In den ver-
wandten sprachen ist rudh namentlich um das ausströmen
des blutes zu bezeichnen gebraucht worden; so finden wir
rudh mit erhaltenem s und causaler bedeutung im lit.
srudiu srusti mache blutig wieder; auch sravö'ti strö-
men wird besonders vom blute, das aus einer wunde strömt,
gesagt und geht in die bedeutung „bluten" über.
üeberall in den verwandten sprachen finden wir bei der
wurzelform rudh r, nicht sr, im anlaut; diese Überein-
stimmung zeigt, dafs rudh schon in der gemeinsamen
spräche die gewöhnliche form war, wenn sich auch srudh
daneben im gebrauch lange erhalten haben mufs, wie lit.
srusti beweist. Mit causaler bedeutung finden wir rudh
im ahn. rjoOa, praes. rftf wieder; dies entspricht dem
lit. srusti und bedeutet wie dies „blutig machen, mit blut
bestreichen"; von der " ursprünglichen bedeutung „fliefsen
machen" ist aber bis zur gegenwart ein zeugnifs darin er-
halten, dafs das verbum in norwegischen dialecten bestrei-
chen überhaupt bezeichnet. Daneben bezeichnet rjöffa
rotb färben, woran raud'r roth sich anscbliefst. Wir sehen
Bugge
demnach, dafs die häufigsten ausdrücke für roth rings um-
her in der iadoeuropäisi^heu siiraohenwelt diese farhe als
die färbe des ausströmenden blutes bezeichnen. Identisch
mit altn, rjöffa ist ags. reödan, griech. kisvi^tir; Oher-
einstiinnauug in der poetischen auadnirksweise zwischen
griechischer und germanischer dichtinig verdient hier aitf-
merksamkeit: von demjenigen, der im kämpfe fallt, sagt
Homer niuaTt yrüav oder nur ynlnv kijEvfifiv IL XI, 394.
XVIII, 329 und in derselben bedeutnng heifst es deäö"-
wang reödan Andreas 1005.
Skr. ruhita roth ist also partie. von röhajärai färbe
rotb, eigentlich mache (das blnt) ausströmen, caus. von
rudh für aru-dh strömen.
Die meisten hieher gehörenden wörter sind oft zusam-
mengestellt; ich will nur auf einige Übereinstimmungen, die
bisher nicht allgemein bekannt siud, hinweisen. Ältn. ro ra
(nicht röffra) biut, besonders blut von geschlachteten thie-
ren, das im got. rudrö (staitim rudrön) lauten würde,
ist von einem adjectivstamm rudra abgeleitet = skr. ru-
dhira, der im sanskrit als Substantiv „blut" gebraucht
wird und schon von Egilsaou verglichen ist.
Adjectiva von wz. rudh gebildet, besonders das adject.,
dessen grundf. raudha ist, werden von hraunrother me-
tallfarbe gebraucht. Hievon sind gebildet skr. loha neutr.
aes, ferruni, kirchensl. ruda aes, alfn. rauöi uiasc. ferrum
ochraceum, das in den finnischen und lappischen sprachen
das gewöhnliche wort ffir eisen geworden ist. Thomsen,
der in seiner vortrefflichen echrift „Don gotiske sprogklas-
sps indßydelse pa den finake" p. 143 diese wörter zusam-
mengestellt hat, fügt in flbereiustimniung mit Lottner Zeit-
schrift XI, 178 auch iat. rudns, raudus hinssu. Varro
De 1. I. V, 163: aes raudus dictum, Valer. Max, V,
VI, ^: olim aera raudera dii^ebantur, Fest, p. 2t»5
Möller sagt von rodus vel raudus: vulgus quidem
in usu habuit, non modo f>ro aere imperfecto...
sed etiam pro signato, quia in maiicipando, cum
d i c i t u r : „ r u d u s c u I o ] i b r a m f e r i t o ", a s s e t a n g i -
tur libra. Das wort scheint daher eher mit knchcnsl.
zur etymologischen trortfurschnng. 7
ruda, dkr. löha, als mit rudis, wie Festus und unter
den neueren z. b. Corssen ausspr. 2. ausg. I, 359 anneh-
men, zusammenzuhängen; wenn jene Zusammenstellung rich-
tig ist, muis rudus, raudus ein stQck stein ein, anderes
wort sein. Der umstand, dafs das latein ableitungen von
WZ. rudh mit b und f im inlaut (ruber, rufus, robus)
hat, kann uns nicht hindern raudus von derselben wurzel
abzuleiten; denn ebenso sind arbor und arduus von der-
selben Wurzel ausgegangen.
Im Sanskrit bezeichnet röhita eine bestimmte hirsch-
art, röhit fem. ein gazellenweibchen, ebenso wird wild vom
hirschgeschlechte altn. rauffd/ri, deutsch roththier,
rothwild genannt. Die auerhenne wird im lit. rudikke
fem. Ness. ( wohl richtiger mit einem k geschrieben ) von
rüdas braunroth genannt und in ähnlicher weise im nor-
wegischen röy, ursprünglich reyÖTr von rauö'r roth.
Noch will ich eine besondere Übereinstimmung zwi-
schen dem nordischen und dem lituslawischen hervorheben
im altn. ryöTr masc. rost (auch ryöT neutr.) stamm rudja
gegen über von lit. rudis, kirchenslaw. r ü z d a.
Von der wurzel rudh, wovon lat. ruber, rufus ge-
bildet ist, pflegt man auch lat. rutilus herzuleiten. Die
meinung, t sei hier aus ursprünglichem dh entstanden, ist
von Corssen und Curtius widerlegt worden. W'enn das
wort hieher gehört, mufs es, wie Corssen krit. beitr. s. bOf.
bemerkt, aus rud-tilus entstanden sein. Diese erklärung
könnte dadurch gestützt werden, dafs wir, wie ich oben
angenommen habe, im lateinischen dieselbe wurzel in der
form rud in rudus haben, so wie russus wohl aus rud-
tus entstanden ist. Es würde aber jedenfalls den gewöhn-
lichen lateinischen lautregein widerstreiten, dafs d vor t,
ohne dal's der vorausgehende vocal verlängert würde, weg-
gefallen wäre, wenn es auch im latein nicht ganz beispiel-
los ist, dafs consonant vor consonant wegfällt, während
der vorausgehende vocal kurz bleibt. Corssen beruft sich
bei der erklärung rütilns für rudtilus auf adgretus,
egretns. In diesen formen haben wir aber, wie Corssen
selbst krit. beitr. s. 417 richtig bemerkt, alterthümliche
8
Bugge
Schreibweise für adgrettue, egrettus zusehen; in ana-
logie damit sollte es demnach luttiliis, nit-bt lülitus
hcirsen. Vgl. Grafsmann zeitscbr. XII, 8? f. — Ich findo
ein<;n anderen Ursprung von rutilus Withrst-lirinlicher.
rutiluB bezeichnet wesentlich die nämliche färbe wie ;K(n'-
ff€0*,', es wird am häufigsten von demjenigen gebrautiht, das
rothgelben glänz wie das gold hat; arjna rutüant, ru-
tilaatior auro, thorax rutilus. Ich vermutbe daher,
dafe rutilus von einem dem griechischen '/^{tvaö^ entspre-
ubendeu verlorenen lateinischen werte für gold abgeleitet
ist. rutilus ist dann ebenso wie nubilus von nubes
gebildet; wenn wir glauben dürften, dafs caerulus nicht
mit caesius verwandt, sondern von caelum abgeleitet
und durch dissimilation aus caetuhis geändert sei, würde
auch diese ableitung atialog sein.
a in ;fpiiöOi; scheint aus r entstanden s. Ciirtius grund-
zöge 8. IS.'V, Delbrück in Curtius Studien I, i;!6, und die-
ser ursprüngliche consonant ist dann in rutilus erbalten;
dagegen hat dies vor r einen coneonanten verloren, der in
■^^vfTu^ als ^ erscheint und ursprilnglicb gh gelautet hat.
Der quantitätsunterschied zwischen ii in jfyi'ffot,- und u in
rutilus kann gegen diese erklärung kein bedenken er-
wecken, da die quantität innerhalb des grierhischen selbst
schwankt: die lyriker (Pindar) gebrauchen öfter v in x^u-
ffo's, }f(jV(ssog kurz.
Wenn die hier gegebene erklärung von rutilus rich-
tig ist, siheint die annähme gerechtfertigt, dafs das latein einst
zwei bezcichnuugen für gold gekannt hat, eine, die dem
lit. äuksas nnd eine, die dem griech. /^vöül,' entspricht.
Meine erklärung von rijtilus fallt aber, wenn erwie-
sen werden kann, was Renan (anraerkung /u M. Müller
niytholotjie compar. p, 36) und mehrere semitologen ver-
muthet haben, dafs /ovaog nicht ein japbetisches wort ist,
sondern das durch verkehr mit den Phoenikiern nach Grie-
eheuland eingeführte hebr. y'rn , das in der poetischen
Sprache gold bedeutet.
k
zur etymologischen Wortforschung. 9
raukä fem. runzel, lat. ruga.
Aufrecht zeitscbr. XII, 400, an den Curtius grundzttge
422 und Corssen ausspr. 2. ausg. I, 543 sich anschliefsen,
erklärt lat. rüg a, als aus vrunga entstanden, aus einer
Wurzel varg, vrag, vrang; Fick setzt es dagegen mit
skr. rüg brechen, biegen in Verbindung. Anderes liegt
aber näher. Lit. rauka fem. bedeutet runzel, falte (Ness.)
von dem verbum runkü, rükti runzeln, das nur in Zu-
sammensetzung gebraucht wird. Lit. rauka ist nach meiner
meinung das nämliche wort, wie lat. rüga, das demnach
aus rauga, rauca entstanden ist, ebenso wie nugae,
naugae mit uaucum in Verbindung steht, mugio mit
fivxäufiai, viginti mit sixo(fi. Fernere Verwandtschaft mit
den Wörtern, zu denen andere ruga gestellt haben, will
ich nicht verneinen.
altn. raun, griecb. epswa.
Altn. raun fem. bedeutet versuch, probe, Unter-
suchung, prüfung, erfahrung; reyna prüfen, erfahren. Diese
Wörter entsprechen den griechischen 'igswa, iQevrcio). Wo
raun Untersuchung, um etwas zu erkunden, bezeichnet (so
in Gulapingslög 262 Untersuchung, welche um die schuld
eines mannes zu erforschen unternommen wird), stöfst es
mit igsvva in der bedeutung nahe zusammen; ebenso be-
zeichnet reyna eptir einhverju oder til einhvers Un-
tersuchungen um etwas zu erfahren anstellen, ja das ver-
bum wird auch mit dem accusativ in der bedeutung „unter-
suchen* gebraucht (so im gotländischen gesetze royna),
also ganz wie igevvdo). raun hat nom. pl. raunir; wir
finden demnach hier 'dgsvva gegenüber Übergang von einem
a- stamm zu einem i-stamm , wie so oft, z. b. im altn.
sakir neben sakar. Das abgeleitete verbum reyna aus
raunjan verhält sich zu ^gBvvceM wie temja austamjan
zu daftdio.
Die mit 'igevra verwandten Wörter iQiaöai, igooräv,
iQseivEiv fragen (Curtius grundzüge s. 308) machen es wahr-
scheinlich, dafs der vocal im anlaut ursprünglich ist, und
10
Bugge
nicht später vori^ost-hoben. Uiraer vocal ist im alto. raun
weggefallen, wie im lat. reniiis mit ^yfr^ijt, verglichen.
Griecb. liji., lit. htszis, ecbwed. 16.
Zu Ivy^ (stamm Afj'x), ahd. luhs, lit. luszis gehört
noch das gleichbedeutende schwed. 16, das zwischen allen
drei geschlcchtern schwankt (Kydquist svenska spräkets
lagar II, 3(17). In lö ist ö aus o|j, uh entstanden, das dem
U8Z im lit. Iu8zis, ursprünglichem uk regelrecht entspricht.
Dagegen fehlt es uns an mittein, den ursprünglichen stamm-
auslaut in lö zu be.stimnien; wenn flbereinstimmung mit
dem litauischen stattfände, uiüsste das wort im altecbwed.
im iiom. |>1. loir vom stamme 16i lauten. Im deutschen
lucbs ist B suiltix ; luchs verhält sich zu schwed. lö un-
gefthr wie fuchs zum got. fauho, altn. t'öa, mhd. vohe.
Vgl. über h'y^ Spiegel zeitschr. XIII, 3t)7
akr. 1q, altn. 16.
VoH skr. lü abschneiden pf. liilßva sind u. a lavitra,
lavi und lavänaka sichel, abhilava das abmähen des
korns gebildet. Pictet (les orig. Indo-Europ. II, 102) zieht
afghan. lur sichet bieher. Ans derselben wnrzel deuten
Beufey gr. wurzellex. U, 1 und Pott wurzelwtb. 1294 mit
recht 'Anlov ^= tioinavov und ?./;iwv dor. Xtnvv die saat auf
dem fcldc (die abgemäht werden soll). Hieher gehört auch
altn. le masc, senae ftir lei, accus, gen. dat. Ijä f(5r lea,
nom. pl. Ijfir für lear; der stamm des wertes ist lean
und nom. sg. Ijar ist eine sp&tere form, die nach den for-
men fflr die flbrigen casus gebildet ist. le weist auf die
grundform leva von der Stammform levan; ein ganz ent-
sprechendes verhältniJ's habe ich frOher beim altn. kle =
skr. grävan nachgewiesen. Verwandt ist ijä fem. neuge-
mähtes gras, das auf die gnindform levä zurückweist.
Schon Holnilioe „del norske sprogs vaesentligste ord-
forraad" hat die genannten Wörter mit skr. lü verglichen,
aber ohne das lautverhältnil's zu erläutern; falsch ist das
lautvcrhältniis von Pictet a. a. o. dargestellt, Die Oberein-
zur etymologischen wortfoncbung. 11
Stimmung zwischen altind., griecb. nnd german. bat hier
cniturgescbicbtliche bedeutung.
raig, laig, skr. rSg, got. laikan.
Mit laikan (lailaik, laikans) übersetzt Vulfila
ay.iQTciv; daneben findet sich bei ihm das zusaminengeäetzte
bilaikan iunal^siv., fivxTijftiCsiv, und 1 a i k s ;^o^oi,-. Viele
schösslinge von demselben stamme finden wir in allen ger-
manischen sprachen.
Besonders reich sind die bedeutungsvariationen im nor-
dischen und angelsächs. entfaltet, und hier werden wir am
deutlichsten die grundbedeutuug, auf welche die verschie-
denen anwendungen des Wortes zurückgehen, wahrnehmen
können, leika bezeichnet „in bewegung sein" Oberhaupt;
zunächst wird es von freier und leichter oder wiegender
hüpfender bewegung angewandt. Hier hebe ich namentlich
hervor, dafs leika von der bewegung der wellen besonders
auf dem im stürme schwellenden meere gesagt wird, z. b.
ürsvalar unnir leku HelgakviSTa Hundingsbana II, 13
die kalten wellen spielten, lek sollit haf Snorra Edda
ed. Arna-Magn. I, öOO das schwellende moer war in stür-
mischer bewegung. Das wort bezeichnet ferner die un-
stete bewegung der fiammenzungen: leikr här hiti viff
himin själfan, die hohe flamme spielt gerade gegen den him-
mel, Völuspä. Auch wird es vom spiele des wiudes und vom
wetter gebraucht, ja sogar von der zitternden, hüpfenden
bewegung des blitzstrahls; in einem norweg. dialekt bedeutet
veÖTrleikr (veleig ausgesprochen) wetterleuchten. Es
würde zu weit führen hier den ganzen bedeutungsunifang,
den das wort leika hat, zu betrachten; ich verweise dar-
über auf die Wörterbücher von Egilsson und Fritzner. Was
ich angeführt habe, ist hinreichend um von der seite der
bedeutung folgende zusammenstellnng zu rechtfertigen,
laikan ist identisch mit dem ind. reg, präs. 3. ps. sing,
re^ate hüpfen, beben, zittern, zucken. Dies verbnm wird
im Rigveda oft vom feuer gebraucht wie laikan in den
germanischen sprachen, so wird Agni Kigv.III, 31, 3 ^uhva
r^gamäna: mit der zunge zitternd, spielend genannt. Es
12
Bugge
ist also unrichtig', wpnu man gßwöhiill«h got. laikan uii-
mitti-lhar zu i~kr. lagli, laügli stellt. Die wiirzel luigist
aber in den eiiropäischeD sprachen weiter ausgebreitet. Die-
fenbacb got. wtb. II, 768 vergleicht mit got. laikan richtig
lit, Jaigyti frei, muthwillig, unbändig umberlaiif'pii; ferner
verwandt sind die II, i'i^ genannten Wörter, Stokee beitr.
IV, 38*^ prklärt hieraus ir. löeg kalb als das hüpfende thier.
Glciehbodeutend mit ahn. leika, leikr ist lat. ludere,
Indus, beinahe alle die bedeutungen, die In dere umfaCst,
finden sich bei 1 ei ka wieder; dies wird auch, wie ludere,
transitiv gebraucht in der bedeutung: sein spiel mit jemand
treiben, einen streich spielen, täuschen, ludere lüdua
lautete ursprünglich loidese, loidos. Lateinisch oi,
später ü, entspricht regelrecht g<'rmanischem ai, z. b. ünus
ursiprünglich oinos = got. ains. Vielleicht dürfen wir
daher ludere, ursprflnglich loidese, als aus loigdese
entstanden erklären, und darin die erweiterung einer ital.
Wurzel loig = got. laik durch d annehmen; dieselbe er-
weitemng bei einer auf g auslautenden wurzel finden wir
im altbaktr. varezd wirken, wovon varezd avaiit arbeit-
sam, griech. iorii'i von wurzel j:sq}-. Vor d und nach oi
mufste im latein g abfallen; so steht lat. nudus fftr nug-
du8. Diese erklärung von ludere scheint näher zu liegen
als die Aufrecht''8 zeitscbr, V, 138 f. ans skr. krld.
altn. laug, laudTri
Zu lat. lavere, lavare, griech. '/.ovstv gehört im alt-
norwegischen — um loa alliiere, das nur neuisländiscb ist,
nicht zu besprechen — deutlich laug fem. waschwasser, wo-
raus lauga waschen (bei Pott wurzelwtb. 1307 genannt).
In laug mufs g wie in telgja dem lat. d olare gegenüber
erklärt werden,- es ist dagegen zweifelhaft, ob g sich hier
in vorgermaniscber zeit ans j entwickelt hat. laug aus
laugii würde, wenn diese vermuthung stich hielte, für
laujä stehen und mit dem in Zusammensetzungen erschei-
nenden lat. luvia identisch sein. Unter den mit laug zu-
sammengesetzten wortern müssen hervorgehoben werden
fötlang, das mit lat. pell uviae gleichbedeutend ist, und
zur etymologischen wortforechnnR. 13
mundlaug oder mullaug, das von der Bedeutung mal-
luviae in malluvium Obergeht Von Xiam wird Kovtqov,
XoiTQov bad, wasch wasser, später: abwaschen, abspülen ge-
bildet. In derselben weise ist von lavarelavacrum für la-
vatrum abgeleitet (am Übergange von tl, tr in cl, er im
latein halte ich trotz den einsprächen Corssens fest, und ich
hoffe ein anderes mal dies rechtfertigen zu können). Eine nahe
verwandte ableitung haben wir in dem vom urspr. stamme
abgeleiteten pollübrum aus loufrom, laudbram. Ein
dem griechischen Aoi-r^oi' vollständig entsprechendes wort
weist Stokes beitrage VI, 229 im gall. lautron nach, wo-
von abl. lautro, das mit balneo erklärt wird, altir. löthar
(alveus). Vollständig entspricht dem Xoxrrgöv auch altn.
Iau8"r neutr. (dies, nicht löör, ist die richtige, alte form).
Es bedeutet Seifenschaum (als das, was zum abwaschen
dient); die dichter gebrauchen es aber besonders vom schäume
des meeres, den sie somit als das, womit etwas überspült
wird, bezeichnen, wie von der see bei uns Norwegern ge-
sagt wird, dafs sie „wäscht,* wenn sie über die selten des
Schiffes spült. Mit unrecht erklären Säve und Rietz lauöTr
aus liuda wachsen. lauiVr ist im schwed. lödder schäum
erhalten und engl, latber mufs dasselbe wort sein.
altbaktr. raokhsna strahlend, lat. luna.
Die naheliegende erklärung von lat. luna als lucna
aus lucere wie auch die unmittelbare Zusammenstellung
mit dem gleichbedeutenden slaw. luna, das nach Miklosicb
nicht lehn wort ist, scheitert, wie mehrere erkannt haben,
an der form losna, die als name der göttin des mondes
auf einem in Praeneste gefundenen Spiegel corp. inscr. lat.
no. 55 vgl. addit. p. 554 (dagegen nicht, wie Lettner zeit-
schr. VII, 86 sagt, auf etruskischen vasengemälden) ge-
schrieben ist. Es sei nun losna lateinische form oder
nicht (vgl. Goetze in Curtius Studien I, 2, 161), so kann
es kaum aus lucna entstanden sein, dann mufs aber das
nämliche von luna gelten. Schweizers erklärung von
WZ. rudh hat schon wegen des 1 wenig Wahrscheinlichkeit.
14
rtugge
Ich erkläre losna, luna aus altbaktr. raokhSna
stralilend, leuchtend, als subst. masc, glänz, gnindforra
raukana von ruklis ahgelpitet, das eine weiterbüduag von
ruk lue ist. raiiksna, lauksua wurde im italist;hen
regelrecht zu louxiio, fem. louxuä; hieraus iatlat. luna
wie eeni aus sexni, tela aus texla u. s. w. eotatanden,
während in losna s aus x erhalten ist, wie in Sestins,
osk. 2ieGTig = Sextiua, mistus ^== mixtus u. s. w.
Was den vocal der etammsilbe betriflft, so verhalten sich
losna und luua zum ureprünglitihen louxoa, wie z. b.
iiondinum und nundinum zu noundinutn, siehe Cors-
sen ausspräche 2. ausg. I, 669 f. Die richtigkeit dieser er-
klärung wird durch altpreul's. lauxnos fem. pl. gestirne
gestützt, welches wort Fick zeitschr. XVIII, 416 mit dem
altbaktr. adjectivum verglichen hat. Lat. luna ist singular-
fbrm zum altpreula. lauxnos, wie altn. tungl im singu-
laria besonders vom moode, im pluralis aber von allen strah-
lenden hiinnielskörpern gebraucht wird.
Auch ahd. liehsen lucidus Graff" II, 150 entspricht
ganz dem altbaktr. raokbsna, vgl. ahd. widarliebseni
repercMissio luminis; die aus ruk, luk durch a erweiterte
Wurzel findet sich auch im ags. lixan, altn, Ijös subst.,
Ijüss adj,, l]?sa vb.; namentlich mufs hier sebwed. dial.
lyssn oder lyssne ueutr. ( urspr. lysni) Sternschnuppe,
meteor, nordlicht hervorgehoben werden.
Fabretti gloss. Ital. p- 1067 bemerkt: „Etiamnune Pe-
demoutani aliique losna pro baleno (futgore) dicunt,
apud Romandiolae popnlos Insna"; aber dafs diese Wör-
ter die ftlte form losna erhalten haben, kann ich ebenso
wenig glauben wie Dieienbach (got. wtb. II, 147), der in
ihnen deutschen Ursprung vermuthet. Nach Schuchardt
vokal. II, 184 statt •lucnia.
Da wir im lat. luna eine aus lue durch s erweiterte
wurzeKbrm lux gefunden haben, müssen wir mit Lottner
zeitschr. VII, 186, Pott wurzelwtb. 1308, Curtius gnind-
züge 8. 147 und Fidt wtb. s. 156 zu dieser auch lat. il-
liistris für in-ln x-tri-s stellen. Schon Froehde zeitschr.
XV^III, 2ö9 bat losna für lousna aus der würzet lus
1
ZOT etymologischen Trortforschnng. 15
leuchten erklärt, welche im altn. lysa, ]at. illustris er-
scheint. Corssen krit. beitr. 411, ausspräche 2. ausg. 362
erklärt dagegen illustris aus lustrum reinigungsopfer,
aber dagegen spricht die bedeutung. Wenn illustrare
von der sonne in der nämlichen bedeutung wie illumi-
nare gesagt wird und wenn illustris in der bedeutung
„klar" als epitheton zu Stella, lumen u. s. w. vorkommt,
wird mau es von Seiten des begriff» höchst unwahr-
scheinlich finden, dafs illustris ursprünglich „im reini-
gungsopfcr inbegriffen" bedeutet, und dagegen höchst wahr-
scheinlich, dafs es mit lucere in Zusammenhang steht.
üebergang von v in f in lateinischen Wörtern.
Die meisten neuereu Sprachforscher läugneu, dafs sich
in lateinischen Wörtern ein aus v entstandenes f finde; so
Aufrecht und Kircbboff umbr. sprachdenkm. I, 101 anm.
Corssen ausspräche 2. ausg. I, 1 60. Ich will es hier ver-
suchen, eine entgegengesetzte meinung zu begründen. Einen
sicheren ausgangspunkt haben wir in formica. Dafs dies
mit dem gleichbedeutenden fW(jutj^ zusammengehört, ist
selbsteinleuchtend, und es ist nur darüber zweifei, in wel-
cher weise diese zwei Wörter sich vereinigen lassen. ,Hyo/i?/|
ist von uvguog abgeleitet, das sich bei Lycophr., Tzetz.,
Hesych. findet; für die bestimmung der ursprünglichen form
des Wortes sind die bei Hesych. vorkommenden dialekt-
formen wichtig: ßv^fiaxag' uv()urjxag, ßögua^' ^w()i4t]^,
OQfiixag' /LWQui]^. Dagegen (pöguixa' fxvQurjxa giebt wohl,
wie Curtius meint, eine erklärung des lateinischen wortes,
während dies kaum von der glosse oguixag gilt. Curtius
grundzflge s. 303 hält die formen mit m im anlaut für die
ursprünglichen, erklärt den namen des thieres aus einer
Wurzel mur wimmeln., und meint, ßvQfit]^ sei aus uvqu.}]^
durch eine art dissimilation entstanden. Für eine solche
dissimilation hat er aber eine analogie im griechischen nicht
nachweisen könaen; noch weniger giebt es irgend eine stütze
für seine vermuthung, formica sei durch dissimilation aus
mormica entstanden; der vocal o im lat. worte weistauf
16
Bogge
l
ursprüngliches a, nicht u bin ; die form ooftixai^ bei Hesych.
wird als griechische form unerklfirlith, und Curtiua ist ge-
zwungen, jeden /.usanimenhang zwischen formica, itvii-
/«;/!, ßvQurj^ und skr. valmika ameisenhaufe aufzugeben.
Die von Curtiue gegebene crklärung kann daher nicht
die richtige sein. Gegen Benfey's und Schweizer''8 ver-
such (Zeitschrift X, 304) den namen des thieres aus skr.
WZ. bhram zu erklären, hat schon Curtius e. 303 hin-
reii'hende gründe angeführt. Die einzige weise, in wel-
cher sich ttvijuu^, fwoftti^, ßvofia^, ßug/Act^, öouixai; nacb
griechischen lautregeln vereinigen lassen, ist die, dafs wir
die grundformen ^ogjuog, jCü(>jHß| annehmen, wie Kuba
zeitschr. III, G7 und Legerlotz X, 382 f gethan haben;
wegen des Überganges von /■ in ß a. Curtiue grundzfige
8. 514 — 520, wegen des ftberganges von/' in u s. 520—526.
Dafs die augeuommcne griindforni jruQfjtog die richtige ist,
wird auch dadurch dargethan, dafs sie dem zuerst von
Kuhn III, fi6 verglichenen indischen valmika m. und n.
ameiseuhaufe entspricht. Ich lasse hier, wo es nur die
grioch. und lat.grundform zu ermitteln gilt, die frage nach
dem Ursprung des wortes nnd nach dem verbal tnifs zum
naoieu des thieres in den übrigen japhetischeu sprachen
bei Seite; ich werde aber unten zeigen, dafs diese frage
eine beantwortung erhalten kann, welche mit dem hier vor-
gebrachten stimmt.
Um f in formica zu erklären, hat man zu dem aus-
weg seine Zuflucht genommen, sich die form durch „Volks-
etymologie" entstanden zu denken, als ob das thier seinen
namen a fcrendo raicas erhalten habe (so Förstemann
zeitschr, III, 50, Legerlotz). Dagegen bemerkt aber Cur-
tius mit recht: „derartige composita mit vorausgehendem
verbalen bestandtheil sind im lateinischen so selten, dafa
sie gewtfs dem volkssinne nicht vorschwebten ". Wenn,
wie wir gesehen haben, f/vu^w^y jKt'o(</;|, ßvoui/^ von den
grundformen /oojtioi,', /•6p^<«^ ausgehen und wir damit for-
mica vergleichen, läfst sich das verbälSii/a nur iu der
weise erklären, dafs f aus v entstauden ist, wie auch Kuhn
zeitschr. III, ü7 annimmt. Indem wir formica für vor-
h
Äur etymologischen wortforsrhung. 17
mica als festen aiisgangspunkt betrachten, dflrfen vrir den-
selben lautübergang in anderen Wörtern suchen.
formido, formidare.
Den Ursprung dieser Wörter zu erklären sind in neuerer
zeit mehrere wenig glückliche versuche gemacht worden.
Benfey zeitschr. II, 231, Kuhn X, 314, Schweizer XII, 304,
Walter XII, 410 leiten sie von skr. wz. bhram ab, so
dafs die ursprüngliche bedeutung trepidatio sei; dals
aber dies mit lateinischem Sprachgebrauch nicht stimmt,
hat Corssen krit. beitr. 1 70 f. nachgewiesen. Ebenso wenig
kann ich Corssens erklärung aus skr. wz. dhar detinere,
so dafs formido ursprünglich detinens vis metus bezeichne,
von selten der bedeutung wahrscheinlich finden, dhar
wird weder als verbum, noch in ableitungen, weder im
Sanskrit, noch in den verwandten sprachen von dem schrek-
ken angewandt, der jemand an der stelle fest bannt, und
eine solche anwendung würde zu der grundbedeutung der
Wurzel „aufrecht halten, stützen, unterstützen, befestigen''
schlecht passen, formido liegt in der bedeutung von fir-
mus weit ab. Besser hat Joseph Scaliger formido mit
form US zusammengebracht, welcher deutung Curtius bei-
tritt; aber diese ableitung, wie mehrere andere, die ich
hier unerwähnt lasse, mufs zurücktreten folgender, wie
mir scheint, schlagenden Zusammenstellung gegenüber, die
ich schon bei Isaac Vossius finde. Wie formica in be-
treff des anlautenden consonanten sich zu uv{}ui]^ verhält,
so verbalten sich formido, formidare zu ftoQfiw, fiog-
uälV, fJ.OQfwXv>(ilOV, flOQfXoKvTTO^tai^ flOQfXokvTTSf (fcßsQi^ei
Hes. ^OQfiiy ^aXsni]. ixnlrjxrixrj Hes. ^ög^tof (foßoi xsvol
Hes. fjtö^fWQog . . . (foßoq Hes. fiogfwvei' Ösivonoist Hes.
fnoQfiOQwnog Aristoph. ßuTQ. 925, fiOQuvacoum ^ MO(>.a<wro's'.
In der bedeutung passen diese lateinischen und griech.
Wörter vortrefflich zu einander: formidare ist s.v. a.
fAOQfjioXvmßf^ai; formido ist nicht nur grausen, sondern
auch wie fiogfiiä, fioqfioXvxsiov schreckbild, sciheuche, po-
panz. Ich kann es demnach nicht bezweifeln, dafs diese
Wörter von gemeinsamem Ursprung sind, sie lassen sich
Zeitechr. f. vgl. sprachf. XX. 1. 2
IS
ßuBne
aber nicht anders aie dur^h die anuabme, fini/f^toj sei aus
jroQutü und formido aus voiuiido eiitstaüdea, vereini-
gen; formldo, das wie cupido gehildet ist, st'txt zu-
nächst ein verbum forraire mit der nämlichen bedeutung
wie fiotjiioXvTT tii' voraus. Dals fii>ij/jw aus _fu()fÄW enttstan-
den ist, hofie ich auch durch eine andere vergleichung
wahrscheinlich machen zu können. Skr. rüpä äulsere er-
echeiiiung^ färbe, gestalt, form, das nach meiner meinung
nciit t*»o'ft'i statt po^ni, nahe verwandt und aus varpä
entstanden ist, kann in der älteren spräche von traiimge-
etalten gebraucht werden, wie das griecbij^che wort in der
ableitung Mu{>((iiv^ (erst bei OvidJ; ebenso werden die
epukgestalten , die die böSen geistrr annehraen, rflpäni
genannt. Eine ähnliche hedeutuiigsentwickeluug von g<'atalt
KU ecbreckensgestalt, gespenat nehme ich im griechischen
au (vergl, ijoijutvoi ötti is: on' ixiivii ftuti'fa^tt Ael. a. au.
1,29 von der eule); ich glaube mit hohtick TJJM. p. 320,
dafiä uouftw mit uoutfti von demselben stamme inid also
aus uijijff-uo)^ ^oo7i-iit)J entstanden ist: zwischen (/ und jh
muiste 71, (f noth wendig abfallen. Eine ähnliche bedeu-
tungseutwickelung vom generellen zum specielleo haben
wir in spectrum, das in den romanischen sprachen das
gewöhnliche wort für gespenst wird, das aber ursprünglich
erscbeiiiuug überhaupt bezeichnet. Die gegebene crklärung
von iiü^Kbi, formido finde ich endlich durch forma be-
stärkt.
Da im vorhergehenden die cntstehung des lat. f aus
V als möglich erwiesen ist, kann fortna für vorma und
dies für vorpma stehen (wie sarinentum für sarpmen-
tum); forma für vorpma stammt somit nach meiner
vermuthung von der nämlichen wurzel wie die gleichbe-
deutenden Wörter im grieuh. .«oo'/r| %r _fuünij, im saoekrit
rüpa für varpä und värpae. In bezug auf das sufHx
schliefst forma sich nahe dem griech. fiO{>uüi an; es
verhält sich dazu wie (.tainp] zu /nu{iifM. Während aber
die allgemeine bedeutung erscheiuung, form, gestalt sich
in forma erhalten Lat, ist diese allgemeine bedeutung in
die specielle echreckbild in uu{ttit>i wie in formido über-
I
I
«
zur etymolo^schen Wortforschung. 19
gegangen. Ich glaube also, dafs schon Caesar Scaliger,
wenn er formido a formis id est spectris herleitet,
im wesentlichen das richtige gesehen hat.
Weder die von Pott et. forsch, l.ausg. II, 119 gege-
bene etymologische erklär ung von forma als id quod
prae se fert, noch Corssens (krit beitr. IßB) auffassung
von forma als „die feste" von der wurzel dhar scheinen
von Seiten der bedeutung so nahe zu liegen, dafs mein
versuch dadurch widerlegt wäre; skr. dhar im an m. tiu-
det sich in der bedeutung form, gestalt nur bei einem
grammatiker (Uggvaladatta), und man weifs, wie gefähr-
lich es ist, solche Wörter bei der vergleichung mit den
europäischen sprachen zu gebrauchen.
f scheint auch im stadtnamen Formiae aus v entstan-
den zu sein. Von dieser stadt sagt Strabo V, IU,6: £^rj(j de
fbo(}(A.iai ylaxuivixov xtifSfia kat'iv^ Ogfiiat i.syufisvov nqötBQov
8ia TU evoQfjiuv; Plin. N. H. III, 5,9: Oppidum For-
miae, Hormiae prius olim dictum; Paul. exo. p.83:
Formiae oppidum appellatur ex Graeco velut
Hormiae, quod circa id crebrae stationes tutae-
que erant, unde proficiscebantur navigaturi;
Serv. ad Aen. VII, 69ö: Formiae, quae Hormiae fue-
runt, änu rfji; ÖQuiji^, nam posteritas in multis no-
minibus F pro H posuit. Corssen krit. beitr. 17ö, aus-
spräche 2. ausg. 1,148 citirt diese stellen ungenau, als ob sie
uns nur die etymologische erklärung Strabos von dem stadt-
namen gäben; sie enthalten zugleich die ausdrQckliche be-
hauptung, dafs Formiae ehemals mit griechischen namen
Hormiae (Ogiiiai) hiefs. Es giebt keinen hinreichenden
grand, diese nachricht, dafs die Stadt ihren nauien erst
von hellenischen Seefahrern erhalten habe (vgl. Mommsen
röm. geschichte 2. aufl. I, 128), zu verwerfen und die an-
nähme, dafs 'Oqfiiai von oQfjiog (wovon auch der häufige
griechische stadtname IIcivo()fiog) gebildet sei, zu bezwei-
feln. Gurtius grundzüge s. 318 erklärt (j(}f.iug den anker-
platz, wo die schiffe „schweben" oder, wie die Engländer
sagen, an den ankern „reiten", gewifs mit recht aus einer
Wurzel >r£^, ofsp schweben, baumeln, die sich in lit. sve-
r
2Ö
Bngge
riü wäge, svirtis brunnenschwpngel, evyrüti baumeln,
evärtis wagebalken wiederfiodet Dal's tj(j^ioi; statt _f du« oi,-
steht, wird duruh fivgftu^ ffratifto^ Hes. , welche glosse
M. Schmidt mit unrecht geändflrt haben will, dargethan.
Da digamma in so vielen uralten italischen Ortsnamen gi'ie-
chiBchen Ursprungs erbalteu i»t, muls ÜQfiiai als Foi^uiai
verataudeu werden und von dieser form ist also, wie Cur-
tius mit vollem recht bemerkt, Formiae italisirt, aber
diese änderung des fremden nameus ist mit einer lautän-
derung, die in mehreren heimischeci Wörtern vorliegt, voll-
kommen übereinstimmend.
Endlich £ade ich f statt v in
fornix, fornicis ni. Schwibbogen, gewölhe, die gewölbte
decke.
Ennius bei Varro I. I. 5, <^, 8 §■ 19 sagt sogar voni
himmelsgewölbe caeli iugeates fornices, welchen aus-
druck Cic. de or. III, 40, 102 tadelt. Die bedeutiing ge-
wölbe, gewölbte decke erscheint auch in der ableituug for-
nicatus. Wenn wir coruix, Icis xo(/oji>tj gegenüber,
pulei, icis vgl. ipi/lkug, seuex, gen. veraltet seoicis
neben senia und jtitbaktr. ha na vergleichen, scheint die
annähme, dals fornix eine ursprüugiichere stammfonu
forno voraussetzt, berechtigt. Dies forno ist nach mei-
ner vermuthiing mit griech. avQuvo^i^ äol. wööj'/jc, ootno-t,'
aus ^ü^jRj'o't;, skr. \"äruna-s identisch. Das wort ist von
der Wurzel var umhüllen, bedeuken gebildet; es bezeich-
net ursprünglich eine gewölbte decke, wird aber beson-
ders vom himmelsgewölbe verwandt; doch kann das grie-
chische wort namentlich in der deminutivform uionviaxug
ein Zeltdach oder die gewölbte decke eines ziunners be-
zeichnen, und das suflSx (ijc in tornlc hat ebenfalls de-
minutive bedeutung, vgl. litüfta^^ /.idu^ und Curtius Zeit-
schrift IV, 215.
Als eine möglichkeit erwähne ich, dafs f aus v ent-
standen sein kann in
zur «tymologigchen wortfomchnng.
21
fortis.
Eine in älterer zeit gebrauchte abweichende form und
bedeutiing dieses wertes lernen wir an8 Paul. exr. p. 84
iiennen: forctes {corr. forctia), frngi et bonus, sive
validus; p. 102: horctum et forctnm pro bono di-
flebant; Fest. p. 34H: in XTI cautiim est, ut idem
juris esset Sanatibus quod Forctibus id est bo-
niß, et qui numquam defecerant a P. R, ; vgl. Fest,
p. 321 nach der ausfölhiog von Müller; in XII: «Nex[i
Bolutique, ac] forti, sanatifsqiie idem jus esto";]
id est bonor[um et qui defererajit sociorura]. Die
älteste lateinisehe form war somit forctiis. Wenn man
dies wort etymologisch erklären soll, scheinen zwei wege
möglich. Fick wörterb. s. 85, Curtiiia grundzüge 232 und
Gorssen ausspräche 2. ausg. I, 101 leiten das wort von
einem dem skr. darb dfhati festmachen entsprechenden
verbum ab und ädentifiniren es mit skr. pcp. pass. drdba
{für drhta) fest, feststehend, dauerhaft. Diese erklärung
scheint von seilen der form und der bedeutung wohl mög-
lich; doch erweckt bedenken, dafs got. tulgus fest im *
anhiut t hat, was d im skr. darb, aber nicht dem lat. f
entspricht. Wenn lat. f hier aus d h entstanden wäre, hät-
ten wir im entsprechenden germanisL'hen worte d zu er-
warten, wie got. deigan dem lat. fingere entspricht.
Folgende zusammenstfllnng dürfte von seilen der form und
der bedetitung näher liegen, forctus steht nach meiner
vermuthung für vorctus ^ skr. flrgita kräftig, mächtig,
erhaben, ausgezeichnet pcp. pass. von ürgajämi nähren,
kräftigen, denom. von ör^, örgS f. nahrung, Stärkung;
kraftfOllc, saft; arg ist aus varg entstanden; im griechi-
schen gehören hieher «(/^rfw, opj-ofg, opjyj. Altn. orka
vermögen, aber auch arbeiten, orka kräfte, aber auch ar-
beit scheint zu erweisen, dafs die wurzel in Org, fijjy»/
nicht von hjy wirken verschieden ist; die bedeutung ,,wir-
ken " scheint sicli aus „treiben, drängen" entwickelt za
haben. In Verbindungen wie Ecquid fortis visast Plaut.
MU. gl. 110.1; Formosu virgost — praeterea fortis
SS
Bngff«
Afran. Ifiß ist fortia in der bedputang mit önyiig {d-vya-
Ttpig fig ?.fyos oQydSfi^) nahe verwandt, wie auch ürgita
von der körperüchen fülle gebraucht wird- fortis kann
aocb voll nährender kraft bedeuten (fortiora legumina
in cil)o Plin.) wie skr. ürgas vant, ürgavja.
Mehr italische Wörter, in denen v im anlaut mög-
licherweise in f übergegangen ist, könnten genannt wer-
den (so könnte man sich die möglichkeit denken, das Sabin,
birpus = lupus liefse sich durch die mittelgliedor fir-
pu6, virpus mit altn. vargr vereinigen); für dieamaJ gilt
es mir aber nur diesen lautübergang als wirklich existi-
rend zu erweisen.
Erstens ist zu merken, dafs iu allen hier genannten
Wörtern, in denen nach meiner nteinerng f aus \ eotstan-
den ist, nach f ein von f durch einen vocal getrenntes
r fo];_'t; dies ist gewife nicht zufällig, wiewohl ich damit
niebl behaupten will, der lautübergang sei auf diesen
fall beschränkt.
Dieser lautübergang hat physiologisch nichts auffallen-
des; denn v scheidet sich von f nur dadurch, „dafs bei
jenem die stimme mittönt, hei diesem nicht, jener tönend,
dieser tonlos ist" (Corsaen ansspr. 2. ausg. I, 138). Wenn
die Lateiner zum zeichen ftlr f das griechische digamma
wählten, folgt daraus freilich nicht, dafs f wie digamma
lautete (vgl. Corssen ausspräche 2. ausg. I, 136), man darf
aber ditrans schliefsen, dafs die heiden laute den Lateinern
nahe verwandt schienen. Wir tindeu denn auch denselben
lautübergang besonders sporadisch in verwandten sprachen;
namentlich berufe ich mich auf die roojanischen sprachen.
Hier ist f, das den nämlichen laut wie im lateiii ha( (Cors-
aen 8. l'^9), nicht selten aus lateinischem v verstärkt (siehe
Diez), und dies findet in mehreren Wörtern statt, wo r
inittelbai' oder unmittelbar nachfolgt. 8o wird parave-
redus zu p arafredns (1. Baiuv.), fr. palefroi; ital. bif-
fera weib, das zwei männer bat, ist auB bivira entstan-
den; in Bpanischen Urkunden referen ti a ^ reverentia;
nenfr. toutefois == altfr. toutes voies aus lat. via; alt-
span, feinencia ^ vebemmtia. Das aus v entstandene
I
I
zur etymologischen wortforschnng. 3S
f kann im spanischen zu b werden: heme =s vi de me,
bisca aus viscum plur. visca; diese formen lassen sich
mit altlat. horctus vergleichen. Im irischen ist dieser
lautfibergang (f statt v) regelmäfsig: auch aus mehreren
anderen sprachen könnte analoges angeführt werden.
Es ist öfters bemerkt worden, dafs das lat. ficus nur
durch eine grundform svicns mit avy.ov^ theb. ri'xov, slaw.
smokva, got. smakka vermittelt werden kann, ebenso
hat Kuhn zeitscbr. IV, 17 ans got. svamms gefolgert, sv
sei in anöyyog, atpoyyosy lat. fungus der ursprQngliche
anlaut; ob aber ficus, fungus ursprünglich lateinische
Wörter sind, weif's ich nicht: die lautänderung in diesen
Wörtern ist jedenfalls mit derjenigen, die ich in formica,
formido u. 8. w. angenommen habe, nicht ganz gleich-
artig.
Wurzel vagh mit ableitungen.
Wegen dieser wurzel verweise ich namentlich auf
Curtius grundzöge no. 169; dafs got. vigan hiehergehöre,
ist neuerdings mit unrecht bezweifelt worden. Ich will
hier auf einige bisher nicht hinreichend hervorgehobene
Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen verwandten
sprachen bei ableitungen von dieser wurzel aufmerksam
machen.
Ein davon gebildetes, sehr verbreitetes wort filr wagen,
Vehikel ist skr. väba masc, griech. ix^^'> ^l^^- vozti; das-
selbe wort ist altn. vagar fem. pl. schütten, das im ge-
schlecht verschieden ist. Ein synonymes wort ist dem
griechischen und lateinischen gemeinsam o^crAov = ve-
hiculum für veheclom, vehetlom. Denselben begriff
auszudrücken ist skr. vahja neutr. vehikel, wagen, lit.
vaz^s masc. kleiner, einspänniger schütten, von der wur-
zel durch das suffix j a gebildet ; nur im geschlecht weicht
bievon ab veia apud Oscos dicebatur plaustruro Paul. p. 368
Müller, für vehja.
Eine andere Verwendung dieses wortstamm es ist dem
griechischen, lateinischen, germanischen gemeinsam: von
dieser wurzel ist nämlich der name des hebeis gebildet;
u
Bugge
griech. ö^Ativ, lat. vectia; in derselben weise wird norweg.
vega epeciell vom empoihebeü mit dem hebel gebraucht,
davon väg fem. hebel. ,
vamra ameise.
Ich habe in übereiastiramuDg tuit Kubn zeitschr. III, B(i f.
gezfigt, dafs der aame der ameise im lateiniatben und
griecbiaohen formica, jui'Qiiu^^ f.iv(>i.nj^, ßvoita'^^ ßuuiia^
auf eine gruudform varmä hinweist, die dem skr. valmika
zu gründe liegt. Eine ältere form haben wir aber, wie
Kuhu zeigt, im ved. vamrä (fem. vamrlj, vamrakä.
Kcihu erklärt daher den uamen des thieres unzweifelhaft
richtig aus vani ausspeien , so dafs es davon, dai's es
einen scharfen saft ausspritzt, benannt ist, wie es engl, pis-
mire, nJd. niiegamke, isl. luigamaurr genannt wird.
Die Umstellung von vamra zu varma, die sieh z. b. mit
gpan. yerno = lat. gen er vergleichen läfst, wurde wahr-
gcheinlieh durch dissimilution gefördert, da die Umstellung
m von dem damit verwandten v entfernte. Auch die ent-
sprerjieuden formen in den übrigen verwandten sprachen
uiflüafn durch Umstellung erklärt werden, vamra wurde
zu mavra umgestellt. Pott etym. forsch. 1. ausg. II, 11.3
giebt viele bpi.spiele, dafs zwei cousonanten, i]ie durch einen
vocal getrennt sind, ihren platz w<=chsphi können. An S'-ine
beispiele liefaen sieh viele andere anreihen, ich will einige
erwähnen, die ich eben zur band habe: ital. cofaccia ^
focaccia kuchen, eudicio ^ sucido echmutzig (Diez);
ba.«ktsclie beispiele bei August Mommsen in Höfers zeitachr.
11,371 ; engl. tickle = ags. citelian (Koch engl. gr. I, 148);
die Umstellung wurde dadurch erleichtert, dafs v und m nahe
verwatidti- i-onsonautc-n sind, die oft wechseln. Aus der
stammi'oriu mavra ist geradezu altn. maurr zn erklären,
ebenso ist altbaktr, maoiri aus mavri entstanden, vcrgl.
vaoiri ^ skr. vavri. Neben der stauimfonn raavra
tritt marva auf, das entweder zunächat aus mavra ent-
Ktanden oder aiu^b aus vornia, welche Stammform wir
im lateinischen, griechischen und indischen gtlundeu ha-
ben, umgestellt ist. Es ist nämlich nicht selten, dafs
rar •tymologiscben wortforschnng.
zwei consonanten, die nicht nur durch einen Tocal, son
dern auch durch einen consonanten getrennt sind, ihren platz
wechseln; so grieoh. cifuißofir = äQufuüv, namentlich ott
1 oder r; span, paiabra, milagro, peligro; altfranz.
esteucellc ^ lat, scintilla (Pott a. a. o.). Monimsen
a. a. o. erwähnt bask. f'elderalza = fr. levrette. Aus der
Stammform marva mufs kirchcnslaw. mravij (zunächst für
mravijü), ir. moirb (fflr inorvi) erklärt werden. Die
Veränderungen, denen der nanie der ameise in den ver-
schiedenen indoeuropäischen sprachen unterworfen ist, stim-
men mit den Veränderungen eines romanischen wortes in
den verschiedenen spracharten merkwürdig Obcrcin: man
vergleiche das verbältuiik zwischen prov. vorma schleimige
feucfitigkeit der nase, neuprov. borm, portug. niornio,
sp. muermo, sie. morvu, fr. morve, bask. formua mit
dem verhältnifs zwischen skr. valmlka für varmika,
griech, ;^io/i7j|, nioft ),|, kinhensl. mravij, Ijitisilz morve
lat. formica. Allein die ausgangspuncte sind verschieden.
Auch Pictet origines indo-europ. 1, 529 nimmt an, dafs
die grundform vamra ist, aus welcher die übrigen (braieu
sich durch unostellung entwickelt haben. Unrichtig ver-
gleicht Fick 8. 147 ^DüMog, fiviJutjS, unmittelbar mit dit-
mars. mirem, demin. miremeken und nimmt eine grund-
form marama an: das niederdeutschf wort ist mit eme-
kon, ämeken, das zum hochdeutsch, am eise gehört,, zu-
sammengesetzt.
würze) vargh, vragh, griech. .'?rto/off.
Grieeh. ßgo^og schlinge, strick, hat mit lat. laqueue
keinen Zusammenhang (Bübler in Orient und Occident II,
7-Ö(l). ßooxos hat früher .FoCj^u^ gelautet, wie ß vor (j in
ßQÖiiriv^ ßgl^a, ßgä^ci) u, a. aus J^ entstanden ist (Curtius
grnndzfige s. 517 f), und ^QÖynii weist auf eine grundform
vrjigha-a hin. Das wort ist von einer würze) vargh,
vragi) gebildet; diese findet sieb in folgenden Wörtern wie-
der: lit. verziii, veriti mit einem stricke zusamnion-
scbnören, klemmen, hart zudrücken; viriys "J'id verzys
(Kesselm.) strick, tau; deutsch würgen, abd. wurgiau,
ecbwed. dtal. yrja, wclehos altn. yrgja voraussetzt; alt-
säclis. wurgil tu. strick, altn virguU, virgill, altn. iirga
f. riemen, strick; vgl. Pott wurzelwtb. 8,i7. Mit griech.
Hi)yi>i>ui , ii\)yui, skr. varg, vrnagmi arceo PXQludo, got.
vrika diojKoi darf mati also nicht, wie Curtiiis no. 142
und mehrere thun, lit, veriiü unmittelbar zusammeDStellen.
Dagegen ist die bpcleutungsentwickeluiig^ in got. vriiggö
nnyr^, deutsch ringen, engl, wrong, dän, vraiig wesent-
lich verachieden, und diese Wörter halte it-h daher hier fern.
Wurzel vara (vgl. kars), lat. verrere, altn. vörr,
altaächs. werran.
Lat. verrere ist ziehen, schleppen, streichen, zu-
sammenfegen, furchen ziehen; besonders hebe ich hervor,
dal'e ea mit aequor oder gleichbe.deutenden wörtorn als
object verbunden wird, so delphines aequora verriint
caudis Verg., vom tischer, der sein netz durch das wasser
zieht (verrere aequor retibus, verrioulumj, vom ni-
dernden, der das nider, und vom segelnden, der den kiel
des Schiffes die oberfläche des nieeres furchen läfst.
Iij derselben weise verwandt haben wir die würze] im
germanischen. Ich vergleiche altn. vörr masc, gen. va mir
dat. verri, acc. pl. vörru, später vor, varar fem.; das
wort bezeichnet die furche oder den streifen, den das fahr-
zeug bei seiner fahrt in der Wasserfläche macht, auch einen
rnderzng. vörr setzt eine grundform v arsu-s voraus, die
von einem verlorenen verbum versan abge.leitet ist, dws
dem lat. verrere völlig entspricht. Sowohl im lateinischen
als auch im altnordischen wird rs zwischen zwei vocalen
regelrecht zn rr assimilirt, z. b. lat. torreo, altn. purr.
Das starke verbum ist im altsächs, werrau (praet. w urrun,
pcp. giworran), ahd. werran in Zwietracht bringen, an-
greifen erhalten; hier ist aber die bedeutung anders ent-
wickelt; eine sinnlicfiere bedeutung ist im transitiven deut-
schen wirren l)ewahrt. Hteher gehört wahrscheinlich auch
f'tTroifjaai^ das Pott wurzeln etnleit. 5J)R averrere erklärt.
Mit lat. verrere und den entsprechenden germanischen
Worten) stimmt skr, karl dem begrifi nacb so gut, dufs
zur etymologischen wortforacbang. 27
ich, wie Pott etym. forsch. 1. ausg. I, 229 und Corssen krit.
beitr. 403, seine Zusammengehörigkeit oder wenigt^tens nahe
Verwandtschaft mit jenen Wörtern nicht zu bezweifeln wage.
verrere, werran verhält sich zukarä, wie lat. vermis,
got. vaurms zu skr. kfmi. Mit altn. vörr, ursprünglich
varsu-s mufs skr. karäli furche zusammengestellt werden.
Aber da wir sowohl im latein. als im griech. und german.
V im anlaut finden, mufs schon die grundsprache, aus wel-
cher diese sprachen sich entwickelt haben, die wurzelform
vars gehabt haben, die ich als eine nebenform zu kars
betrachte.
altbaktr. vareta, got. vilpeis.
Mit altbaktr. vareta fem. die irre (das kaum ursprflng-
lich „der zu wehrende weg" bedeutet) hat Fick s. j (j4 ge-
wifs richtig griech. aXiraivou, äXtreiv irre gehen, fehlen zu-
sammengestellt. Zum altbaktr. vareta gehört auch got.
vilpeis aypiog, grundform vartjas. Der Zusammenhang
ist zu ersehen aus altn villr, das errabnndus, errans be-
deutet, wovon vi IIa in errorem perducere. Diese Wörter
werden mit genitiv verbunden villr vega, staO'ar, vill-
ast farar ganz wie axohij:^ ah'Ttjffev ctTaqnov. Die be-
deutung von villr, villa wird auch aufs geistige gebiet
Obertragen, so dafs villr das bezeichnet, welches von
dem rechten, wahren, vernönftigen al)weicht.
Entsprechende Wörter im keltischen siehe bei Diefen-
bach goth. wtb. I, 185, Ebel beitrage II, 178.
Ohne das ableitende t gehören hieher griech. äh/,
äkäofiat u. s. w.
ßXoffvQoe, lat. voltus.
Für ßXoavQog wage ich eine andere erklärung als die-
ienige, die Curtius stud. I, 2, 295 — 297 gegeben hat. Das
wort ist nach meiner meinung durch das nämliche secundär-
sufifix gebildet wie cckuvgog, öt^vpog, laxvQog, yXaftvgög^
XtnvQÖg^ ittt)kv(j6g. Am meisten analog ist aijavgog; dies
wort ist kaum, wie Curtius meint, von der mit o erweiter-
ten Wurzel durch das primärsiiffix vqo gebildet, ärjavifog
38
Bugge
steht gewifs für äijTvgog wie (Tv für tv, -avvt] fllr -Tvvfj^
es ist von (ir^rrj^ wind wie ähn'Qoq von ctliiti gebildet;
in wesentlich derselben weise wird das wort von Fick
wtb. 8. 168 aufgefalst, der skr. vätiila verjrleicht. Ebenso
ist ß'lnmmnq ans ßloTv-ooi; entstanden. Der nominnlstamno
ßhnv ist durch gewöhnliche nietathesis (wie ?.. b. in ßoo-
tml,', ßXwroca)) aus ßnf.Tv entetanden,- ß steht hier ftir/- wie
m ßovhjuai, Boh'm^ u. 9. w. (Curtius grundzöge g. 515 jBT.),
ßlocvoöq ist somit nanh meiner raeiiiting von ßlarrv fÖr
poItv gebildet, das dem lat. voltii-s genau entspricht.
Diese ableitung pafet namentlich zum homerischen ge-
brauche von ßX<)(w<H'tq. Tultiis heifst gesichtsgepräge, mie-
nen, aussehen; oft speciell von dem augusteischem Zeitalter
an ernste, strenge, zornige mienen, davon vultuosns von
ernstem, finsterem aussehen. IL XI, 608:
TW Ök Ol 0(TffS
T.aunsfJitijv ßXonimtjnii' im otfovnn'
läfst sich mit frone vultuosa Appul. vergleichen, wie das
secundärsuffix qo (ijoo) in der bedeutung, aber nicht for-
mell, dem lat. öso Oberhaupt nahe liegt (vgl. z. b. oit'tjoög
mit vinosus, zcfftceTr/oog mit operosus). In derselben
weise wird Gorgo B. XI, 36 ßXonvQMnic genannt als die-
jenige, deren blick rrFftvög^ (foßfnog ist, wie die alten ßXnav-
o6\i erkl reu (vgl. vultu terrere); der ausdruck ist mit
dem dabeistehenden Sni'ov Stoxofth'ij synonym, wie Hesiod.
Bcut. 250 von den KrfQBi; die ausdrücke rinrwTToi ßlunvQoi re
gebraucht ; in Übereinstimmung mit den alten glaube ich
also, dafs ßXotJvQMnt^ mehr den ausdruck der aiigen als
ihre form oder Stellung bezeichnet, wie Goebel zeitschr. XI,
394 und Curtius stud. I, 2, 297 annehmen; jener übersetzt
„glotzäugig", dieser „strotz-, voll- oder grofsäugig." Dafs
ßkaavQÖq sowohl bei den alten dichtem als auch bei den
späteren prosaisten besonders anf blick und mienen bexug
hat, spricht stark f(5r meine vergleichung mit vultus. Der
begriff des strengen, finsteren, erschreckenden liegt nicht
nothwendig im worte vultus, sondern wird nur durch ge-
brauch und Zusammenhang daran gekoöpft, und es kann
daher kein bedenken gegen meine erklärung erregen, dals die
zur etymologii>chen Wortforschung. 29
bedentuDg von /SXoavotig bei Plato und späteren prosaisten
eine mildere ricbtung genommen hat, so dafs es „stattlich,
hochanseholich** bezeichnet besonders mit der anweudung
auf blick und mienen (Curtius studien I, 2, 29ö), so (Stuvuv
xai ßh)GVi}t)v 6(jäi' Aelian. Im poetischen ausdruck aiuarior
ßXuavgov äyog Aesch. Euui. l(j^ hat der dichter auf die
blutsclmld ein epitheton übertragen, das eigentlich von der
rächenden persou, die den Verbrecher mit drohenden blicken
ansieht, gebraucht wird. Bei den alexandrinischen und
noch späteren dichtem ist die bedeutung und anwenduiig
des Wortes willkürlich abgeändert.
Die gröfste Schwierigkeit bei der von mir vorgeschla-
genen etymologie macht der gebrauch des wortes bei Theo-
phrast, den Curtius für den ursprünglichsten hält. £r führt
zwei stellen an, wo das wort „üppig, strotzend" bedeutet;
hiezu kommt: xakÄtortj dt nirra yiverai, xai xaö u^urätii
ix Tbjv noonrjliuiv xai nooaß<>^(t(av , ix öi twv naliaxiiav
ßXoGvQwtiqa xai ßu()ßog<oöij^, wo Plinius „horridior* über-
setzt. Es läfst sich aber denken, da(s das Stammwort ßkoav,
obgleich formell identisch mit voltu-s, andere bedeutungs-
variationen als dieses entwickelt habe und so auch vom
üppigto ausseben gebraucht worden sei. Got. vulpus
herrlichkeit stimmt buchstäblich zu voitus, hat aber we-
sentlich verschiedene bedeutung. Jedenfalls scheint es mir
bedenklich, die bedeutung „strotzend" von Theopbrast auf
Homer und Hesiod zu fibertragen; diese bedeutung pafst
z. b. nicht Hes. scut. 250, wo das epitheton ßkoGvQul ge-
wifs dem blick gilt, wie das damit verbundene deii'wnoi
andeutet.
altbaktr. vära, ahn. ür.
Die Wörter, die in den europäischen sprachen dem skr.
vär, vfiri wasser, altbaktr. vära masc. regen entsprechen,
sind bei Curtius grundzOge s. 313 f. no. 510, bei Fick
Wörterbuch vära 2 zusammengestellt, ihnen müssen aber
folgende Wörter aus den germanischen sprachen hinzugefügt
werden: altn. ür neutr. feiner regen, nebelregen, in der dich-
terspracbe auch wasser überhaupt; ürigr, ürugr benetzt^
30
Bugg«
thaiiig, aga. lirigj altu. yra in feinen tropfen falleu lassen.
Dieser wortstamui ist noch la deu lebeudeu nordischen
apraeharteu sehr verbreitet. AUn. ür stimmt ioi gest;hkcbt
Zinn griech. ot/pu)', entspricht aber in der bedeutung dein
altbaktr. vära am uäoheten: ^rir ist mit oi>iJsl formell ideu-
tisch. Sfhoii Holuiboe „det norske sprogs vasaeutligste
ordfürraatl" hat ür mit skr. väri verglichen.
skr. vära achwanz, altn. v6li.
Curtius no. ö0.j und andere haben mit üoQv^ ovQa
sufawauz zusamaiengestellt. Dies letztere wort iät aber von
Fielet iu dieser zeitschr. VI, IUI) und von Fick richtiger
erklärt: wie Üvyuvo^ zu skr. Väruna-s, ovüuv zu alt-
baktr. vära, skr. väri, uvoüi^ Wächter zu got. vars, so
verhält sich avoa au skr, väia luasc. schwänz, später väla,
bäla (die feminiufürni bälä, die Fick erwähnt, ist mir un-
Lekaunt), altbaktr. vära. Auf der andern Seite hat aber
Bopp mit skr. vära, pl. vslräs die haare des scbwauzes
Lit. väla-s gewöhnlich im plurul välai die schweifbaare
eines pferdes richtig zusammengeatellt; wir haben somit
hier eins von den verhältnilemässig niclit so gar häufigen
beispielen, dalis die europäisL'ben sprachen von japhetischem
stamme iu bezug auf r und 1 unter sich nicht übereinstimmen.
Da das litauische wort 1 hat, und da altbaktr. vära, griech
uvua vom aterüe der vögel gebraucht wird, dürfen wir auch
altn. veli neutr. vogelstcrz hieher ziehen. Man darf au-
uebmen, dafs früher eine dem skr. väräs (lit. välai) eat- ]
sprechende pluralfonn von den einzelnen federn im vogel-
sterze gebraucht worden ist; davon ist ueutr. veli durch
das Buff. j a gebildet, das hier wie so oft collective bedeutung
hat. Der voeal e iu veli setzt l in den anderen gei'mani-
schen spracharten voraus, wie altn. vel = ags. wil, ver
s= got. veis ist; dieser vocal weist in veli auf ä in der
iodo-europäischen grundfurm zurück, wie im got. reik-s
^ skr. rag, altu. heia reif mit lit. szalti frieren, altbaktr.
pareta kalt verglichen. Dals auch das lateiii ein dem
griecliischcü uofja entsprechendes wort für schwänz mit 1
zur etymologischen Wortforschung. Sl
filr r gehabt hat, darf aus adülare,adülari anschwänzeln,
anwedeln gefolgert werden, s. Georges wörterb,
wnrzel sag, german. sak, altn. sättr, satt.
Es ist unzweifelhaft, dafs got. sak an mit skr. sag,
sang, lit. segiü, segti schnallen, um-, anbinden zusammen-
gehört; auch griech. antiu, änrea&ai pafst dazu in der be-
deutung so vortrefflich, dafs es gewil's mit Leo Meyer goth.
spräche s. 9 hieher gestellt werden mufs, obgleich das laut-
verhältnifs noch nicht hinreichend aufgeklärt ist. Unter
den ableitungeu verdient um der bedeutung willen hervor-
gehoben zu werden altn. sättr versöhnt = skr. sakta-s
verbunden; satt fem. (pl. sättir) vergleich, Übereinkunft,
vertrag, ags. saeht = skr. sakti-s Verbindung. Dasselbe
wort finden wir mit sinnlicherer bedeutung im lit. lett.
sagtl-s Verknüpfung, heft, schnalle. Identisch ist gewifs
griech. äif/ig, accus. uxpi'iÖa^ aeol. aipiv Verknüpfung, Aivov
äytiÖsg die maschen im netze ; bei der bedeutung radfeige
darf daran erinnert werden, dafs lit. s^gti ein pferd be-
schlagen heifst, aps^gti dasselbe, auch einfassen.
sama in griechischen und germanischen Zusammen-
setzungen.
Das skr. sama-, altbaktr. h ama-, gr. öf^o-., got. sama-,
in form und bedeutung einander völlig entsprechen, ist be-
kannt; es verdient aber beachtung, dafs einige von den da-
mit zusammengesetzten Wörtern mehreren von den japhe-
tischen sprachen gemeinsam sind. Fick s. 174 hat altpers.
hamapita'r „der denselben vater haf mit dem gleichbe-
deutenden griechischen ouanccnufj zusammengestellt. Eine
dem griechischen öfionccTQiu<; völlig entsprechende form ist
altn. samfeffr (auch erweitert samfeffra, samfeddr),
wie öuüfiiJTQiog sammoedTr entspricht, das in sammoeäTra
durch das suffix an erweitert ist (auch sammoeddr).
Ebenso ist griech. bfioyviog mit got. samakuns avyysvrjs
stamm samakunja gleich; davon ist altn. samkynja,
wie samfeä^ra von samfeäTr, erweitert. Vgl. Pott prae-
positionen 816 f. 829. *
SS
BugK«
lat. sarcio, gr. ^anroi.
Lat. sarcio flicken, ausbessern gehört mit gr. öafTTta
zusammenflicken, ziisammenciäbt^n, unmittelbar zusamnien.
(mriTw stellt für ßgcinria wie (jutfitt} für ayoifioi {a ist in
h>ö(ju(fiiig für h'ftgnifijy aeaimilirt) ; ar in sarcio verhält
sich zu ()« in ^cinriu wie or io sorbeo zu uo in (joqioj.
Her labial im griecbischeo worte entspricht hier wie in
IctTiTi'): jacio, 'tTiTOftmi ico dem lateinischen guttural.
Wenn die gelehrten, welche die [jräsensform öÜtito) aus
^ünjuj erklären, recht haben, darf das griechische wort nicht
Qur in hezug auf die wurzel, sondern in allem mit sarcio
identificirt werden. Ebenso wird (mtjtÖi; von sartus für
sarutus, üäufict von sareimen naht vollständig gedeckt.
sarcio, ^änro) mufs gewifs als Weiterbildung von der
Wurzel sar zusammenknüpfen, lat. serere, el'ow n. s. w.
aufgefalät werden, s. Curtius no. f)18.
Anders Corssen krit, beitr. s 42; ausspräche 2. ausg
I, 485 ft'.
4
got. sarva, ags. searu, altn. sorvi.
Fic'k s. 174 und Meyer goth, spräche s. Iri4 erklären
got. sarva neutr. pI. ürrJ.«, n-uvonlin aus der wurzel aar
bewahren', beschützen, woraus lat. servare, gr. E<iva<'fca,
altbaktr. haurva. Dies sieht sehr ansprechend aus, aber
die bedeutungeu des wortes in den anderen germanischen
sprachen werden eine andere crkläning nothweudig macheu.
Ich erkläre aarva aus der wurzel sar knüpfen, lat.
serere, gr. i'iosii'. Die richtigkeit dieser ableitung ersieht
man am deutlichsten aus dem altn, ä»rvi neutr. halsband,
das aus perlen, die auf eine schnür gezogen sind, besteht;
mit 8"rvi, das eine grundforra sarvjam voraussetzt, läfst
sich gr. ij(jtivi; halshand, das von ei'^w abgeleitet ist, ver-
gleichen. Im angelsäche. bedeutet searu neutr. nicht nur,
armatura, sotidern auch machina, machiuatio, insidiae, an(
artificium, res artificiosa; das davon abgeleitete serwaui
gyrwan macblnari, concinnare, moliri, instdiari. Aue
hier zeigt es sich deutlich, dafs <Jas wort von sar ver ,
zur «tymologigchen wortforschntig. 33
knüpfen abgeleitet ist; man denke an ^cenreiv fAsracfogixäg
firixaväöd-at, xcct xaTttaxevdL.HV, z, b. xay.a (mntsiv rtvl; ali-
quid suo capiti saere, dolos consuere, sutela u.dgl.
Endlich saru röstung bezeichnet zunächst den panzer, die
brünne; so führte der in der sage berflhmte Sarula, Sörli
den namen nach seiner nndufchdringlichen brünne. Dafs
saru auch als bezeichnung des panzers von sar verknüpfen
gebildet ist, kann nicht zvreifelhaft sein; man vergleiche
sertae loricae.
Die Wurzel sar in sllgetv , serere, got. sarva darf
nicht, wie von Curtius grundzöge s. 318 geschieht, mit der
Wurzel svar im lit. svferti wägen vermischt werden. Ich
identificire nach Benfey und Pictet £(^(u, sero mit skr.
sarämi sich bewegen, fliefsen, so dafs dies in den euro-
päischen sprachen causale bedeutung angenommen hat; vgl.
skr. pratisärita verbunden (wie eine wunde), manisara
Perlenschnur, sarit faden.
sas schlafen.
Lobeck und Curtius no. 587 haben aeaa^ aiaausv,
aeaav, aiaai, aßauev schlafen mit ätjut zusammengestellt.
Dies wird aber durch vergleichung mit der vedasprache
widerlegt; denn hier finden wir asasiSam, asäsisam,
das dem griech. ««o"« ganz genau entspricht. Von der
Wurzel sas, die im eigentlichen sanskrit nicht gebraucht
wird, ist praes, sasti, pf. sasäsa, fut. sasisjati gebildet.
Im griechischen verbum ist a sowohl im anlaut als im in-
laut geschwunden, ganz wie in nvoi; dürr = lit. saüsas,
niederdeutsch sör, sär, ags. se&r; vgl. norweg. dial. söyr
masc. (aus einer grundform sausa-s) die verdorrung der
bäume; auch bei avng hat Curtius s. 356 nach meiner raei-
nung die wahre etymologie nicht gefunden. Bei nsoa hat
schon Pott's Scharfsinn das richtige geahnt.
SU- gut im germanischen und lateinischen.
Im sanskrit steht das lobende oder verstärkende su-
dem tadelnden dus- (dul-) gegenüber, so im altbaktri-
schen hu- gegen dus- (du2-, dus), im griechischen ci",
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XX. 1. 3
M
Bupgre
ii)- {dessen form suLwierigkeit macht) gegen di\-. Der
DäiTilicbe gegCDsatz hat siub iu deu keltisuben sprachen
gut erbalteu: altir. su-, so- im gegetisatz von du-, do-,
6. Zeuss I. ausg. 17. 832 f. 8üt) f.
In den germanischen sprachen ist dus- noch sehr ge-
bräiithlicb: got. tuz-!, abd. zur-, altn. tor-; auch von der
entgegengesetzten partikel giebt es mehrere spuren, die bia- ■ i
her nicht hinlänglicb beobachtet worden sind. i|
Schon Gruff und Zcuss s. 37 haben vermuthet, dal's
der votksname Sugambri aus su und abd. gambar stre-
uuus zusammengesetzt ist. Holtzinaun Germania II, 215 f.
fügt einige andere germanische Wörter hinzu, die su- ent^H
halten sollen, aber seine erkläriiugeri sind entweder zweifel-
haft oder geradezu unrichtig; z. h, got, svera, abd. suuari,
altn. avärr ist eicher von eijiem dem lit. sverti wägen
entsprechenden verbum gebildet und nicht mit su- zu-
sammengesetzt. Dagegen finde ich im got. svi-kunj>s
ixSi}Xug^ n^öSijXog^ ifA(frtrij^f q>avtqö^ ein präfix, das mit
dem skr. 8u- in nabeni zusammenhanKe steht. Zunächst
läi'st sich evyi'iAiGroi^ vergleichen, evi weist auf eine grund-
form sva oder svä- zurfick; dieselbe nebenforui von su-
haben wir, wie es scheint, im altbaktr.; denn hier wird
nicht allein adv.hu, hü wohl gebraucht, sondern auch
hvö, dessen ö ans a entstanden sein kann, vgl. Justi granim.
33. B 2) und 34. 4). Diescllte form des präfixes kann ich
auch im altn. svevisa Helgakvib'a Hundingshaiia I v. 38
nachweisen; das wort bezeichnet eigentlich „sehr weise",
ist aber durch den gebrauch ebenso wie fj ölkunnigr da-
rauf beschränkt vForden „zauberkundig* zn bezeichnen.
Hieher gehört auch got. svikns (stamm aviknaj
«jT»i;, «L^MOg, oCiiigy altn. sykn. Das zweite glied ist
*ikna, nom. 'ikns = griech. äyviii,; grundform jagna-s;
6 V i k n 6 steht entweder für a v i - i k n s oder eher für s u - i k n a .
Eine ähnliche Zusammensetzung haben wir im gr. evuyi'jg. ^M
Das praefix su- vermutbe ich auch im aga. switol,
Bweotol, swutol oflenbar (von Rieger fehlerhaft mit lan-
gem vocal iu der Stammsilbe geschrieben); es scheint aua
fluwitol entstanden zu sein, wie altbaktr. hvarez gutes
A
zur etyna ulogischen Wortforschung. 35
wirkend aus huvarez, hvira mannhaft aus hu vira, und
eine ableitung von wz. wit sehen zu enthalten. Ich zweifle
nicht daran, dafs man mehr spuren von diesem praeüx in
den germanischen sprachen wird nachweisen können; es
genügt mir, dafs ich seine existenz erwiesen habe.
Im latein ist dus- (ahd. zur-) mit dis- (ursprünglich
dvis-, ahd. zer-) zusammengeflossen; das entgegengesetzte
praefix su- ist dem sprachbewufstsein als solches nicht
mehr klar, aber unverstanden in einigen j während eines
filteren Stadiums der spräche gebildeten, Zusammensetzungen
erhalten.
Corssen krit. beitr. 100 f. bat mit guten gründen die
gewöhnliche erklärung von sadus als se-udus zurück-
gewiesen und die ursprüngliche bedeutung des wertes dar-
gelegt. „Es erhellt . . ., dais in der älteren spräche sudus
die bedeutung „serenus, attf^to^, Bvöiog „heiter" hat, daher
sudum und suda (neutr. plur.) substantivisch gebraucht
„svSia, heiterer himmel* bezeichnen, und dafs Lucilius den
plural suda so braucht, wie im griechischen der plural
svdiai vorkommt, Plat. Legg. XII, 96 £t ^v ys xsiuwai xat
iv svdiaig".. Dagegen irrt Corssen, wenn er sudus zu
skr. 9udh, 9undh purificare, lustrare stellt. Denn dafs 9
in der genannten wurzel nicht, wie Corssen meint, aus s
entstanden ist, wird unter anderem durch altbaktr. pudbu
erwiesen; wäre pudh aus sudh entstanden, müfsten wir
im altbaktr. hudhu haben, wie altbaktr. huska dem skr.
puäka entspricht.
Wie von Corssen erwiesen, ist das lat. sudus dem
griech. tvöiog in der bedeutung gleich, und ich glaube,
dafs diese zwei Wörter auch formell zusammengehören, su-
dus ist durch die mittelstufen sudjus, sudius aus einer
grundform südiva-s hervorgegangen; v ist wie in sub
dio, i wie indudum, biduum geschwunden, südus ent-
hält das hier behandelte praefix in der form sü, die in der
vedasprache (z. b. .sünrta, sünarl) vorkommt, so wie das
altbaktrische sowohl hu als hü hat.
Nachdem ich diese etymologische erklärung niederge-
schrieben hatte, sah ich, dafs schon Pott präpositionen (etym.
3*
S6
Bnjcet'
fors<'h. 2. ausg. I) s. 747 daran tredacbt hatte; er verwirft
sie aber ganz, doch ohne hinreiclieiideii grund. Pott nennt
nach Wiikins S an scr. Gramm, p. M3 auch skr. sudiva happy
daily, passing pleaaiDg days iinrl sudiv having a fine sky
(epitbr't o{ & fiüe day).
Cnrtius grundzüge s. 3fa' sagt freilich, öu- sei eine
apeciell indische form iiud dOrl'e in den europäischen
sprachen nicht gesucht werden; dafs aber dies nicht stich
hält, wird durch das, was ich oben angeführt habe, und
oameutlicb durch die entsprechenden keltischen formen dar-
getban.
Wenn die form au- dem gemeinsamen Stadium ange-
hört, auf welches die verschiedenen europäischen spraihen
zurückweisen, scheint es möglich skr. svädu, griech. i'/iiv:^
l&t. auävis, aga. swete als su-ädu von ad essen zu ver-
steh.fu; der umstand, dafs ly^Vv^- (für ff;cff(>üc) sich ganz und
gar von ev- entfernt, mufs daraus erklärt werden, dafs das
bewnratsein von der Zusammensetzung des wertes verloren
war. Dagegen lat, suäd US, Suäda, wovon suad|eo, ver-
stehe ich lieber als aus su-vada-s entstanden vom skr. va-
dämi rede, wozu entsfirecbende Wörter sich in mehreren
anderen japhetischen sprachen finden, s. Curtiua grundzüije
8. 223. Mit bezug auf die bedeutung vergleiche ich skr
sükta von su-ukta, das im pl, verführende worte bedeu-
ten kann; suadus aus su-väda-a hat im skr. dur-väda-s
schlecht redend sein gegenstück. malesuadus kann dieser
erklärung nicht hinderlich sein.
skr. käu, griech. nTvoto, nraipco, ntota^ lat. CODster»
nare, sternuere, altn. skjarr.
Griech. titvqw (ein pferd) scheu machen, 7iTVQt(S9ut
scheu werden, in schrecken gcrathen, wovon nrvüita^ titvü-
/kju; hat Walter zeitschr XII, 409 vortrefflich mit den sy-
nonymen lat. consteruare, consternari, exsternare,
die in betreff der bedeutung mit sternere nichts gemein
haben, zusammengestellt, nn'wtrj ist nicht, wie Benfey gr.
wurzellex. II, lOO meint, ableitung von einem von der wür-
zet rrri' (wovon nrola) durch das sufHx a<t gebiUleten uouien
1
»nr «^nnologiichen wortfors«hmig.
37
TtTv-Qi}. Lat. aternare zei^t im gegentheil, dafs die wur-
zelform TiTvo in TTTVuui durch das mitlelglied nruQ aus nrafi
eiiletHnden ist; v vor p hat hier den uäuilichen Ursprung
wie in Tinrtjyvon;, äyvgrtjg, ««pnw, aitvQti^^ finfj^vqm. Wal-
ter sagt mit rocht, tttvow stehe ffir aTivtiui', dies verstehe
iuh nifht mit Corsaen krit. nachtrage s. IIG eo, dafs r, im
arilaiit abgefallen und später n durch r verstärkt sei. Ich
glaube, wir müssfu annehmen, dalg zwei nebenformen exi-
stirt haben: spar oTivfiuj und psar tpvgw, ebenso wie tfinkiLi
^ dnctXi^, ipvTTw dem lat, spuc gegenöber u. s, f. ywou)
wurde zu Ttrvim, wie doxrog aus cio^Oi^ :^ skr. rk5a ent-
standen ist u. 8 w. (Curtius grundzöge s. 628). Ebenso
ist in nrvtu r nicht, wie Curtius grundzüge s. 257 will, aus
j, das in lit. spjäuju hervortritt, entstanden, sondern nrt'öi
steht für i/'tiw (vgl. ittvrTio) durch Übergang von »/' ''' ^t«
Schon Loheck hat darauf aufmerksam gemacht, dais mifiM
mit TiTaigia filr Tiraojt'i niesen „sternutamentia quati", aor.
'dnraijov, auch TTTaui'vttrtt offenbar verwandt ist; die begriffe
„niesen* und „scheu werden" vereinigen sit^h in der plötz-
lichen, zitternden Bewegung. Die Verwandtschaft zwischen
nri'om und nraiuto, Trrdtji'vuni wird zugleich durch die
Übereinstimmung zwischen (con)-8ternare und eternuere
dargetban, und das verhältnils zwischen nrai^tiu und ntv^it»
zeigt auch, dafs i' in dem letzteren ans n entstanden und
das verbnm nicht denomiuativ ist. Aber auch nioia, iiröa
scheu, furcht, Sucht, jede durch heftige leidenschaft erregte
Unruhe, nTmkt»^ tttou» scheuchen, fortjagen, unruhig machen
scbliefsen sich mvQw in der bedeutung nahe an. ■nroitt muls
gewifs als aus möjra von einer wurzel nrv entstanden Erklärt
werden. Wir haben somit im grieeh. zwei wurzeln irrv und
7rr«ti mit der grundbedeutung zittern, woraus sich in jrrap
auch die bedeutung niesen entwickelt; nrao und nrii sind
aus älteren formen yjao und yfv entstanden, und diese sind
wieder nebenformen von nnaQ und anv; dem griech. mag
^ anag entspricht im lateiu ster für sper in -st ernare,
eternuere; auch hier entwickelt sich die grundbedeutung
„zittern" theila zu „scheu werden", theils zu „niesen".
Diese wurzeln lassen sich weiter verfolgen. Wo das griecb.
38
Bngrge
i
I
im anlaut f/nV, nr oder das ursi>t(inglkhere i/i, an hat, kann
i/>, nn wieder auf älteres sk zuiflckweisen, das im skr. als
k§ auftrittr so iparpcti; : skr. k^apas, \f>!{n>^ = (fß-latq ; skr.
käi, >tni(jfi = ifO-hiofi'. skr. ksar, s. Curtiiis gnindzCige
s. 634 f. Vollständig in derselbeü weise verhält sich die
Wurzel nrv in nrofa^ nrota zu skr. keu, praes. ksäuti,
fut. ksavisjati, pcp. ksuta. Dieses verbjim bedeutet
„niesen", und verhält sich demnach in hetreff der bedeu-
tung zu riTV in nroia ganz wie nraiuio zu jitihhu^ eter-
nuere zu -sternaro. Von der bedentuog „zittern" sclieint
es auch beim skr. ksu spuren zu geben: ksmäjate hcifst
„zittern" und stf'ht wohl für ksumäjate, da ksiimäindrr
anrede an einen pfeil als „derjenige, der zittern maf'ht" erklärt
wird; käubh (ksiibhjati und ksöbhate) zittern, in un-
ruhif^e bewegung kommen ist sichcrliih eine Weiterbildung
von käu niesen, eigentlich zittern, wie stubb preisen von
stu (so ant!b Max Müller zeitschr. XTX, 4'2). Litauische
und slawische Wörter, die mit skr. ksu niesen zusammen- i
gehören, hat Pott wurzelwtb. 687 angeführt, so lit. ski au d u , ^M
skiaudeti niesen, wo die, ursprüngliche wurzel skii ^ skr. '
käu durch d erweitert ist. In den germauisclien sprachen ^J
finden wir sowohl eine wurzelfonn sku, die dem lit. ska'^f
(in skiaudu), skr. käu, griech. yrrc entspricht, als eine '
wurzelfnrm skar, die mit dem griech. nTteo, nrvQ, lat. ster
identisch ist; beide haben die bedeutung scheu werden.
Der ersten gehören an deutsch scheu, scheuen, scheu-
chen, der zweiten altn. skjarr scheu. Mehrere ferner ver-
wandte Wörter lasse ich hier bei aeite.
I
spang, (p^iyyouat, (piyyoe.
tf.d'iyyouat, (f iJf yuct, (p&oyyr]^ <[ d-üyyaq pflegt man up- i
mittelbar mit der wurzel (jtt in yf;/<(' zu verbinden; dies^H
hat aber formell nicht hinretcihende stütze, denn es ist uner- ^\
wiesen, da(s rfiy/o^ zur wurzel y« in 'f«n'Oi gehört; auch
stimmt es nicht gut zu der bedeutung, denn ffi/fti ist nur
sagen, reden, aber nicht klingen. Skr. bbarig reden, wo-
mit Beofej und Fick ifOiyyufutt ztisammenstellen, kennen
wir nur aus den wurÄt-lverzeichnisaen.
cur e^rmologiacbrn woitfonehntig.
39
tius grtindzüge e. tj;^4 hat erwiesen, dafs «jpftt'(Ti>w,
'f>+c'tv«i, wovon wir nebetif'ornnen mit i/' finden, Wörtern in
verwandtfln spraclien, die mit sp*) anfaagpn, entsprechen.
DeneelbeQ Ursprung hat (p\^f in (f&iyyottat; sp finden wir
im entsprechenden lit. spengiu, spengti gellen, klingen
(Nessehn.). Aut-h von ifi'/yu^, ff ^yyo)f ((fhiyi qfyytTai äi
letfiwv Arisloph.} ist bisher eine sichere etymologische erklä-
rung nicht gegeben worden, Curtlus' me]nung(grundz. 8. 268),
i/iyyog sei aus ffüfuq durch vermittelung einer forna <fiyyj:og
entstanden, ist bedenklich; denn sonst findet sit^h in der
y.()ii'rj kein Heispiel, dafs ^r zu y geworden, vor welchem
sich sogar ein nasal entwickelte. Skr. hhang leuchten fin-
det sieb nur in den wurzelverzeichnissen. Wie ich rf&iyyo-
itai im lit. spengti wiedergefunden habe, giebt uns die-
selbe spräche vielleicht bei ffiyyog richtige anleitung. An-
lautendes (T ist io3 griechischen öfters vor fp abgefallen:
(fiuv^ für Cffiyi(6c, böot. (pt^ = Scfiy'i (Curtius grund-
züge 8. 630), lakon. fpovat = ipöcei , das ursprünglich sp
im anlaut gehabt hat, lakon. qiv = ftrftv, tf'ikng für ffrfiXoe
(siehe unten) u. s. w. Und da a sehr oft auf ein folgendes
n aspirirend wirkt, kann ffiyyog ans ff(f^yyng^ aniyyü^ ent-
standen sein. Hiemit darf man vielleicht sping spingütfe
„es blinkt die bliukerinu" in einem litauischen räthsel bei
Schleicher a. 67 vergleichen. Das hier vorkommende ver-
altete verbum spingu spingeti ist mit lett. spigulät
schimmern, spiguls glänzend, spigula glänz, nahe ver-
wandt; Bielenstein lett. spräche!, 150 meint freilich, g sei
hier aus d entstanden, aber in lett. spjdelet fiinimern, fnn-
keln, lit. spinde'ti schimmern, blinken, die an cnivft^p
erinnern, haben wir wohl nur einen verwandten, nicht einen
identischen stamm.
Aus der wurzelform spang kann sich mit verlust von
s auch mhd. vanke funke (besonders in Baiern und Oester-
reich) neben vunke, renken zdnden, funkeln entwickelt
haben. Dies dünkt mich wabracheiDlicher als dafs diese
•) Zu Wurzel spa. in ,f,$-äi-ra gehört femtr altbaktr. fSsnaj in gang
bringen, huzv. f§a thättg imd virlleicht zu einer verwandten wuizel spn in
(r-i(ii<)oi aUbBktx. fsa prses. pcp. fSujanf thtttig aein.
40 Bugge
Wörter mit got. fön, geu. fuuiiis feiier, altpreufs. pannoj
zusaumjeugehöien sollten {Fick zt-itschr. XVIII, 416).
sparg, sprag, sprig.
ana^yäü), anuQyiu}, affaQnyiw Od. IX, 440, <f(fQt)rä(f> sind
alle offenbar scböfslinge von derselben würzet. Entsprechende
Wörter aus verwandten sprachen nennt Fick s. 194. Niihe
an aifotyäw steht namentlich norweg. dial. sprJkj a, das
sowohl activisch ist „auesperreu, auespaanen" als neutral
^weit aus gesperrt ateben". In einigen gegenden bedeutet es
„scbwcileD, vor fölle auegespannt stehen", z. b. jure (das
euter) sto so das sprikte (I. Aasen). Die bedeutung
stimmt hier also mit derjenigen der griechischen verba völlig
überein: uvituru ffffotywt'Ta, ovif^ccTic (itfitüccynirru^ w«C<>v
(Snauyüv. Germanische verba auf j an (praeter, i d a ) ent-
sprechen oft griechischen auf äv. atfuiyäi' veihält sich zv^m
sprikja wie Su^täi' zu temja, totvvciv zu reyna.
nifctqayiiu iu der bedeutung, in welcher es Od, IX, 39t'
vorkommt (aifccQayivrro Öe oi nvQi pi^at öifitaXinjv)^ schlierst
sich nahe an isJ. und norweg. spraka (praet, sprakaöi),
das mit lit. spragü sprag et i prasseln gleichbedeu-
tend ist.
Mit fSnaQyc'iM^ onapyioj, affQiyüio stellt man lat. turgeo
(für s turgeo) zusammen, indem man vertauschuug von
labial mit dental annimmt. In derselben weise wird in einer
norwegischen gogend (TeiemarkenJ strikje in der näm-
lichen bedeutung gebraucht wie anderswo sp rikj a schwellen,
s V a p n a ,
Curtius grundzüge s. 261 bemerkt mit recht: „sväp
ua-8 ist eins der nicht eben zaiilreichen noniina, welc
ohne andere als die normalen lautvoränderungeu sieb iii
sämmtlicheo sprachfamilien vollständig und in unverän-
derter bedeutung erhalteu hat". Dagegen irrt er, wt^nn
ur nteint, das wort habe nur im litauischen die bedeutung
„somnium". Diesf bedeutung ist im sanskrit sehr gewöhn-
lich, z, b. dursvapna ein sehliniiner trainu, so wie das
wort im slawischen auch diesen bej;riff bezeichnet. Die be-
bJ|
I
zur etymologischen wortforacbong. 41
deutung „träum" kommt iu der altnorwegiscben dicbtung
nicht selten vor, z. b. segja svcfn slikan solchen träum
erzählen Atlamäl 24 ; ebenso häufig im angelsäcbiscben und
altengliscben, wo slse'p (das gar nicht verwandt ist) für
schlaf das mehr gebrauchte wort ist, während swefen in die-
ser bedeutung selten vorkommt, so: bim wearö' on slss'pe
swefen aetywed Daniel 496 ihm wurde im schlafe ein
träum geoffenbart. Altsächs. sweban kommt nur als
„träum" vor.
sva, 'svaina eigen, (fi'Aog, altbaktr. qaena, got. seins.
Die beliebte Zusammenstellung von (fiXoi; mit skr.
prijä scheint lautlich sehr bedenklich. Sie setzt voraus,
dafs (fiXog aus <pXiog^ (pQiog, ngiog entstanden sei, allmn
diese sprQnge sind um so unwahrscheinlicher, als wir in dun
europäiscben sprachen die wurzel pri sonst regelrecht ver-
ändert wiederfinden, z.b. im deutsch, freien*). Dies scheint
mir mehr zu wiegen als formen in neuind. sprachen, auf
die sich Kuhn zeitschr. V, 220 gestützt hat; ich glaube, r
im bind, pjar, pijär liebe gehört dem suffixe; vielleicht
sind diese formen aus skr. prijatä entstanden (vgl. beitrage
z. vgl. sprachf. I, 141). Noch weniger kann ich mit Fick
zeitschr. XVIII, 415 (piXo mit skr. bbavila identificiren.
Das adjectivum bhavila kennt das petersburger Wörter-
buch nur aus einem grammatiker als mit bbavja gleich-
bedeutend; dies entfernt sich aber in vielen bedeutungen
(so . wenn es „künftig* bezeichnet) völlig von tpilvg und
stimmt in keiner ganz damit überein; auch sehe ich keinen
grund dazu mit Fick bhavila und bbavja von bha in
der nämlichen bedeutung wie bhävaj abzuleiten; mehrere
bedeutungen von bbavja lassen sich damit gar nicht ver-
einigen. Nach Benfey's Wörterbuch bedeutet bhavila
„künftig", und kann das wort nicht in anderer bedeutung
nachgewiesen werden, so wird die Zusammenstellung mit
*) Dafs goth. bleips, womit lat. laetus möglicher weise zusammen-
gehört, von pri gebildet ist, wie Meyer goth. spräche s, 662 meint, ist
unbewiesen.
43
BngR*
rfiÄKfe- von selbst widerlegt. Auch mbd. buole buhle (das auch
Döderlein synonyme VI, 38 mit (fikru; zusammenstellte) kann
nicht von bhü in der bedeutung von bhävaj kommen;
was ich hier nicht 2U erwpispn brauche. Demnach wird
PS eriiuibt sein für rfi'ko~^ eine neue erklärnng zu suchen.
In altdeutscher und altnordischer diL'htung druckt swas,
swae's, sväss dasselbe aus, was Houier mit y/Aoü- giebt:
altn. sväsa bnri, sväsa broeffr, ags. bis swie'sne sunii,
altsächs. swi'iB man; auch ags. fjscr me unswasost
waBS wie y/Aoi; iQ Verbindungen wie Toi ipikor ini.€TO d-vuqy.
Bei Vnifila gicbt sves oiy.eJog, 'id'io,; wieder, als neutrales
substantiviim bedeutet es eigenthum, vermögen. Das wort
hiingt offenbar mit dem reflexivstamm sva zusammen: ur-
sprünglich bezeichnet es wie im gotischen proprius, dome-
sticus, daraus haben sieb entwickelt die bedeutungen fami-
liaris, cognatus, carua, suavia, die wir in den anderen ger-
manischen sprachen finden. Die bedeutungsentwickelung
im germanischen sväs, sves spricht dafür, daü-i auch ifilng
ursprünglich „eigen" bedeutet; wenn verwandte und freunde
rfi'lot genannt werden, werden sie dadurch als „die eigenen*
bezeichnet; in liebevoller anrede können wirNorwetjer _egen'*
(eigen) iu der uäralicheu bedeutung wie ffi'/.o^ gebraueben:
„min egen unge" <frks Tixror. (fiXioj heifst eigentlich je-
mand als einen von den eigenen betrachten, behandeln. Diese
auffassung wird dadurch gestützt, dafs die poetische spräche
besonders in den homerischen gedichten, wie bekannt, tfilog
als ein volleres oder nachdrücklicheres pron. possess- ge-
braucht, z. b. y.nrsTTkijyij (ft'iov Tjrop, uriTQi tfikij 'yJh't.aiti
•/(üoftivag xi)o.
Ich identißcire <fi).o^, das ursprünglich „eigen" bedeu-
tet, mit dem got. seine sein, seins ist vom reflexivstamme
sva gebildet durch das secundärsuffix eina, wodurch auch
adjcctiva von Substantiven, besonders von stoffnamen ge-
bildet werden, z. b. silubreins (s. zeitscbr. IV, 244). Die-
ses Suffix findet sich im altbaktriacheti in der form aena,
z. b. erezataöna silbern wieder, s. Pick zeitschr. XVIII,
4.'i4. Hieraus müssen wir für seins eine grundform svai-
na-s schliefsen; dieses fiude ich wieder im altbaktr. qaena
»ürS^iöölogüEeilSn wörtfor«chn»j{.
,eigeu; davon gut, vortreÖ'lkh" (es kommt als cpitlietun zu
ajaüh eisen vor), wo die bedeutungsentwickelung freilich
nifht die uämliche wie in (f't'?.ng sväs, aber doch n;ihe
verwandt ist. Den gotischen adjectiven auf -ei na, 'en
altbaktr. auf -a6na entaprechen griechiacbe auf -tvo z. b.
/.Ei'iijtvug. Eine gnindform svaina, altbaktr. qaena, got.
aeina würde daher regelrecht c^u'u werden. Nun ist es
bekannt, dafs anlautendes n im griechischen ein unnoittrl-
bar nachfolgendes jr zu ff verhärten kann und dafs später
a vor ^ zuweilen abfällt: in der lakonischen mimdart wurde
rfiv = ö<fiv vom reflexivstamnie 'T<ff, urapninglich sva ge-
sagt; das homerische ffij hat Curtius mit got. sv6 von eben
deiQselbeti stamme TigpE, sva tdentißcirt; ^6/9ti ist ohne
rweifel wie fftJ,??/ aus fiföß}i entstanden. Somit wurde e/tvo
zu (ftvo. Durch Übergang von v in /, wovon gleich nach-
her, wurde (ftvo zu tfiku. Dafs das suffix ivn im grieclii-
scben sein i' sonst unverändert erhalten hat, kann die mei-
nung, dafs (filu aus iftyn entstanden iiud vom reflexiv-
stamme affh gebildet ist, nicht widerlegen; denn wenn
die ursprüngliche bedeutung des wortes „eigen" stark er-
weitert und geändert worden war, war es natürlich, dafa
es nicht mehr als vom reflexivetamrae (Sffi-. in der nämlichen
weise als y.i(i{uvo von y.iii^D abgeleitet gefohlt wurde, und
es konnte sich dann leicht in der form von den Jinderen
adjectiven auf Vi'o entfernen. <fiXi mit langem vocal im
anfang des hexameters bei Homer ist wohl am besten als
eine ältere form aufzufassen
Die oben gegebene erkläruog werden wohl manche
wegen des angenommenen Übergangs von r in k bedenklich
finden. Wenn aber gleich Benfey und Leo Meyer meines
erachtens diesem lautübergange ein etwas zu grofscs gebiet,
auch im griechischen, gegeben haben, so glaube ich, dafs
ihn anf der anderen Seite Curtius zu sehr beschränkt hat,
wenn er das lehnwort )JT(>i>r neben rlroor als das einzige
sichere beispiel nennt Ich glaube, dafs dieser sporadische
lautöbergang im inlant der Wörter im griechischen nicht
eben selten vorkommt (ein beispiel im anlaut, das mit ).i-
TQOv analog ist, scheint Legerlotz zeitschr. VIJl, 42\ in
Äixvuv, hxitöi nachgewiesen zu haben). Analoges liefse
sich aus sehr vielen sprachen beibringen, ich will mich aber
damit begnügen auf die nordischen hinzuweisen: im anlaut
wecbsela hier n und 1 fast nur, wo dissimilation mitwirkt,
im inlaut und auslaut aber, wo die verschiedenen laute
weniger stark ausgeprägt sind, ist der öbergang von n in
1 häuüger und findet sich auch iu füllen, wo diseimilation
nicht mitwirkt (vgl. uieine bemerkungen zu muttus, pro-
mulgare), so ist norweg. dial. jotul,jutul, jötel = altn.
jötunn; zwar ist ull (stamm ula) ein gewöhnliches alt-
norwegisches suflSx, aber eine altnorweg form jötnll fin-
det sich nie. Derselbe Übergang in norweg. dial. frokle =
ihI, freknur Sommersprossen, neuschwed. äril = altn.
arinn, sohwed. dial. mill = altn. uiön (juba) u. 9. w. Nach
diesem wird mau vit*Ileiebt einen Obergang von v in k im
iolaut im griechiscbeu leichter zugeben. Folgende wort-
formen kommen hier in betracht. 'ißivo^i . . . xai iße-
Xog öuoii'K^ Suid.; alles bcwul'stsein, dafs ißst'ug ein frem-
des wort ist, war gewil's verloren, als es zu 'ißsZ-ng wurde.
AviTTjÄr) . . . zni 'At'Oi^t'rj iy.At^&ij Steph. Byz., so hiel'ö ein
flecken in Phokis, welchen Herodotos Ih'd-ij'Ki^ nennt, während
'yJv^tj) 1/ sonst der uame eines fleekens in Kynuria im Pelo-
ponnea ist; wenn lävt^Tjvtj die ältere form ist, bat dissimi-
lation zu der ändeiung mitgewirkt, lakon. celx/.ov = cdx-
vui", die letztere form kommt bei lexikographen vor, und
Euetathios nennt beide formen, so daJ's man hier kaum an
Schreibfehler denken darf; auch ist es unwahrscheinlich,
dafs aix'lov und aiKvai' zwei durch verschiedene suffixe ge-
bildete Wörter sein sollten, ätflidha' roiig nvif'iüievag tiov
KtouttiSwv Hesych. vgl. rtgticiiia' cd TÜJt' xegniiiMV }cifiToai,
iv «jl; t« fiuGy.7juctTu knün^ov Hesych.; die letztere form
kommt öfters vor. Xwyd/.tov twv ßuüiv tu äno tmv rga^r}-
}m>' ;fKA«(T»a Hesych.; Schmidt ändert gegen die alphabe-
tische Ordnung das handschriftliche h'iy(r?.ior in huynvtoVi
welche form durch mehrere quellen gestützt ist. axvQ-
itahdq (corr. -ovq oder -ft). (■Jmrf:^a0t(><i rovg hf^ditv^
uvTixi ffij(}i Xftküntttu, ihvvvfmg Öi roi'i; ^n'(/axttg. axvn-
dcchug' reai'irsxo^. axvoO^nha- fui(jdxia, t(f>ißut Hesych.;
cur et^mologisrhAn wortfonchnng. 45
Vgl. axvQif-dvitt' Tovg i<fi'i;%vs ni y/äxaveg Phot. und xv()-
(fäviog. cpiXa^' d'(>i'v liog Heeych. vgl. (fivaxa' Sqvv Hes.
An diese beispiele können mehrere angereiht werden, die
Lobeck pathol. ling. Graecae proll. pp. 101. 136. 245 an-
f&brt. Ich will keineswegs die möglicbkeit läugnen, dafs
einzelne von diesen Beispielen nur beispiele sind, dafs ^/
unrichtig für N oder umgekehrt geschrieben ist, aber alle
lassen sich doch nicht in dieser weise entfernen. Ich halte
es somit ffir bewiesen, dafs griech. v im inlaut in k Obergeht;
und wir dürfen auf diese beispiele gestützt den Übergang
in weiterem umfange suchen.
Wir finden xayxaXin- xaraxtxavuiva Hesych. neben
xciyxavog Homer, xayxairei' &d/.n(t, ^r/Qaivti Hesych., ohne
dafs ich auf xayxaviog bei Manetho IV, 324 gewicht legen
will; öntaliog neben önravög (bei Athen. IV, 135 wurde
früher onraveog gelesen, wo jetzt onTaUog steht); hpn?Jog
neben i»/;ai/(/g; ihjyaUog (womit Fick lit. dygulis Stachel,
dorn identificirt) neben dtjydvsov ö|i^, -rjxovtjuivor Hes.,
xitjyctvw ohjvH Hes., ^rjyävri; ä^aXkog neben n^dvan^
d^aivat; avaXsog] neben avaivw; ixfia'Aiug neben Ixuaivio;
oida?.iog neben olSdvo), oiöaivco; xsgÖnMog neben xf.qiinivu)
und ähnliches bei anderen adjectiven. Es ist demnach wahr-
scheinlich bei allen diesen adjectiven aHu aus avjo cnt«
standen (vgl. Leo Meyer vergl. gr. II, 461). (hiuah'o, für
Stiurcvjo) setzt einen substantivstamm Sslficev = d'siuar vor-
aus, und diesen darf man dann vielleicht auch in (fstitnXiog
für Siiftavjog suchen; in derselben weise läfst sich aiuaUog
für aifiavjog und svyftaXiog erklären. vSnXkog entspricht,
wenn es für i/Savjog steht, dem skr. udanja-s.
Auch bei mehreren (ich sage aber keineswegs bei allen)
adjectiven auf also, deren Stammwörter ein v im sufHxe
nicht haben, scheint es möglich, dafs akio aus njjo ent-
standen ist, und nv mufs dann hier wie in j^aksfraivo) für
yakiiiavju) von '^aXsnög aufgefafst werden, dvsuilihog ist
wohl durch dissimilation aus dpsuüvio^ entstanden, wenn
das gleichbedeutende fiirauwriog für usravBuwvio^ steht;
6. jedoch Düntzer zeitschr. XII, 5. Auch die nebenform u£-
TauojÄiog wird erwähnt (sie kommt z. b. als Variante II.
46
Bugg«
IV, 3li3, Üd. 11, Ü8 vor), ist aber vielleicht uur eine duroh
eiitstellung eutstaDdeuft tonn. Wie '.h'iliikq t'ilr 'jii'ßiivij,
so scheiut xavif r'iliu^ nebeu xävOu/p dureb disüimilatioo aus
■/tai'iit'iito^ entstanden zu sein; das vocalverbältuils zwi-
scfien ivv und t/itu läist sich mit ä<jcnyu^: «(^;/;-w oder eher
mit dem verhältuisse zwischeti o in nfnuv und et in m-
ficltw für Tnftccijw vergleiche!).
Eä ist unzweifelhaft, dafs la, ala u. b. vv, auf der einen
Seite, na, ana u. s. w. auf der anderen atä getrennte suffixe
schon in der gruudsprache existirteu, aus welcher sich alle
japhetischen sprachen verzweigt haben; dies bindert aber
nicht, dals 1 im suftixe einiger Wörter später aus n ent-
standen sein kann; wir haben dafür in deu germanischen
S|jrachen beweise. Wo awei gleichbedeutende wörtei in
dor form mit der ausnähme übereinstimmen, dafä das eine
n, das andere 1 im sufüxe hat, da wird die entscbeidung,
ob sie vou aufang an identisch sind, so dal'e l ans n ent-
standen ist, oder ob sie durch zwei verschiedene sutBxe ge-
bildet Bind, gewöhnlich mit Schwierigkeit verbunden sein.
Ich will einige griechische wörter uennen, bei denen die-
ser zweifei erweckt wird. f'TTih/^ flecken vgl. tiIihj^ schmutz,
altböhtn. spiua schmutz, s. Curtius grund/tige a. 249. (tri-
).iig Säule vgl. altbaktr. ptüu a masc. fem. aänle, skr. athdnä;
verwandte Wörter mit I im auffixe kommen auch aufserhalb
des griech, vor, s. Curtius s. 196, sie liegen aber in der
bedeutuQg ferner, nrvaluv, TTTve'Aov Speichel entspricht in
der bedeutung dem skr, stivana-m. Es scheinen sich
beispiele zu finden, dafs eine wortform mit 1 im Suffixe
niehrereu europäischen sprachen gemeinsam ist, während
wir iu Asien gleichbedeutende Wörter mit q im suffixe fin-
den. So griech. ;rtr«A(Ji, ntr>,?j<.^^ lat. patulus gegenüber
altbaktr. pathaaa} wenn 1 hier aus u entätandeu ist, was
ich nicht behaupten will, aber auch nicht für eine Unmög-
lichkeit ansehen darf, mufs dieser Übergang stattgefnudeu
haben, ehe die griechische und die lateinische spräche als
solche existirten. uiicü.ü^, öuoÄ.i]" öftov Hes. gehören ofien-
bar zu lat. similis, simul, osk. samil ^ simul iu einer
jnscbrift vou Boviauum vetua s. Minervioi Bullett. nap. Jio.
SEttr etytriolo(:i*rtL*i> wurtfonichung'.
47
rs. VII, 1, tav. I, Corssen zeilschr. XT, 403, Fabrctti oo.
2873*), altiriäfb. samail, samal (gimilitudo), nicht uur in
betrefi' des Stammes, äoudern atiuh des suffixes. Im sacs-
krit finden wir keine entsprechende form auf r^ oder la,
dagegen kommt sauiänä vor mit der bedeutung gleich,
derselbe, wovon sainänatä gleicbbeit, pers. hemän der-
selbe, sogleich. Wenn iiuu däu. saiule ohne zwcifel aus
samiia, altdäu. üatnmel aus saaiun, altn. einsaiuall aus
eiuQ samai) entätauden ist, lälst sieb die Möglichkeit uder
sogar die wahracbeiulichkeit, dai's (j/(rüü\; mit skr. samäuä
identisch ist, kaum läuguen. Zwar scheint samänä mit
manu mafs zusammcDgesctzt zu sein, während ii^tuh'i^ voll-
ständig das gepräge eines von Siima, ü/iu durch das suff.
/.-> gelüldett-u derivatams trägt; es ist aber eine häufige er.
scheinung, data das bewui'stsein, dafa ein wo|^ zusammerige-
setzt ist, verloren gebt und da/'^ der lautstuö' im zweiten gliede
der ziisamraeusetzung geüüdert und geschwächt wird, so dals
laulgleichbeit mit einem gew&bnlich«i suflp. entsteht; so sieht
K. b. altn. nafarr aus, als wäre es durch das ^nffix ara
abgeleitet, es ist aber eigentlich zusammengesetzt und aus
nafgeirr entstanden. Im gegensatz zu dem langen vocal
in der vorletüten silbe von samänä haben die europäischen
Wörter o/iaP.u's', similis u. s. w. kurzen vocal; hiemit läfst
sich skr. mäna dem gr. -unvo, skr. infttra dem gr. inrQ iv
gegenüber vergleichen. Wenn aber 1 iu den eurjpäisclieu
Wörtern wirklich aus n entstanden ist, ist dieser iautober-
gaug zu einer zeit eingetreten, die derjeuigen, aus welcher
wir unmittelbare kenntuils der sprachen haben, weit vor-
aus liegt; dies ist klar, weil sich 1 sowohl im griecbischeu,
als im italischen und keltischen findet.
In diesem Zusammenhang kann ich es nicht unterlassen
a/lAii{,-, lat. alios, got. aljis, irisch aile, armen, ail zu
erwähnen; diese Wörter wage ich ebensowenig wie Kuhn
zeitschr. XI, ;J13 und Pott wurzelwtb. 840 f. von skr. auja
*) samH [st nach mtiniir laeiouni^ aus sainelf = »i mils «ntdtandcD,
wie fst BUS est^. Corssen thuilt »Binf lovfrik Qnoaa j da aber iiacb {
kein punkt steht, was in der iniehrift da, wo ein wort in der mitte der lini»
eudct, rugel ist, loufa niao aiiniil zuaummen l«.ien,
4d
Bugtre
losziireilsen. Hiefür spricht nanipnÜich aiifser der durch-
gehenden ilbereinsttnimung im gebrauche , besonders
zwis<"hen ä'A.?.'ig »ind iinja, der umstand, dais von dem
stamiae mit n und von dem stamme mit 1 ableitungpn
und Zusammensetzungen gebildet werden, die einander
vftllig entsprechen; so haben Kuhn u, a,. die Über-
einstimmung zwischen skr. anjönja und gricch, «AÄt^Ao
hervorgehoben, die beide zugleich als erstes glied einer
zusammensetznng gebraucht werden; dann skr. anjaka
dem gr. akkaadoy (fftr c(?.lrcxJo)) gegenübrir, altiriseh aiti-
gira (mute) s. Ebel heiträge II, J55. Für die ursprCmg-
liche Identität des Stammes mit 1 und des Stammes mit n
spricht ferner armen, ail, denn wenn man dies von alt-
baktr. anja, ainja trennen wollte, müfste man annehmen,
die iranischen^spraeben hätten von anfang an zwei ver-
schiedene Stämme anja und arja mit derselben bedeiitung
gehabt und letzterer sei nur im armenischen erhalten, wäh-
rend die übrigen iranischen sprachen, die keine spur von
arja (aija) haben, nnr anja behielten, das dagegen im
armenischen aufgegeben wäre; dies ist aber höchst unwahr-
scheinlich. Allps scheint hingegen dafür zu sprechen, dafs
anja, ainja im armenischen durch öbergang von n in 1,
welcher letztere consouant ii»i altbaktrischen unbekannt ist,
zu ail geworden ist. Wie der umstand, dafs das gotische
anpar neben aljis (nicht aus) hat, dafür sprechen kann,
dafs aljis mit dem skr. auja-s nicht identiscdi sei, wie
Cnrtius grundzüge 'Vli bemerkt, kann ich nicht fassen; so
ist got. raanags im altn. durch Übergang von n in r zu
margr geworden, während das ursprüngliche n in mengi
menge erhalten ist. Der genannte umstand scheint mir
eher dafür zu sprechen, dafs aljia = anja-s ist; denn
bei der -entgegengesetzten anschauung wird man zu der an-
nähme gezwungen, dafs das gerinnn. einst zwei wortatämme
mit einer und derselben hedeotung „anderer" gehabt habe,
den einen mit u, den anderen mit 1, die aber doih ver-
schiedenen nrspnmges seien. Beim lat. iilter kann nnm zwei-
feln, ob es mit skr. anjatara-s oder aber mit got. anjjar,
lit. ttutras, osset. audar, .skr. autara-s, das dieselbe be-
cur etymologischen wortforschnng. 49
deutung haben kann, zn identificiren ist. Dieses letztere
finde ich wahrscheinlicher, und ich vermuthe, dafs der fiber-
gang von n in I zuerst bei anjas eintrat und von da aus
im latein. auf das in bedeutnng und form nahe verwand-
te antaras Übertragen wurde.
Hier will ich einige worte Ober den Ursprung des wer-
tes adulter hinzufügen. Festus giebt folgende erklärung:
adulter et adultera dicuntur, quia et ille ad alte-
ram et haec ad alterutn se conferunt (Paul. Diac.
p. 22). Diese erklärung scheint von neueren forscbern auf-
gegeben zu sein; z. b. Sonne zeitschr. X, 3ö6 giebt eine
andere, die äufserst schwach gestützt ist; ich halte dage-
gen die alte erklärung für vollständig richtig. Das latein
bat wie die verwandten sprachen nicht wenige zusammen-
gesetzte Wörter, deren erstes glied eine präposition ist, von
welcher das zweite glied abhängt, sointercus, postprin-
cipia, proGonsul u. s. w. Pott etym. forsch, l.ausg. 11,392.
adulter ist aus ad^ter entstanden, denn im lateiu sinkt
a im zweiten gliede der Zusammensetzung vor I mit oder ohne
folgenden consonanten zu u herab: exsulto, insulto, de-
sultor (Corssen ausspräche 1 ausg. I, 314). In betreff der
bedeutungsentwickelung entspricht adulter genau dem
skr. anjaga und anjagamin ehebrfichig eig. zu einem
(einer) andern gehend.
Gegen die trennung des alius u. s. w. von anja spricht
auch der umstand, dafs man bisher ohne erfolg für die
formen mit 1 eine von anja unabhängige etymologie ge-
sucht hat: der versuch Cors'sen's krit. beitr. 298 ff. hataufser-
halb des lateinischen keine stütze; kein Germanist wird
die auffassung, dafs der got. stamm alja von einem prono-
minalstamme a durch ein sufßx li, erweitert Ija, gebildet
sei, dnrch irgend eine analogie stützen können. Schleicher
compend. s. 225 weifs zur stütze eines ursprünglichen arj a
nur das suffix ra anzuführen; diese stütze ist so gut wie
keine. Endlich Fick s. 14 stellt mit alius u. s. w. drei
sanskritwörter zusammen, die, wie mir scheint, weder mit
einander noch mit alius etwas zu thun haben.
Noch ein beispiel des Überganges von n in 1 hat Kuhn
Zeitschr. f. vergl. spraehf. XX. 1. 4
"fiÖ ßngge, zur ctyitiologiacheti wortforscliung.
»eitacbr. X, 24li (vgl. Piotet origines Indo-Europ. II, 474)
in uvXn-^ = skr. vfinä-s vermiitbet. In äh!ili<'her weise
ist im ahn. perftast = parfnast nach f, das v Rusge-
Bfprocliei] wurde, 1 aus n entstanden.
Denselben Ol>ergang vermutlie ich in äunslog rebe,
das ich mit dem lat. pampiniis ranken, rebenlaub ideoti-
ficire: ni<nsXi)g steht für TräimsÄui,', indem das erste n durch
dißsiQiilation abfiel, vgl. tTiTceuai für niTiTauca, hf'ta für
ftiff/oi, üTiTOt; fflr TCoTfTOi, r/^X(t für yJ-/},a^ öy^^'f] fiir xoyxvri
(Curtius grundziige s. 638 f.); näanslog wieder steht dann
fttr TZfitiTitt'oc, und auch bei der änderung des v in A wirkte
dissimilation mit, denn u ging voraus.
Endlich kann das Fremdwort nävTaXov =; skr. Icanda-
Da m hinzugefügt werden.
Wenn nun auch nicht alle angefdhrteo Beispiele bewei-
send sein sollten, so darf ich es doch fi'ir unzweifelhaft
erklären, dafs Ä im inlaiit grieohiscl^pr worter öfter aus v
entstanden ist, so dafs von dieser seite kein angrijS' gegen
meine deutung von (fllog gemacht werden kann. Fflr dipjeni-
gen aber, die den Qbergang von i' in Ä gar nicht anerkennen,
wäre (jpiAüL,- vom reflexivstamme (T(f£ durch das nämliche siiffix
abgeleitet, wie i'avTikug von ravTt^g, 6()yikog von <^>P)-TJ.
Christiania, im juui 1870.
Sophns Bugge.
Messapisches.
Hermann Peter, der neueste herausgeber der Scr. Hist.
Äug. Lps. 1865, hat im Julius Capitolinna vjt. M, Anto-
öfni philosophi c. I, 6 wie folgt dnicken lassen: „cuius fa-
milia in origiöem recurrens a Nunia probatur sanguinem
trahere, ut Mariua Maximus docet; item a rege Sallentino
Malemnio, Diisummi filio, qut Lupias condidit". Er ist
hierbei der Bamberger und Heidelberger handschrift ge-
folgt, soweit es die Schreibart dos namens Malemnins be-
trifi't, welchen die Mailänder ausgäbe Maicunius (so auch
bmidt, mesMpiache«.
Th. Mommsen unteritaL diaiekte s, 71) schreibt > dag:egen
voD beiden handachriften und der Mailänder ausgäbe in
der Schreibung Lupiaa abgewichen, statt bei Lopias sei-
ner quellet! zu verbleiben. Es soll im folgenden der be-
weis geführt werden, dafs die« nicht recht gethan war^
sondern hiermit grade eine eigentbümlichkeit des oiessapi-
scben dialektes zerstört wurde, sei es, dal's es sich dabei
blos uiu arcbaisirende Schreibart, oder uro abweichende
landeseigenthüntliche ausspräche oder beides zugleich han-
delt. Das heutige Lecce hiefs im alterthume Liipiae.
Strab. VI c. 3 §.6 vol. I p. 448 Kram.: iv Si. Ttj /.uöoyaiff
'Pü)8iai r£ ilai xat Attvniat xat fitxgüv vfii^ Tr/g dakär-
Ttjg !AXr)zia. Eine Variante ändet sich zu d. st. nicht.
Ebensowenig zu Äppian. iurfvX. /, 9 p. 657, 24 Bekk.:
ov (xaxQav ceno tov Bqivrtaiov Jiuhv iyrog ovßav oSov,
Tj övofjta Aovniai,, oder zu Pomponius Mela lU 2,7
p. 146 ed. Weichert; Ennio cive nobilis Kudiae ... Lu-
piae . . . Dagegen variiren die handschriften zu Pausan.
VI, 19, 9: OTTÜffot <)« TTSQi IruUag xai jioAecoi' ino'kvnQO-
YfxovriCav fwv iv avT^ Aovutag (paai xsijiUvr/V Boevvt-
GtüV T£ fiEra^v xai ySgovvTog fXBTaßtß}.t)xävitt tu oi'Ofice
2vßa^iv Qvactv xo ag^alov. yfovniag geben FCSMVaAg
LbPc* Aovniav AXKBAmVbLa und Va als randbemer-
kuDg jiovdniag (sie) to vvv y/ETL,i. Die unnfltze ände-
rung &ovgiov von Härtung und Löscher wird von Schu-
bart und Walz mit recht zurückgewiesen. Aber kein
grund war 7-u dem sie hinter y/ovffni«g', denn derselben
lesart begegnen wir im Gl. Ptolemäus als der alten vul-
gate. Ferner lesen wir zwar Lupias im Itin. Anton, p. 26
ed. Colon. Agr. CIDIOC, aber wie der commentar desHiero-
nymus Surita * ) zeigt aus correctur für das bandschrift-
liche Lipias . . . nopuiXXV „manuscripta cum Longoliana
Lipias mpmXXV". Bei Gl. Ptolem. III, 1 §. 14 vol. I p.
142 Nobbe = p. 175 ed. Wilberg et Grashof ist am be-
sten beglaubigt ^y/ovnmat BEP.l. yiovaniai vulgo", wo-
♦) DerKlbe 9. 281 will bei Stcph. Byz. p. 316, 17 ed. Meinek. b. v.
©oi'oioi das wort KmTiici! i" Aovnfat {Auiitiai) veiwnndeU wigsen. Sein«
Qbrigon bcsseruDgcn treffen za.
4*
52
Sohmidt
mit zu vergi. Gnitpr mscr. 374, 'i : Liippine, und laV». Peu-
ting. segui. VIb Luppia, Pliu. N. H. III, U ( 16) p. 150
Detlefs, statio Miltopes Lupia Batesium „InpiaAF' lubia
F' tipia r". Froiitiniis aber im über Colon, I p. 2) J, 2
vol. I od. Lachm, schreibt: Tenitoria Tareiitiuirni Lyp-
pieiise Austranuni und üb. II p. 2(i?, 9. 10. — Ignatinns
Lyppionsis Metapoutinus, mit lyppieueem aus A iiud
lippiensem aus P an erster stelle. Auch die Schreibung
mit i ist nicht ganz unerhört, wie das schon angeführte
Itiii. Anton, zeigt und daneben Itin. Hieros. p. 157 in der
verachreibung: mansio CIrpeas ta. XII. Unter diesen etel-
lea, wekbe theils bei Forbiger Geogr. bd. III p. 7;')6 theila
bei Ariodante Fabretti üloss, Italic, p. 1(183 gesammelt
sind, wenn auch ohne rückslcht auf abweichende lesarten
der handschriften, befindet sich nun freilich keine, welche
für Lopias der haodschr. BP (M) bei Julius Capjlolinus
zeugte. Allein dafs die acala; Lopiae Lupiae Luppiae
(Lupia |i Lyppiae Lipiae (Lipeae) y/uveTiiat Lecce (^^erCt)
dennnch richtig ist, soll uns die gegenflbersteilung von Ru-
diae darthun, über welches vgl. Forbiger p. 7.'v2 und Fa-
bretti s. 1 557. Nicht Carovignn oder Musciagna oder
ßuia, wie man sonst annahm, sondern Rugge ist jetzt ganz
sicher gestellt als das alte Rudiä, von dem Siüiis Itali-
cus Punie XII, 396 singt:
Ennius anliqua Messapi ab origine regis
miscebat primas aciea Latiaeqne snperbum
vitis adornabat dextram decus: hispida tellus
misernnt Calabri; RüdTae geniiere vetustae
nunc Rudiae solo memorabile nomen altimno.
und mit ihm im einklang Pomponius Meia III, 2, 7 sagt
Ennio cive nobiles Rudiae. Bei Strab. VI p. 282 Gas.
[= 431 Alm.) ist der ort freilich auch plurale tantum: ^ni
'PüjJi'iMr, !tüXs(»i;'EXhjvifio^, i^ fjg i)i) u Troii/T7^>i' ti-ritig uud
iv de TTj ui<7oyaia 'Putbicct xk Biai y.ai yfoimicti, aber, wie
man sieht, ist der vokal der ersten silbe ein abweichen-
der. Zwar ist 'Poitiiöii' sowohl wie 'Potr)icu correctiir Clu-
vers It. antiq. p. 1249, welche Krämer p. 448 recipirt
batf die iiaudschriften geben 'I'ojöaiiof (J.'iuöanr'^ir Cor.) und
meHapischcs.
53
an zweiter stellp PMtialKi der Paris. (A) nnd Med. (B)
denen Corais folgt, p<'"Vf? k Cliiver: aber wenigstens för
das (0 der ersten silbe treten s\f ein. Oder sollen wir lie-
ber sagen fOr den o-laut? Denn Silius Italiens spricht ans-
drOcklich für die IcCirze der ersten silbe und fl\r sie zeugt
auch Steph. Bj-z. 546, 3 ed. Meinek. :'Piir)ni- nvbi: 'Ira-
Xiag. t6 iih'ixov i\ii)aiäTai. Hierunter kann doch kaum
eine andre stadt als Kiidiä gemeint sein, welche die tab.
Penting. ebenfalls ohne iota Rnda« nennt, und die bei
Ptolem, III, 1 §, 76 vol. I p. I.'i4 Nobb. (p. 186 Grash.)
P<n'<iin ('Pr){;Sit< M.) genannt wird, wofür der heraußgeber
ohne griind ein aus Marädvotct abgekürztes fingirtes Jov-
Qirt vorschlägt. Endlich sagt auch Frontin. üb. Colon. II
p. 262, 10 ed. Lachm. Rubiistiniis ßodiniis Tareotinus, so
daffl das o ebenso aufter zweifei steht, wie in Brondisinus
ager ebenda p. 262, 6 fQr Brundisinus. Man fühlt sich
daher bei Sirabo veranlafat 'FoS- für 'Piad-, dem ßbiicben
Püvd- entsprechend, herzustellen. Wenn aber nach diesen
Zeugnissen Poöiai- oder 'PoSint die heimische form von
Rudiae war, so ist entschieden kein grund im Julius Ca-
pitoliniis das festüberlieferte und in den alten ausgaben
(z. b, Liigd. Bat, 1621) gehaltene Lopiaa gegen Lupias auf-
zuopfern. Vielmehr stellt sieh Lopiae : Lupiae = Rodini
: Rudinj und wenn eine dem Lyppiensis entsprechende
Bohwächung von Rudiae fehlt, so thut das nichts zur Sa-
che, erklärt aber sehr hübsch das Verhältnis der heutigen
namen yf^ri^i Lecce und Riigge zu einander. Wir haben
kein recht zu fordern , daCs das u oder der mittellaut
zwischen o und u in Rudiae ebenso durch y allmählich zu
i herabsinken mul'ste, wie in Lopiae geschehen ist — und
in dem demnächst zu besprechenden eigennaraen, welchen
Julius Capitolinus a. a. o. — alle achtung vor seiner accu-
ratesse in orthographischen special itäten — völlig richtig
Dasurami schreibt. Ich darf als bekannt voraussetzen,
was Th, Mommaen rait gewohnter gelehrsamkeit über die
weite Verbreitung der hochadligen familie der Dasii (die
auch illyrisch ist: -/ß^'tu,,-, Mionn. S. III, 334) beigebracht
bat unterital. dialekte 8.71.72. Hier handelt es sich le-
«4
Schmidt
dicrlicb um die drei überlieferteu formen desselben von
jenem Dasius abgeleiteten namens der Daaimer: Ja^ofiag
in der iuschrift von Ceglie 11 (2970 Fabretti):
MIO/WAJMHrONI^
HOITAKOA^SOI
2) Jayifiteg in Inscr. Ceglie 12 (2971);
AAIIMA^FEPTAHETIJ
wozu zu stellen Inschrift von Lizza (Aletium) 1 = 2996
?
AAIIMAIHI AAIANAIAIHI, in welcher jedoch das A nicht
feBtsteht.
3) Dasummi in unerer stelle.
Die genauigkeit des historikere zeigt sich hier in der
verdoppelang des M im genetiv, da es eine aus Mommsen,
W. Fröhner Philolog. bd. X, G. Stier d. zeitschr. VI, 142ff.
Battäam bekannte eigenthümlicbkeit des messapischen dia-
lektes ist, vor der genitivendung ihi (IHI) den vor der no-
miuativendung as(A5) nur einmal auüretendeu consonanten
zu verdoppeln. Eine genaue zuBammenstellung alier bei-
spiele zeigt freilich, dafs es nur die buchstaben AMNPi0
sind, auf welche dies gesetz anweiidung findet, wobei
in TG übergeht; aber eben unser Dagiunmi (AAIOMMIHI)
und, wie in der inschrift 2996 zu restituiren sein wird,
AAIIMAMHI erhält dadurch erwünschte bcstätigung. Die
quantität des namens JaÜfiag wird tribrachisch sein, da
aus Sil. Ital. XIII, 30 — 32 Aetoli, Däsio fuit haud igno-
bile nomen die quantität der ersteti silbe feststeht, aus
einer vergleinhung von
Decius Dasius
(decumue) Dasumus
Decimus Jauuag
DecmuB Dasmus
aber cbarakter und quantität des o (u).
Kehren wir nach dieser abschweifung zu Lopias zu-
rück, so zeigt sich nunmehr, dafs die oben angesetzte
Bcala
mes»&pi5cli«R.
^
Lopiae*) durch Rodini Brondisini /tu^ofias /iaCohovviht
'- 2995,8
Rudiae BruDdisioi Daeummi
Liip(p)iae
Lyppiensis
Lipias
Dasimi
(Dasmi)
2947
(Lipeas)
ihre schönste rcchtfertigung findet.
Ob der name des füretcu Malemnius lautete oder Ma-
lennius wage ich nicht zu entscheiden. Bis jetzt hat sich
allerdings die gruppe J^ im inessapischen noch nicht ge-
funden, allein das scheint bei einem dialekte, der AC, v^
ßVf dl', x^ verbindet, kein grund die handschriftliche lesart
zu verlassen.
Jena, oct. 1870. Dr. Moriz Schmidt.
Zimmerucbo cbronik, herauBgej^ebeo von dr. K. A. Barack, hofbiblio-
thekar ia. OonauescbiDgen. Litterar. verein. Stuttgart 1869, IV blloda.
I. a. 661; 11. 8. 607; III. s. 608; IV. ». 803.
Noch etwas Ober die grofse bedeutung unserer chro-
nik sagen zu wollen, ist überflüssig. Wer Uhlauda auf-
eätze iti den frühem Jahrgängen der Germania, Felix Lieb-
rechts berichte in den jüngsten heften derselben, den rei-
chen gebrauch, den das grofse deutsche und das neue nait»
telbochdeutscbe Wörterbuch von Leser daraus macht, kennt,
der mufs staunen über die kaum zu bewältigende masse
stofFes für sage, sitte und spräche; die geschichte geht uns
nichts an. Nicht genug, dafs wir schwäbische oder ale-
mannische sagen und siitec erhalten : wir finden eine hüb-
sche Variante von den kindern von Hameln, Hütchen
u. 8. w. Was die ritter- und pfaffenmären, die scbildbür-
*) £* soll nicht verschwiegen werden, dafs daa inesaapiMhfl aiphabet
nar da» zeichen O vervrendet ein VY nicht bat. Aber Lopiae wird eich
Irotidem nicht ohne weiteres Lupiae lesen lassen. Denn der Römer muri
doch in Dasummi ein u; in Lopiae ein o, ebeneo Frontin ein y in Lyp-
piensa, Strabo in Budiae ein o {o>) gehört haben.
56
BirÜDger
gereien, die schwanke angeht, öü weifs sie unser gebildeter
Chronist stets zu localisieren. Ich hin nach wiederholter
lektOre imnner fester in meiner ansiebt geworden: der Ver-
fasser griff die fliegenden, (wie alles echt volkstümliche)
heimatlosen mären auf und gab sie fflr thaten von lenten
in Möfskirch, Kloeterwald, Eberstein u. s. w. aus, was ich
von J. Pauli desgleichen behaupten möchte. Damit stimmt
das staunen F, Liebrechte Geraiauia XIV, 386 und seine
aussage, das „warhaftigclichen'', das stets dabei sein muTs,
dürfe hei dergleichen fUllen nicht sehr geprefat werden.
Mir kommt es gerade vor, wie wenn ein pabst den Jahr-
hunderte lang beisammen liegenden „hailtumben" oder re-
Hquien beinchen für beinchen den namen aus dem marty-
rologium beliebig schöpft, so dafs es sich herausstellt, dafs
der itu fernen Spanien gemarterte Pelagius, dessen glied-
mafsen in den flufs geworfen werden, gleichfalls bei Pe-
tershausen, Coustanz, Kotweil erscheint. Ueherall werden
die daher schwimmenden glieder, föfse aufgefangen u. s. w.
FOr den aagenforscher bat Uhland den herrlichsten stoif
schon, wie oben angedeutet, aus den handschrifteu genom-
men. Ich mache nur noch aufmerksam, auiser St, Othuiar
1,53 ff: IV, 504, auf St. Pirminslegenden 111,273; I, 7ö;
St. Galluß IV, 414; St. Ulrich, den rattenheiligen Dl,
272; II, 330. 322. II, r>47; auf St. Wolfgangen leib
11,578; auf St. Leonhard u. s. w. St. Nicolausbild
IV, 224; Mariensagen 1,300; II, 48i; verhängnifs-
Tolle Schüsse I, 431ff. Frevel bestraft 1,433; 11,330;
IV, 194; III, 45; 314. Wuotisheer 11,201; 111,79; IV,
219; wilder Jäger IV, 220 u. s. w. Zauberei III, 81 ff.
IV, 41 1 ; II, 405 (Jörgenscheibe); DI, 273ff. 29. 45. 83. 2iH.
IV, 408. 409. II, f^O. 197. Gespeusterthiere III, 3; I,
384 (hase); ü, 219 (füllen); II, 220 (katze) u. s, w. Um-
gehende Seelen I, 314. 328. 446. 465; II, 47. 215. 208.
201. 199. 20Ü. 484. 214. 483. 284. 298; lU, 144. 91. 128.
131; IV, 133. 206. ISO. 18j. Der Entenwick zu Sach-
senheim ist ausführlich behandelt III, 85 ff. Der kobold
vom Kechberg IV, 22*^. Von deu zwergeu IV, '.'29; I, I);
IV, 232 und öfter. Zu IV, 335, wo von „ lausuitziscbeo
anzviiten,
57
Zwergen** die rede ist, die da niedliches bafengesL'hirr be-
reiten, möchte ich eine stelle als beitrag zur vergleichen-
den Sagenforschung liier anfügen. Thurneissers im Tiiiirn
buch „you kalten, warmen, minerischeu und mettalii^cllen
wassern — durch Salzmann, Strafsbiirg l(il2 fbl." s. '?78
sagt; „und ist derhalbeii von den Merkischen und Lauls-
aitziscben Bawren ein sag mär aufkommen, dafs der en-
den die z wer;Lj:leln, so in den heimlichen Spelunken woh-
nen solche bereiten und also (die irdinen häfen} dahin
setzen sollen und wiewot man keinen menschen findet, der
etwas wahrhaftiges darvon anzeigen oder das solche Pigmaei
von jhnen lebendig gesehen, för warhafft sagen können, so
sind doch nit weit von dannen etliche auzeigungen, dafs
solcher Leutlen gebein da sind gefunden worden, imder
welchen glaubwirdigest ein ganz cörperJein, welches
nur 2 Werkach uh 3 Zoll lang gewesen ist — derohalben,
80 kommen diese häfen her, wn sie wollen u. s. w." — Die
chronik bietet ferner dem sagenforscher: Wahrzeichen II,
348ff.; 1,201.190 (drachenschwails); I,i329 (blut unaus-
löschlich); 330. 100 {alpirabacher horu) II, 46fF. ; III, 131 ff.
( Wappen zeigen tod anj; I, 434. Hortsagen II, 3!r>3;
IV, I3ö. Jungbronnen 11,484; historische sagen 1,52
(Mannen); stammsagen IV, !M7 (wirtembergisch); II, .'{67
(bairisch); heidnische Stadt I, 20; starke ritter I, 448;
II, ')(). — Was für aitte, aberglauben, schildhürgfreien hier
alles beisammen steht, ist endlos. — Uns geht zunächst
die spräche an. Die Stellung zur nenbochdeulschen
Schriftsprache , die sich seit Luther auf grund der kaiser-
liohen nnd churfürstlichen kanzleispracbe besonderen ge-
deihens und pflegens zu erfreuen hatte, ist die: Die Ver-
fasser der Ziinmerschen chronik und der letzte ausarbeitet
(1560) gehörten einer höchst gebildeteu fandlie an, die sei-
ner zeit reisen machte und in den reichskaniraergericblen
wirkte, an deutschen und französischen höfen jähre lang
zubrachte. Das ist ein wichtiger umstand. Darum ist der
text auch schon vollauf aus der altern haut entschlüpft,
die noch in jener zeit am Oberrhein die volkpthfimlichen
Schriften umhüllt; kaum dür[t<:ru die alleu ü, die besonder:«
S8
Bii'linger
in ortsnatnen: (Krüchenwis) nachspukeij, bedeutend in die
wagschale fallen; während die urbarbücher von dorten
ü, 1 für nhd. au, ei noch aufweisen. An ein sl, am, sr
ist kein gedanke mehr. Die praet. der i, ei, ai-verbal-
classe sind sämmtlicfT in das neue i eingerückt, während
a. 1520. 1530. 1540 noch ai, schratb, blaib, erschatn, vor-
konimen. Viele verderbte lautverhältnisse von heute aind
da noch echt: liegen (mentiri), tricgen u.. s, w. Der stil
ist einfach, körnig, echt alemannisch oder, wie der grofee
baufe sagt, schwäbisch, wohl gespickt mit den dem volke
eigenen bildern und besonders Sprichwörtern. Interessant
sind die miterscheidungen hochdeutsch, oberlendiscb,
Alemannier, Schwaben u. s. w. Unsere chronik ge-
braucht „hochdeutsch" noch durchaus örtlich, bald für
oberrheinisch, bald für süddeutsch überhaupt. Der kämpf
der Römer (Marius) mit den Cimbri sehen und Hoch-
deutschen 1,4.5; 8. 18, I werden die „hohen teut-
Bchen landt* dem Zabergew, dem Riefs, dem Franken-
land entgegengesetzt. Vgl. I, 20. 21. 22. 32, 33. 57. 63.
79. 111. 286.474; 11,161. 312; IJI, 247. 313.318.552;
IV, 169. 374. Uebergänge von dem örtlichen sinne des
„hochdeutsch" in die bedeutung von hochdeutsch mit
Sprache verbunden, wie heute es allein gebräuchlich, müfs-
ten künstlich gewonnen werden. Einige steilen sind zu
verführerisch, allein bei richtiger beurtheüung findet aich's
doch anders. Oberlendiech III, 4. 54; niederlendiach
(cölnisch) II, 184; 1,260; IV, 292 und öfter. Frankfurt
ist unserm Chronisten noch oberlendiscb. Wenn er den
alten antiquirten namen ^Alemannier" gebraucht, geschieht
es, wenn von alten königen oder frühem Verhältnissen die
rede in, 1 19. 348 u. s. w., wogegen schwäbisch auch für
alemannisch gang und gäbe III, 384. 492. 390. 521.
523. 543. 548. IV, 386.— Die unterabtheilungen von Schwa-
ben und Alemannien: Riefs IV, 199. Algew III, 224.
I, 465. III, 91. Niederbaden HI, 126; Bär I, 12. 137;
I, 18. Bärgew. Sonstige völkerschaftliche Unterschei-
dungen (sprachlich) sind : Schweizerisch II, 34. Bayeriach
I, 488. Wälsch I, 547. Friesen, Sachsen III, 6(16. IV, 35
anzeigen.
59
u. 8. w. Gerne fobrt der chronist die fremdartigen rede-
weisen dieser verschiedenen Völker an, so dais man sich
unwillkürlich manchmal des böeen Hehnbrecbt erinnert.
Interessant ist immerhin die ganz unrichtige etymologie
von Kotweil, Rotenzimmern u. s.w., die bis beut«
fortspukt und die uns freilich an die versuche des Beatus
RhenanuB lebhaft i-rinnert, als ob Rotten (häufen votkeB]
8U gründe läge. Etliche wollen (sagt die chronik I, 10),
dai's die Stadt Kotweil den narueo ^von dem rothen
boden oder erdtreich derselben gegend habe.* III, 347i
„und wiewol ctlich vermainen, der nani Kotweil seie der
statt erstlichö von der rotten staig und dem roten
ertericb entsprungen, so ist doch nichts gewiesers, dann
das der von den zimbrischen rotten sein anfang bekom-
nien". Interessant also, sagte ich, weil mau das bedürfuis
sieht au zwei stellen die Ortsnamen desselben Stammes zu deu-
ten und zweitens weil die richtige etyiuologie als falsche
beigezogen ist! Desgleichen wundert einen, wie das be-
stimmende adj. hoch bei „Hoheozollern" unserm Chroni-
sten auffallt; es erhellt, dal'a Hohenzoller früher iiblieh,
im Ifi. Itl. Jahrhundert aber Zollern herkömmlicher schien.
I, 46ä. „Hernach ist das wertlin ander schlösser mer bei
unser zeiten zugeben wordm, gleicbwol nier ufser hochfart
und bracht, dann notwendigkeit halben. Aber das schlofs
Zoller hat difs epitheton „Hohen" vor 150jaren gehjipt**.
I, 6 begegnet ein etymologischer versuch bezüglich des
namens Biorix „mag in teutscher sprach könig Weirich
genannt werden". I,^ 209 wird „Bichtlingen", der ortsname,
erklärt: „man hats von alter her nur Birthlingen gehaifsen,
gedenk Bftrklingen von birkenstocken "1
Wenn ich den ganzen text der zimmerisehen chronik,
ohne Verfasser und ort zu kennen, sprachlich sicher stellen
müfste, so könnte er, was seine Schattierungen mundart-
licher natur anlangt, nur auf alemannische Heimat zurück-
gewiesen werden. Da nun aber unsere Zeitschrift schon
so viele merkmale dieses Sprachgebietes gebracht hat, so
ist es das lohnendste unseren text an den anfsätzen der-
selben wirklich als alemannischen nachzuweisen. Aufser-
«0
Hirlinfror
dem als aohang mögen eigenheiten ihre stellte finden, die
in meiner alemannischen spräche betont wurden. Die ge-
sammte lautlehre bat Biiraek in übersichtlicher weise bei-
gegeben, desgleichen ein Wörterverzeichnis. Die Schreib-
weise II für ü KU belassen liegt gar kein grund vor, stört
sogar den grammatisch ungeübten leser bedeutend. Die
Schreibung ö für i vor 1, r n. s w. ist im 1(>. jahrh. allen
rotweiler st-hriften noch eigen: Württemberg mufs die längst
nicht mehr verstandene weise betite noch nachschleppen.
Geraäfs dem alemanniachen geaetze der alten kürzen
und schärfungen gilt für die chronik, was zeitschr. XVIII,
41 von Pauli, Ulenspiege! bemerkt ward. Vgl. XIX, ) If).
Barack hat chronik IV, 468 ff. eine grosse helegezahl bei-
gebracht. Ich merkte mir aus dem texte: haj^ner, ha^en
n, 82j gehorsammen 36; harfdern IV, 17; hajfenreff 11,35! ;
wagten II, 576; nammen (stete) II, 18. 79 u. s, w.; bab6i<h
569; ReHinger (angab, geschlecht Rehlinger) II, 4.'i5; siuir-
hejfeni,43; essel (stets) II, 23. 290; frejfelSlT; Endre*.-ten
,53.— wissen (prata) 11, 24. .390. 450. 451 u. 8. w. Schmi/-
tenthörle45; I^pelswis, O. N. II, 4)^0; widdenl, 41(»; lijferu
343; — stete personnlich II, 45 ; gewownheit ^08; womiien
I, 3; verwarl6**et 132; gesto/ien 216; Soniiencrönnen 157.
1,8; barbearoj/ßen III, 455; hürren 11,555. Diese alte
quantität dehnte eich selbst volksspracblich auf ä, 6, 6
aus, wozu viele beispiele in unserer chronik stehen. Vgl.
alemannische spräche 56, woku Brunswiks järren (annis);
Porer- Heufsl ins starr (stär) auch zu rechnen; ebenso atriM
chroD. I, 7.
Andrerseits treffen wir, wie zeitschr. XIX, 145, deh-
nung der kur/.en vocale vor ch, r, 1 u. s. w. thnol II,
44.45; waal 130. I, T.'V; unföul 153; fflfll 1,34; saol I, 10'^;
anfaol 184. — »«cht = acht zu zeitschr. XIX, 145. ge-
schier XI, 394. Haben sich einige lange ö erhalten: wss-
geschriben II, 1; nachpwr neben au II, 1 ; husen fl ; hÜ8
oesterricb II, 22ti, eo kommen daneben Haugo IT, 31, sogar
Martin Lauter, Winterthawr I, 43 vor. — Die doppellaute
au zu ü, o wenn m folgt, alem. spräche 83: rHmm (räu-
men) I, 128; schwmmet II, Hl; trorapt IV, 139 Die noch
anzeigen. 61
J. Paali und dem Ulenspiegel eigenen ou für ö in zeitschr.
XVIII, 41 sind der chronik ganz fremd; jenes gehört noch
der älteren alemannischen zeit an. Dagegen kommen iu
der chronik eu, ew für au, aw vor in gew: Turgejc, Bar-
geio, Zürchgcec I, 12. 18. 159; Breisge«? 184; Sunketo 409.
Diese formen sind ebenso berechtigt wie die beutigen zahl-
reichen Gäu für Gau; sie fufsen auf der alten form mit
j, i: gavi, neben der. sich schon früher ein gava, gawa
wie ein hawa, awa fand, so dafs Hau, Au wie heu und
ew, ey ihre volle berechtigung haben. So sind die ural-
ten namen Heuberg, Eiach am obern Necar, gebirg und
kleines wasser zu erklären. Den falschen scheinbar rück-
uinlautenden formen durchlaucht, durchlauchtig stellt die
chronik noch durchlewchtig II, 120. 462 und öfter gegen-
über. Wiederum echt alemannisch ist grewsenlich für nhd.
grausig II, 34. 208. 24". 263 und oft, das heute noch volk-
oblich. Ebenso für iu, ie: eu : spewren II, 247; TcMrin-
gen (Thüringen) I, 45; steifbruder I, 111; knewwet II,
o28. — Zu den consonanten läfst sich weit weniger be-
merken; die echt alemannischen merkmale des eingescho-
benen n in faust zeitschr. XIX, 145 begegnen selten :feuR-
sten I, 342 u. 8. w.; merser und morse/, cörper und cörpe/
sind unvermeidlich. Das alem. spräche 109 betonte gesetz
des harten k nach 1 weist unser chronist einigemal auf:
vertilgten I, 240. 478. II, 181. Die vielen dativischen ad-
verbia hat Barack IV, 485 massenweise zusammenge
stellt. Die Superlative finden sich gerne mit wunder
gebildet: wunderholt 11,452; wundergail 111,76; wunder-
karg III, 564. — gern I, 128. Auch ein volksthümliches
bluetübel kommt vor II, 344. Zur neuhochdeutschen de-
clination bietet die chronik manche belege; manches alte
schleicht sich noch fort: herzer z. b. für herzen. Noch
echt und gut ist Schwebischen-Hall 11,35 für unser
heutiges falsche Schwäbisch -Hall. — Ein hauptmerkmal
des alemannischen ist die partikel ald, alder (old) = oder:
sie begegnet nur noch 3— 4 mal gleichsam in ihrer letzten
Zuckung I, 195. 6. 352, 4. 403, 31. Dagegen fällt die di-
minutive pluralendung -höslach 111,371 auf. Sie ist nur
63
Birlinger
schwäbisch und als-ech, -ich, aber merklieb tonlos, frän-
kisch und judisch. Vgl. augsb. wtb. 302. Die augsburger
drucke von Geiler, z. b, der Pilgrim, lassen formen wie
kneblacA, helzlncA, negelacA, stätlacA, rösslacA mit unter-
laufen. Es lassen sich oft sogar reforraatioiisschriften von
wenigen blättern, streitblätter , an solcher form erken-
nen, die ohne jähr und druckort sind. Wer einen häufen
belege haben will , schlage die beilagen zu prof. Brunnera
beitragen zur gescbichte der markgrafschaft Burgau auf:
29. 30, heft des histor. vereine von Schwaben und Neuburg
1865 8. 106 ff. lehealach, höflach u. s. w.
Una noch eines alten apezifisch augsburg. ausdrucke zu
gedenken^ den die chronik auch als solchen auffQhrt, nenne
ich Spinn eng techer; in meinem wörterb. 408 erwähnte
ich dessen, war aber bis auf die Zimmersche chronik nicht
recht klar darüber. Man verstand darunter die hausknechte,
die zugleich gefügige auahelfer geiler hausfrauen sein mufs-
ten: „do hat sie ain kleins kuechtlein, das bei irer niutter
auch ein spinnenstecherlin gewesen, wie man dise ge-
sellen zu Augsburg pflegt zu nennen". £1,465.
Im folgenden will ich an meinen aufsätzen Zeitschrift
XV, 191 ff. 257ff.; XVI, 421 ff.; XVIU, 41 ff.; XIX, 144ff.
den alemannischen charakter unseres chroniktextes hinsicht-
lich des Wortschatzes darzulegen versuchen. Zeitschr. XV,
193 ff.; XVI, 424; XVIII, 41: Totenbaum. Chronik I,
349,29: „er hat auch ain totenbaum, darin er nach sei-
nem absterben gelegt zu werden begcrt, steetigs in seiner
schlafcammer neben seinem bet steen gebapt". 1,447,22:
„also in allen) graben de fand man tief im ertricb ain an>
dem dodtenbaum — do ward vi! vom bäum geret —
do war der under bäum den sie suchten hinweg oder
verschwunden**. III, 92 ff. : „in dem aber, als mau den
vermainten todten in den todenbaum gelegt, hat errich-
ten und sich zu bewegen angefangen. ~ lasaent ine also
in dem todten bäum ligen, uf das er morgens bei früer
tagzeit begraben werde. — do fanden sie den knaben iu
dem todtenbaum sitzendt und lebendig**. — Daneben eini-
gemal todten bar I, 308; III, 222; letzteres bedeutete ur-
>
6S
sprßnglich das gerQi*te, die trage, worauf der todtea-
baum zu liegen kumint. Heute ist der unterschied ver-
wisclit. Zeitscbr. XV, 197: Tobel, Dobel. Chronik II,
469,8: ins Dalianloch, ist ain wüster dohel (Guetenstein).
1,3.58,4: in demselhigen wilden und rauchen tobel blib
die grefin etlich jar u. s. w. (Ida von Tockenburg.), Zeitscbr.
XV, 196: klinge. Von einer tirolerlandschaft: „wie er
nun lang im bürg ambhcr gangen, do ist in einer klin-
gen oder finsteren tbele ein prdenmendle zu im kom-
men". Zwei örtlichkeiten bei Eberstein und Müblbeim a. d,
Donau heilöcn laut unserer chronik im „clingel", was
schwerlich zu klingt» steht. Zu s. 198: Weithow. Der
schon genannte Horbei wald IV, 238, 1. Zu 199: keib.
„darauf (ward) gleich der abzng beschlossen und wer lust
zum fechten, der meg mer lent holen, damit man den
keiben stark genug sein könde". III, 380. Die Schram-
berger wurden \"on den reisigen Rotweilern also genannt.
Zu 2026". ucht bietet die chronik kaum etwas wichtiges.
Ein name lichter erscheint 11,537. Uchtland 11,370;
1,363. Zu 203: verweichen s. chronik 1,447: (ein to-
tenbaum unter einem andern beim nachgraben) „do war
der under bäum, den sie suchten allerdings hinweg oder
verschwunden odfer doch znm venigaten inen dermassen
verweicht und verendert, das sie ine nit sehen möchten".
11,362, 35: „N. bat aber in ain küssen geredt und die
stim also verweicht, das der glaser nit anders vermaint,
dann der hausknecht geh im von fernem antwort". I,
454, 13: „also hat er (einer mit bösen münzen) sich aber-
mal verwelcbt das er nit leuchtl'ichen bat erkennt mu-
gen werden* (also ^ sich verkleiden). 11,515,33: „er
konte aber mit der handt die stim verheben und ver wel-
chen, das der sehloaser vermaint, es het einer uf der an-
dern aeite geacbrien". Zeitscbr. XV, 206 führte ich reu-
tinen als alemannisch au; im fränkischen rode, zeitwort
roden; niederrheiniach -rath in vielen orta-, flur- und
Personennamen: Benrath u. a. w. Die Z. chronik hat
dem entsprechend mehrere belege. 11,482,5: „und dieweil
aber dozumal reuten uud stocken nit im prauch gewe-
u
BiHinfT'M'
sen ** H, s, w. 1V,;U)4, 9; „daidurfh daau die landtsart.
mer, dann in mentsclien gedcchtnus, ufgethoun und schier
kein wiakel , auch in dea rewhesten weiden uad höchsten
gepirgen, un aiisgereu t und unbewonet blibeii". 21: „also
6eugeu dieselbigen an zu reuten und zu stocken, die al-
ten felder und wisen widerumb — ufzethuen" u. s. w. Die
chronik keifst dieses neue ausgestockte gebiet „Hardt oder
Meuliskreut". Vgl, dazu ehristins-Reutinl, 191,32. —
Die Ortsnamen mit -reut wie ,, Münchsgrenter Bühel"
11, 107, 10 fiuden sich auch auf bairischem (Österreichi-
schem) gebiete. — Dals sich Reutin heute als gemeinde-
theil der bürger sprachlich festgesetzt, kommt daher: jeder
neu aufgenommene bekam eine „wöate" strecke zum an-
bau. Die aache fiel weg, das wort ist geblieben. — Zu
laiten, laitfafs XV, '208 dürfte wohl schwerlich laidt-
schiff chron. I, 54, 26 gehören, indem alemannisches lei-
ten, anleiten, anleite, aieh Schmid s. v., hereinspielt. Zu
2ei»schr. XV, 209 gehört Serbien chrou. II, 458, 26:
„denn er wardt krank und serblet, das er in kürze her-
nafh starb". — Spezifiech alemannisch kann es kaum ge-
nannt werden. Hurst zeitschr, XV, 2 10 ff. erscheint chroD.
IV, 8, 26; „hab er (Herzog Ulrich) den (Hütten) zu ross
angesprengt und ellich mul umb ain hurst hinura gpjagt".
Zu zeitschr. XV, 257: „wie der hirt vilmals fürgeben bette,
wellte r-r den hosten ochsen in seiner rindermänoi daran
zu bawstewr geben". — Zu krieaen := kirschen XV, 257
gibt die chronik mehrpre belege ab. IV, 304., 32: im Krie-
senloch, flurname zwischen Möfskirch und Siginaringen.
I, .H03, 34flP. „bald darnach haben sie ain grofsen kries-
haiim uf der alniut voller krieseu gehapt'' u. s, w. —
Kriesenstein II, 411ff. Zn Zt. 259. Die Zimmerische
ehr. in, 189 schreibt Aichorn; hat also längst die rich-
tige ableitung nicht mehr gekannt; das Wäldchen bei Cnn-
ßtanz Aiehborn 11, 283, 13 u. s.w., was mit cornii zu-
aaramenhängt. — Rotten = besuche, z. b. abendliche, zeit-
schr. XV, 259, ist wol nur weitergebildete bedeutung von
den rotten chron. I, 9. 10 ^ häufen, abtheilung. — Zu
Uuterzug XV, 261 aieh chron. IV, 265,22: »do wardt
MIMIg«ll.
nacb langem rathschachlageu bescblossca, das dem vcr*
derpten und kurzen gebelk mit durch- uud und erzögen
solt geboU'ea werden**. — Zu XV, 2(j2 (obetij wäh hat
unsere chronik selbstverstäadlitih belege; wehe und hoche
leute III, 28, b u. s. w. Zu meser XV, 261 hat die ehr.
II, 2IÖ einen beleg: „do het sein herz ain gestalt, wie ain
weseme rueben". Zu Haiingarten XV, 262 sieh ehr.
II, 3;') 0, 4: „ein haini garten — also würt der lindengart
dorin das bofgericht jedosmaU angefangen uud geendet
wart, genant". — Zeitschr. XV, 264: holdschaft;
das ich im ^ur selben stundt
vor hol tschaft kain wort uit redeu kundt I, 5, 35ff.
Zu XV, 264: Letze sieh chron. I, 420, 7: „die pess gegen
dem Hegawjuud Madach mit letzineu, gesehlegen und an-
dern» verwart". So uoch oft in der chronik. — Zu zeitschr.
XV, 265: „hinüber geen Sauldorf in die speck, von der
Rinderspeck die Ablach u'f in Egliua mili" u.s. w. Chr.
11,140, 26. I, 422, 27. Zu XV, 266: rösch vergL chron.
1,269,6: „dann demnach seine vorfarn gemainlich rösch
und utifridlich und die mertails ire Sachen uf die faust
setzten*' u. s. w. II, 288, 19: „mit forder röschen uud
gengen pferden". Zu abkoren s. 266 sieh chron. Il,5tll3,6:
„den beclagt ain junge dochter am corgerieht zu Basel,
als het er ir die ce verhaisen" u, s. w. Zeitschr. XV, 267:
zu Faulbiiche vergl. chron. 11,135,9: im Fnulbron-
nen, eine örtliclikeit. — Zeitschr. 268: ferken. Chron.
1,81: „darauf, so f'urderlich er möchte ferket er sie an-
sehenlich ab mit harnasch, pferden und anderm" u. s. w.
S. 302, tu: „feilten sie den sack mtt körn und fergketen
den vogt widerumb ab". Zeitschr. 269: hotzeln Chron.
I,439ff. : „sie ist dem edeluian in der schofs Aber sich
gesprungen uud gehotzet, sprechend: ei er kfitzelt mich".
Genau entspricht ihm 511, l: „sie hat dises schwanke
mehrmals in der kirehen gelacht, das sie geschottlet **.
Zu zeitsclir. XV, 266: almarei. Chr. II, 429, 13: „der ab-
lafsbrief ligt oben in der Almareien, da die Schlüssel an
dem ledlin sein". Zu zeitschr. XVI, 48ff. Unsere chronik
gebraucht z. b. III, .iöS aglaster für elster: es betten die
ZaiUchr. T. vgl. aprachf. XX. 1. ^
d6
BirliiiBPT
agiaater in am kemmet genist. (22). Zu zeitscbr, XVT,
427; blangen. Chr. II, 7,29:
Ich sich wol, das dich b lauget
nach wein, der dir für die äugen hanget.
Zu zeitschr. XIX, 14ii: vergleiche neben bachis, brätis: liefs
das bachas steen IV, 2^1, 35. Ebenda zeitschr. 146: fet-
chen. Chr. II, 526, 1 9 ff . „80 im dan N. ein ganz heniien
förgelegt, hat er gemetnlich frawen Appolonien ein letgen
darvon wellen fürlegen und mertails den fetgeti »oder
disch fallen lassen". Zn zeitschr. XVIII, 43: auser. Die
chronik 11,54.5,5 u. s. w. kennt „onser; der hat ain fle-
schen mit wein und ain gueten bratuen esch in uinem
onser mitgepracbt" und so öfter. S. 534, 13 steht waid-
onser. Zu uns. zeitschr. s. 48 gehört das gevetterig
^ patheii, in der chronik. III, 538, 9: gevettrig sein gPr.
wesen abt Gebhart u. s. w. I, !48; II, 486. 452. 543. 549;
IV, 17. — Eflht alemannisch ist die binne, benue ein mit
bretterii eingeschalter dünger-, sand wagen, zwei- oder vier-
rädrig. Chron. 1,459, 23: „als es aber sommers zeit und
ganz haifs weiter, ward er mit grünem latib in der ben-
nen bedeckt." III, 79, 2: „do ist irem furman, der sie in
einer bennen geftlert, was not bescheben u.a. w."
Zu isschmarren zt. XVIII, 45 bringt chron. I, 257
Eisschemel. — Ein echt aleaiannisches wort gluffen =
Stecknadeln gebraucht die chronik auch I, 32b, 1: mit den
junkfrawen und megten zu spilen umb gluf'fen. S.3 ?4, II:
„der heftet — die alb und das lang badbenibt mit ainer
gluffen an ainandern". Ferner begegnet baschgen, wie
in alemannischen Schriften oft, auch hier. III, 412, 35ff. :
„es machten aber die weiber den argwou, die etwas laut
waren und nit mochten gebaschget werden*. IV, 77, 23;
„damit (simulierter plötzlicher krankheit) werde sie den man
baschgen* d. h. dämmen, niederhalten, bezwingen. Heute
noch üblich. Im Argen- und untern Schiiasenthal von den
hirten gebraucht, die des viehes nicht mehr meister wer-
den. Auch in den Westschwarzwiildthälern, im Rencbthal,
ferner im stände SchaflPhausen, im Wisenthai (Hebel) lebt
es noch beim volke Ein altes Tellenspiel (die sage von
taBnigM.
67
der befreiuiig der vier waldstädte von W. Vischer, Leipzig
I8t>7 s. 17Üfi'.) hat:
Heiulz Vögely lieber Kneclit uieiu
Ich hah bodadit ein guten Sinn
Ob ich möcht meine Bawren paschgen
Und bringeil ilir Gelt iu mein Kasten.
Vgl. Grimm wtb. 1, 1152, wo der Hleinanni^cbe charakter
auch dargethan ist. Wiederum alemannischer heimat gehört
hauren „niederkauern" an; chron. IU, TiOO, 2: under den
wcibern aber, die auch ini schiff, were eine uf dem boden
gehanret. Um den Feldberg, im Breisgau, heute nie-
derfaüra Im Haueusteinscheii (Hotzenwald) allgemein
bekannt. Ueber die vermeintliche alte quantität des wer-
tes sieh :dem. spräche 8. 78. — Grimm im wtb. IV, 2o3
führt aus alemannischen qnellen ein fries, ein zeitwort
friesen ^ feldgraben ziehen an; Schmid schwäb. wllt. 205
ebeDso. Eraterer weifs mit der erklärung keinen besclieid;
trennt aber sorgfältig das wort von dem in der baufarh-
sprache. In der Baar, bei Tuttlingen, Spaichingen kennt
jeder bauer fries für strafsengrabendohie. Die Zimmer-
8che chrouik III, ßOfi gibt uns den anhaltspuukt bei erklä-
rung. Die ersten arbeiter und künstler in diesem fache
bei uns waren Friesen, jedenfalls Niederländer. »Ein
Friesen, so die weir macht" 606.11. Mag sein, dafa
jeder dieses geschäftes, sogar einheimische den naoieu be-
kamen. — Chron. IV, 111. 8. 9: behameln: „von denen
(baueru) wardt sie zuletzt in der frucbt — widerbehamlet"
(eine durchgegangene). Vergl. meinen Felix Faber, pilger-
büchlein 738: die lyt send sy behamlen, mit frevel gri-
fents dran. Angab wtb. 218 a. — Das alemannische römi-
sche torkel, dorkel III, 539, 16ff. wechselt mit trott,
trottbaiim in andern alemanniBchen Schriften: „er hett
ain dorkel im haus und die gerechtigkeit darzu erkauft;
denselben dorkel liefs er verkaufen" u. s. w, — Das den
Schweizern bekannte deichen, sc^hleichen, davon schlei-
chen (Grimm wtb. III, 906) hat auch die Zimm. ehr. III,
204,2: der muelst dann die mucken verborgt-tdich uJsIassn
und wider darvon deichen. 11,401,5: „und muesten
5'
Birlinsef
diesplb nacht ntie liechter heim deichen". — In unserin
reuhtsrheinisch aleaiann. gebiete hört man gäpen, gopen
= spielen von kindern, gleichsam wie junge liunde und
katxeo (harren). Sfhmid 236 bringt es als schwarzwal-
disch, also i\bereiagtiramend mit unsere grenzen. Die olrro-
nik III, 279 ff.: iedoch dingen sie darbei ufs drei stuck,
nemlich kinderspill, als wann die halbgewachsne kindcr
mit ainandern sich paren und gaupen ii. s.w. — Hel-
ling, kater, schrlte für einen geilen mönoh 13,4, '■■'>2. 174.
ranilen 111,539. wur für wöhr, alemfinnisch geRprocheii
wurr 11,521. windsgewehten III, 4a9; schwäh. gai-
windeu (von gäh, jäh), los = nmtterschwein II, 148;
mor kommt in der chronik nicht vor. mörlegrsu 11,269
zu nierula: „'s Mörle findt's Beerle" ; zu zeitschr. XV, 26(i
(oben). Noch heute ist iu der Balinger alemann, gegend
urabaOat = zorn, aufregnng gegen jemand volkft blich,
wie es schon Schmid 520 verzeichnet. Cbron. II, 2^1, 22:
das die truchsefsen von etlichen jaren her ain iiesoudern
Unwillen und urenbunst wider die graffen von Werden-
berg u. 8. w, II, 211, 29: — hab er — manicbinal nCser
haimlichem neidt und urenbunat one alle not verdarbt
und verwüstet. — Echt alemanaisch ist sc hup flehen für
falllehen cbron. 111,53: „nachdem aber ir voriger mann et-
lich äcker und wisen von der herschaft zu sobupflehen
gebapt, 60 fielen dieselbigen ledigclichen an die herr-
scbaft". In den urbarien und Urkunden vom nördlich-öst-
lichen Bodenseenfer heute not-h dem nainen naoh volküb-
lich. — Echt aleiiiaDnisch sind die formen ker für kellor
11,9; 1,345. jauchart IV, 1^)8 u. a. w. molle ^ aala-
maader II, 781 ist heute noch üblich.
Äuc:h für die liturgische deutsche spräche gibt unsere
chronik manchen beleg. Die mit dem petret'aktischen fron-
zusam mengesetzten Wörter sind bekannt: fronaltar, haupt-
altar der kirche mit dem sanctissimum II, 251). 4t5; IV,
252. fronfasten I, 3(17. „an unsere Herrgotz abendt"
111,214, iO ist der tag vor dem fronleichnamsfest. Non-
zeit 11,224,6: die zweite hälfte des vormittags. Weich-
lege, weihelege — fridbof 1,309,29. 328, 35; II, 105,10;
I
i
i
I
Hnzeij;«D.
69
III, 118, 36. — Der naine für hilfsgeistliche: Helfer, den
Altwirtemberg noch hat, kommt öftere vor II, 32:^. iJ46. 490;
m, 255. 319; IV, 298. Die namen Custor, Sigriet IV,
217, Chorales lll, 4C3 begegnen desgleichen. Sigrist ht
nur alemauniseb. Kelchbueb, schelte 11,340. i{46. Spren-
geltauf IV, 103. Beichtpfeoiiig I, 257. Hailgengeld
II, 480.
Alles dieses ist ein zeHgois von dem grofsen reicfa-
thum des uaafaDgreicbea Werkes, das nur deutscher fleifs
«od deutsche ausdauer zu wege bringen konntet]. Dank
dem heraiisgeber und iiofh besonders A. v. Keller, der
I selbst wirksam band anlegte.
^H BouQ, nov. 1870. Birlinser.
k -
^^^ Zu Benfttj: Uebur die entatebnng und vorwendun^ der im Saoakrit mit
^^B r ADlaDCeDdeu personrUcDdangen. Göttiug»n 1870.
In dieser an scharfsinnigen beobacbtiiugt-n reichen ab-
handlnug sucht der verf auf s. 42 ff- oachzu weisen, dais
die von ihm zu erklärenden personatendungen rant£, ranta
nichts anderes seien, als dritte personen pluralis des präseus
und imperfecta medii ?ou wz, ar. Diese verbalformen seien
angetreten, wie diejenigen von i zur bildung des passivs,
von as zu der des aoriata u. s. w Dabei wird die erklä-
rung dieser formen im sanskrit-worterbuch vermil'st.
Kann ich nun gleich ein argumentum ex silentio wie
B. 43 nicht ftir alle fälle gelten lassen, weil dadurch einem
Wörterbuch — zumal einem solchen, welches nothgedrun-
gen den exegeten vorangeht — ku viel zngemutbet wird»
wenn man von demselben lösung eigentlich grammatischer
fragen und erklärung aller stellen und aller Schwierigkeiten
erwartet, so mufs ich doch bekennen, dafs im vorliegen-
den fall ein wirklicher maugel aufgedeckt ist. Vermutblicb
wurde bei bearbeitung der wz. ar die form ranta, weil sie
keine geeignete auknüpftmg fand, zu wz. ram verwiesen, und
bei wz. ram erschienen wieilerum, nach öaniniluna aller da-
10
Roth
ten, die beweise nicht zureichend. So mag es geschehen
Bein, dafa ranta weder «nter der eiüen, noch unter der an-
deren Wurzel unterkommen fand.
Ich versuche uan nach neuer prOftm» die lüoke zu
füllen und dem heimathlosen ranta zu einer stelle zu ver-
helfen: indem ich es nicht mit Beiifey zu wz. ar, eonderu
mit den commentatoren zu wz. ram , genauer zu wz. ran
stelle. Die' drei strlten, um deren erklärung es sich dabei
handelt, glaube ich übersetzen zu dürfen wie folgt:
Rv. I, 61, II: asje "d u tveäaeä ranta sindhava; pari
jäd vagrena slin äjalchat | — — - turvitaje
gädhä ^- ka: jj Durch seine gewalt standen die flösse
still, als er mit dem donnerkeil sie aufhielt (oder: traf) —
filr Turviti machte er eine furth*).
Das mehrmals erwähnte wunder, dals Indra den Turviti
trocknen fufseß durch den ström führt, ist so gedacht, dafa
der geworfene blitz das wasser staut. Diese auffassung von
ranta wird, wie mir scheint, gegen jeden zweifei gesichert
durch vergleiehuug der beiden paralleletellen: äramaja: sä-
rapasas tärüja kä' turvr'tajü ka vajjaja ka srutim II, 1.'% 12.
tväni mahfm aväni vi^vädhenä turvitaje vajjaja käüiantim |
äramajö namasai 'gad ärna: IV, 19, tJ.
Rv. VII, 39, 3; gmajä ätra vasavö ranta dev;i urav au-
tärikäe margajanta ^uhhra: | arvak patbä urugraja; krtui-
dbvä prulä dütusja gaginusö nö asjä H Auf ihren bahnen
stehen dort die guten götter still, im weiten luftraum putzen
sich die schönen: setzt eure wcge fort, weitfahrende, hört
auf unseren boten, der zu euch kommt!*')
Die Marut scheiueQ sich zu bedenken, oh sie zu den
anrufenden herabkommen wollen, und werden aufgefordert
der durch Atrni überbrachten einladunet zu fnltren.
Rv. VII, rSB, 3: a vfttasja dhragato ranta itjfi aplpajanta
dhenävö na Bt'idä; | mahd divä: s4dan6 g.4jam{in6 'kikradad
*) Benfe}': Darob deeaen krafl allein setzten »ich die strdme in beire-
rwg-
*•) B«nfe7: Die bahn durchwmdelnd setzten .«ich in bswegunR (mach-
len sich bieher auf") die guten gött(>r, e» gleiten Uiii die strahlenden im
«aiten ftther.
anzeigen.
71
vrsabhä: sasiiiinn odhan i Still stehen des Btrejohenden
windes züge, es strotzen wie niilclikühe die brunnquelleo
(d. i. «wölken); am grol'sen himinelshaiis ins leben tretend
Itrüllt, tiocli im schoufs, der stier*).
Das iet eine Schilderung der knrzen stillß vor dem
losbrechenden gewitter: die winde, welche daa gewölk her-
trieben, legen sich, die wölken sind zum bersten voll und
df'r doüiier (Pargauja) grollt, gleichsam verborgen noch, vor
dem ausbruch der blitzschläge.
Wenn gleich in der letzten stelle Benfey's aiiffassnng
nicht gegen die Wirklichkeit verstiefee, so wird man doch
die vorgeschlagene erklärung — abgesehen davon, dal's sie
durch den gebrauch des ranta in den beiden anderen etellen
gefordert ist — treffender nennen mössen. Es iet leicht
möglich, dafs auch \wr ranta präteritum iat, die Umschrei-
bung des Padapätha aber durch rante nur die erklärung
des biatiiB im sinn der späteren sandhiregel gibt.
Wie ist nun die auffallende form ranta statt ramanta, wie
die commentatoren umschreiben, zu erklären? Benfey zwei-
felt, ob eine sjnkope dieser art in den veden sich nach-
weisen lasse. Mir sind nur zwei ähnliche formen gegen-
wärtig, obwohl vielleicht noch die eine oder andere sich
finden mag, nämlich vanta 3. pl. von van Rv. I, 139, JO und
liäkantu 3. plur. von kan I, 122, 14. Beide btidungen stim-
men zu der unsrigen vollkommen, wenn wir statt wz. ram
die nebeuform ran {s. WB. u. d. W. I. ran) darin suchen,
welcher ebensogut als der anderen die bedeutung stille
6t eben beigelegt werden kann. W^ie vanta für van anta
80 stände ranta für ran-anta. Diese Vereinfachung oder ver-
stOmmelung durch ausstofs einer der beide unmittelbar auf-
einander folgenden silhen an ist eine etwas gewaltsame
anfhebung unschönen gleichklangs — also unter das gesetz
der sogenannten dissiriiilalioii fallend — oder praktisch be-
trachtet eine nachlässige, fehlerhafte bildung, welche sich
dadurch erklärt, dafs das obr in anta gleichzeitig das an
des Stammes und das an der endung zu hören glaubte.
*) Benfey: lieran kommeD des eilenden winde» gäng«.
n
Kuhn
Benfey's hypntbese, weiche in ihrem ganzeD umfang
zu beurtheilen nicht meine aufgäbe ist, wäre, wenn sie sich
bestätigte, ein wesentlicher gewinn für die erklärunu der
flexion. Gerade der scheinbarste theil der argiimentatiou,
durch welche dieselbe gestützt wird, dürfte freilich durch
den eben gegebenen nachweis hingefallen seiu.
Tobingen, Oktober 1870. K. Roth.
^^,.
y' Di« Rublaer Mundurt dargMtelit von Kar] Riegel,
und 814 8S. gr. 8.
Weimar 1H68. VTII
Zur kenntniTs der dcutscben dialekte haben die letzten
drei jähre manchen werthvollen beitrag geliefert. Wir
nennen anf oberdeutschem gebiete die neue ausgahr» des
Schmeller''schen Wörterbuchs (Bayerisches Wfirterbiich von
J. Andreas Schmeller. Zweite, mit des Verfassers Zu-
sätzen vermehrte Ausgabe bearbeitet von G. Karl From-
mann München iBBDff., bis jetzt 4 lieferungen), Anton
Birlinger's Alemannische Sprache rechts des Rheins seit
dem Xin. Jahrhundert. Erster Teil. Berlin lHli8, ferner
da« bereits Zeitschr. XIX, 144 ß'. be»?prochene „Brot" imd
die trefflichen monographien über zwei kleinere gebiete von
K. J. Schröer (ein Ausflug nach Gottschee. Wien 1>^HH,
ans den Sitzungsber. der Wiener Akademie) und I. V. Zin-
gerle ( Lusernisches Wörterbuch. Innsbruck lSti9); dem
thatsäehlichen materiale nach dankenswerth , aber vollor
unnützer und nicht immer gründlicher gelehraamkeit ist Va-
lentin Bühl er 's Davos in seinem Walserdialekt. Hei-
delberg 1870 (bis jetzt 2 bändchon). Auf plattdeutschem
gebiete sind y.u nennen ein brauchbarer nacbtrag zu dem
altbekannten Bremischen wortprliuch, gröfsteiitheils ans dem
handexemplar des längst verstorbenen herausgebers E, Ti-
ling selbst (Versuch eines bremisch-niedersäcbischen Wör-
terbuchs. Zweiter Nachtrag, enthaltend ZnsStj-e und Ver-
besserungen. Bremen 1869. A. u. d. t. Versuch n. s. w.
Herausgegebon von der bremischen deutschen Geseilschaft.
■nseigeoi»
78
VI. Theil) imd die sorgfältige Grammatik des meklenbur-
gischen Dialektes älterer und neuerer Zeit. Laut- und
Flexionslehre. Gekrönte Preissrhrif't von Karl N erger.
Leipzig 1869. Vor allem aber wollen wir fttr die leser
dieser Zeitschrift — wenn auih verspätet — des in der
Überschrift genannten werke» besonders erwähnung tliiin,
da es in eingehender darstellung eines räumlich be-
schränkten , aber durch hervorragende eigeathümlich-
keiten ausgezeichneten dialektes aUeo arbeiten der art
als muster dienen kann,
Den allgemeinen charakter des Ruhlaer dialektes be-
zeichnet der berr verf. auf a. 1 als den einer thüringisch-
hennebergischen ubergangsmnndart. Er gibt zunächbt auf
8. 2 — 78 eine grötidliche darstcllnng des lautsystemSj wo-
bei besonders der eigenthiimlicb entwickelte vokidisroiis in
den Vordergrund tritt. Interessant sind namentlich die viel-
fachen analogien mit dem englischen, die mit bezug auf das
hennebergische schon Reiiiwatd Idiot. I, VIIl f. II, 13 f. her-
vorgehoben hatte. Der herr verf- behandelt diese analogien
im lautsystena wie anderwärts mit besonderer Vorliebe: s.
löff. : „Steigerung der kürzen i und n, und zwar wie es
scheint lediglich iu abhängigkeit von einem nachfolgenden
in positton stehenden m oder n zu äi und äu", s. 67: ent-
wickelung von w aus g, s. 7.'): ^Übergang des nd um! ii t
vor weggefallenen oder erhaltenen endsilben in ng"; s. '^'2:
haseärt bafs, neid, groll = engl, hatred, allerdings wohl
hinsichtlich <ler betonung mit „unklarer anlehnung" an frz.
hazard (vgl. 149); vgl. noch s. ,'?.■). 64. 66. 162. 201. 25'x
287. 3J2. Diese erscheinungen bilden nach s. 15 „eine
stQtze fi)r die ansieht von einem uralten zusammenhange
des thüringischen und des anglischen Stammes", für wel-
chen bekanntlich das älteste zetignifs in der „lex Anglio-
rum etWerinorunijhoc est, Tb uringor um" vorliegt.
Zu den formen schrek, schrlk schrie, säik sei u. s. w.
8. 70 vergleiche man siebenb. hockt, hockt, brockt =
heute, haut, braut; krockt = kraut (Schuller Beiträge zu
e. Wörterb. u. s. w. s. VI] u. 14, vgl. d. Zeitschr. XVII,
152). Der laiitlehre folgen Wortbildung und wortbiegung,
7t
.Kuhn
»
aus welchen absditiitten wir die in eigentliümlicber weise
entwickelte aeheidiuig des dat. vom acc. nom. sg. s. 87 ff-?
sowie den dreifacben inflnitiv s. 100 ff. hervorheben. AI»
vierter abschnitt folgt eine darstellung des eigeuthümlichen
wortvorratbs, zunächst als eiiileituag eine lichtvolle etudie
über den volksthttmliohen nusdruck des dialekts überhaupt,
dinge, die man sieh sonst in den idiotikeu meistens müh-
sam zusammensuchen mul's, uttd deren getrennte bebandlung
ein äurserat glöckUcher gedanke ist. Von besonderer be-
deutung ist die betrachtung der forinelbafteii ausdrütke
8. 12Ö ff., bei welrher die fluche und Verwünschun-
gen, dann die sprachlich noch lebendigen reste des alten
volksglftubeng den scbluis bilden; hier kömmt ref. freilich
die zurilekführung der ruhlaischen wälfir auf den gott
Vali sehr bedenklich vor, wenn er auch ihren character
als den einer ursprünglich heidnischen feier keineswegs
in abrede stellen will.
Es folgt von 8. 146—296 in alphabetischer anordnnng
der lexicalische Wortschatz mit sorgfältiger vergleichung der
anderen dialecte, voran die fremden elemente, von denen
wir die slavischen den slavisten zu eingehender prüfuug
empfehlen möchten, zumal der herr verf. auch den urtsnameo
Kubla, die Ruhl selbst s. 157 treffend aus böhm. role
u. 8. w., altsl. ralija riQoviHc, arvum zu erklären sucht, kla-
massen uunöthige worte u. s. w. s. l5o erinnert doch stark
an kal matsch in unverständlicher niundart reden u. s. w.
B. 211, womit das in Berlin seit einigen jähren eingeltür-
gerte klumpatsch unsinu, dummes zeug (z. b. mach doch
kenen klumpatsch nich!) zusammenzuhängen scheint. Zu
dann'nkü pL tannenzapfen, Schweiz, tannku h (sowie zu
ähnlichen s. 142 f. behandelten benennungen) vergl. man jetzt
Gradl in dieser Zeitschr. XIX, 58 f. Dafs -f laden als ex-
crementum bouiu zu sL blato stercns gehöre, will ref. durch-
aus nicht einleuchten, es scheint einfach eine echerzbafte
benennung zu sein; am allerwenigsten kann kubläder
eine bestätigung ffir jene annähme sein, dies gehört einfach
zu dem auch^vom klatschenden niederfallen flössiger massen
gebrauchten pladdern. Unter dem worte qua tscheu
scheint dem hrn. verf. entgangen zu sein, dal's man das schrift-
deutsche zwetschge mit einiger waLrecheinlichkeit aus
sebastjca, sebasta abgeleitet hat (s. Schleicher Beitr. z.
vgl. spr. V, 375). Zu redder sieb vgl. Zcitschr.XIV, 216 f.
Bei zeder, hd. zeter wäre die ahbandluug Petersen'» über
Zioter oder Tiodute (vgl. jetzt Hugo Meyer abhandl. über
Roland s. 21) zu erwähnen gewesen, wo die zweifellos rich-
tige berleitung aus ziotar, bäum des Ziu, gegeben ist.
Dem Wortverzeichnisse folst ein kurz zusammenfassen-
des sohlufswort und ein kleiner anhang von dialektproben,
welche das eigenthümliche der mundart deutlich vergegen-
wärtigen.
Zum schlufs dieser anzeige wollen wir noch erwähnen,
ilaJi? dr. H. Dun ■'er in Dresden mit einer Wissenschaft-
liehen darstelliing des dialekte und der Volkslieder des Vogt-
lands beschäftigt ist, aus der er in einem vortrage: üeber
Dialekt und Volkslied des VogtlaudK. Plauen i. V. 1870
einige interessante proben mittheilt.
E. Kuhn.
Pin^apitfyajna. d«a manenopfer mit kW»tn bei Jen Indem. Al)h«n'l-
Inng ans dem V«discheti ritual von Dr. O. Donner. Berlin 187n.
S. CalvHry u. Co. 36 aa. gr. 8.
Der Verfasser hat sich durch diese kleine Schrift vol-
len atispruch erwoiben auf die dankbarkeit aller freunde
<le8 indogermanischen altcrtliums, dnui die genauere kcunt-
nifs des vedischen grlija-rifunts ist in dor ihat die erste Vor-
bedingung zu einer wissenschaftlichen bearbeitung dersämmt-
lichen indogermanischen gebrauche. Ro hat denn auch der
verf selbst schon mehrfach auf parallele gebrauche der ver-
wandten Völker aufmerksam gemacht; wir verweisen bei.«pi<Is-
weise noch auf Wucbsmutb das alte Griechenland im neuen
s. 122 und auf das reiche raateriul bei Korhbolz dpiitschrr
glaube und brauch I, 229 — 33ö. Mit dem schwarzen opfer-
feil 8. 16 ff. vergleicht sich die kuhhuiit des schwäbischen
allerseelcngebrauchs bei Menzel vorchriitl. imsterblichkeifg-
76
Kuhn
lehreil, 321; inau sieht hier recht deutlich, wie eich die
kirohe dem alten heideuthum anbequemte. Einige kleine
irrtliQmer der DounerWhoQ schrift dürfen wir hier
übergehen, können aber nicht verschweigen, dafs eine ge-
nauere correctur zu wünschen geweeen wäre.
E. Kuhn.
Dae Fremdwort in seiner kultarbistoriscben £nt£tel:ung und Bedeotnog.
Vortrag im MnseujiiB-iSaale de% Naaeaui^chen Alterthnnis-VereiDe zu
Wiesbaden am 7. Januar 1870 gehaHen von August Boltz. Berlin
1870. Verlag von Rudolph Gaertner. 34 88. B.
Art und weise des verf. sind aus seinen früheren ar-
beiten bereits bekannt (vgl. d, Zeitscbr. XVII, 449 ff). Wie
ihm damals „die tiefere durchdriiigung und allseitige beherr-
schting des Stoffes" abging, so auch noch heute: es fehlt durch-
aus nicht an belesenbeit, aber auch nicht an irrthümerri be-
denklifhster art, von denen wir nur die gleicbsetzung des
knl. zelezo mit skr. piläga s. 13 und die herleitung un-
seres silhcr aus skr. pubhra s. 14 erwähnen wollen. Trotz-
dem läfst sich nicht läugnen, dafs der verf. seinen interes-
santen Stoff im ganzen nicht ungeschickt dargestellt und
gewils manchem seiner zuhörer den wünsch nach gründ-
licherer belehrung über diesen gegenständ erwe<'kt hat,
welcher allerdings durch die s. 24 und sonst angeführten
werke nur zum theil befriedigt werden di'irfte.
E. Kuhn.
Kleine echrirten von Jacob Urimm. Vierter band. Auch unter dem
tilel: Beceiiiiionen und vermischte anfsHUe von Jacob Grimra. Er-
«ter theil. Berlin, Ferd. Dumnilerg verlagabuchJlandluiig (Harrwil*
und GoumaDD). 1869. X. 467 as. 8.
Die überfülle der in Zeitschriften und sonst zerstreu-
ten aufsät/e, recensionen und abhaudlimgen Jacob Grimms
hat nach dem vorwort dem herausgcber (K. Mollenh'iff)
in**i|^ii.
die aiiswahl einigermafseu erscLwert und dadurch das er-
scheinen dieses bandrs {dpin noch ein zweiter folgen »o\\)
etwas verzögert. Den liei der aiiswahl belolgten grundsatz,
dieselbe vor allem auf solche stücke 7ai richten, „die für
jeden fachgeuossen noch jetzt lehrreirh, erfreulich und brauch-
bar, aber nicht jedem gleich zugänglich und erreichbar siitd'',
kann man nur billigen, ebenso dafs unter die nicht leicht
zugänglichen quelt(.*n die fachzeit8(;hriften nicht gerechnet
sind. Dafs auch die vorreden, die Jacob Grimm zu df^n
werken anderer gelehrten geschrieben, von der aufnähme
ausgeschlossen wurden, ist gleichfalls nur zu billigen, ob-
gleich vielleicht hier doch einigp ausnahmen erwünscht ge-
wesen wären, wenn z. b, die vorrede zu Wuk Stepbano-
witschs serbischen märchen (Berlin 10. juIi 1^53) aufge-
nommen wäre, die einen passenden abscblufs zu den übri-
gen hier aufgenommenen anxeigen über die werke dessel-
ben Verfassers gebildet hätte
Die so veranstaltete auswahl umfafst <i2 stflcke vom
j. 1807 — 1826 reichend und zeigt in ihrer mannigfaltigkeit
den ganzen umfang von Jacob Grimms thätigkeit auf dem
gebiete nicht allein der germauistischen philologie sondern
auch auf dem der spräche und poesie der meisten euro-
päischen Völker. Ueberall tritt er uns mit seiner gründ-
lichen gelehrsamkeit in stets anregender weise entgegen,
die dem blick meist auch aussiebten über das von ihm zu-
nächst behandelte gebiet hinaus eröffnet. Wir finden in
diesen arbeiten vielfällig die keime, die in seinen späteren
werken zur vollen und herrlichen entwickelung gekommen
sind, aber wir finden in ihnen auch zuweilen das
streben weit auseinander liegendes zn comhiniren, das ihn
auch im späten alter nicht verh'efs, und nur durch gröfsere
Sicherheit der methode und richtigere erkenntniJ's in engere
schranken zurückgeführt wurde. Die aus dem jähre 1^13
herrührenden „gedanken Ober mythos, epos und geschichte"
(hier s. 74 ff. ) geben uns eine probe dieser weitgehenden
cnmhinationen, und lassen dabei noch so sehr die später
bei Jacob Grimm eo bewundernswerthe Sicherheit der ety-
mologischeu deutung der nameu vermilsen , dass man faijt
78
Kuhn, Hnzcigan.
versuL-lit sein uiöehte als ihren Verfasser pinen andern als
den treä'liühen rneistpr grradc auf diesem gebiet der for-
schung zu vermutLeu. AIIpIii so wenig Grimm selbst d^n
nochmaligen abdriick des ganzen aufsntzes gebilligt haben
würde, so nu8chätifb«r ist er doch für die entwinkeliings-
gesehiobte desselben nnd Rr behält auch heute noch für
vieles seinen werth in dem abschnitt, welcher die sage vom
Teil behandelt (vgl, auch den ersten anfsatz s. 11, wo dor
driH-kfehler Havold statt Harald stehn geblieben ist). Ven
gröl'sercn aufsätzen, die noch heute mannigfache reiche be-
Iphning bieten, nennen wir die anzeige von v. d. Hagpn
und Büschings dentscben gedichten des raittelalters^ die
verschiedenen über die Nibehincennotb, die über die
Edden, über verschiedene Schriften Rasks und ober Grath:
altbot'hdentgche präpositionen , über Klings bnider Bert-
hold sowie die über finnische, keltiscbe, litauische, sla-
vische, besonders serbische spräche und litteratur. Die
kleinen anzeigen seien dabei nicht vergessen, z, b. die über
Dorows denknmier s. 270 f , in welcher der später in die
deutsche mythologie aufgenommene, neuerdings von Müllen-
hofi' in seineu und Scherers deokmälern behandelte sprur-h
^gang üt nesso" u. 9. w. zur besprechung kommt; ferner die
über H. Hoffmanns (jetzt H. von faus) Fallcrsleben) alt-
hochdeutsche glossen und über Graffs Dintiaka I. 1, .sowie
die über den gothiscben kalender in der anzeige von Mai's
Ulphilas 8. 125 ff, von Zeunes goth, sprachformen u. s. w.
und Ca.stiglionis goth. cal. s. 377 ff". Alle diese arbeiten
sind auch weiteren leserkreisen darum um so mehr zu emp-
fehlen, als sie sich nicht allein auf den btoe kritischen
Standpunkt stellen, sondern auch vielfach für den laien und
anfanger sachliche und historische erläuternngen bieten,
über welche die heutzutage etwas vornehm — oder sollen
wir lieber sagen hochmüthig — gewordene germanistik laut-
los hinwegzugehen pflegt.
Der herausgeber bemerkt am schlnfs des Vorworts, dafs
er das glück gehabt, die letzte arbeit für den druck und
die ganze sorge für denselben hru. dr. W. Wilraanns
als stell vertteter überlassen zu köoneo und dai's der fünfte
Br^al, miscellen. 79
band in kurzem nachfolgen werde; dieser ■wird auch ein
möglichst vollständiges, chronologisches verzeichnifs aller
scbriften Jacob Grimms und das register für alle bände
dieser Sammlung bringen. Das letztere wird sicherlich eine
sehr willkommene ergänzung der von Woeber und Andre-
sen gelieferten register ausmachen.
A. Kuhn.
1) Fastus „der trotz".
Corssen erklärt das wort fastus als ein geistiges prun-
ken, und fahrt es auf eine wurzel bhSs „glänzen" zurdck
(vokalismus I', 141). Dagegen läfst sich zweierlei einwen-
den. Erstens ist die bedeutung des Wortes vorwiegend eine
moralische, wie aus dem gebrauche der Schriftsteller zur
genüge hervorgeht. Femer, was die wurzel bhäs anbe-
trifit, so ist ihr vorkommen in den europäischen sprachen
noch manchem zweifei unterworfen, wenngleich der ge-
nannte scharfsinnige forscher in seinen lateinischen ablei-
tungen einen vielfachen gebrauch davon macht.
Fastus gehört, meiner ansieht nach, der wurzel dharä
an. Dharä bewahrt bekanntlich sein a (t^paVog, tf^äorn)^,
>^oa<Sv<;). Mit sufBx tu verbunden gab es farstus, welches
sein r ebenso einbOfste wie wurzel tarl im participium
'torstus, tostus. Fastus ist somit die selbstOberhebung, der
trotz {ki TovTO ägätrsog ävrjxei. Herodot VII, 9) und ist
dem sinn wie dem Ursprung nach mit dem deutschen
dreist verwandt.
Somit wäre die wurzel dhars (Curtius no. 315, Pott
no. 776), welche auffallenderweise im lateinischen fehlte,
auch ftir diese spräche belegt.
Eine Verwandtschaft von fastus mit fastidium läfst sich
nicht abweisen. Aber ein sufßz dium ist im lateinischen
unerhört, auch wQrde die länge des i ein hindernifs dar-
bieten. Was sollen wir nun mit dem schwierigen worte
anfangen? Ich nehme die ausstofsnng einer silbe an, wie
sie in antestari (ante-testari ), Stipendium (stipi-pendium),
80
Breal, miscellffD.
semestris ^semi-uiestris) vorliegt. Fastidiuin steht also für
fasti-tidiiim, faatu-taoduim. Solche composita Biod im alt-
lateinischen nicht sehen: ich erinnere beispielsweise an
usiieapio, mauipretiuin. Aus fastidinm entstand fastidire.
2) Pectus.
Das «kr. paksa (masc.) ^seite, flügel" hat sich aus
pakta gebildet, wie man nach der analogie von rksa,
naksa-tra, taksan scliliei'sen darf. Es gibt aber auch ein
neutrum pakwas, welches wie rßtas, prötas, srötas durch
ein primär-suffix tas gebildet iat (Beofey, vollst, gr. §.401),
das sich auch im griech. xocctoi;, ffyvTvg, X*^i^°'' wiederfin-
det. Diesem paksas, wek:he.s im Rik in der bedeutung
„Seite" gebraucht wird, entspricht das Iat. pectus. Die
ursprüngliche bedeutung dieses namens war also „seite,
bni&tseite" und es hat der häufige gebrauch des phirals
seine gute begründnng.
Ich sehe, dafs diese etymologie von pectus schon durch
prof. Hupfeld in der Zeitschrift (VITI, 375) angedeutet ist,
dnch blieb dieselbe bis jetzt unberücksichtigt,
Paria, 22. juni 1870. Michel Breal.
Suffix -vyjj.
Mit recht vergleicht Benfey Or. und Occ. I, 279 da«
Suffix des gr. fuiQtioli'xtj mit dem skr. -üka der aus inten-
siven gebildeten adjectiva wie gaiigapuka u. 6. w. Das
gelbe Suffix, nur mit erweichung der tenuis (Curtius grnnd-
zftge "^ 8. 4*^0 ff.), haben wir offenbar in den abstractis
wie iiaoiiaQt<yr} u. s. w. mit ihren denomitiativen auf i'frrrw,
-vCci und ein paar anderen ableituogen, die man bei Haine-
bach de graecae linguae redupl. aufs. 5. 7. 10 f. verzeichnet
findet Hinaichtüch des accents ist zu bemerken, daft« die
skr. adjectiva und das bei der concreten bedeutung jxeblie-
bene iwoiwXvxt] auch in der paroxytonierung de? aiiffixes
zusammenstimmen, während ua/mnQvyfj u. b. w. der allge-
meinen neigiing der abstraeta auf -j; zur oxytonierung (Bopp
accent. syst. s. 23) gefolgt sind. E. Kuhn.
Coriseu, eine umbrische geiHrsinschrift. 81
Eine umbrische gefafsinschrift
von Fossato di Vico.
Im ambrischen Appennin zu Fossato di Vico im di-
strikt von Foligno wurde im frtihling des vorigen Jahres
eine umbrische inschrift aufgefunden, nach dem fiindberichte
des berrn Marco Micheletti vom 29. mai 1869 eingeritzt
in eine knpferplatte, die mittelst zweier krammen von blei
an den oberen rand eiues gefafses von gebranntem thon
befestigt war, dessen cylindriscbe form eine hinneigung
zn der gestalt eines abgestumpften kegeis zeigte. Das bruch-
stflck dieses geföfses mit der kupferplatte fand sich in ei-
ner runden regelmäfsig in den lebendigen fels gehauenen
grübe, an deren wänden noch spuren von kalkbewurf sicht-
bar waren, der in form von mosaik bearbeitet war. Zu-
gleich fand man in der grübe die zerstreuten knocben ei-
nes leichnams, viele bruchstücke von gefäfsen von buntem
glas und andere von gebrannten thongefafsen, sechs bruch-
stücke cannelierter säulen von weifsem travertin und zwei
andere mit zerbrochenen kapitellen, alle in griechischem
kunststil. Die inschrift der kupferplatte behandelt der
durch sein Corpus Inscriptionum Italicarum um die Samm-
lung und erklärung der italischen Sprachdenkmäler wohl
verdiente italienische gelehrte Ariodante Fabretti in
seiner schrift: Sopra una iscrizione Umbra sco-
perta in Fossato di Vico osservazioni di Ario-
dante Fabretti. Torino, Stamperia reale 1869. Der
herr Verfasser theilte mir schon im juni des vorigen Jahres
eine abschrift der inschrift mit nebst einem bericht über
den fund und seinen erklärimgen, und forderte mich auf
ihm bemerkungen über die sprachlichen formen derselben
zugehen zu lassen. Das ist denn auch geschehen; aber
das verdienst, den siun der inschrift in allen wesentlichen
pnncten richtig erkannt zu haben, gebührt Fabretti, Ich
habe durch meine sprachlichen bemerkungen seine ansich-
ten meist nur gestützt und bestätigt. Natürlich handelt es
sich hier vorwiegend um die sprachlichen formen der
Zeitacbr. f. vgl. spracbf. XX. 2. Q
cvß^AR'MATReR'B;oeso
OS£T0- CiSnü NO-N C-VV,
iV-MAßO /^NTO Uli
Die Inschrift lautet also:
Cubrar matrer bio eso | oaeto eisterno n. c.
JVIIII lau taaroDJito I V. L. Varie T. C. Fulonjpr
Es liegt somit hier ein iimbrisches Bprachdfukmal in
ßltlateiiiiecher achrift vor, und es läl'tt sich daher aus der
form der buchstaben und der Schreibweise ein sühlufa ziehen
auf das Zeitalter, in welchem dasselbe abgefafst ist. Alter-
thftmlich sind namentlich die spitzwinkligen uod stumpf-
winkligen formen der buchstabeu a, e, f, 1 (F. Ritschi, zur
gesell, d. lat. alphab. a. 10 f. 22), unter denen insbesondere
das sehr spitzwinklige 1 dafür spricht, dafa die vorliegende
inechrift vor dem Zeitalter der Grauchen abgefafst ist (a. o.
8. 3. Hitschl, Prise. Lat. moa. cpigr. p. 123). Die latei-
nisch geschriebenen stücke der tafehi von Iguvium zeigen
durchweg schon das gewöhnliche A, die rechtwinkligen
buchstahenforuien E und F und ganz vorwiegend auch das
rechtwinklige L, ebenso wie das osktsche gesetz der tafel
von Bantia. Da nun diese Schriftstücke im Zeitalter der
Gracchen jedenfalls zwischen 186 — 118 v.Chr. abgefafst
sind (Verf. ausspr. II, 122 f. 2 a.), da ferner schon die schrift
des seuatsbeschlusses über die bacchanulien mit wenigen aus-
nahmen die buchstabenformen A, E, F aufweist, eo mufs
man folgern, dafs die gefäfsinschrift von Foesato di Vico
aus älterer zeit herrührt, das heifst also: vor dem Zeitalter
der syrischeo und macedonischen kriegu niedergeschrieben
eine nrnbrische gefilftiinschrift. 83
ist. Dieser schlufs wird daöJnrcli bestätigt, dafs in diesem
schriftstQek die consonanten nicht doppelt geschrieben sind
in oseto neben lateinischem ossuarium und in Fulo-
nie = lat. Fullonii, wie in den altlateiniscben Sprach-
denkmälern vor Ennius die consonantenverdoppelung nicht
gebränchlich war (Verf. a. o. I, 13. 14). Diese fehlt auch
in den sabellischen sprachresten mit lateinischer schrif't, die
sämmtlich aus der zeit vor den Gracchen herrühren (Verf.
Z. IX, 135. XV, 254—256. Ausspr. II, 1 17 f. 2 a.).
Die beiden ersten worte der inscfarift von Fossato di
Vico sind oeuumbrische formen des genitiv sing., deren
auslautendes s zu r geworden ist, und zwarCubrar vom
stamme Cubrä-, eine geuitivform wie totar, Jovinar,
vestisiar, Noniar, Prestotar, Tursar, Qerfiar,
Miletinar, Padellar, und matr-er vom consonantischen
stamme matr-, mater-, eine genitivform wie far-er =
lat. farr-is, nom-ner = lat. nomin-is (A. K. umbr-
sprachd. I, 111. 128. Verf. ausspr. I, 770. II, 722. 1, 771.
II, 253). In Gnhrar ist inlautendes p vor r zu b erweicht
wie in den neuumbr. wortformen abrof, cabriner, suhra
neben altumbr. apruf, kaprum, supru und lat. apros,
caprinus, supra (A. K. a. o. 1,89); also neuumbr. Cu-
brar entspricht altumbr. 'Cupras und lat. Cuprae, mithin
ist Cubrar matr er = lat* Cuprae matris. Der gen. des
namens der gottheit steht hier wie in der inschrift eines gra-
bes von Hispellum in Umbrien, C. I. Lat. I, n .1410: Deum
Maanium. Die umbrische göttin Cubra mater entspricht
jedenfalls der von Etruskern und Picentern verehrten
Cupra dea. Da nun nach Varro's aussagen cuprum in
der spräche der Sabiner bonum bedeutet (L. L. V, 159)
und die sabellische form des steines von Crecchio kipern
dieselbe bedeutung hat (Verf. Z. IX, 1.21 f.), so ist die um-
brische Cubra mater eine bona mater und der lateini-
schen Bona dea verwandt. Die form Cupra findet sich
auch in den picenischen Ortsnamen Cupra montana und
Cupra maritima, und von cupro- ist mit dem suffix
-io weiter gebildet Cupr-iu-s in dem gottesnamen Mars
Guprius and in dem Ortsnamen vicus Cuprius „das
6*
84
CorssEji
gote stadtvicrtd" im gej^ensfitz zu vicus Sceleratus,
dein„ Verbrecher viertel" (Varro, a. o. vgl. Moniuis. iinterit.
dial. 8. 35(1. Verf. a. o. Fabretti Iscr. d. Foas, d. V. p. 9).
Wie sich weitpr hfiraiisstellen wird, ist der umbri^clieo gtit-
liii Ciibra mater der aschentopf, it> welchen (lie kupTpr-
tafd mit der Inschrift eingelassen ist, in dein grabe von
F'oseato di Vico geweiht; sie mul's also doch 7M dem be-
gräbiiiJ'a in irgend einer beziehung gestanden haben, eine
todesgottheit gewesen sein. Im lateinischen sind von ma-
-nu-s rio^i*" abgeleitet die namen der gottheiten Ma-n-es
(di) die „guten" geister der verstorbenen, Ma-nadie ^gute'^
todcBgöttin, die zugleich Geneta „gebnrtsgöttiu" genannt
wird, Ma-n-ia die „gute" geistermutter und larenmutter
(Verf. luisspr. I, 431). Es ist also erklärlich, dafs auch eine
nmbrtsche todesgöttin Cubra mater „gute unitter" genatiut
wurde. Ebenso liegt in dem geheimen nächtlichen dienst
der römischen Bona dea eine andeutung, daCs eine seito
ihres wesens dem dunkel der unterweit augebörJe, wie dies
bei der elen.sinischen Demeter und bei anderen gottheiten
der fall war.
Der umbrischen form os-e-to wflrde eine lateinische
Stammform oss-e-to- entsprechen mit dem sinne osS'U-a-
riu-m. Os-e-to ist eine bildung wie lat. arbos-e-tu-m,
vimiu-e-tu-m, aru ndin-e-tu- ui, salic-e-tu-m, fru-
tic-e-tu-m, d umic-e-tu-m, vepr-e-tu-m, aescnl-
e-tu-m , bux-e-tu-m, iunc-e-tu-m, rub-etu-m,
fim-c tu-in, pin-e-tu-mj vin-e-tu-m, sabul-e-
tu-ni, dum-e-tu-m, aspr-ö-tu-m, citr-e-tu-m,
cory l-e-tu-m, querc-e-tu-m, ros-e-tu-m, oliv-e-
tu-tn. Diese Wörter eind ursprünglich neutrale participial-
formen von verben der e-conjugation (Verf. ausspr. I, d{)-'li'.
ll,'29!'l.831.2a,j. Also wurde zum beispielvom stamme fimo-
„mist" ein verbum *fim-6-re „mit mist versehen sein" und
davon fim-e-tii-m gebildet, das ursprünglich ^mit mist
versehen" bedeutete, dann substantivisch „mit mist versehene
Stätte, mietgruhe". So wurde vom umbrischen stamme os-
„beiu, gebein" ein verbalstanim os-e „mit gebeinen ver-
gehen sein" gebildet, und von diesem der p.irticipialstauim
^oe uinbri;>che geftrsiiiischrirt.
85
os-e-to eigentlich „mit ireheiiieii versehen", dann „mit ge-
b&iDen versehener behäller" imd dah^r aul' der kupferplatte
des in rede stehenden topfes von gebrannteiii tbon „gehein-
topf, aschentopf, aschpuurnp" lat. ossujiri ii in. Os-C-to
ist also eil] neuer beleg dal'ür, dafs dei- iiujbiist'he dialekt
eine e-coujupfation Latte wie der oskische und die lateini-
sche spräche. Diese conjugationsklaisse ist hercits nachge-
wiesen aus den umbriBchen verbalfurnieii hnbc = tat. ha-
bet, hab6-tu = lat. babeto , ure-to = lat. [ad]-oleto,
virsß-tu, a-virae-tu, part. perf. pass. vom verbalstatnme
virse = lat. vidc- in vidö-re, ta^e-z ^ lat. taci-tu-s
von tace-re (Verf. a. o. II, 732). Oa-ö-to ist, wie sich
weiter unten herausstellen wird, der nomin. sing, neutr.,
der sein .siislautende.s in oiiigebülist liat wie die gleichen
upuumftrischru noniinativtbrtnen der tafeln von Iguvium:
screbto, purdttn, o rto, ätabnii to, muicto, tuderato,
während datieben das m geschrieben ist in (b'n neutralen
noininativformeu derselben Sprachdenkmälern ortom, pur-
ditom, vasetom, daetom, frosetom, peretoni, pe-
setoiu (A. K. umbr. sprachd. I, 1 IG).
Auf oseto bezieht sich zunächst der nom. sing, neutr.
eso des demonstrativen pronominalatammes eso-. Dieselbe
form eso erscheint auch in den lateinisch geschriebenen
Stücken der tafeln von Igiiviuru (Via, 8), und desselben
Stammes sind die accusativforrnen eso, esu, eso-c, iao-c,
esu-c, die ablativformeii sing, esu, esa, ptiir. es-ir, is-ir
u.a. Zahlreiche formen desselben pronominiilstammee ei so-,
eiso-, eizo-, eso-, iso-, weist der oskische dialekt auf,
und auch in den sabellischen Sprachdenkmälern Enden sich
solche von der sianimform eso- (A. K. umbr. sprachd.
I, 13ö. Verf. ausspr. 11, His2. 1078. 1081 wortregist.)
Wie eso bezieht sieh auf oseto das wort bio, das
Fabretti pio gedeutet hat. Ich kann zwar kein beispie!
beibringen, dais im nouumbrischon anlautendes p xu b er-
weicht würde; aber da in diesem dialekte nicht blol's das p
vor r zu b erweicht wird in abrof, cabriner, subra,
sondern auch b zwischen vokalen in habina neben älte-
rem bapiuuf und hapinaru (A. K. a. o. I, 88. 89), 80
8«
ConaeD
ihirf man doch wohl aiim'hnipn. dulk Kii'h suicli das aalau-
tend« p de» iiuibrisclieii staniiiics jjilio- in pih-a-fi, pih-
-a-lii, pib-a-z, pih-aiie-r, pih-a-klii u.a. osk. pii-
ho-, wo h lediglich zeiühini den vorhergebeuden langen
vokale ist, eabell. pio-, peio-, tat. pio- (Verf. krit. bfitr.
8. 391 f.) in der form bio zu b erweicht habe wie in (U-n
lateiuiechen wortfoimeii biirrus, Burrus, buxus, biixi«,
bibere, bua, bustum u.a. (verf. ausspr. I, 126 f. '2. a ).
Dieser italische nominalstamm pio- iet ausgegaugen vuii
d<>r wiir/el pu- „reinigen'', bedeutet daher eigentlich „rein",
daher zunächst „heilig, gebeiligt", zum beispiet in den ver-
biuduugen lat. far p i um , aal piiun, saltetl. piebio=^lat.
pio bove (Verf. krit. beitr. s. 391—393. Z. X, 24). Diese
bedeutung „geheiligt", sacrum, consecratuia palst für
bio der iu rede stehenden umbriscben iiiKchrift, auf osetu
bezogeu, so vortrefflich in den zuBaniurieiihang der ganzen
inscbnit, wie sich das im verlauf dieser Untersuchung uneb
klarer herausstellen wird, dale ich au der riehtigkeit der
deutung Fabretti'a von bio = hit. pinm nicht zweifele.
Ich fasse nun bio als prädiiat zu eso oseto, so dafs
uiubr. est ausgelassen ist, oder die 3. ps. sg. conj. si =
lat. sit oder die dem tat. esto, osk. estud entsprechende
uinbr. form der 3. pers. sing, irnperat. von der wurnel es-.
Die auslausung von est oder esto, suut oder siinto ist
im lateinischen bei sacrum ganz gewöhnlieh, zum bei-
spiel iu fonuclu von grabschriften und weihinschriften wie;
Dia manibus sacrum; somno aeterno sacrum; deis
inferum parentum sacrum; Devae Corniscas sa-
crum; lapides profani, intus sacrum u.a. Also die
bisher gefundene bedeutung für die Worte Cubrar tuatrer
bio eso oseto -^ Cuprae matris sacrum [est] hoc
ossuarium ist für die weihinschrift eiitea aschentopfes in
dem umbriscben grabe von Foseato di Viuo ebenso passend
wie die weihinschrift Dis manibiis sacrum auf römi-
schen giabdenkmälern,
Cisterno würde man für eine neutrale form des nom.
sing, wie oseto halten, wenn derselben nicht lat. cisterna
zur eeite stände. Diese wortform spricht dafür, dafg auch
eise anibrincli« gSr
iiinbr. cisterno nom, sing, fem, ist, entstanden ans
cisterna, indem das auslautende a sich zu o abschwächte.
Das iBt geschehen in neuumbr. suepo :^ lat. siqua, und
für neuumbr, o steht altumbr, u in mutu = lat. muUa,
et;»ntu ^ lat. tan ta, siiepu == siqiia (A. K. a. o. I, 1 10),
und iu der oskisehen nominativforropn vio = lat. via,
Vitelio = lat. Italia, niolto = lat. naulta, uruvo dem
sinne nach lat. curva (Bruppacher, lautl. d. osk. spr. 8. IGJ.
IHe abächwäebuug des auslautenden a zu o ist mitbin auch
för cisterno ^^ lat. cisterna einleuchtend. Ich habe dieses
umbrtsche wort früher auf die runde unterirdische grab-
kamnipr bezogen, in welcher der aechentopf mit der in-
schritt gefunden wurde. Fabretti will favissa, ffriaav-
111)^ darunter verstehen (a. o. p. 11), also behälter filr tem-
pelgeräthe und tempelachätze. Ich kann jetzt diese beiden
ansichten nicht für richtig halten, da inschriften auf ge-
fnfsen, wcibeinschriftcn wie grabschriftcn, sich immer nur
auf die bestimmuug oder den inbalt dieser geföfse selbst
beziehen. Mir ist nie ein gefäfs mit griet^hischer, lateini-
scher oder etruskischer inschrifl vorgekommen, die eich
auf den räum des tempels oder der grabkamraer oder ei-
nen thoil der räume bezöge, in welchem das gefäfs stand.
Es liegt ja auch in der natur der Sache, dafs mau eine
inschrift, welche sich auf einen solchen festen räum bezieht,
nicht auf einen beweclichen freffeustand achreibt, der zu
jeder zeit aus demselben entfernt werden kann. Cis-t-er-
-n.a ist eine Weiterbildung von cis-ta mit dem doppelsufBr
-cr-na, das sich in cav-er-na, luc-er-na, Lav-er-
-na u. a. zeigt (Verf. ausspr. I, 235 f. anm, 2a.), und beide
Wörter stammen mit umbr. osk. cas-tru, lat. cas-tru-m,
ca-sa, cas-si-8, cae-sita, squa-ma von viz. skad-,
yidecken, bergen" (a, o. I,'646); cis-ta, cis-ter-na bedeuten
also „bergende i^egenetände, behälter", sei es von eckiger oder
voti runder form. Demnach kann umbr. cis-ter-no jeden-
falls auch einen aschenbehälter von cylindrischcr form be-
deuten, iu dem man die gobeine eines todten „birgt", eine
olla conditiva, den aschentopf mit der obigen inschrift.
Noch ist das syntaktische verhättuifs von cisterno zu
88
Corssou
oseto iii lit'tracht zu xiehen. Es ist eine fitrenthiimlich-
keit der uinbrischeu Satzverbindung, substatiliva iu deinael-
beo fasuB ohne verbiudiingsiuirtikel neben einander zu stellen,
z. b. in fol spenden aprachstückea, Tab. Ignv. VI a, 29 f.: Di
ü rahovie, pihatu ocr«^r Fisier, totar Jovi iiar tioirie,
nerf, arsuio, veiri
peqi
eastriio, fri: piliatu. f'i
tu fo8, pacer pase tu :i oere Fi si , tote Joviiic, erer
nomne, erar nomne; dsis ist lateinisch: Die Grabovic
piato collis Fisii, civitatis Iguvinar" noiiien, p rin -
cipes, -OS, viros, peüua, pracdia, segetes (?); piato,
esto volena, propitiiis pace tiia colli Fiaio, ci-
vitati Iguvinae, eius (iiollis) nomini,einö (civita-
tis) nomiiii (A. K. a. o. 11, 156 f. 162). Solche nebenein-
anderstelliiiigeii von Substantiven kehren namentlich in
den gebeten der tafeln von Iguviiun Läufig wieder. Auch
im altlateiüisehen Sprachgebrauch sind sie ganz gewöhnlich
in fornieln wiepopulus Romanus, Quirites; Triutn-
viri auro, argeuto, aere flando, teriuudo u, a. So
kann also in der umbrischen inschrift des gefäi'ses von
Fossato cliVico oseto, cisterno stehen in der bedeufung:
oseto eno cisterno = lat. ossuarium et olla in der
form eines h> äiit d'volr für ossuaria olla (Grut. luscr
p. 626, 6: ollae ossuariae).
Die auf cisterno folgenden initialen iiud Zahlzeichen
n. c, J^ Villi hat Fabretti richtig gedeutet: n'unimis col-
latis L Villi, und ich habe die beiden aufangsbuchstaben
n. c, gestützt auf die wortformen numer = lat. numniis
und ar-fer-tur, ars-fer-tuTj dem sinne nach : sacerdos,
qiii adfert, ergänzt zu n[umer] c[oinferter| = lat.
Qummis collatis (Fabr. a. o. p. II).
Von den beiden auf das Zahlzeichen folgenden wer-
ten SU raarooato ist su die präposition sub, die vor
dem anlautenden consonanteu des folgenden wortes, mit dem
es enklitisch zusammengesprocheu wurde, das auslautende
b eingebfifst hat wie das Sit- im ersten compositionsgliede
vor consonaiitischenv anlaut de.s zweiten compositionKgliedes
in su-tentu, sti-feraklu (A. K. a. o. II, 419, Verf.
ausapr. II, 87l.2a.j. Su schwindet das auslautende b der
^^^monSwie g(!flir«iiucliri<t.
89
lateinischen präpositioti ah vor eonsonantischeni anlaiit des
folgenden wertes in don (Miklitiscben totiverbindungpii
ainätre, aaceteris, aVärio, aquo ii. a. wie in den com-
positen amittere, amovere, avehere, avpllorp, avcr-
rere, avocare u. a. Mar-on-a-to ist eine bi!diin<j vom
stamuie mar-on- wie lat. eu ri-on -a-tii-s von tuiri-on-
mit dem suffixe -a-tii, derselben art wie princip-atu- s,
con 8ul-a-tu-8 , deccmvir-a-tu-s , tribun-a-tu-s ,
dcron langes ä ursprünglich der charaktervocal der a-con-
jugation ist (Verf. krit. beitr. 8.339; ausspr. I, 304. 2 a.)
Neben m.nr-on-a-tü erscheint mar-on-a-tei in einer
umbrischen insohrift, die im j. 1742 zwischen Bastia und
Assiäi gefunden wurde und sich im öflFeotliehen mnseuin
zu Perugia beündet. Sie lautet mit einer ergäuzung:
Ager cmp 8 et
tenunaa oht [retie]
C. V. Vistinie Ner. T. Babr.
maronatei
Vois. Ner. Propartie
T. V. Voiaiener.
Sacre stahu;
das ist: Ager ejnptns et torminatus auctoritate
C. V. fil. Vistinii, Ner. T. fil. Babrii, curatura
Vois. Ner. fil. Propertii, T. V. fil. Voisieni. Sa-
crura sto (A. K. umbr. sprd. II, 390 f. Fabrett. a. o. p. T).
Fabretti folgert mit vollem rechte aus mar-on-a-to der
Inschrift von Fossato di Vico, dafs mar-on-a-tei kein
eigenname sein könne, wie Kirchhofi' annahm, sondern ein
aint bezeichne, wie schon Hu&ehke aufstellte (Rhein, Mus,
^I, 846. Iguvin. taf. s. 509. 693, der das wort durch cu-
ratione übersetzte. Mar- on-a-t-ei ist abl. sing, des
u-sfauimes mar-on-a-tu- wie arputrat-i vom stamme
afputratu-, tref-i, inan-i von den stammen trefu-,
manu-, da das auslautende ci von niar-on-ii-t-ei einen
mittellaut zwischen e und 1 bezeichnet, und der umbrisclie
dialekt vielfach schwankt zwischen e, ei und I (Verf. ausspr.
I, 790. 2 a.). In jenen umbrischen ahlativform<^n ist -u-i,
-u-ei zu -i, -ei verschmolzen (A. K. a. o. I, 12.1. II, 402.
90
Cor»sen
Verf. a. o. I, 203. II, 54 anm.**). Da nun raar-on-a-t-ei
alilativ ist, so kann mar-ou-a-to, obwohl es von der
präposition SH[bJ abhängig ist, nicht ebenfalls eine ahlativ-
f'orui sein, zumal sich sonst in den unabrisobeii sprarli-
dßukmälern kein beispie! einer auf o aufilaui enden ablütiv-
form von einem u-starame findet; das wort muls vif-lmehr
eine nenumbrische form dea acc. sing, vom stainiüo n>ar-
-on-a-tu- sein, die das auslautende m abgeworfen bat wie
trifo vom stamme trifu- = lat. tribu- (A. K. a. o. J,
125). Es ist allerdings auffallend, dals in der verbin<hing
SU marouato die präposition su[bj mit dem aeeusaliv
constmiert ist, aber doch nicht auffallender als dals die prä-
position neuumbr. post, altumbr. pue den ablativ regiert
in Verbindungen wie altumbr. pu 8 veree Treplanea =ncii-
urnbr. post verir Treblanir, das ist lat. post portain
Trebnlanam, und ebenso die oskische präposition post
(A. K. a. o. I, läfij. Der ablativ mar -on-a-t-ei und
der acousativ mar-ou-a-to vom u-staninie inar-on-a-tu-
sind also von dem grundstamme mar-on- gebildet wie lat.
curion-a-tu-8 von curi-on-. Von diesem stamme mar-
-on - findet sich der uom. plur. zur bezeichuung von städti-
schen beamten in einer latfinischen Inschrift von Assisi
(C. I. Lat. I^ 1412. Fabrett. a. o. p. 5)^ die mit einigen er-
gänzuugen folgendermafseu lautet:
PoHt[umu8] Mimesius C. f., T. Mimesiua Sert
[oris] f., Ner[o] Capidas C. f. Kuf[u8]., Ner[o]
Babrius T. f., C. Capidas T. f. C. n., V. VoUienus
T. f. marones murum ab fornice ad uircum et
fornicem cisternamqfue] d[e] 8[enatii8j 8[enten-
tia] faciimdiim coiravere.
Fabretti weist nach, dafs in dieser inschrift das wort
marones nicht ein zuname sein könne xu den drei vorher-
gehenden namen der genannten sexviri nach detn xnnamen
Ruf US, die drei niänuer aus verschiedenen geschlechtern
bezeichnen, dafs marones vielmehr ein den sexviri ge-
meinsamer beamtentitel und mit Huschke: curatores zu
erklären sei. Nachdem der beweis geführt ist, dafs umbr.
mar-on-a-tu- ein amt ist wie lat. curi -on-a-tu-, so-
eino umbrische gefursinschrifl.
mit iirnbr. mar-on- o[n heamtcr wie lat. curi-on-, kann
darüber kein zweitH mebr obwalteü^ dals die fotoi mar-
-on-es in der vorstehanüen lateinischen insclirift nom. plu-
ralis des unibrischen boart>tentitels mar-on- ssei. Es fragt
siub nur noch, ob sieb die bedeutung curatores ffir ma-
rones und curatione oder cnraturä für maronatpi,
curationem oder curaturam ftir maronato auch ety-
mologisch rechtfertigen lälst. Ich leite diese wortformen
mit gr. iik^-fiijo-a ^ fii()-i-arci sorge, fiT(}-ftc(i(>-M, !'f(.>~
-uijQ-i^ü) Borge, lat. me-mor, me-mor-ia, me-raor-
-a-re her von der wiirzel smar- gedenken (Cnrt. gr, et.
n. 46G. 3 a.), so dafs also der umbrische beamtentitel tnar-
-on- den ano;t'föhrteii griechischen Wörtern in der lu'deu-
tUDg am aächöton steht und curator, procurator be-
deutet, daher mar-on-a-tu-
cnratio, euratiira.
Das snfEx -on ist in mar-on an die verbalwurzel gefügt
wie in den lateinischen bildung* n ed-on-, err-ou-
-on-, vol-on-, maud-on-, com-bib-on-, con-ger-
-on-, ad-scd-on; dasselbe sufilx iu der altumbrischen
gestalt -un ist an eine verbalwiirzel gefügt und mit dem
aufBx 'a weiter gebildet in dem uamen der luubrisuheu
göttin Ves-un-a, der mit lat. Ves-ta von wz. vas- rgl^n-
zen, brennen" stammt. In dem lateinischen beamtLMititil
curi-on- ist hingegen das suffii -on an einen nominal-
slamm gefßgt wie in resti-on-, pelli-on- Capit-on-,
Front-oü-, Nas-on-, neunmbr. Vofi-on-e und altumbr,
-un in Viifi-uQ-e, Petr-un-ia (vergl. Verf. ausspr, I,
.'i74. 575. 577. 580 f. II, 194). Der umbrische beamtentltel
luar-oH- erscheint als zunamen verwandt in der aiifsclirjft
eines aschentopfea der vigna S. Cesario, C. I. Lat. I,
'127; M. OrueulefiueJ Maro a. d. VI. k. Dec. (Fa-
brett. a. o. p. 6), und von Maron- sind mit dem dimi-
nutivsiiffix -lo, -la weiter gebildet die zunameu Mar-iil-
-lu-8, Mur-ul-la, von denen dann weiter der familien-
namen Mar-ui-1-iu-s ausgegangen ist (Verf. ausspr. 11,
149. 2 a.). Der zunam*- Maro erscheint etrnskisob in
der gestalt Marn in der roth aufgemalten insclirift auf dem
oberen rande eiues zerbrochtucn Sarkophags von rtiaruior,
92
CornÄL'ii
der im april dieses jahres auf dein Monturozzi bei Corneto,
der nekropole von Tarquinii, bei de« ausgrabungon der ge-
brüder Marzi zu Corneto io einem grabe gefunden worden ist.
Itih babe von dem in einem magaziii der genannten berrii
befindlichen original der iüscbrift am 2. mal 1^7(1 eine
steichnung aufgenommen, die folgenden text bietet:
Scurnas. M. A. Marii in. t. z. p. t. rit XXXXV,
In dieser grabscbrift ist Sc urnas familienname, eine un-
minativforra wie Vipinas in der Verbindung Caile Vi-
piuRS — lat. Caelius Vibenna (Fabr. C. I. Itul. ii.
2165. 2166), Velthurnae = lat. Voltiiriiius (Co-
nestab. Monnm. di Periig. P. IV, n. 64 p. 78) u. u, und
wie lat. paricidfts, hosticapas (Verf. ansspr. I, ?Ki.
588. II, 43. 44. 231. 398. 424. 425); M. ist sigle des Vor-
namens, zu ergänzen zu M[arce1 = lat. Marcus oder
zu M[aniJ = lat. Maniua. Der vorname ist hier nach
dem familiennamen gestellt wie in den etruskischen
insühriftcn , Fabrett. C. I. Ital. n. 950.- Arria Thana,
n. 867, 2 h: Marcni Larth Arii[nt]nii n. 2102^: Ca-
lea L[ar]th L[ar]th Vala; n. 2137: Sentinei Lartbi;
n. 2418: Crisu Aule die vornainen Thana, Larth, Lar-
thi, Aule den familiennamen folgen. Ebenso steht der
vorname nach dem familiennamen oder geechlechtsuaraen
in den altlateinischen inscbriften, C. 1, Lat. I, 3Ü: Cor-
nelius Lucius Scipio Barbatus; I, 831: Alfenos
Luci[o8]. Die zweite sigle der obigen etruskischen in-
scbrift A. bezeichnet den uamen des vaters des verstor-
benen Al^uleJ; dieser ist aber im geoitiv zu denken mit
der bedeutung Auli filiiis. Maru ist also der zuaame
des Scurnas. G-anz dieselbe folge und bedeutung der
einzelnen namen für die lienenming der pereon zeigt die
angeführte grabschrift: Cales Lth. Lth, Vala, nämlich
den familiennamen, die sigle des nachgcatellten Vornamens,
die sigle des im genitiv zu denkenden vatcrnamens und
den Zunamen. Der nach Maru folgende theit der sarko-
phaginscbrift von Corneto kann hier dahin gestellt bleiben.
Nach allem gesagten erweist eich meine früher aufgestellte
abjeitung des namens Mur-o von wz. mar- glänzen (aus-
eine iimbrUclie geDiriiiiMCbrift.
93
spr. I, 404. 2 a.) als irrij^; dersnlbp atammt vielmehr mit
umbr. mar-on-, mar-on-ti-tii, mar-on-a-t-ei, ptnisk.
Mar-ii von wz. »mar- ^gedenken, sorgeu". Der beain-
tpiititel ist im lateinischen und Ptriiskischeo zum zunampii
gewürden vfie zum bpispicl dio amtstitol augiir undpon-
tifex maximii» in den beaeiinungenr Q. Mucius Suaf-
vola Aiignr und: Q. Mucius Scacvola Pontifex
[II ax im 11 s.
Auf maronaJo folgen in der gefäisinsclirift von Fcis-
sato di Vico die namen der beiden marones, der cura-
toros, während deren aintsfilhning der besagte asciientojif
der todesgöttin Cuhrar niat er geweiht worden ist. Diese
namen sind alao alle genitivformen, und zwar sind die bei-
den faniiliennamen Varie und Fulonie gen. sing, von den
stfirninen Vario-, Fiilonio-, die anrh in den römischen
formen Variu-8, Fnlloniu-s enthalten sind. Die goni-
tive Varie und Fulonie stimmen (iberein mit den ge-
iiitivt'ormpn der urabriaehen insclirift von Bastia: Vestinie
und Propartie in der abwerfiiog des auslautenden s des
genitivauffixee wie in altumbr. katle = lat. catuli, (^^erfc,
Kastnu^iie, neuumbr. agre = lat. agri, Tlatie, P'isie,
Fisovie (A, K. I, 116). Also lassen sich die namen der
beid<;p umbrischen marones folgendermafsen ergänzen;
V[ibie] L[u€ie] Varie, T[iteJ C[;üeJ Fulonie, und
sind von Fabretti richtig ins lateinische übersetzt Vjbii
Lucii fil. Varii, Titi Caii fil. Fnllonii (a. o. p. 9).
Nach der vorstehenden Untersuchung lautet nun der
text der umbrischen gefäfsinscbrift von Fossato di Vico
mit den nachgewieseneu ergännungea der nicht vollständig
ansgeschriebeneu wörter folgendermal'sen:
Cuhrar matrer bio eso oseto cisteruo n[u uierj
e[omferter] 1, Villi su maronato V [ibie[ L[uoin]
Varie, T[ite] C[aie] Fulonie;
das bedeutet also:
Ciiprae matris pium (i. e. sacrum est) hoc ossu-
ariuai [et baec] cisterna (i. e. olla conditiva)
nfum mis] ^[ollatrs] L Villi eub cn ratura V [ibii]
_ L[ucii] fil. Varii [et] T[iti] C[aiijfil. FulJonii.
94
Cowsen
Wir Laben also vor uns <Hp weiheinselinft eines be-
hältnisses für die goheiiie eities lodten, durch welche das-
selbe der todesgöttiu Ciipra mater, die als ciue „gute
luutter" bezeichnet ist, geweiht wird. Da es mm für das
Wesen der suche gleichgültig ist, ob pin solches behältnils
eine grabkaininer mit einem Icichenbette, die niscbe eines
gesarnmtgrabes, ein Sarkophag, eine aschenkiste odor ein
ascbentopt ist, so hat die behandelte inschrift dieselbe sach-
liche bedeutung Hlr die bestattungsweise der todten und fQr
die religiou der Umbrer wie bei den Römern die weihein-
sch ritten auf grahdenkinälern: diis Man ihn 8 sacriim,
de um Maaium und äbulicbe. Die gefälsiuschrift von
Fossato di Vico ist keine grabschrift; denn sie nennt den
uameu des verstorbenen nicht, der in dem ascJientopf von
gebiunutem thon mit der bestjhriebeneii kupferptatte beige-
setzt war, wie das wort ose to=lat. ossuarium lehrt. Viel-
leiclit war neben der weiheinschrift der name des todten
iu den gebrannten thon des aschentopfes mit dem metalle-
nen öchreibgriffel eingerit/.t. Solche grafütinschrifteu sieht
man häufig auf den thöueruen aachentöpfen der Etrusker,
niid aui den aschenkisten derselben finden sich nicht sel-
ten zwei versebiedene Inschriften, die eine auf dem deckel,
die andere auf dem kästen selbst. Zahlreiche lateinische
Inschriften auf römischen grabdenkmalen bestehen ja ans
zwei ihrem weseu nach verschiedenen iheilen, der weihein-
schrift wie: diis Maoibus sacrum, deum Manium,
deitj inferuui pareutum sacrum u. a., und der eigent-
lichen i'rabschrift mit dem namen des verstorbenen. Aehn-
liches kann auch auf dem besprochenen umbrischen aacheu-
topfe stattgefunden haben, von dem uns nur bruclistilcke
erhalten sind, wie der fuudbericht angiebt (Fabretti
a. o. p. 4).
Für die culturgeschichte der Umbrer stellen sich aus
der erklärten gefäfsinschrift von Fossato di Vico besonders
i-^wei ergebnisse heraus. Nach dem fnndberichte sind mit
dem aschentopfe die knochen eines leichnams gefunden
worden (gli ossami sparsi di un cadavere, a. o. p. ^); das
kann mau doch nicht verstehen von rosten verbrannter
eine ambrische gefäfsinsclirift. $)5
knocheu, sondern nur von den gebeinen eines unversehrt
bestatteten leicbnams. Daraus ergiebt sich, dafs bei den
Umbrern die griechische sitte des verbrennens der todten
und die einheimisch italische der bestattung des gan/.en
leicbnams neben einander bestanden wie bei den Römern,
Etruskern (Verf. Z. XVIII, 199 f. 201) und, wie die folgende
abhandlung über kürzlich gefundene osk. grabschriften er-
geben wird, auch bei den Völkern oskischer zunge. Aus den
bruchstocken von säulen griechischen Stile, die in der gruft
von Fossato di Vico gefunden worden sind, erhellt ferner,
dafs griechische kunst nicht blofs in Unteritalien, Latium
und Etrurien eingewandert ist, sondern auch zu den Um-
brern ihren weg- gefunden hat, wie das auch die bronze-
statue des nmbrischen Mars von Todi iu dem Museo
Gregoriano des Vatican jedem beschauer beweist, und ein-
gedrungen ist bis in die gräber tief im binuenlande des
umbrischen Appennin. Immer deutlicher treten die kenn-
zoicben und merkmale hervor, wie tief und weitgreifend
der einflufs griechischer bildung auf kunstftbung, sitte, glau-
ben, sage und spräche der italischen volksstämme schon
in alter zeit gewesen ist.
26. novemb. 1870. W. Corssen.
Zum oskischen dialekt.
I. Oskische grabschriften.
Indem ich beabsichtige einige neuerdings gefundene
grabschriften in dieser abhandlung zu erläutern, schicke
ich die von mir schon früher in dieser Zeitschrift be-
sprochenen grabschriften voraus mit dem kurz zusanimen-
gefafsten ergebnifs meiner Untersuchungen über dieselben,
damit hier alle bisher gefundenen oskischen grabschriften
beisammen sind und bequem übersehen werden können.
96
Coraaen
1. Grabschi'ift von Sorrento.
Virineis.
Diese grabsr.hrift, deren original, auf einem einfachen
rechteckigen stein nnit grofsen bucliataben gescbrieben, ich
im juni dieses Jahres im Museum zu Neapel gesehen
und abgezeifihnet habe, ist der faniiltenname des ver-
storbenen im genitiv vom stamme Virino-, dessen noiiii-
uativ Virins lautet. Zu dem genitiv des namens des ver-
storbenen ist osk. raemnim = lat. mo nu mentum zu er-
gänzen. Die abfassung dieser grabsehrift fällt etwa in die
zeit von 421 bis 3;]8 v. Chr. (Verf. Z. XVIII, 187 f. vgl.
XI, 338. :h59).
2- Grabschrift von Anzi.
Diese mit griechischen btichstaben in der giebelspitze
eines grat;steine8 von der form einer aediuuta über dem
relief des verstorbenen gesehriebene bei Aiizi in Basilicata,
dem alten Anxa in Lucanien, gefundene inschrift lautet:
lltui f u'Kkoj. iAii a <j I) (ijr to a siv, xaTidiToau Kitj-ai^
AeiXEir, y.w. a)fiotji ?.ioxnxsiT aj uu sanr ßfjaroj u
M ii€ittxva[i];
in lateinische scbrif't übertragen:
Pot vollohom sorovom ein. kapiditoni Kahas
leikeit, ko. acherei liokakeit s v am esotbratom
M ei aiana] i].
(Z. XVIII, 189. 1H(H). Meine Übersetzung dieser grab-
sehrift nach dem sprachgebraiiche lateinischer grabsehrirten
lautet:
Qu od exatruere cinerarinm et ollariuni Cahaa
pollicitus est, in co....o collocavit sie hoc
Votum Meiaianae.
Im anschlnJs an die etyniologie der oskischen Wörter habe
ich den iufinitiv vollohom durch vallare, die acciisa-
tivform sorovom durch praeditum ^'^oo^ (sepulorum )
und die aecusativform kapiditora durch praeditum ca-
pjde (sepulcrum) wiedergegeben (a. o. 245). Diese iu-
schi'itt lehrt, dafs die oskisuh redenden Samniten Lucaniens
zum o»kigclien dialekt.
97
dift gripohieche sitte des vprlirpnnens der Ipichname und
der bestattung überhaupt angenommen hatten. Die griechi-
sclip Schrift, die Orthographie, die alterthümlichen und
spraohgeschiuhtlich wichtigen formen und die einfacheu
nanipii der personeu sprechen übereinstimmend dafür, daJs
die grabscLrift, von Anzi achon vor dem beginne der Sain-
niterkriege abgefafst worden ist (a. o. 249 f.).
3, Grabschrift TOn Cumae.
Diese inscbrifl habe ich schon früher einmal bespro-
chen (Z. XI, 325 a, wo das dritte wort derselben Salavs
im drucke ausgefallen ist), aber erst kürzlich durch eigi-ne
anschauung des Steines im mnseiira zu Neapel die Über-
zeugung gewonnen, dafs dieselbe eine grabschrift ist. Ii'li
gebe hier das facsimile des steines nach meiner im juni
dieses Jahres angefertigten Zeichnung desselben:
J3ITRTZ
Z 3 N U
Dieser stein hat also die form einer aedicula, eines
kleinen hausgiebels, wie der grabstein von Anzi; die in-
Hchrift steht aber nicht in der giehelspitzp, sondern in dem
portal des grabhäuscliens. Ich habe die inschrift Obersetzt:
StstiuB Silius SaWins, so dals vornamen, familien-
namen und zunamen des verstorbenen im nominativ sti-hen.
Dagegen ist neuerdings die ansieht aufgestellt worden,
Statie sei der familienname des verstorbenen, Silies ge-
Zeitachr. f. vgl. spmchr. XX. 2. 7 -'
9g
Corisea
nitiv des vornaineDS des vaters uad Salavs der z^iiQame
des verstorbeneu, der vorname desselben aber sei wegge-
lassen wordea (G. de Petra, Giora. d. scavi d. Ponipei, nuov.
eer. I, p. 240). För diese meimmg wird geltend gemacht,
einmal dafs es auffallend wäre, wemi iu einer und derselben
ioscbrift drei verscbiedene nominativformen auf -ies, -ie
und -8 von stammen auf -io vorkommen sollten, zweitens
dafs auch die inscbrift eines Leimes von Palermo : i'ye^t^,-
r. Ji'effrEs äsSsT = lat. Trebius G. f. Sestiua dedit
(Z. XVIII, 250. 253 f. 256) erst den familiennamen des ge-
bers, dann den genitiv des Vornamens des vaters und drit-
tens den Kunanaen des ersteren veriteichnet, den vornainen
desselben aber ausgelassen habe. Ich kann diese erkläning
nicht für richtig halten aus folgenden gründen. Da die
Stämme von eigenuamen auf -io im oskiseheu den nomina-
tiv singularis in elf verschiedenen formoa aufweisen, näm-
lich auf -iu-s, -iu, -ie-s, -ie, -if-a, -ii, -ii-s, -ii,
-i-9, -i, -8 zum beispiel in Plator-iu-s, Herenn-iu,
Pompt-ie-8, Stat-ie, Pont-ii-s, Pap-ii,« Staf-ii-s,
Pap-ii, Heirenn-i-s, Paap-i, Upil-s (Momms.
Unterit, dial. s. 229. Gloss- Verf. Z. SI, 325. 339f. 401 f.
XVIIl, 254 f. Ausspr. I, 289 f. II, 605. 718. 2 a.), so ist
es begreiflich, dafs einmal drei verschiedene nominativ-
formen dieser art in einer personenbenennung sich bei-
sammen finden können, wie zwei verschiedene Tgsßg =
Trebius und ^EOTsg = Sestius in der genannten helm-
iuschrift neben einander stehen. Die iwrgleichung dieser
helminscbrift mit der in rede stehenden grabschrift ist in-
sofern nicht zutreffend, als iu jener auf den familiennamen
des Sohnes der blofse anfangsbuchatabe des vaternamens
folgt, in dieser aber nach der obigen ansieht der ausge-
schriebene name des vaters im genitiv folgen soll, während
der voruame des verstorbenen, der hauptpersoD, um die es
sich in der grabschrift handelt, fehlen soll. Für diese be-
zeich mmgsweise bieten die oskischen inschriften sonst kein
beispiel. Der narae Siliea in der vorliegenden grabschrift
von Cumae kann nicht als vornamen erklärt werden, wei
in einer anderen oskischen inschrift von Cnmae: G. SiUi
zum oskischen dialekt.
9d
I
G. = lat. Gaiiia Silliiis Gai fil. (Verf. Z. XI, 325. Fa-
brctt. C I. Ital. n. 27t)ü) derselbe naroe als familiennamen
erscheint, weil in den lateinischen insthriften Campaniens
lind Unteritalieus Silius nur als familiennamen vorkommt
(Momms. Inscr. E. Neap. Ind, noiti. viror. et mutier.) und
sich auch sonst nirgends ein vorn amen Silius findet (vgl,
Fabrett, Gloas It. p. 1660. l(i()l). Man mufs also auf
diesen thatsacben fulsen , nicht möglichkeiten nachgehen,
und Silies anch in der grabschrift von Cumae als fami-
liennamen fassen, und dann kann es nur nom> sing. sein.
Dazu kommt endlich, dal's ein sicheres beispiel eines os-
kiachen genitiv sing, auf -i-es von einem stamme auf -io
nicht erweislich ist, wie sich im laufe dieser Untersuchungen
herausstellen wird. Personeubenennungen ohne erwäbniing
des vaters finden sich auch sonst im oskischen, zum bei-
spiel Momms. untcrit. dial.VIII: Tanas Numeriis Frun-
ter; XXXII, b: Pupdiis Stenis; XXXIII: Pakis
Tintiriis. Meine erklärung der personenbenennung Sta-
tie Silies Salavs^ lat. Statins Silius Salvius stü^t
sich durchweg auf erwiesene thatsachen und ist einfach;
ene abweichende ansieht nimmt eine ausnahmsweise per-
sonenbenennung an, eine nicht erweisliche genitivendung
und einen voruamen, der sonst immer farailiennamen ist.
Ich muis demnach bei meioer erklärung verharren.
4. Grabschriften von S. Maria di Capua,
im erbbegräbnilfl der familie Minies.
Die ausgrabungeu der herreii Qallozzi und Doria zu
S. Maria di Capua auf der stelle der alten stadt Capua
haben neuerdings ein grofses unterirdisches grab aufgedeckt,
über welches der italienische gelehrte G. de Petra im
Giornale dei scavi di Pompei, nuov. ser. I p. 235 f. berich-
tet Das grab, dessen wände aus grofsen ohne mörtel ver-
bundenen tufsteinen zusammengefügt sind, besteht aus ei-
nem torraum oder vestibulum und einem hinteren räum,
der durch eine senkrecht auf der hinterwand stehende scliei-
dewand in zwei zellen getheilt ist, stimmt also im grvmd-
rifs vollkommen überein mit dem im j. 1863 von Douiinico
7*
100
Corasen
Golini aufgf'deekten etruskischeii L'rabe bei Orvipto, dessen
wände mit waudgeiuäldeu und iiis^h ritten liedeckt sind.
Das dach des oampaniscben grabes ist spitzwinklig nnd
stützt sich niif dif scheidowand der zellen, deren wände
mit weilBPm rotii nnd schwarz verziertem kalkbewurf be-
kleidet eind. lu der rechten zelle wurden zwei leichenbetten
aul'pfefunden mit brnchstßcken von in-sehriften und eine
prrabschrift auf einem stück gesims, das auf die erde ge-
fallen und zerbrochen war, nnd wahrscheinlich zu einem
dritten noch nicht aufgedeckten leichenbette gehörte. In
der linken zelle fand man drei leichenbetten, das eine mit
vollständig erhaltener grabschrift, während von den in-
schnrten der beiden anderen nur noch ein einziger buch-
stabe sichtbar war. Bis jetzt sind also zwei vollständig
erhaltene grabscliriften und drei brucbatßfke von solchen
zu tage gekommen. Vielleicht finden sich deren noch mehr,
da nach dem fundberichte noch uicht der ganze räum der
grabkammern aufgedeckt war. Als ich im juni dieses Jah-
res nach S. Maria di Capua kam, fand ich dieselben wie-
der zugeschüttet, nachdem die beiden vollständigen grab-
schrilten mit dem gesteiu und kalkbewnrf herausgenom-
men und in das magazin des mnseum zu Neapel ge-
achaff't worden waren. G. de Petra hat von allen diesen
insiihriften sorgfältige abfichriften genommen nnd dieselben
in einer eingehenden und scharfsinnigen abhandlung be-
sprochen (Giorn. d. scavi di Pompei a. o.}. Durch die
fmmdlichkeit dieses gelehrten, der meine epigraphischen
arbeiten im niuseum zu Neapel in der zuvorkommendsten
weise gefördert und erleichtert hat, war es mir vergönnt,
von den originalen der beiden genannten inschriften, die
mit rother färbe auf den weifsgelben kalkbewnrf aufgemalt
sind, eine Zeichnung aufzunehmen. Seit G. de Petra die-
selben abgeschrieben, hat die beschadigung der einen dnrch
das abbröckeln des kalkbewurfes mit theilen der bnchstaben
weiter «in sich gegriffen; aber die reste der buchälaben
lassen noch unzweifelhaft erkennen, dafs die ahechrift des
italienischen archäologen vollkommen richtig ist. Die an-
dere grabschrift ist noch ganz imversebri erhall nn. Ich
ZDm ogkiscbcn dialckt.
101
gebe hier die abblldungen der beiden iuschrifteu uacih inei-
tiea Zeichnungen mit ergäüzungen der abgebröckelten biich-
staben durch punctierung.
a.
jjjlH H m ^ 't (^ n .h/fj fiu V
Dieselben lauten also:
a. Upfals Sataviis Minies.
b. üpfals patir Miinieis.
Zwischen diesen beiden Inschriften findet in schrift
und Orthographie ein bemerkbarer unterschied statt. Die
zweite derselben weist eckige formen der bnchstaben f p
ntid a auf, ähnlich denen der im Zeitalter der Samiüter-
kriege abgefafsten weiheinschrift von Agnone (Verf. aus-
spräche II, HO), während die erste grabschrit't mehr ab-
gerundete formen derselben bnchstaben erkennen lälst.
Jene sind die älteren, diese die jüngeren buchstabenfor-
raen. In der zweiten grabachrift. findet sich die Schreib-
weise Miinieis. Diese entspricht den schreibweieeu in
älteren oskischen Sprachdenkmälern piihoi, piistioi, lii-
mitii, Viinikiis, Melifssaii[a] (Momma. unterit. dial.
s. L'ia. 278. 273. 260. 270. 270J. Wie in der altoskiechen
schrift die länge des vokals vielfach durch das doppelte
schrifltzeichen desselben bezeichnet wurde, so wurde auch
langes l durch die buchstabeu ii oder ii ausgedrückt. (Verf.
auBspr. I, 16 f. 2 a.). Schon in den jüngeren Sprachdenk-
mälern mit oskischer schrift, zum beiapiel in den verfluch-
uugeformeln der bleiplatte vouCapua findet sich diese scbreih-
weiee nicht mehr (Verf. Z. XI, 338. Äusspr. a. o.) und na-
türlich auch nicht in der lateinischen schrift der noch spä-
teren tafel von ßantia. Wenn nuu an der stelle von Mii-
nieis der zweiten die erste der obigen grabfichrifteu Mi-
nies bietet, so mufs man jene Bchreibweise für die ältere
102
CorsBen
einheimisch oakische halten, diosf fitr die jüngere. Schrift
und Orthographie weisen also darauf hin, dafs die zweite
grabschrift früher abgefafst ist als die erste.
Beide inachriften beginnen mit dem namen Upfals,
den G. de Petra ale familiennaraen erklärt, indem er meint, der
römische gentilaame Off'iliuB nach der Schreibweise bei
Gruter (I. p. 645, n. 6) sei aus *Upfaliu8 dnrch assimi-
lation des p zu f und abschwächung des a zu i entstan-
den (a o. p. 237). Aber man vergleiche die Schreibweisen
folgender namen in wohlverbürgten inschriftlichen texten:
Aufillius, OfilliuB,
Ofilius, Obilius,
Aufellius, Ofellius, Obellius,
Aufidius, Ofdius,
Ofinius, Obinius
und dazuOfius, Ofoni., Ofanius, Ofatulena (Momms.
I. R. Neap-Ind. Nom. viror. et miilter. C. I. Lat. I. Ind. ver-
bor.). Diese vergleichung lehrt erstens, dal's die achreib-
weiae Offilius mit doppeltem f bei Gruter fehlerhaft ist,
zweitens dafs die vorstebenden namen mit f, alle auf ehe-
mals oakischem Sprachgebiet gefunden, ihr oskisches f be
ihrer latiuiaierung gewahrt haben, wie die einheimisch os-
kieche form Ufiis (Verf. Z. XI, 324), hingegen die na-
mensformen mit b das ursprüngliche f zu b umgelautet ha-
ben, wie dies gewöhnlich im inlaut lateinischer wörter der
fall ist, drittens dafs in den obigen namen das anlautende
ö aus dem diphtbongen au getrübt ist. Mithin kann der
oekische name üpfals mit dem gentilnamen OfiUius,
der übrigens auch als vorname erseheint (Liv. IX, 7), nicht
gleichen Stammes und gleicher bedeutung sein. Die no-
minativform Upfals kann nicht entstanden sein aus *Up-
falua, denn oskieche nominalstämme die ein 1 vor dem aus-
lautenden o haben, werfen nach schwinden des o (u) im
uominativ das s desselben ab; so Aukil ^ lat. Aucelus,
Mutil = lat. Mutilus, Firal = *Firaulu8, MitI =
lat. Mitulus, famel = lat. famulus (Verf. Z. XI, 324)
wie die lateinischen Tiorainativformen famul, con-8ul,ex-
-sul, prae-8ul, sub-tel, figel, mascel und umbr. ca-
zum Oükischcn dialcKt.
103
tel =: lat. catulus (Verf. aiisspr. 11, 60i. 2a.). üpfal-s
mufs also vor dem s des nominativs das ganze snffix -io,
-iu eingebüfst haben wie die oskischen nameii Upil-s ^
tat. Opilius, Heiren-s ^ lat. Herennius, Treb-s =
lat. Trebiiis, Salav-a ^ lat. Salavius, S al vius (Verf.
Z. XI, 324 f. Ausspr. a. o.). Auch im lateinischen ist das
suffix -io, -iu vor dem 8 des nominativs geschwunden in
den compositen quiuc-unx, dec- um, sesc-uux für
*quinc-uiiciu-s u. s.w. von uncia (a. o. II, 593). G. de
Petra hat jedenfalls recht, Up-fala als compositum zu
fassen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dala das erste giied
desselben die oskische präposition op = lat. ob ist; aber
deshalb kann Up-fals doch vorname .«ein. Auch der zu-
sammengesetzte namenU-pil-s = lat. O-pil-iu-s neben
lat. o-pil-io, u-pil-io (a. o. I, 211), griech. oio-
-nöl-o-i und lat. Pal-es (a. o. II, 429) ist ja als Vor-
namen verwandt, und ebenso lat. 0-piter (C I. Lat, I, 146)
für *avi-piter wie o-pil-io für "ovi-pil-io (Verf. aus-
spr. I, 211 anm. II, 858). Da nun der name üpfals in
beiden grabschriften von Capua voransteht, so mufs man
schliefsen, dafs es der vorname des verstorbenen sei, so
lange kein zwingender grund vorliegt, hier die in der os-
kischen personenbenennuDg nur ausnahmsweise vorkommende
weglassung des voruaraens anzunehmen.
Auf den vornamen Upfals folgt in der ersten grab-
schrift die namensform Sal av-ii-s, eine nominativbüdimg
wie osk. Adir-ii-8, Babb-ii-s, Gaav-ii-s,Mak-dii-a,
Maakd-ii-s, Met-ii-s,
Popid-ii-s, Pupid-ii-8,
Muluk-ii-s, Niumer-ii-s,
Pupd-ii-8, Staat-ii-8,
Slab-ii-s, Tintir-ii-8, Treb-ii-s (Momras. Unterit.
dial. Gloss. Verf. Z. V, 89), Uf-ii-s, Mah-ii-s, Pur-
-ii-8, Sta-ii-8 (a. o. XI, 324. 327. 328. 329, vgl. a. o.
36'i) Sint-iis, Pont-ii-s (FiorelliiMonum.Epigr.Pom-
pejan. p.5, n. 1. tab.I. Fabrett. Gloss.Ital.), Vaaviis (Fabr.
C. J. Ital. 2802, 2a,) Virr-ii-s, Virri-ii-s, Opp-ii-s,
Hellev-i[i]-8, Gav-ii-s, Stat-ii-s (Verf. Z. XI, 338f.).
Da nun Salav-s in der grabschrift von Cumae als Zu-
namen erscheint, so ist mau berechtigt auch Salav-ii-s
104
Consen
als solchen ZU fassen, wie auch G. do Petra annimint (a.
o. p. 'iii?), falls er sich an dieser stelle io diesem sinne
nach der oskischen benennnugsweise rechtfertigen läfst.
Zu dieaem zwecke inul's zuixächst die form des auf
Salav-ii-s folgendeu namens Minies und seine bedeu-
tuug untersucht werden. Die lateinische form desselben
Minius erscheint zweimal sicher als vornamen (Momms.
ünterit. dial. e. 270. 285. G. de Petra a. o. p. 241. Fa-
brett. Gloss. Ital. p, 117t)), aber öfter als gentilname; so
in piner iuschrjft von ßeneventum, I. R. Neap. Monims. 1668:
Minio Felici, Ton Herculaaum a. o. 2338, d: Ä. Minius
Januar ins, von Allifae, a. o. 4771: Sex. Mini o Se[x].
fil. Ter. Sil Vau o, also auf ehemals oskischem spracb-
boden, und auf einem steine von Caere, C. I, Lat. I, 1548:
C. Mini. M. L. 1. Artenio. Derselbe familiennamen ist
enthalten in den etruskischen formen Menis, Meina, Mei-
n ei (Fabr. Gloss. lt. p. 1147. 1 JS.'V), Minies kann nicht gen.
sing, vom vornamen des vaters des verstorbenen (G. de
Petra a. o. p. 239 f) sein, da die oskischen stamme auf -o
den gen, sing, stets auf -eis, -eis bilden (Verf. ausepr. I,
629. 7(.i**.), und Silies oben als uom, sing, nachgewiesen
ist, campaDisch-etruskiscbe namensformen auf -ies in
etruskiseben schnftstfieken aber hier gänzlich aus dem spiele
bleiben mQsseD. Demnach ist Min-ie-s nom. sing, vüm
familiennamen des verstorbenen und entspricht den oski-
schen nominativformen Sil-ie-s, Pompt-ie-s, Ma-
Ta-ie-s, Afar-ie-8, So-ie-a, den sabellischen Al'ie-s,
(Verf Z.IX,170}, Pont-ie-s (Verf. Annal. d. Inst, arch. T.
XXXVIII, p. 113f. 118), den volskischen Cosut-ie-s,
Tafan-ie-8, Pakv-ie-s (Verf. de Volscor. ling. p. ').
Z. XVIII, 254 f.).
Wenn nun nachgewiesen ist, dafs in der ersten grab-
achrift von Capua UpfaJs nom. sing, des Vornamens, Sa-
laviis uom. sing, des zunameus und Minies nom. sing.
des fauiilieunamenä ist, dann bleibt noch darzutbun, dafs
nach owkischer benennungsweise der KUnanie auch vor dem
familiennamen stehen kann. In oskischen inschrifleu fin-
det sieb diese Stellung nicht, wohl aber in den von Livius
Qberlieferteu oskiech-samnitischen namen Taurea Jubel-
ama ouuich«D dialukt-
105
Hu8 fXXVI, 15) und Br II tu Ins Papiue (VIII, ^^^. vgl.
Momms. Unterit. dial. 8. '210. 24.')}. Da diese voranetellung
des zunanieDS vor den gentünamen des uiantieB nicht alt-
lateiniscb ist, sondern erst iu der kaisorzeit imch Aui,'ustu.s
vorkommt, so unü's dieselbe in jenen namen eine ofkineh-
samiiititiche beoennnungsweise sein, die sich bei der lati-
nisierung derselben erhalten hat. Also wie die zunanien
Taurea uud Brutulue so steht in der vorliegenden In-
schrift der Zunamen Salaviis %'or dem geschlechtsnamcn.
Die grabscbrift Upfala Salaviis Minies bezeichnet
demnach einen manu aus dem geschlechte der Minies,
denen das bei S. Maria di Capua aufgefundene erLbegräb-
nifs gehörte, mit vornaraen Upfala und mit zunamen Sa-
laviis. In der zweiten grabscbrift von Cumae ist natür-
lich Upfals Vornamen wie in der ersten; patir = lat.
pater verglichen mit osk. pater-ei hat e zu i verdünnt
wie die paseivform lamatir (Momms, Unterit. dial. b. 272,
vgl. Kirchh. stadtr. v. ßant. 8. 21. Z. III, 215. 2(>y. Brup-
pacher, lautl. d. osk. Spr. s. 76f. ) nebeu den paseivformen
vincter, sakarater, äakahiter, comparascuster
(Verf. ausspr. II, wortverz. Osk. 1079 f. 2a.). Miinicie ist
gen. sing, wie Niumsieis = lat. Numisii, suveis =
lat 8ui, lovfreiö = lat. liberi, sakarakleia ^ lat.
sacelli, minstrcis =^ lat. miniatri (dem sinne uarh
minoris), kombennieis, senateia, Herekleis, eiseis,
eizeis (a. o. I, 7ö8), und zwar ist auch hier Miinicifl
familiennamen, nachdem sich Minies der ersten grabsi'hrift
alß nominativform eines solchen ergeben hat, kann also
nicht bezeichnen Minii filius, da die abstatnmung vom
vater durch den gcnitiv des Vornamens desselben brzeicli-
net wird. Ein sprachiicbes bedenken kann demnach nicht
obwalten, die oskische peraonenbenennuug; Upfals patir
Miinieis zu erklären: *Upfalius pater Minii. Aber
gegen diese erklärung ist ein aachliches bedenken von
G. de Petra geltend gemacht und eine andere auslegung
aufgestellt worden , die berücksichtigung verdienen (a. o.
p. 241.). Derselbe sagt, da sonst in cier oskis<-hen perso-
nenbeni-unung der geuitiv drs viiteriiiiinens zur genaiierru
be&timmuDg der peraon hinzugefügt würde, so mtlsse man
106
Coraiien
diese auadruoksweise auch in iler vorlicgcuden inaclirift an-
nehmen; es aei nicht glauhlicb, dafs hier patir mit dem
genitiv des aohneanamens zu diesem zweck verwaiuU sei;
Mi inieis mfiese der name des ascendenten, nicht des
deaceDdenten sein, also Minii f'ilius bedeuten, mithin sei
patir ziiaame wie im lateinischen Paterculus. Es ist
richtig, dafs in oskischen spraehdenkraälern eine personen-
bezeichnung mittelst des descendeiitcn wie patir Mii-
nieia = pater Minii sonst nicht vorkommt; aber bei
der geringeti anzahl der oskischen grabachriften , die wir
bis jetzt kennen, schliefst dieser umstand die berechtigung
zu der annähme derselben nicht unbedingt aus. Diese er-
hält dadurch eine stütze, dafs in einer faliskischen grab-
scbrift die verstorbene person durch angäbe des Verwandt-
schaftsverhältnisses zu einem descendenten genauer be-
stimmt wird. Dieselbe lautet:
Vipia Zertenea loferta
Marci Äcarcelini
mate he cupat,
und ist von Mommsen unzweifelhaft richtig öbersetzt wor-
den: Vibia Sertinia liberta Marci Acarcelini
raater hie cubat (monatsber. d. akad. d. wiss. z. Berl.
1860, 8. 451 f. vgl. Verf ausspr. II, wortregiat, Falisk.
8. 1077). Hier ist die verstorbene freigelassene Vipia Zer-
tenea, die einen mann aus der farailie der Acarcelini
gehelrathet haben mnfs, genauer bestimmt durch die an-
gäbe ihres sohnes Marcus Acarcelinus, also eines de-
scandenten. Es ist demnach glaublich, dafs in der oski-
schen grabachrift: Upfals patir Miinieis dieselbe nä-
here bestimmung der verstorbenen person durch die be-
zeichnung ihres sohnes und descendenten voriiegt. Die an-
nähme, dafs patir hier zunamen sei, erhält durch das beispiel
Pater-cii-Iu-s keine haltbare stütze, denn in diesem Zuna-
men ist gerade das doppelte dimiuutivsuflHx für die bedeutung
deasellien wesentlich, da es ihm den Charakter eines ge-
müthlichen liebkosungswortes verleiht. Das gnindwort pa-
ter findet sich weder im lateinischen noch in einem der
verwandten dialekte Jemals als ziiname. Wohl aber wird
Eum oikitdien dialskt.
107
gattungswort pater mehrfacb zu der personenbenenuung
biüzugeeetzt, um den vater von dem söhne zu iinterscheideu,
wenn beide gleiche voruamen hatten; so in einer altlatei-
nischen inschrift von Rom:
C. 1. Lat. 1, 1020: M. Aebutius M. 1. Macedo pater,
M. Aebutius M. 1. Callistratua f[i-
1 i u s] .
lind in einer iuachrift von Montesarchio nicht vreit vun
CaudiuD) und Abella, also auf ehemals oakischem äpmch-
boden:
a. o. I, 1224^1225: L. ScriboniusL.f. Libo pater
L. Scribonius L. f. Libo fil.
patroDei turreis ex d[ecreto] d[ecurionum] f[aciea-
das] cfurav eriint].
Auch im oskischen dia!ekt wird durch den zusatz pa-
tir ein Cipius rater unterschieden von Cipius eohn in
einer pompejauischen ziegelinschrift (G. de Petra, a. o, p. 153.
241, not. 1), von der noch vreiter unten die rede sein wird.
Man darf hiernach achliefaen, dafs in der oskiachen grab-
Bchrift von Capua: Upfals patir Miluieis das wort
patir denselben zweck hatte wie osk, patir, lat. pater
in den angeführten inschriilen, dafa es also einen Upfals
Miinies vater, der auf dem leicbenbette im htntergrnnde
der linken zelle der kryyte bestattet war, unterscheiden
sollte von einem Upiais Miinies söhn, der vermuthlich
auf einem der beiden leichenbetten zur rechten und zur
linken band von jenem vor oder nach dem tode des vaters
seine riihestätte fand. Vielleicht ist der buchstabe V, der
sich auf dem leicbenbette rechter band erhalten hat (G,
de Petra a. o. p. 237) der anfangabuchstabe zu dem Vor-
namen Upfals eines Miinies söhn. Aber mag dieser söhn
auch nicht an der Seite des vaters bestattet worden sein,
(»lag der buchstabe V einem anderen namen angehört ha-
ben, jedenfaUs ist einleuchtend, dafs in der vorliegenden
grabschrift die genauere bezeichnung des verstorbenen mit-
telst angäbe des descendenten, welche auch die angeführte
faliskiscbe inschrift aufweist, den zweck hat, einen vater
1 einem gleichnamigen söhn zu unterscheiden, mag nun
108
Carmen
dieepr oder jener eher gestorliea und in dem orbbegräbnifa
l'f'i Capua beigesetzt worden sein. Da beide densptben fa-
lailiennamen hatten, so war es flQr den sachlit-hen sinn gleich-
gültig, ob man nach Upfals patir den genitiv Miini eis
setzte, also sagte: üpfals der vater des [Ujitals] Mi-
II ins, oder den nominativ Miini es schrieb, so dals der
sin» der henennung {gewesen wäre : üpfals der vater ein
Minius. Man wählte den genitiv des sohuesnamenB wie
man den genitiv des vaternamens so häufig scbrieb, wo es eich
nicht um unterscheid img gleichnamiger personen handelte.
Von den bruchstöcken der inschriften auf zwei leichen-
betten der rechten zelle des grabee von Capua, die mir
nicht zu geeicht gekommen sind^ lautet das auf dem er-
sten todtenbette vom eingange her nach G. de Petra
a, o. 236:
c. Min. V ... .
Hier ist Min. wahrscheinlich abkürzung des familien-
namena Minies. Ob V der aufangshuehatabe des Vor-
namens des Vaters Upfals ist oder eines zunameus, kann
man nicht wissen. Ebenso niufs dahingestellt bleiben, ob
der Vorname dea verstorbenen vor Min. weggelassen ist
wie in der helminschrift von Palermo, oder ob die sigle eines
Vornamens vor Min. einstmals vorhanden war, aber ver-
blichen ist.
Das bruchstück der inachrift des zweiten leichenbettes,
G, de Petra a. o:
d. Kluv ....
kann der rest des vornamens eines Min ins sein. Eine
terracotte von Captva zeigt auf der einen eeite einen behelm-
ten köpf mit der aufachcift:
K ] u V a D i u V i a daran,
auf der anderen ein laufendes scbwein mit der inechrift:
Kl» vi damuse Diu via.
Mir sind auch jetzt noch die wortformen damu, da-
muse dieser schon froher besprochenen inschriften dunkel
(Z. XI, 322); aber so viel ist ersichtlich, dafs Kluva,
Kluvi in denselben die stellnng von vornamen haben. Auch
wird eine Capuauerin Cluvia genannt (a. o.)
xnm oskiselien dia
109
Das briK hfitiick der uiscluiCt eines leicbeubettes «ler
linken gralr/elJe:
e. V . . . .
ist schon oben erwiihnt worden.
k
Verschiedene oskische inschriften.
1. Stempelinech rift eines ziegels von Pompeji.
Bei den ausgrabungen in Pompeji fand sich am 22. afiril
1869 eine oskische iuschrift, die mit einem Stempel auf
einen kurzen naassiven ziegelstoin eingeprägt ist, der als Uau-
material in einem hause der zweiten abtheilung des ersten
Stadtbezirks verwandt ist. Ich habe die iuschrift bei mei-
nem atifeiithalt in Pompeji im juni vorigen Jahres leider nicht
gesehen, da das heft des Giornale degli scavi di Pompoi,
ntiov. ser. Vol. I, p, 153 f., in welchem G. de Petra dieselbe
erklärt, mir noch nicht zu gesiebt gekommen war, ich auch
sonst keine künde von dem funde erhalten, überdies dort
vielerlei anderes zu seben und zu lernen hatte. Der italie-
nische gelehrte giebt die inschrift folgendermarseu wieder;
/// vn.anFin.t->*
UV
und bemerkt dabei, dafs in der ersten zeile zu ende links
ein stück des ziegels ausgesprungeu sei, auf deni für zwei
bnchstaben platz war, und dafs in der zweiten zeile ftlr V auch
N gelesen und das noch sichtbare schriflzeichen T zu
n ^ p oder zu n :^ V vervollständigt werden könne.
In der sigle des ersten namens Ki. sieht G. de Petra den
oskischen familiennamen Kiipiis in der mit rothen l)ucb-
sfabeii auf den tufstein gemalten inschrift eines pfeiiers der
ciisa di Pausa zu Pompeji (Momms. Unterit. dial. XXIX d)
= IhL Gipiua, ebenfalls iu einer pompejauisclieii inschrift,
gewifs mit vollem rechte, da der vornamen ja fehlen kann.
Patir steht neben dem oben bcsprocheuen patir wie
110
Coriaen
pJd neben pid, idik np^-'ii idik^ ini'm liehen inim,
likitud aeben licitud u. a. (Bruppacli. lautl. d. osk. spr.
9. 25 f.), indem das oskische i nur einen mehr nach e hin-
neigenden laut des vokals i bezeichnet. Unsicher ist die
lesung und ergänzung der folgenden schriftzüge. G. de
Petra ergänzt die auf patir folgenden buchstaben Po . .
zu Po[iup.], das er flir die abkürznng von PofnipaiiaisJ
„zu Pompeji* erklärt. Ich würde hier den nom. eing. des
einwohnernameQs Pompaiians ergänzen statt des stadt-
naraens, weil jener in einer pompejaniseheu inachrift
zweimal wirklich vorkommt in den Verbindungen kvaisstur
Pompaiians und Tcreiiai Pompaiianai (Momms. a.
o. 138, XXIV). Für eine von einem Porapejaner her-
rührende zu Pompeji gefundene Inschrift hat diese ergän-
zung doüh mindestens einen hohen grad von Wahrschein-
lichkeit fiär sich. Sind aber die bisherigen erklärungen
richtig, dann ist auch die leaung ops. der buchstaben
der zweiten zeile und ihre ergänzung zu op8[ed], die G.
de Petra vorschlägt, anaprecheud und einleuchtend, s^umal
dieselbe abkürznng ups. für upsed (MoniiuB. a. o> s. 171.
IV. Verf. Z. XI, 32.'^) sich auch in der iaschrift eines mar-
mornen tischfui'ses aus Samnium, jetzt im museum zu
Neapel, findet, und ops. für opsannam auf einem öamni-
tischen tempelfries (Verf. Z. XI, 329). Op-s-e-d, up-s-
•e-d, etymologieuli genau entsprechend lateinischem *op-
-er-avi-t wie op-s-anna-m lateinischem op-er-an-
da-m (Verf. Z. XIII, ISnf. Ausspr. I, ig."}. .^54. 11,911.
912, vgl. wortregist. Osk. s. 1079. 1080), konnte ebenso gut
von einem pompejanischen ziegelbrenner mit seioem fabrik-
steinpel auf einen ziegel geprägt, wie von einem samniti-
scben steinhauer in einen marmornen tiscbfufs eingehauen
werden, da ja auch im lateinischen operari, opera, ope-
rariiis gerade viel von handwerkerarheit gesagt wird. Ich
hin also in allen wesentlichen punkten mit G. de Petra's
erklärung der vorstehenden inschrift einverstanden, nur
würde ich nicht öbersetzen; Cipius pater Pompejis
fecit, sondern aus den angegebenen gründen: Cipius
pater Pompejanus operatus est. Der ziegelbrenner
tum oskischen dialcfct.
111
CipiuB zu Poiiippji wurde also durch den zusatz patir
von einem eohnc gleiches nameua uaterBchiedeii.
2. Weiboinschrift von Molise.
Im bezirk von Molise, einer kleinen gemeinde der
provinz gleiches namens zwischen Campobasao und Pie-
trabbondante wurde im jähre 1868 oder etwas froher ne-
ben der kirc^he S. Maria del Piano ein weifser k»lk&tein in
form eines parallelepipedon gefunden, der in der genannten
kirche eine zeit lang als altar gedient hatte. Auf der vor-
deren senkrechten langseite desselben läuft längs des obe-
ren raiides eine einzeilige oskische inscbrift hin, während
auf der oberen wagerechten fläche sich eine aushöblung in
form eines mörsers befindet. Der italienische archäologe
Ainbrosio Caraba erliielfc von der inscbrift durch die
herreii Alfonso und Niecola di Jorio erst eine abschrift und
diiiin einen papierabklatsch , und giebt auf gruud dessen
eine erklärung derselben im Giornale degli seavi di Pom-
pei, nuov. aer. I, p. 209 f. Da die stereotype oskische schrift,
in welcher das Giornale diese und andere oskischen in-
achrifteo ahdruckt die cigenthümlicbkeit der buchatabeii for-
men im original nicht erkennen läföt, der text der inscbrift
aber unzweifelhaft richtig ist, ao gebe ich die Inschrift von
Molise hier gleich in lateinischer schrift wieder:
Bn. Betitis Bn. meddis proffed.
Jeder sachkundige sieht auf den ersten blick, dafs
dieae inscbrift die gigle eines voruamens, einen familienna-
men, die sigle des Vornamens eines vatera im genitiv,
einen vielfach vorkommenden beamtenlitel und ein ebenso
bekanntes verbum enthalt. Caraba vergleicht die sigle
Bn. mit dem abgekürxt geacbriebeneu vornaaien Ban. ei-
ner lateinischen inscbrift des Samniterlandes, deren anfang
lautet: C. Fladius Ban. f.; Ban. aber erklärt er aus
griech. ßävvag nach Hesych.; Bävvaq ßaüikevs naQu
Iruhwrati^, oi ()i f.tkyi(iTUii »^ixiZv^ gleich ßdvct^, jräva^,
äva^. In osk. Bn. = äol. ßdvvag scheint hiernach
oskisches b neben dem griechischen jr von jc«i'«^, das
lateinischem v gleich lautet, zu stehen wie oskisches b Ja
112
Corssen
l'i'uus t , ko Ol -bell cd, ku m-bomiieis in^bon lateinischem
V JD vencrit, con-ventus. Aber da iii diesen Wörtern
osk. b und lat. v aus nrsprüngliuhem gv entstanden sind
(Bruppacb. laiitl. d. osk. spr. s. (»4), hingegen in anderen
Wörtern anlautendes v ^ griech. ^r im oakisc-hen und im
lateinischen übereinstimmend erscheint, zum beispiel ju oak.
vio ^ lat. via, osk.^eptXfjpEi t^ lat. Versori, osk, vor-
8U8 = lat. versus, osk. vollohom = Jat. vallare, osk.
V in et er ^ lat. viucitur u. a. (a. o. s. 70), so mufs man
folgern, dai's der vorname Bannas nicht einheimiscb sam-
nitisch-oskisch ist, da er sonst das ursprflnglieh anlautende
V :^ /■ gewahrt haben würde, das aus der griechischen
form^rti'«! erhellt, sondern von den Italioteo, das heifst
den Griechen ünteritaliens, zu dei Samniteu gelangte.
Die nominativform Bannas konnten diese unverändert
lassen, da sie ja nominativformen auf -aa von männlichen
auf -ä auslautenden stammen hatten in den nanien wie
Taua-s, Mara-s, Kaha-s, die den altlateinischen nomi-
nativformen paricida-s, hosticapa-s entsprechen (Verf.
Z. XVIII, 2'i2f. Ansspr. II, Wortregister 2 a.). Jeden-
falls hat also Caraba die oskische aigle Bn. durch die la-
teinische Ban. und das italiotische gattnogswort ßävvag
^könig, fürst, obprater" antreffend als Bannas erklärt.
Die sprachliche möglichkeit, für die zweite sigie Bn. die
form des genitiv 'Bannai für den vornamen des vaters an-
zusetzen, XU dem das dem lateinischen ftlius entsprechende
oskische wort zu ergänzen ist, ergeben die lateinischen ge-
nitive wie parieidae, scribae, popae, scurr ae, scnl-
nae, naccae, lixae, advehae, convivae^ collegae,
perfngae, indigenae u. a. von männlichen auf -ä aus-
lautenden (Stämmen (vgl. Verf, ausspr. I, 2^;%. 588 f. 11, 43-
'-'a ). Der auf ehemals oskiscbem sprachboden erscheinende
fainilioiinaincn Bann-in-s (Momms. T. li. Neap. 63 1(1, 41),
den Caraba nicht anführt, vom stamme Bannä- mit dem
suflß.^ -io woiter gebildet, giebt der erklärung des italieni-
schen archäologeu eine neue stütze; nur bleibt freilich noch
die möglichkeit, dafs der oskische vornamen gleichlau-
tend war mit dem familionnamen Banuius, da im osk]-
scben eine ganze anzahl von namen , die mit dem sufBz
oskischen dialakt.
IIS
•io gebildet sind, zugleich als Vornamen und als familien-
namen auftreten (Momms. unterit, dial. s. 243). Der fa-
milieDname Betitis ist natürlich lat. Betitius, Betutius^
ein gentilname der nicht nur zu Aeclanum häufig war, son-
dern auch sonst auf ehemals oskischera spraehbodcn sieb
naehrfach findet (Momms. a. o. 6310, 42. ind. nom. vir. et
mulier. p. 418, col 1). Betitis ist eine nomiDativform, die
vor dem nominativzeichen s in zn i verschmolzen hat wie
osk. Heirenis, Niumsis, degetasis, Stenis^ Ohta-
TiB, Asis, Bivellis, Viibie, Luvkis, LuvikiSjKa-
ünis, Caisidia, Pakis (Verf. Z. V, 89. XI,338f. 401 f.
XVIII, 254. 257), sabellisch Poleenis (Verf. IX, 133, 149),
Alpis, Apidis (Verf Annal. d. Inst. arch. T. XXXVIII,
113f. 118), umbr. Tr utitis, Atiersir (a, o. A.K. umbr.
sprachdenkm. I, 116. II, 309. 393 f.), lateinisch Brutia,
Pulvis, Veotinaris, Aureus, Anavis, Caecilis,
Clodis, ßagonis u. a. (vgl, Verf. auaspr. I, 289. II,
718f. 2 a.).
Die form med-di-s-s der inschrift von Molise ist
nom. sing, wie auf dem opfertisch von Herculanum im
museum zu Neapel (Momms. unterit. dial. s. 179, XVIII),
also aus *med-dik-8 entstanden, wie die formen me-dik-
-ei, fiiS-Sei^ n. a. zeigen. Wenn A. Caraba die falsche
ahleitung dieses compositum von gr. fujöuiicii wieder vor-
bringt (a. oJ), so hat er weder kenntnifs genommen von
der altoskischen form met-d [ik-s] oder met-d[i8-8],
met-d|i-8], noch von der längst gegebenen erklärung, dafs
der erste bestandttheil dieses compositum der oskische
stamm roe-ti- ist, der dem griech. uij-ri-, skr. mä-ti-,
entspricht, das zweite glicd desselben, deik-, di'k-, ein no-
minidstamm gleichen Ursprungs mit lat. deic-ere, dic-
-ere, osk. deic-um, dafs mithin *meti-deiko-s die
grundform des oskischeo beamtentitels ist und „rathsprecher"
bedeutet wie lat. iu-dex „rechtsprecher" (Verf. Z. XI,
331 f AuBspr. II, 381 f. vgl. wortregist. Osk. e. i079. 2a.).
Die verbalform prof-fe-d ist natürlich in der obigen
inschrift 3. pers. sing. perf. entstanden aus *prof-a-fe-d
= lat. prob-a-vi-t (A. K. umbr. sprd. II, 160 anm.
Zeitichr. f. vgL eprichf, XX. 2. 8
lU
CortBen
Verf. Z. XIII, l«5f. Ausspr. I, 195. II, 911. 912). A. Ca-
raba behauptet gegen diese nach laut und sinn gerecht-
fertigte erklärung ohne ein wort der Widerlegung, besser
sei die herleitung dieser perfektform von pro-ficere oder
von pro-ferre. Die binfälligkeit dieser verbesserungs-
vorscbläge erhellt aus der thatsaehe, dafs im oskisehcu
weder k, c noch r spurlos ausfallt (Uriippaeh. osk. lantl.
8. 57 f. 76 f.).
Die Weiheinschrift von Molise: Bn. Betitis Bn,
med dies proffed ist nach dem gesagten zu übersetzen:
Bannas [Baiinius] Betitius Baunae [Bannii] filius
meddix probarit. Caral)a meint, der stein auf dem
diese Inschrift geschrieben steht, sei ein altar und die
mörserartige auahöhlung auf der Oberfläche desselben zum
auffangen des blutes der opferthiere beatiuimt gewesen, Ist
das richtig, so hat also ein sainnitischer beainter den bei
einem steinhauer bestellten aitar in euipfeng genommen
und gutgehei fdcn , wie auch seine aufstdlung in einem
tempel bestätigt, und thut dies in der inschrift desselben
kund und zu wissen.
3. Die inschrift eines censors von Bovianum.
(Pietrabbondante.)
Die bei den ausgrabungen von Pietrabbondante au der
Stätte der alten Samniterstadt Bovianum befundene inschrift,
welche von der amtathätigkeit eines censors daselbst hau-
delt, habe ich schou frtiher in dieser Zeitschrift, besprochen
(XI, 402), indem ich den text zu gründe legtCj der sich
aus dem von Menervini im Bulletino Neapolitano (nuov. eer.
VII, 1. tav. I) gegebeneu facsimile des steines ergab, iu
welchen die inschrift eingehaueu ist. Denselben text wie-
derholt auch Fabrefti (C. I. Ital. n, 2873, 3). Ich habe
von der inschrift im museum zu Neapel am 14. Juni 1870
eine Zeichnung aufgenommen, und da diese zu dem ergeb-
nifs führte, dafs der bi.shcrige text derselben an mehreren
teilen unrichtige lesarten enthielt, so habe ich von allen
stellen, die ich abweichend lesen mufste, oder die zu ir-
116
Corssen
Dafs an der rechten seite dieses Steines am anfaDge
der Zeilen der von rechts nach links geschriebenen inschrift
mindesteus ein schmaler streifen der Itaute fehlt, wahrschein-
lich weggehauen wurde, um den stein zu irgend einem bau-
lieben zwecke zu benutzen, zeigen die unvollständigen oder
den rand berührenden buchstaben und die verstümmelten
oskiachen wortformeu zu anfang mehrerer zeilen, die sich
durch hinzufügung je eines buchstabens leicht herstellen
lassen. Mit diesen ergänzungeo lautet der text der inscbrift
also folgendermarsen :
1. . urtam liis
2. ? [e]d Safinim eak
3' ? • upam lak oin
4. im keenzstur
5. Aiieis Maraiieia,
6. [p]aam essnf ombn.
7. [a]vt postirie esidu
8. [m] uunated fiis
9. njm leigoss samii
"• 10. [IJovfrikonosa fif.
Also die berichtigten lesarten sind z. 6 statt pam:
aam, z. 7 statt et: vt, z. 9 statt samil: samii. Meine
ergänzung zu z. 6 ist gerechtfertigt durch paam ^ lat.
quam, acc. sing. fem. des relativpronomens in der inschrift
eines quästora von Pompeji (Momras. unterit. dial. s. 183,
XXIV); z. 6 durch avt ?== lat. autem, das in der inscbrift
dea cippua von Abella fünfmal zu anfang des satzea wie-
derkehrt (Verf. Z. Xin, 161f. 241f. Fabrett. C. I. Itaf.
n. 2783). Z. 7 ist die ergänzung eines m zu dem esidu
am ende der vorhergehenden zeile gerechtfertigt durch die
formen esidum, fsfdum = lat. idem (Verf, Z. XI, 329.
330. Ausspr. I, 386. II, 339. 388. 915. 2 a.), z. 10 die er-
gänzung des 1 durch lovfreia = lat. liberi und lou-
fir[ud] = lat. libero (Momms. nnterit. dial. s. 273.
Verf. Z. XI, 416 f. Ausspr. wortregist. Osk. s. 107.2a.).
Durch diese textberichtigung werden zweifelhaft die frfdier
augenommenen wortformen sa-kupam (Verf. Z. XI,4l2f.)
und ombn[et] (a. o. 414); doch ist in jeuer jedenfalls ein
zum oikischen dialekt.
acc.fem. euthalten und o mbi). wahrscheinlich eine abirekürzt
geschriebene verbalform wieops. ups. für opsed iipsed.
Der syntaktische Zusammenhang der aus zwei hauptsätzen
bestehenden Inschrift, der erste derselben mit einem rela-
tiven Zwischensatz, bleibt so, wie ich ihn früher angegeben
habe (a, o. 406 f.).
Indem ich auf meine früheren erklärungen der Qbrigen
wortformen der inschrift verweise, gebe ich, was ich von
der inschrift verstanden Labe, durch folgende lückenhafte
Übersetzung wieder:
-am -it Samnttium -am bac universorum cen-
eor Aieius Maraieius, quam — — it (?). Äutem
posterius idcm unavit in templo legitimes (?)
simul liberigcnos — .
Ich verstehe jetzt von dem ersten aatz mir, dafs der
censor Aieius Maraieius eine aratsbandlung vornimmt,
die alle Samniten von Bovianum betrifft, also aller Wahr-
scheinlichkeit nach einen censua, eine Schätzung, wie sie
zu Rom der censor mit dem lustrum, dem sühnopfer,
in einem von augur geweihten räum oder bezirk, dem
templum, auszuüben pflegte. Der zweite satz besagt,
dafs derselbe censor spc'Lter nach der ersten amtshandlung
die freigeborenen Samniten, also mit auescblufs der frei-
gelassenen und sklaven, in das templum zugaramenbe'
rufen habe. Man darf also vermuthen, dafa die im ersten
satz bezeichnete amtshandlung des censors die bestimmung
des censua mittelst anfertigung der steuerrollen war, und
dafa im zweiten satze von dem lustrum oder sühnopfer
des censors im templum für die freigeborenen Samniten
die rede ist.
1. decemb. 1870. W. Coreaen.
118
Zevfä
Erörterungen aus dem gebiete der italischen
sprachen.
1. Ueber das umbrische prinuvattis s. prinuatiir.
Wie sich in der älteren umbrischen spräche in eini-
gen Wörtern aus dem vokal i vor einem vokale der ilim
verwandte consonant j entwickelt hat, der in der spä-
teren spräche auafiel, wie tri ja = lat. tria und triju-
per(ter) gegenüber späterem trioper beweisen, ebenso hat
in der älteren umbrischen aprache in mehreren Wörtern der
vokal u vor einem vokale den ihm verwandten consonan-
ten V angenommen, der auf gleiche weise in der späteren
Sprache ausfiel, wie älteres tiiva (dno) und tuves (duo-
bus) gegen jüngeres duir (duobus), älteres kastruviif 9.
kastruvu =^ jimgerera castruo, älteres vatuva s. va-
tuvu == jüngerem vatuo und der localis raanuve (in
mann), welcher aus manu-eme entstanden ist*), zeigen.
Derselbe Vorgang fand im oskischen statt, indem sich auch
hier in der älteren spräche aus dem u ein v entwickelte, wel-
ches in der jüngeren wieder ausfiel, wie aus einem vergleich
des älteren eitiuvü mildern jCingereii eituo hervorgeht.
Doch fiel dieses v in der späteren umbrischen spräche
nicht immer aus, sondern erhielt sich sogar, nachdem das
ihm vorangehende u sich in o verwandelt hatte. So fin-
den wir von dem pronom, possess. der zweiten peraon den
abl. sing. fem. einmal tuvä (Vl.a, 42)**), dagegen dreizehn
male tuä, und den gen. sing, neutr. zwei male (VI. b, 30)
*) Aufrecht und Kirchhoff. welchen es umbr. uprachd. bd. I p, 125 un-
klar ist, ob maniive „mit der hand" oder ^in der band" bedeute, alao ob
es ab], oder localis sei, eutscheiden alcL bd. 1 p. 100 und bd. IT p. 349 mit
recht beBtiiumt fUr das letztere, indem sie das auslautende e tlir den rest
des caaiissuffiKes erklären, für daa sie fretlicli irriger weise tid. 1 p. 100
einem und bd. U p, 349 ejnan halten. Auch haben sie, withrend ea ihnen
bd. 1 p. 60 fälechlich schien, daf» daa u in manave aus dem folgeoden v
sich heiau.ientwicfcolt habe, bd. I p. 100 und bd. II p. 34.& richtig gesehen,
dal's vielmehr umgekehrt aiin dem auslautenden u de» thcma mnnu «ich
vor dem vokal des antretenden casus-suffixes ein v entwickelt hat.
**) So wenig -wir grund haben, das zwei male sich findende tover,
was Aufrecht und Kirchhofl' umbr. aprachd. bd. I p. 63 möglich siheint, filr
fehlerhaft zu halten, ebenso wenig ist ein solrhcr vorhanden, das nur einmal
sich zeigende tuva mit Aulredit and KirchhoH', die dieses sogar im te.xto
in tUB ver&ndert haben, bd. 11 p. 42? für irrthilmlichc Schreibart aniu-
erörteraiigea ans dem gebiete der iulischen sprachen.
119
tover, dagegen sechs male tu er geschrieben. Aus dem
älteren tuvo, welches indeesen in der späteren sprathe, wie
VI.a,42 deutlich zeigt, uicht völlig schwand, entstand also
sowohl mit ausf'all des v tuo, als auch mit beibehalLiiiig
desselben, aber mit Übergang des u iu o tovo. Mit tnvo
sind zu vergleichen sowohl die oskischcn formen des pron.
possess. der dritten persou, der gen. sing. masc. suvois
(Cipp. Abell. 9. 35) und der abl. sing. fem. suvad (Momm-
sen unterit. dial. p. 171. IVj als der auf einer älteren latei-
nischen inachrift (Corp. Tnecr. Lat. Vol. I, 1242 J sich fin-
dende dat. sing, suvo, sowie mit tovo die auf älteren
lateiiiisfbciu iuschrifteu sich zeigenden formen dts prou.
possess. der dritten person, der abl. sing, sovo (Corp. I. L.
VoJ, I, 1007), der gen. plur. so vom (Corp. I. L. Vol. 1,
588), der dat. plur. soveia (Corp. I. L. Vol. I, J9-,
50. 1258) und der abl. plar. soveia (Corp. L L. Vol.
I, 1297)*). Auf gleiche weise hat sich das aus frflbrreni
u entwickelte v erhalten, das ti aber ist in o übergegan-
gen iu dem älterem pnrtuvetu s. purtuvitu entspre-
chenden jüngeren purdovitu, einem mit der praep. pur
gebildeten compositum, dessen auch iu den lateinischen
formen dnim, duis, diiit, duint sich zeigende winzel
du ^ da (geben) im umbrischeu vor vokaüsch anlauten^
der cndung v annahm. Vergl. noch das von Juv (Jovis)
abgeleitete adjectivura, welches in der älteren spräche Jii-
vio, in der jüngeren Jovio, und das von dem namen der
Stadt Iguvium gebildete adjectivum, welches in der filte-
ren spräche Ikuviuo a. Ijuvino, in der jüngeren dage-
gen Ijovino 8, lovino lautet.
*) Wahrend Aufrecht und Kirchhoff umbr. »praehd, bd. I p. 68 fUr da»
nmbtische anneiiraen, dafs au3 tuus, indem sich aus dem u vor folgendem
vokal ein V entwickelte, aich zuerst tuvae und später tovas gebildet habe,
behnuptcn sie bd, 11 p. 221 in -widereprach hiemit, dnfs dies wob) die ent-
stehungHweiso der oskisclien tonnen suvei's und suvad sei, dagegen
(vergl. auch Aufrecht und Kirchhoff umbr. spraehd. bd. 1 p. 5G und bd. II
p. 171) in dem umbr. tover und latein. aoveii der gruud des v darin
liege, dufa dieseB ov aus iirspraugliohem av hervorgegangen vfilre, so dafs
das v jener oskisclien rormen mit dem v dieser urabriBchen and lateinischen
nicht sehlecht>*eg identiileirt wcrdftn dürfe. Ich kann dieser Scheidung nicht
beitrelen, da mir diti analügic zu fordern scheint, dafs die entstebung des v
in diesen Übereinstimmenden formen iu allen drei fiprachec dieselbe eei.
130
Zeyfs
Hierher gehört aucb prinuvatns, wofür wir in den
jiiDgereu tafelu PßINVATVR geschrieben finden, welches,
da V auf diesen sowohl den vokal u, als den consoiaanten
V bezeichnet, weon wir das bisher vorgetragene nicht be-
rticksichtigeQ , sowohl prinuatur als prinvatur zu lesen
gestattet. Beachten wir dagegen die angeführten beispiele,
80 kann es nicht zweifelhaft sein, dafs ihnen analog pri-
nuatur zu lesen ist, wie Grotefend und !Newman gelesen
haben, während Lanzi, Aufrecht und Kirchhoff, Corssen
(in d. zeitschr. bd. 111 p. 284, über ausspräche, vokalismus
und betoouüg der latein. spräche 2. ausg. bd. l p. 714. 754.
780, bd. 11 p. 125 und 910) und Huschke es vorzogen
prinvatur zu lesen, aller Wahrscheinlichkeit nach dazu
durch die lautähnlichkeit mit lateinischem privati, durch
welches sie dieses umbrische wort wiedergeben, veranlafst.
Dieser Übersetzung stehen indessen mehrfache bedenken
entgegen. Zuvörderst verschwindet diese lautähnlichkeit,
wenn, wie es dem obigen nach erforderlich ist, prinuatur
gelesen wird. Dann vermuthen Aufrecht und Kirchhoff
nmbr. sprachd. bd. 1 p. 60 und bd. II p. 246 in rücksicht
der bilduug des wertes prinuvatns, dafa sich das in
desBeii' zweiter silbe stehende u nur aus dem folgenden v
heraus entwickelt habe; allein diese vermuthung kann we-
der durch die behauptung gerechtfertigt werden, dals das-
selbe in der sechsten und siebenten tafel in diesem worte
regelmäfsig weggelassen sei, da hier nicht prinvatur,
sondern prinuatur zu lesen ist, noch durch die für eine
solche entwickelung des u beigebrachten beispiele. Wenn
sie unibr. sprachd. bd. I p. 60 dafür manuve gegen mani
anführen, so haben sie, wie ich oben in der ersten note
bemerkt habe, an anderen stellen mit recht gerade das ge-
gentheil behauptet. Was aber die anderen von ihnen da-
für angeführten beispiele betrifft, das umbrische aruvia
gegen arvia, das römische Pacuviua gegen Paquius
und das marsische Pacviea, und Veeuvius gegen Ves-
vius, so erscheint die annähme doch wohl natärlicher,
dafs die kürzeren formen aus den längeren, als dais diese
aus jenen hervorgegangen seien. Das n endlich änden bei
'aSrtenmgai ku dem gAiete der iUlüebaa sprachen.
121
• annähme, dals mnbr. prinuvato = römisch, privato
und osk. preivato sei, Aufrecht und Kirchhoff selbst mit
recht unerklärlich und ebenso erscheint ihnen mit recht
noch bedenklicher, als dieses, der umstand, dafs seihst im
umbriecben das primitiviim von privatus, das römische
privus, V. a, 13 und t8 prevo lautet, also jenes n nicht
aufweist. Corssen dagegen (in d. zeitschr. bd, 111 p. 284
und über ausspr., vokal, und beton, der lat. spräche 2. ausg.
bd. I p. 780) meint, indem er gleichfalls umbr. prinuvato
= r5m. privato hält, dafs an pri zunächst die endang
nu und an diese die endung vo gesetzt und von dem so
entstandenen stamm ein causales verbum der a-conjngation
gebildet sei, dessen partic. pri-nu-v-a-tus sich nur durch
die erste endung nu vom lat. pri-v-atus unterscheide.
Hier hat Corssen zunächst übersehen, dafs das v in pri-
nuvatus nicht der hinzuftJgung einer endung vo seine
existent verdankt, sondern, wie in manuve, sich aus dem
vorhergehenden u vor dem folgenden vokal entwickelt hat.
Sodann ist die zweite silbe von prinuvatus nu, wie ihre
form zeigt, nicht, was Corssen will, dieselbe, mit der pro-
-nu-6, de-ni-que, super-ne, po-ne gebildet sind. Siehe,
was ich über die mit dem sufüx ne gebildeten italischen
Wörter in d. zeitschr. bd. XIX p. 163 — 175 gesagt habe.
Vielmehr ist dieses nu ganz von derselben art, wie das
nu in manu, insofern prinu und manu auf gleiche weise
von den wurzeln prin und mau abgeleitete u-stämme
sind; denn, was das letztere betrifll, so ist es jedenfalls
mit dem altnord. mund (band) zusammenzustellen. Die
einfache wurzel ma, die sich im griech. fiäouai (tasten,
noch etwas greifen) zeigt, erscheint also in beiden, in dem
lat. manus und altnord. mund, ebenso durch n verstärkt,
wie durch r im griech. //«pjj, das nach Schol. Ven, zu IL
XV, 37 bei Pindar band bedeutet, und in BX'fictQrj^ =:
evxiQ^g, deren wurzel mar (nehmen) sich noch im alba-
nesischen erhalten hat*). Schon hieiaus geht hervor, dals
*) Wenn dagegen Corssen in d. zeitschr. td. III p. 300 und über aui>
»pracfas, rokalismaa und betonuog 2. ausg. bd. I p. idl daa lat. manus
122
Zevfs
das pri in prinuvatus von anderer art ist als das pri
im lat. privus und privatus. Dazu komoit aber nooJi
folgendes. Während Aufrecht und Kircbhoff umbr. sprachd.
bd. II p. 41t) utnbr.prevo und lat. privus für ans pro-
-IV o entstanden halten, erklärt es Corssen in d. zeitsohr.
bd. III p. 284, krit. beitrage zur lat. formenlehre p. 433,
Ueber aiisspr., vokaliem. und betonung der latein. spraßbe
2. ausg. bd I p. 780 für gebildet aus dem localis pri und
der endung vo. Nach beiden erklärungeu soll also umbr.
prevo = lat. privus eigentlich „hervorragend" und da-
her „einzeln, gesondert" bedeuten. Dem steht aber nicht
nur entgegen, dafs die nach jener ableituug zwar natür-
liche bedeutuog hervorragend durch keine stelle erwie-
sen werden kann, sondern auch, dafs, wenn auch ein her-
vorragen eine gewisse Vereinzelung und sonderung ist, wir
doch schwerlich annehmen können, dafs dieser einfache
begriff der trennung aus jenem hervorgegangen sei. Weit
natürlicher erscheint die von Benary röm. lautlehre p. 293ff.
gegebene erkläruug, nach der lat. privus aus prth-vus
von der skr. wurzel prth (separare) entstanden ist. Doch
bemerkt gegen diese Ebel in d. zeitschr. bd, V p. 239 mit
recht, dafs dem skr. prth sich viel eher lat. part ver-
gleicht als *prit, welches vielmehr prith statt prth vor-
aussetzen würde. Gesetzt aber, dafs privo wirklich, wie
Corssen will, aus pri und der endung vo gebildet sei, so
steht der ableitung des umbrischen prinuvatus von die-
ser praep. doch entgegen, dafs jenes an eämmtlichen stel-
len mit i geschrieben ist, während das umbriscbe die prae-
position pri gar nicht kennt, sondern neben der untrenn-
baren praep. pro die sowohl trennbare als untrennbare
praep. pre, ja dafs selbst das dem lat. privus entspre-
chende umbrische prevo durchgängig mit e geschrie-
ben ist.
Wenn Kuötel in seiner abhandlung „das sühnfest von
Iguvium", Grofs-Glogau 1862 p- 13 prinuvatus durch
von der »kr. wurzel mfi (metiri) ablpitet, »o dafs dieees wort die band als
nmessende" bezeichne, so ist diese erklHrung zu iinnatdrlich , ala daCe sie
einer Widerlegung bedurfte.
erörtemn^ea ana dem gebiete der itaüaclien spracbBii.
123
„vornebme" übersetzt, so scheint er an daa lat. principea
gedacht zu haben. Auch diese erklärung ist durchaus ir-
rig; denn, ganz abgesehen vom zweiten theiie des wortes
prinuvatus, ist erstens in princeps das m von pri-
miis nur wegen der folgenden gutturalis c in n fiberge-
gangen, ein öbergaiig, zu dem in priuuvatua, in welchem
keine gutturalis vorhanden ist, durchaus kern grund vor-
handen war Dann aber steht auch der vokal o, da dem
lat. primus im umbrischen promo entspricht, dieser er-
klärung entgegen. Schlimmer aber noch als diese ist die
von NevFiaan in seiner iuterpretation der iguvischen tafeln
p. 21 gegebene. Während er nämlich prinu durch priti-
ceps übersetzt, denkt er bei vatus an vatuva, welches
er p, 4 mit dem kymrischen und armorischen gwad (san-
guis) zusammenstellt und daher durch sauguis wiedergibt.
Prinuvatus soll demnach eigentlich princeps sanguifl, d.h.
proceres, patrioii bedeuten.
Durch das bisher vorgetragene glaube ich dargetban
zu haben, dafs sämratliche bisher von prinu vatus gege-
bene erklärungeu — Grotetends Übersetzung kann hier uifht
in betracht kommen — falsch sind, dafs auf der sechsten
und siebenten tafel nicht prinvatur, sondern prinuatur
gelesen werden mufs, uud dai's dieses wort einem verbum
nominale, das von einem u-stamme, prinu, gebildet ist,
angehört. Offenbar ist es auch, dais prinu vatus s.
prinuatur nom. plur. des partic. perf. pass. eines causalen
verbura der ersten abgeleiteten conjugation ist. Die be-
dcutung desselben aber läfst sich natürlich so lange nicht
bestimmen, als sich zur bestimmung der bedetitung des
Domen prinu kein anhält bietet.
Ueber die umbrischen Wörter maletu, kumaitu s.
kumultu = comoltu und kumates ^ comatir.
Maletu, welches wir nur II. a, 18 finden, wo die
Worte lauten: „Huntia fertu katlu, arvia, etnisla, fikla,
pune, vinu, salu maletu, mantrahklu, veskla snata asnata,
umen fertu", kann seiner form nach sowohl imperat., als
124
ZeyfB
partic. pf. pass. sein. Auch scheint die Verbindung, in wel-
cher dieses wort steht, jede dieser beiden autfassungeu zu
gestatten. Wir sehen daher, dafs, während Aufrecht und
Kirchhofi umbr, sprauLd. bd. II p. 384 es als imperativ auf-
fassen und salu male tu durch salem molito übersetzen,
andere erklärer es für den acc. sing, halten, indem Huschke
iguvische tafeln p. 361 und 366 es durch salem moli-
tum und Newmau in seiner ioterpretation der iguvischen
tafeln p. 10 dnrch sal (ac) molam wiedargibt. Für jene
erklärung könnte man allerdings anführen j daf8, wenn
maletu nicht imperativ wäre, das hinter umen stehende
fertu überflüssig sein würde; allein nicht nur wird, wie
hinter jedem zu opfernden gegenständ häufig fetu, z. b.
VI. a, 58—59. VI. b, 1-2. VI. b,3. VI. b, 19—20, ebenso
bei jeder zum opfer zu bringenden eache auf eben dieser
tafel n. b, 14 — 16 fertu gesetzt, sondern es erscheint auch
an und für sich unwahrscheinlich, dafs zwischen den he-
fehl, verschiedene dinge zum opfer zu bringen, der befehl
salz zu zerstofsen oineeschoben sei. Natürlicher mufs es
vielmehr erscheinen, dafs schon zerstofsenes salz unter den
zu bringenden gegenständen genannt werde. Ich mufs mich
daher für die aiiffassiing des wortes maletu als part. pf.
paas. entscheiden und übersetze demnach salu maletu,
wie es Huschke gethan hat, durch salem molitum.
Für dasselbe verbum in der Zusammensetzung mit der
prsep. kum s. com halten Aufrecht und Kirchhoff umbr.
sprachd. bd. II p. 411 dasjenige, dessen imperativ auf den
älteren tafeln theils kumaltu (II. a, 9. 41. IV. 28), theils
kumultu (I. a, 34), auf den jungem dagegen comoltu
(Vi. b, 17. 41. VII. a, 39. 44. 45) geschrieben ist. Sie mei-
nen daher umbr. sprachd. bd, I p. 49. 60. 68. 92. 142. 154.
bd. II p. 206. 411, dafs dessen einfaches m als verdoppelt
zu fassen sei, und übersetzen, wie schon Lanzi Saggio di
ÜDgua Etruaca. Tom. I p. 377. Tora. II p. 675. 741. 815
dieses umbrische verbum für identisch mit dem lat. com-
molere hielt, diesen imper. durch commolito. Dieselbe
Übersetzung gibt Corssen über ausspr., vokal, und beton.
2. ausg. bd. I p. 207. bd. R p. 17. 27. 430. 546. 585. 910.
erörterungen aua dem gebiete der iCaliacIieii sprachen.
125
911. Dreierlei steht indessen dieser erklärung entgegen.
Erstens nämlich gehört daa einfache mal etil, wie dessen
e zeigt, der zweiten umbrischen vokaliechen conjugation,
dagegen das zusammengesetzte kumaltu, kumultu, co-
moltu der consonantiscben conjugation an; unwahrschein-
lich aber ist es, dafe dasselbe verbum iu der zuäanimen-
setzung einer anderen classe als in sniner einfachen gestalt
angehöre, und siwar auf derselben tafel, indem II. a, 18
maletu, II.a,9 kumaitu steht. Zweitens aber, wenn auch
mit der Übersetzung commolito wenigstens grammatisch
sich die stellen vereinigen, in denen bei diesem imper. der
acc. zeref (I. a, 34) s. serse (VI. b, 17. 41) steht, so ist
dieses docli, da commolere ein transitives verbum ist,
an allen übrigen stellen (II. a, 9. 41. IV. 28. VII. a, 39.
44. 45), an denen weder dieser noch ein anderer acc. .sich
findet, nicht der fall. Zwar sprechen Aufrecht und Kirch-
hofl" umbr, sprachd. bd. II p. 20ß die vermuthung aus, dafs,
da VII. a, 39, wo derselbe ritus wie VI. b, 17 beschrieben
wird, das dort befindliche serse fehlt, anzunehmen sei,
dafs an allen jenen stellen, wo dieses verbum ohne objekts-
angabe erscheint, der acc. aerse stillschweigend hinzuzu-
denken sei; allein schwerlich gestattet commolere, zer-
mahlen, zerstofsen die ergänzung eines Objektes, das
im vorhergehenden gar nicht genannt ist. Drittens endlich
pafst kumaitu, kumultu, comoltu, worauf Huschke
iguvische tafeln p. 172 mit recht aufmerksam gemacht hat,
da es an allen stellen die vorletzte, nur IL a, 41. IV, 28.
VII. a, 44 die drittletzte opferbandlung ist, in der bedeu-
tung von commolito nicht in den zusammenbang. Aits
eben diesem gründe ist es zu verwerfen, wenn Newmau,
während er II. a, 41 und VI. b, 17 diesen imperativ eben-
falls durch commolito übersetzt, in Widerspruch hiemit
für I. a, 34 = VI. b, 41. II. a, 9. IV, 28. VII. a, 39 die
Übersetzung molfl conspergito gibt. Ueberdies würde
die praeposition eines diesen sinn ausdrückenden umbri-
schen verbum doch wohl der des lateinischen immolato
entsprechen. Die Übersetzung Grotefends dagegen durch
cumulato und die Huscbkes durch aequato bedarf
126
Zeyf»
schwerlich einer widerleguiig. Die bedeutung dieses Wor-
tes ist noch zu ermitteln.
Den abl. plnr, kumates (IL a, 42. IV. 28), wofür
I. b, 37. 38 und II. a, 9 uiit ahfall des s kumate und
l.a,34 mit ausfall des e kumats steht, = comatir {VI. b,
17. -41. VII. a, 39. 44. 45) halten Aufrecht und Kirchhoff
umbr. sprachd. bd. I p. 68. 92. 147. bd, II p. 207 und 4H,
indem sie amiehuien, dafs in ihm 1 vor dem t ausgefallen
sei, fÖr dem part. pf. pass. desselben verbum angehörig,
dessen imperativ kumaltu, kumultu, comoitu lautet,
und übersetzen ihn daher durch commo litis. Zur be-
grQnduog dieser ansieht führen sie zweierlei an. Erstens
nämlich sagen sie, dafs kumultu (I. a, 34) auf der zwei-
ten (II. a, 9. 41) und vierten (IV, 28) tafel regelmäfsig ku-
maltu laute, und zweitens, dafs die phrase kumates
pesnimu = comatir persnimu sich immer nur nach
einem vorangegangenen kumaltu ^ comoitu finde, wie
denn dieser imperat. jen^r II. a, 9. VI. b, 17. VII. a, 39. 44
und 45 unmittelbar vorhergebt, während zwischen beiden
II. a, 41 — 42 noch die worte kapire punes vepuratu,
antakrce und IV. a, 28 — 29 die worte arkani kanetu
stehen, wie I. a, 34 zeref = VI, b, 41 serse. Nur I, b,
37. 38, wo vor kumate noch antakre steht, gebt kein
kumaltu vorher; allein an der entsprerhcnden stelle VII. a,
44. 45 findet sich ebenfalls unmittelbar vorher comoitu
und VI. b, 41 folgen auf arnipo comatir pesnis fust
unmittelbar die worte seree pisher comoitu, serse
comatir peranimu. Obgleich nun aus deo angeftihrten
beiden umständen nicht nothwendig das folgt, was Auf-
recht und Kirchlioff behaupten, so ist ihnen doch Schwei-
zer-Sidler in d, zeitschr. bd. XVI p. 131 beigetreten^ und
auch Huschke iguv. tafeln p. 173 und 690, dieser Jedoch
darin abweichend, dafs er, wie kumaltu durch aequato,
so kumates durch aequatis übersetzt. Es stehen aber
dieser behauptung drei gewichtige umstände geradezu ent-
gegen. Erstens nämlich ist, wie Aufrecht und Kirchhoff
umbr. sprachd. bd. II p. 207 selbst bemerkt haben, kein
gruud zu finden, aus welchem das I vor dem t im impe-
erörtertmgen atit dem gebiete der itAlisclicn sprachen.
127
fStiv stehen goblloben, dagegen in dem partic. desselben
verbum ansc:efa!lcn e-ein sollte. Zwcitene, und auch dieses
haben Aufrecht und Kirchhoff bd. 11 p. 207 bemerkt, ist
nicht piiiziisphen, wie der vokal desselben etamm'es a sich
im partic. auch auf denjenigen tafeln behauptet haben eollte,
auf denen er im imper. in u (I. a. kun^ultu) und o (VI.
und VII. eomoltu) übergegangen ist, dergestalt, dais
nach kumwltu und comoltii sich auf denselben tafeln
knmatee 8. comatir findet. Dazu kommt drittens. I. a.,
33 — -34 steht „zeref kumiiltu , zeref kumat[e]8 pe-
snimu" und an der entsprechenden stelle VI. b, 41 ,,8er8e
pisber comoltu, serse comatir persuima''. Offen-
bar gehört hier, wie der erste acc. pl. zeref s. serse zu
dem imper. kumultu s, eomoUu, so der zweite zudem
imperat. pesnimu. Wäre nun kumat[e]8 s. comatir
part. pf, pass. desselben verbum, dem der imper. act. ku-
multu 8. comoltu angelfört, so müfste dieses partieip.
durchaus ebenfalls im acc. pl. stehen; denn es ist ebenso
unmöglich nach dem accus, zeref 8. serse zu dem abl.
kumat[e]g s. comatir noch den ablativ eben jenes aub-
stantivums zu ergänzen, als, wie Aufrecht und Kirchhoff
umbr. sprachd. bd. II p. 230 wollen, kumat[e]B s. co-
matir ohne bestimmte beziehung auf zeref s. serse als
neutralen ausdrnck in dem sinne von „nachdem commolirt
worden" zu fassen, da in diesem falle durchaus der ablat.
sing, erforderlich wäre. Diese umstände sind zu gewich-
tig, als dafs sie Au frech ts und Kirchhoffs erklärung von
kumatea = comatir zuJiefsen. Richtig haben daher
Grotefend (Rudiment, ling. umbr. Partiell, 21 und 32]
und Newman kumultu s. kumultu = comoltu und
kum ates= comati r, wenn schon sie in der Übersetzung
dieser Wörter gefehlt haben, verschiedenen stammen zuge-
wiesen. Endlich raufs dieses letztere, wenn es auch daa
ausscheu eines part., pf, pass, hat, doch ein eubstantivum
sein, wie daraus klar erbellt, dafs II. a, 42 ihm das adj.
antakres (integris) beigefügt ist, wofür I. b, 37 und 38
mit abfall des scblielsendeu a antakre kumate steht.
128
Zeyfs
3. Ueber das umbrische courtast.
Dafs courtust (VI. a, 6) aus covortust etitstanden
sei, hatte schon Grotefend Kudiment. ling. unibr. Partie.
JI, 19 und 30 richtig gesehen, obgleich er theilü darin
irrte, dafs er diese form für zweisilbig hielt, theils sie Par-
tie. VI p. G ganz falsch übersetzte. Aufrecht uod Kirch-
hoff dagegen halten umbr. sprachd. bd. II p. 59 und 410
courtust für irrthümlich und haben es daher auch im
textein covortust verändert, obschon sie einräumen, dafs
sich die nothwendigkeit und richtigkeit der änderung nicht
streng beweisen lasse. Allerdings finden wir dafür VII.
a, 39 covortus, womit zu vergleichen sind I. b, jl ku-
vurtua und VI. b, 64 covortuso, und läugneo läfst sich
nicht, dafs die änderung in covortust sehr leicht ist, in-
dem sowohl u als V in der lateinischen schrift durch V
bezeichnet wird, mithin nur ein o einzuschieben ist. Fra-
gen wir dagegen, ob es nothwendig sei die lesart des Ori-
ginals so zu ändern, so läfst sich schwerlich in abrede
Stelleu, dafs neben der vollen form covortust recht gut
die kürzere courtust habe bestehen können. Mit recht
haben daher diese Huschke iguv. tafeln p. 63 und 602,
Knötel das sühnfest von Iguvium, Grofs-Glogau 1862 p. 16,
Newman thc text of the Iguvine Inscriptions p. 30 und
Corsscn über ausspr. , vokal, und betonung 1. ausg. bd. II
p. 3.'>3. 2. ausg. bd. II p. 912 und krit. beitr. zur lat. for-
mealehre p. 582 beibehalten. Doch wenn Huschke und
Coresen die entstehung von courtust aus covortust da-
durch erklären, dafs, wie in lat. prorsus, suraum, rur-
SU9, der wurzel vokal o des zweiten compositionsgliedes
ausgefallen und nun das v vor dem folgenden consooanten
zu u geworden sei, so kann ich nicht beistimmen. Viel-
mehr ist, wie im eanskrit häufig {Bopp vgl. gramm. l.ausg.
p. 564J aus va dadurch, dafs sich das v mit dem a zu
einem laut vereinigte, u wurde, was wir auch im lateini-
schen wahrnehmen, wie in dem aus quatio hervorgegan-
genen cutio (iu concutio), ebenso im lateiuisclien aus
vo, indem sich das v mit dem o zu einem laute verband,
«rStterangcn aui dem gebiete der italiacheti sprichen.
129
II entstanden, und zwar nicht blos nach q, wie in den aus
f[nojns, quor, quom hervorgegangenen cujus, cur,
cum, sondern auch in auderen fallen, wie älterea Toxor
üu uxor und si voltis zu si ultis und dieses durch
contraction zu sultis wurde. Vergl. Herrn. Ad. Koch in
seiner abliandlung „VOXOR = YXOR" in den o.jahrb.
f. pbil. und päd. 1870. 1.ahth. p.283— 28Ö und p. 685-687.
Ganz auf dieselbe weise nun ging das umbriscbe courtnst
aus covortust hervor.
4. Ueber die umbrischen Wörter urfeta und kren-
katrum ^ cringatrom.
In bezug auf ein dem Jupiter, der II. b. 24 Jupater
SaÄe angeredet wird, darzubringendes opfer wird II. b,
22 ■—23 gesagt: „Pune seste, urfeta manuve ha-
be tu", d. h. Quum (Jovi patri vitulum) siates, orhitam in
manu habeto; denn dafs hier urfeta der form nach genau
dem !at. orbita entspreche, haben Aufrecht und Kirchhoff
umbr. Bpracbd. bd. I p. 91. bd. II p. 349 und 422 richtig
bemerkt. Freilich ist die bedeutung wagengeleise hier
ganz unstatthaft, der Zusammenhang dieser stelle fordert
vielmehr einen gegenständ, welcher in der band gehalten
werdeu soll. Urfeta, von dessen bildung ich de vocabul.
Umbric. fictione. Particul. III p. 18 gehandelt habe, steht
also hier in der bedeutung orbis s. rota, welche deutlich
aus der von Huschke iguv. tafeln p. 336 beigebrachten
stelle des Schol. zu Cic. Verr. II, I, 59 hervorgebt: „Or-
bita duas rea significat: uam orbita et rota ipsa intelligi-
tar et vestigium in molli solo". Die beziehung aber, welche
die urfeta bei diesem dem Jupiter Sancus darzubrin-
genden opfer hat, ist oflenbar dieselbe, welche die orbes
im sacellum des Semo Sancus hatten, von denen Liv.
VIII, 20, 8 sagt: ^Äenei orbes facti, positi in sacello Sanci
adversua aedem Quirini". Die bedeutung ist nämlich eine
sinnbildliche, dieselbe, welche das rad in dem cultus der
Inder, der anhänger Buddhas in Mittelasien, der Scandi-
uavier und der Angelsachsen, ja auch der Semiten (Daniel
ZeiUcfar. t. vargl. tpr&chf. XX. 3. 2
130
Zejta
Vn, 9 ) hat. üeberall ist es das ayroho] <ler ewigen Weltbe-
wegung, des kreislaufes der scliopfung, dos ewig wieder-
kehrenden, wie der ewigen bewegung der biminlischeu ge-
stirne, so des fortwälirendcn weclisels der jalireszeiteu und
des beständigen wechseis von tag und nacht. Dazu pafst
auch der name des Jupiter, insofern, wie der griecliische
aus Jtev-s hervorgegangene name Zev-g, eo der latei-
nische Diov-is mit dem ekr. djäu-s (coelnm) zusainmen-
zuatellen ist. Vergl. meine abhandl, de vocabul. Umbric.
fictione. Partie, II p. 6").
Wie die urfeta beim opfcr II. b, 22 — 23 in der band
gehalten wird, ebenso soll das krcnkatro a. krikatro
= cringatro genannte Werkzeug II. b, 27— 29 beim opfer
testre euze gehalten werden. Die worte lauten hier:
„Pune anpenes, krikatrn testre enze habeto; ape ape-
lus, mefe atentu. Ape piurtuvies, testre enze habetu
krikatru". Aufrecht und Kircbhoff meinen nun umbr.
sprachd. bd. II p. 3;i2, indem sie mit dieser stelle VI. b, 4
„mandraclo difue destre habitu" und VI. b, 50 ^i Erihont
aso destre onse fertu", i. e. Idem (arsfertur) aram dextra
aasa ferto, vergleichen, dafs, wie difiia einen tbeil des raan-
draclom (vgl. Aufrecht und Kircbhoff umbr. sprachd. bd. II
p. 190) und onsa einen tbpil des asos (vgl. Aufrecht und
Kirchhoff umbr, sprachd. bd. II p. 245), ebenso euza, von
dem euze der localis ist, einen theil des krikatmm be-
deute. Natürlich erscheint dieses allerdings, wenn wir nur
diese beiden stellen vergleichen; eine andere möglichkcit
aber ergibt sich, wenn wir mit II. b, 27— 29, wie es mit
recht von Hnachke iguv. tafeln p, 338 geschehen ist, VI.
b, 49, wo dasselbe Instrument cringatro erw."ihnt wird,
zusammenstellen. Wenn nämlich hier gesagt wird: „Ape
angia combifianpiuat, perca arsmatiam anovihinm, crin-
•) Wenn dagegen Lonrenüus Lydus de mens. IV, 58 p. äSO ed. Roe-
ther. über den namen Saticus sagt: , rti ^äyrrn; öm/ia ni' (ine nv aij-
jirtivft n] 2aii(i-wr yXmruT;/^ so mt tjiese behaiiptuiig, wie Gratefond Rudi-
ment, ling. nmbr, Partie. IJI p. 26 und Mommsen iinterilal. dial. p. 364 ge-
zeigt haben, offenbar aus einem mifsverstündnifa hervorgegangen. Vgl. Auf-
recht und KirchbofiT umbr. aprachtl. bil. H p. 180.
er6rtermig«D aus dem gebiete der itiuuSfie^Tprachen.
18t
gatro hatu, destrarae scapla anovihimu", i. p. Qmim —
consppxerit, -am -am -itor, -atrum teneto, in dpxtrain sca-
pulam -itor, so ist es offenbar, dafs als objekt r.um zwei-
ten auovihimii entweder das cringatrom allein oder beide,
die perfa und das cringatrom, binzuzudeuken sind, nicht
aber, was Aufrecbt und KircLhoff umbr. spracbd. bd. II
p. 242 ffSr allenfalls möglich halten, die perca allein; denn
dieses verhindert die Stellung der worte „destrame scapla
anoTihimii" unmittelbar hinter ;,cringatro hatu". Jedenfiills
also soll in dieser stelle das cringatrom auf die rechte
Schulter genommen werden. Ebenso aber kann II. b, 27 — 29
das, wo das cringatrom gehalten wird, die rechte euza,
der haltenden person zukommen, was um so wahrschein-
licher wird, als an beiden stellen, II. b, 27 — '29 und
VI. b^ 49 vom cringatrom die rede ist und an beiden stel-
len, dort die rechte schutter, hier die rechte eiiza, wo das
cringatrom zu tragen ist, genannt wird. GewiTs ist
dies freilich nicht, da es sich gleichwohl mit der eur.a so
verhalten kann, wie Aufrecht und Kirchhoff angenommen
haben. Da aber auf diese weise die bedentun» von euza
ganz ivnklar ist, so gewinnen wir durch dieselbe nichts für
die bestimruung der bedeutung von cringatrom. Diese
ist vielmehr auf anderem wege zu suchen. Dal's unter
cringatrom ein Werkzeug zu verstehen sei, zeigt die en-
dung tro. Vergl. meine abhandlung de vocab. nmbric.
fictione. Partiell p. 16. Krenka aber b. cringa ist ein
mit znsatz eines a von einem uominalstamm abgeleitetes
verbalthema, dessen zweites k durch den erweichenden ein-
flufs, welchen daa n auf eine folgende inlautende tenuis
in der jüngeren umbrischen spräche ausübt, in dieser, wie
in dem aus ursprünglichem ivenka hervorgegangenen
ivenga (juvenca) und in dem lat. Sangus (Fest. p. 317 M.)
fürSancus, zu g geworden ist (vgl. Aufrecht und Kirch-
hoff umbr. sprachd. bd. I p. 96), während eben dieses n
in der älteren spräche auch ausfiel, so dafs, wie iveka
späterem ivenga, ebenso neben krenkatrum (I. b, 11)
krikatru (IL b, 27. 29) späterem cringatro (VI. b, 49)
gegenübersteht. Vgl. Aufrecbt und Kirchhoff umbr. eprachd.
9*
132
Zeyf»
bil. I p. 97. Der nominalstamm aber, von welclieDi krenka
s. cringa abgeleitet ist, miils mit den von liuschke oak.
und sabell. sprachd. p. iMI und iguv. tafeln p. 219 vergli-
ebenen ahd. bring und nhd,kring-el und den von mir
in der abband!, de vocabul. unibric. fictione. Part. II p. 11»
angeführten slawischen Wörtern krank und krong (cir-
culus) zusammengestellt werden. Wie ferner das tmibri-
Bche krenkatrum in der älteren spräche auch ohne n
erscheint, ebenso fehlt dieses in dem griech. xplxog, so-
wie im griech. y. t ^ y. ti i^ und lat. cireus, in denen zugleich
das r versetzt ist. Siehe über diese Versetzung des einem
couBonanteu im anlaut folgenden r an den scblufa der silbe
Ritscbl im fünften, achten und siebzehnten der plautjni-
schen excurse im rhein. mus. VII p. .'in.Tff., p. 561 ft'., VIII
p. 150 ff. und ebendaselbst IX p. 478 ff. Das unibrische
verbaltheraa krenka s. cringa ist demnach identisch mit
dem des ahd. bringjan und lat. eiroare (Ilildebrand
Glossar, latin. p. 53), d. h. xvx'/.6m. Krenkatro s. kri-
katro = cringatro mufs also von urfeta verschieden
sein und ein instnunent zur bescbreibung eines kreises be-
zeichnen, nicht „circuliis, ring, reif"*, wie Mnschke osk.
und sabell. sprachd. p. 90 und iguv. tafeln p. 218. 22(1. 334.
336 und 691 will. Ich übersetze es daher durch iciny.ivog,
circinus. Wie aber die urfeta eine sinnbildliche bedeu-
tung hat, ebenso wird auch die des krenkatrnm eine
sinnbildliche sein, die wohl als eine ähnliche gedacht wer-
den kann, schwerlich aber näher zu bestimmen ist.
5. Vasce,
Die auf einem trinkgefiifse bei Jos. Kamp in seiner
Schrift „die epigraphischen anticaglien in Cöln", Cöln I8t!9
sich findende aufschrift vaace ist weder für ein unbekann-
tes wort, noch mit dem recenaenten dieser Sammlung in
Zarncke's literar. centralblatt 1870 no. 1 1 p. 285 für ver-
derbt zu halten. Vielmehr ist vasce abgekürzt für va-
lesce geschrieben^ wie fia für filia Corp, Inscr. Latin.
I, 1347. Mithin ist die» ein ähnlicher trinkzuapruch, wie
fSrterungen aus dem gebiet« der italischen Bpracben.
133
die aufachrift vires, d.h. ich wünsche dir vires, weiche
ein anderes trinkgeföls derselben Sammlung darbietet.
6. Alternip.
Im
rali
liest för alt(
Carmen fratriim
4a und b steht, 4c Mariui alternip, welches, wenn es
richtig wäre, weil unverändertes p im auslaut lateinischer
Wörter nur nach abstol'sung des auslautenden vokals, und
zwar nur in dem apokopirten volup s. volop för vo-
lupc, sich zeigt, für alternipe gesetzt und mit ipsippe
bei Fest. p. 105 M. zu vergleichen sein würde. Allein der
richtigkeit dieser lesart steht nicht blos entgegen, dafs das
itdjectivunj alte raus nirgends mit der verstärkenden par-
tikel pe verbunden erscheint, sondern auch, dals Momm-
sen Corp. Inacr. Lat. I, 28 p. 10 über alternip bemerkt:
„ita fere tabula; litterae tarnen deformatae magis sunt
quam permutatae". Die herauegeber des Carmen haben
daher kein bedenken getragen, wie 4a und b, so auch 4 c
alternei zu lesen, obgleich es leichter scheinen könnte,
alternip mit Veränderung nur eines buchstaben in das
bei dichtem und prosaikeru häufige alterais, als mit
Veränderung zweier buchstaben in alternei zu verwan-
deln. Wenigstens könnte man dagegen nicht anführen,
dafs alternei, weil es 4a und b stände, auch 4c stehen
müfste; denn für sins, wie 2a und b gelesen wird, i. e.
sinas^ findet eich 2c aers, i. e. siris a. siveris. Gleich-
wohl erscheint weder alternei noch alternis bei erwä-
gung des folgenden richtig. Mit ausnähme von 1 a. b. c,
wo die Lares angerufen werden , ist das ganze Carmen an
den Mars gerichtet; dessen Zusammenhang würde aber of-
fenbar unterbrochen, wenn, was an sich eine ungeheuer-
liehe annähme ist, 4a,b. c advocapit für advocabitis,
wie man mehrfach gewollt hat, zu fassen wäre, dergestalt,
daft diese worte gar nicht in bezug auf den Mars stän-
den, sondern von den fratres zu einander gesagt würden.
Vielmehr, wie 2a. b. c Mars angeredet wird, ebenso ge-
schieht dies 3 a. b. c, wo ich mit den meisten herausgebern
134 ZejCa, erorterungeii aus dem gebioto der ttaliscLen nprsclieu.
lese; Satur furere, Mars, Urnen sali, eta Berber
und mit PreJler (in der recension von Klruiseii de carm.
fratr. arval. in der Hall, allgem. L. Z. 1841. September
no. IGt) sali und ata transitiv und als simplicia pro com-
positiü nehme, so dai's also timeu sali durch limeu äu-
pcrsili uüd sta herber durch siste verber zu erklären
ist. Der zusaminenhatig würde also, wie Preller mit recht
sagt, dieser sein: „Satt des rasens kehre im kriegestauze
zur(k"k ober die schwelle tind lafs ruhen die geifael", und
der gegensatz der aus den earceres seines haines mit dem
kriegs-wagen hervorstörzeude Mara, von dem Ovid. Metam.
XIV, 820 sagt: „Conscendit equos GradivuB et ictii Ver-
beris iucrepuit". Daran achliefst sich nun v8. 4, in wel-
chem, wie advocapit zeigt, mit Grotefend (in der recen-
sion von Klausen de carm. fratr. arval. in der zeitsehr. f.
die alterthumswissenach. 1837 no. 13) alternei in alter
nei aufzulösen und zu construiren igt: nei alter advocahit
cunctus Semones. Nei ist hier nach alterthilmlichem
Sprachgebrauch ^= non und für alter worden wir nach
gewöhnlicher redeweise alius erwarten. Der sinn ist also:
Nicht soll ein anderer sämmtliche Semones zu unserer
hfilfe herbeirufen, sondern hilf du uns. So reiht eich pas-
send der schlnfa vs. 5 an, in welchem Mars nochmals
mit den werten: Enos, Marmor, iuvato! augerufen
wird.
Zeyfs.
B eine ikun gen über den urspnuig der lateini-
schen Suffixe clo, culo, cio; cla, cula, cra;
cino, cinio; ciindo.
Im lateinischen werden durch das priniärsnffix clo
oder gewöhnlicher culo neutra gebildet, welche ein Werk-
zeug (mittel, ort) zu einer handlung bezeichnen. Seltener
sind entsprechende feminina auf cula. Wenn ein 1 vor-
hergeht, wird der dissimilation wegen die suffixform cro
vorgezogen.
Bugge, Int. safflxa clo, culo, <to; cIb, ciila, crs etc.
135
Ebel war nieiues Essens der eratp, welcher (in dieser
zeitscBr. XIII, 296) die verniuthuag änfserte: ,, Vielleicht
eind lat. -er um und -dum nichts als euphonische ver-
wandlungea des -trura und -tlum". Dieselbe meioung
wurde voo Leo Meyer (vergl. gramm. II, 356 ff.) bestimm-
ter ausgesprochen und von Ascoli in einer eigenen abhand-
lung (s. d. zeitschr. XVII, 146—150), welche ich nicht ge-
sehen habe, ausfiihrlicih begrOndet. Dagegen wurde diese
erklärung von Corasen als entschieden fehlerhaft zurück-
gewiesen j B. ausspräche 2. ausg. namentlich 1, 39 f. 16^.
Ich bin vou der richtigkeit der genannten erklärung, die
ich selbständig gefunden hatte, fest überzeugt und werde
sie hier zu stützen versuchen.
Mit dem lat. c(u)lum hat Lottner (zeitschr. VII, 48f.)
unzweifelhaft richtig das lit klas maec. verglichen. Hier
ist isuerst daran zu erinnern, dafs das neutrum im litaui-
schen aufgegeben ist. Neben -kla-s erscheinen -kla
und -kle (aus kljä) fem. Die lettische spräche hat -kls
masc. ^= lit. -klas, -kla f. = lit. -kla, -kle f. = lit.
-kle; aufserdem noch -kli-s masc. (statt klja-s), was
im litauischen selten ist. Die genannten italischen und
baltiscbeti suffixe stimmen in der anwendung genau über-
ein. Sehen wir zuerst die ableitungen im verhältnifs zu
den Stammverben. (Die litauischen werter sind nach Nessel-
manu oder Schleicher, die lettischen nach Bielenetein ge-
geben.)
Durch das genannte lat. sufßx werden von einsilbigen
vokalischen verbalstämmen substantiva gebildet: po-culum,
ob-sta-cuhnu. Ebenso lit. duklas futterkorb, diVklfe
abgäbe (dü'ti gehen); uz-stokle Vertretung (ui-stöti);
stäkles plur. taut. Webstuhl (würzet sta).
Von verbalstämmen der dritten conjugation: fercu-
lum, involucrum. So lit. irklas rüder (irti rudern),
ginklas wehr (glnti wehren). Häufiger im lateinischen
mit i (aus e) vor c: vehiculum, praefericulum. So
lett. mett-e-klis zoll (mest werfen), tin-e-kÜB fleoht-
werk (tit winden).
Von verben der i-conjugation: redimiculum, perl-
136
Bugg«
ciilum, pavicula. So lit. wystyklas windel (wystyti
wickeln); gauyklä weide (gatiyti hüten). Mit schwin-
den des charaktervokales i: sarculum von sarire; vgl.
lett, giineklia Viehtrift vou gaiiit hüten,
Von Verben der a-conjugatiou: oraculiim, piaculum.
So lit, medzökle jag d ( me dz öti jagen), apwynoklis
ni. bandage Ness. (wynöti, bei Schleicher und Kurschat
wyni 6ti wickeln).
Selten von verben der e-conjugation: aediculum =
sedile Fest, apud Paul. p. 336, torculum {wenn statt
torc-culuüj) von torquere. Auch im litauischen und
lettischen nicht sehr häufig: lett. kaweklis faindernifB von
kawet aufhalten.
Die entsprechenden feminina sind im lateinischen nicht
so bänfig, und selten schwankt bei einem und demselben
werte das geschlecht zwischen neutr. und fem.: terricula
und terriculum, verticula, spätlat. ver ticul um, vgl.
ital. sonaglio (d. i. sonaculum}, franz. sonnaille (d. i.
sonacula). Im litauischen und lettischen werden viele
Wörter fem. gen. gebildet, und nicht selten schwankt bei
einem und demselben worte das geschlecbt.
Von Seiten der bedeutung ist merkwürdige Übereinstim-
mung, wie aus der folgenden Zusammenstellung hcrvorge-
heD wird.
Lat. redimicülum, vinciilum (wenn statt vinc-
-culnm), subligacnlum. So lit, wystyklas gewöhn-
lich phir. wickelband, apwynoklis bandage.
retinaculum. So lit. kybeklas fischerhaken (vgl,
kabeti hangen).
perpendiculum. So lit. tesykife senkblei, richt-
schnur (vgl, testi ausspannen).
miraculum. Lit. stebiiklas wunder ( steh e'tis eich
wundern).
spectaculum. Lit- regykle Schauspiel (rege'ti
schauen).
terricula, terriculum; ital. spaventacchio u.s.w.
schrecknifs, grundform *expaventaculum. Lit. baidy-
kla Bcheuchpuppe (baid^ti scheuchen).
Ut. »ufTis« cIq, cnlo, cro; clo, culft, cra etc.
137
propugnaculum , spätlat. tut ac ulum, prov, de-
fenaaih schutzweA, gruudform 'defensaculmu, Lit.
ginklas webr.
Spätlat. signaculiim. Lit. zenklas zeichen (vergl,
zinöti wissen),
jentaculum. Lit.walgyklas speise (walgyti essen).
obstaculum. Lett. kaweklis hindernifs.
verticiila. Lett. lüzeklis giied, gelenk (vgl. luzit
beugen).
Span, acertajo, acertijo räthsel, grundform 'ad-
certaculum {acertar errathen). Lett. mikla räthsel
(mit ratbeo).
babitaculum, C4ibiculum. Lit. buklas aufcot-
haltsort, wobnung Ness. (bi'iti sein); lett. dfiwüklis Woh-
nung (dfiwüt lebeUj wohnen).
jaculum (weuQ statt j ac-culum). Lit. ezaudykle
geachofs, pfeil (szaudyti scbießsen).
ferculum. Lit. neszykle trage (vgl. n&szti tragen).
specula. Lit. sargykla warte, wachthaus (vgl. Ber-
ge ti wache halten).
sarculum. Vgl. lett. gräbeklis barke (gräbt harken).
Einige lateintscbe und baltische Wörter decken sieb
ganz, indem auch der stamm derselbe ist.
Lat. eubücula, indüciila entsprechen, wenn wir
von sub-, ind- absehen, ganz dem lett. äukla, vergl. lit.
aiikle, fufsbinde. Das stammverbum lat, 'uere ist iden-
tisch mit dem lit. aüti fufsbekleidung anlegen, wo nur die
bedeutung specieller gefafst ist. ücula ist aus oucia,
au da entstanden.
Lat. saecjulum, saecluni ist, wie Lottner zeitschr.
VII, 49 sah, vom lit. scklä f. saat nur in betreff des ge-
schlechts verschieden. Formell ist diese erkiäruug unan-
fechtbar: ae kann hier „das scbriftzeichcn eines langen
nach n hinlaufenden e '' sein wie in scaena, saepes (vgl.
Corssen ausspräche P, 325 f.). Auch für die bedeutung
ist diese ableitung zutreffend: in der älteren spräche be-
deutet saechiin geschlecht, generation, welche bedeutung
sich natörlich erklärt, wenn sero, sevi, satum säen,
138
Bugge
zeugen (vgl. seminium ) das etammwort ist. Synonym ist
yst'Sr'e: npÖQwv ysverj wurde gesagt v/^ hominum sae-
cla; auch die weitere bedeutungsentwickelung ist für ye-
veä fast dieselbe wie für Baeculum: menscbenalter, Zeit-
alter, grofserer Zeitraum. Und wie saeculuin von wz.
se, sä, 80 ist )'sv(« von wz. yev erzeugen gebildet. Leo
Meyer (zeitöchr. VIII, 24D) hat für die bedeutungsentwicke-
lung auch got. inanasejjs loenschheit, eig. mens€bensaat
verglichen. Corssen ausspräche P, 377 greift ohne noth
zu einer wurzel, die sieb im lateinischen sonst nicht fin-
det; bei seiner deutung von wz. si binden scheiut mir die
bedeutungsentwickelung wenig natürlich.
Fast vollstündig d^pken sich auch lat, sediculum =
sedile Fest, apud Paul, und lett. sedeklis sitz.
Nath dem hier entwickelten darf ich die Identität
dier lateinischen sulßxe clu-ni, culu-ni, cru-m, cula
mit den lit. kla-s, kla als bewiesen ansehen. Nun läfst
sich das lit. kla-s, kla mit Sicherheit auf eine ältere form
zurückführen, wie dies von Wenzel Burda (beitr. VI, 245)
nachgewiesen ist. Er macht auf das altpreufs. ebsen-
tliuns assei „du hast bezeichnet aufmerksam; daraus
geht hervor, dals lit. zen-kla-s zeichen aus zen-tla-s
entstanden ist und dasselbe suffix wie gr. ^v-t^o-v enthält;
rko ist aber unzweifelhaft eine Variation von tqo, tra.
Diese erklärung wird durch viele andere Wörter be-
stätigt.
Lit. arklas pflüg (von ariü, ärti pflügen) steht statt
artlas = ksL orale statt ora-dlo, poln. ra-dlo, altn.
ar-ffr, lat. ara-trum, kymr. ara-dyr^ griech. a^o-rnor.
Die stammerweiterung, welche cansative bedeutung giebt,
ist in dem litauischen und altoordischeD worte weggefallen.
buklas, aufenthaltsort, wohnuog, höhle eines thieres
(auch existenz; nebenformen bukla, bukle) statt bu-
-tlas (von biiti sein) = böhm. by-dio n. wohnung, alt-
sächs. (bodel oder bodal masc.) plur. bodlös haus und
hof, grundbesitz, ags. bold n. gebfiude, Wohnort, statt
bodl, daneben botl, s. meine bemerkungen in der scan-
dinav. zeitschr. f. philol, VllI, 291.
lat. euffixe elo, cnlo, cro; cla, cuIb, cra. etc.
139
irklas rüder (von iriü, irti rudern) statt irtlas =
skr. aritra m. n., ahd. ruodar, uhd. rüder.
Lit. aükle f., lett. aukia f., auklis lu. = altbaktr.
aotbra o. scbub,
Lit. düklas m. futterkorb, dükle abgäbe = skr.
dätrü n. geschenk (M. Müller Rig-Veda-Suuh. transl. 228);
altbaktr. dätbra d. gescheuk.
Lit. gerkle f. giirgel, Schlund (von gerti trmken),
gurklys m. kröpf der vögel, adaragapfel, vgl. ksl. grulo
(Collum, guttur) statt grudlo, böhm. brdlo.
Lit. a.tminklaa merkzeichen (atminti gedenken),
paniinklas muster, denkmal, vergl, lat. luonstrum eig.
anzeige (davon: muster).
Dieser lautübergang läfst sieb in den baltischen spra-
chen auch sonst nachweisen. Sxyrwid bat lit. turklelis
turteltaube, das aus turtlelis entstanden ist. Gum ana-
log ist gl statt dl im lett. segli pl. sattel ^ sedli (Bie-
leustein I, 150). Umgekehrt tr statt kr im altpreui's. yt-
troy Wade, vgl. lett. ikri, poln. ikra (Pott in beitr. VI,
117). So stellt auch Pauli in beitr. VI, 44Ö altpreufs.
addle tanne, poln. jodia zu lit. egie. Bei der äuderung
von tl in kl ist vyahrscheinlich, wie Ebel (xeitschr. XIII,
296) meint, dissimilation mitwirkend getvesen, denn t ist
näher als k mit i verwandt. Vgl. Benary in d. zeitscbr.
I, 77. Wie nahe die physiologischen bedingungen für die
lautwäudelung tl in kl (dl in gl, tu in kn, tr in kr)
fast überall liegen, wird die folgende Zusammenstellung aus
verschiedenen (sogar unverwandten^ sprachen zeigen.
Aus einem böhmiseben dialecte weist Burda (beitr.
VI, 245) anlautendes kl statt tl nach.
Im finnischen: karel. niekla, nekla nadel, statt
netia aus got. nepla (Thomseu den gotiske sprogklasses
indflydelse paa den finske, s. 68). Karel. siekla sieb,
selbe, statt sietla, erklärt Thomseu aus dem slaw. ce-
dilo, leb sehe darin vielmehr ein lehnwort aus dem ger-
manischen: altu. säld D. sieb steht statt sädl, wie ags.
bold, seid (sessel) statt bodi, sedl, aus einer wurxel
sä, die wir im griech, aäw, d\Ow wiederfinden, säld
140
Bugge
wfirde im gotischen sedl liuiten, und dies sonst verschol-
lene got. wort findet sich beachtenswerther weise im fion.
stekla, bewährt.
Im zigeuo schuklo, schiikalo sauer statt schutlo
aus Schutt essig = pukta; kokii achcere statt katli
^ skr. kartri, s. meine bemerkungen beitr. I, 154.
Im ennskrit: äsita schwarz, fem. äsikui statt asitnl
(hilft dies asiknT uns got. azgö, stamm azgön, asche
erklären?); palitä grau, fem, päliknT statt palitni. So
steht wohl nÄkra m. ein gewisses wasserthier, in der spä-
teren spräche nakra m. krokadil statt nä-tra von v/z,
snä sich baden, hit. na-re schwimmen; vgl. lat. natrix
wasserschlange, ir. nathir, got. nadrs, natter Vgl. auch
skr. valtaknü beredt mit ärugatnü zerbrechend, pljatuü
höhnisch.
Im nord.: dän. ögle^altn. e.' la, eäfla ^;^i5j'«; umge-
kehrt altn. trana, trani vgl. ahd. chranuh, gr, yinavo^.
Im vorhergehenden habe ich nachgewiesen
1) dafs die latein. sufßxe ciiliim, clii-m, cru-m und
cula mit den litauischen kJa-s und kla identisch sind;
2) dals lit. kla-s, kla aus tla-s, tla entstanden sind.
Folglich sind lat. eulu-m, clu-m, cru-m, cula aus
tlu-m, tru-m, tla entstanden.
Wir haben schon gesehen, wie weit verbreitet der
öbergang von tl in kl und die damit analogen lautwao-
delungen sind. Es mufs aber hier hinzugefügt werdenj,
dafs sie auch in Sprachgebieten, die dem lateinischen sehr'
nahe liegen, häufig hervortreten. So im romanischen oft
er, gr statt tr, dr: prov. cremer, franz. craindre =
lat. tremere; span. crem a = ro/]««; katalan. pogre statt
podre aus einer grundform potcre habeo, roman. ca-
tegra = cathedra, und mehr bei Schuchardt vokatis-
mus d. vulgäriat. I, 158 f. III, 8o. Noch näher hegt uns
hier, dafs die romanischen sprachen den Übergang von in-
lautendem tl (gewöhnl. aus lat. tül entstanden) in cf vor-
ausBPtzen: ital. vecchio setzt nothwendig veclus ^ ve-
tulus voraus. Der meiuung Corssens (ausspr. P, 39), es
sei hier suföxvermenguug, nicht phonetischer lautübergang,
lat. surfize clo, culo, cro-, da, ruia, cra etc.
141
ümehmeii, kann ich, wie Ascoli, nicht beitreten. Erstens
ist ä'H'hP. aaiialuijo unnothig, da pliorietisc-hor lautübergang
von t (z. b. in der verhlndnug tr) Id c in den roman. spra-
chen sonst nicht selten vorkömmt und da phonet. lautüber-
gang von tl in kl in vielen anderen sprachen nachgewiesen
ist. ZweiteQs palst diese erkläriiog nicht flür alle HLlle, denn
Übergang von tl in c\ kommt im rouiaiiischen auch da
vor, wo von siiffix vermengung keine rede sein kann; 50
rbätorom. inclegie r = in teüegere (Ebel zcitschr. XIII,
296), Barclamiu = Bartholomaeus (Scliuchardt vo-
kaliaraus III, 82j. Die formen mit cl statt tl, tiil, welche
von den romanischen forniPn vorausgesetzt werden, kom-
men in spätlateinischen handschrifteu liäufig vor: veclus
= vetulus, capiclum =^ capituluni, sicia (neugr.
isixXa) = situla, seacla = sextula u. s.w., s. Schu-
chardt vokal. I, 160 f. 111,82 f. Diese formen gehören nicht
nur unwissenden Schreibern, sondern wurden im volksmunde
gehört, Der lautübergang, der in vorgeschichtlicher zeit
in den lat. aufllixen culu-m, cru-m, cula statt thi-ni,
tru-m, tla eingetreten ist, wiederholt sich in epätlat. und
roman. formen wie veclus, vecchio; raschiare d.i.
rasciare gegen lat. rastrum.
Auch in der römischen litteratnrsprache lassen sich
einige beispiele nachweisen, anclare statt antlare. Cors-
sen krit. beitr. 357 sagt: »Die [von Paul, excerpt. Fest.
gegebene] crklärung des alten verbum anclare durch hau-
rire ist eine irrige und lediglich aus der Zusammenstel-
lung desselben mit griech. di'Tkfer entstanden". Es ist zwar
richtig, dafa das ecbtlat. anclare, anculare = raini-
strare vom griech. rh'T'/.Hf ursprünglich ganz verschieden
ist. Allein auch oci'Ti.Biv (d.i. haurire) wurde im latei-
nischen in der form anclare gebraucht. Bei exanclare
weisen die bedeutuugen, wie die zusammenaetziing mit ex,
ofi'enbar auf ^^«rrAeti', nicht auf anclare = mi nistrare
hin; die form exanclare mit c findet sich (in der bedeu-
tung ex haurire) iu den besten handscbriftcn, so Plaut.
Stich. I, 3, 116 in allen unseren handschriften , sogar im
Ambros., auch bei Nonius; nur in der anftohrung dieser
US
BuR^e
stelle bei Sergius mit t. Auch in X . VIR.SCLIT . IVD .
Momms. inscr. r. Neap. n. 314 (= STLIT.) hat man kein
recht einen Schreibfehler zu sehen, denn im genannten titel
war die alterthümliche wortform lange geläufig, nachdem
sie im soustigen gebrauche versehwundeii war.
Die hier angenommene entsteliung der lateinischen Suf-
fixe culu-m, clu-m, cru-m, cula kann nicht dadurch
widerlegt werden, dafs ein siiffix tiilo, tula, wenn auch
sehr beschränkt, und bäuBger tro, tra daneben im ge-
brauch war. Dies kann nur zeigen, dafs der lautiVhergang
tl, tr in cl
er nicht durchdrang, so wenig wie im litaui-
schen der Übergang von tl in kl (spetkis, tutlya, put-
lus u. m.).
Von den zwei lateinischen formen clu-m und cu-
lu-m ist also clu-m die ursprünglichste. In cuin-ra
ist u zwischen c und I eingeschoben wie in Hercules
aus '//poz//]i,', Aesculapius aus yicrxlijTTiug.
Wahrscheinlich gieng tlu-m {mit der ira lateinischen
überhaupt unbeliebten lautverbindung tl) früher in clu-ui
als tru-m in cru-m über, Wir dürfen hier von culu-m
(clu-m) ausgehen, weil es weit hätifger angewendet wird^
da es einmal immer gewählt wird, w^ r im worte vorher-
geht, ferner wo weder r noch 1 vorhergeht, zuweilen sogar
wo 1 vorhergeht (subligaeulujn, clunaculum, umbr.
ehvelblu), während er um nur gewählt wird, wo l vor-
hergeht, und sogar da nicht immer. Wenn dei Übergang
von truni in er um somit durch die analojiie von elum
statt tlum herbeigefülirt wurde, kann der umstand, dafs
tr im lateinischen eine gewöhnlic'ie lautverbindung ist, die
hier gegebene erklärung nicht widerlegen.
Diese läfst sich auch durch lexikalische Übereinstim-
mungen stützen, welche ich hier {grüfstentheila nach As-
coli u.a.) zusammenstelle, poclum, poculum statt po-
lom = skr. patra-m (worin vielleicht zwei Wörter zu-
sammenflössen). DazQ verhält sich Tcortjoiav^ wie ßuxrt^-
QtGv zu ßdxTQDv^ nfiauT t'jQioi' zu periculum.
vehiculum statt vehetlom=^ gr. o^srAoi', kircLensl.
vezlo rüder statt vezdlo, skr. vahi'tra-m sofciff.
lat. Buffixe cIo, cnlo, cro; cla, cula, cra etc. 143
baculam wohl statt bac-culum (wie jacnlum wohl
statt jacculum), bac-clum,.bac-tlom = ßaxxQov (ge-
wifs nicht = skr. gätra).
in«volücrum statt volutrom = 'Hvtqov', vgl. skr.
varütra-m oberkleid.
lavacrum vgl. AosrpoV.
(ind-, sub-) ücula vgl. altbaktr. aothra n. schuh,
8. oben.
lucrum darf nicht mit skr. lötra-m beute identifi-
ciert werden, wenn dies ans löptra-m entstanden ist.
fulcrnm ist kaum mit skr. dharträ-m stütze völlig
identisch, sondern wohl aus fulccrum entstanden.
In ferculum, praefericulum, feretrum stehen
verschiedene formen desselben Suffixes neben einander.
Wenn ich darin recht habe, dafs das lit. kla-s, kla
die entstehung der lat. suffixe clu-m, culu-m, cru-m,
cula aus thi-m, tru-m, tla sichert, so ist die erklärung
aus einem nominalstamme cero = skr. kara damit wider-
legt. Diese erklärung scheint mir auch an sich unwahr-
scheinlich. Da die wz. kar im lateinischen nicht als verbum
gebräuchlich ist und nur in ableitungen wie cerus = Crea-
tor spuren (alle mit r, keine mit I) hinterlassen hat, müfste
auch bei dieser erklärung die entstehung der genannten sufSxe
weit zurückgesetzt werden. Man sollte dann in den ver-
wandten sprachen entsprechende sufBxe erwarten. Nir-
gends werden aber in diesen uomina von verbalstämmen
durch das suffix kara gebildet; die skr. und altbaktr. Wör-
ter auf kara sind alle entweder mit einem nominalstarame
oder mit einem casus eines nomens zusammengesetzt, z. b.
skr. bhajankara furchtbar, altbaktr. maSghö kara wol-
kenbildend*). Ein wort wie päkara-m (aus wz. pä -4-
kara aus wz. kar), welches Corssen für pocnlum vor-
aussetzt, würde nach einem principe gebildet sein, das in
der älteren entwickelung der japhetischen sprachen nicht
sehr oft befolgt ist. Schliefslich sei erwähnt, dafs einige
lateinische adjectiva durch die primärsuffixe culo oder
cro und cri gebildet sind. Diese adjectiva verhalten sich
*) Skr. puSkara, paskala, farkarä sind nicht sichere ausnahmen.
144
Bugge
ZU den neutralen eubatautiven anf culu-m, cru-m, wie
z, b. adjectiva auf brOj bjri (creber, alehris) zu den
neutralen Substantiven auf brum: ridiculu-s steht also
statt riilitlo-s; ludicer, ludicrus statt loidetro-s;
volucer, volucris statt volutri-s. Man vergleiche akr.
adjectiva auf tra: göhtitra laut rufend; pavitra (nicbt
in der vedasprache) reinigend, rein; gr'iech. läh/i^^Ui; ge-
acbwätzig. Wie ridiciilus, ludicer, die im neutr, oft
substantivisch gebraucht werden, von ridere, ludere, so
lett. sinikls spafs von snilt lachen*).
bri ist sowohl secuiidäres als primäres suflSx, daher
scheint mir wie Corssen das suffix in anniculu-s, mas-
culus, vernaciiluB mit dem suffixe in ridicalus iden-
tisch. Vergl. lett. jäuneklis jüugling von jäuna jung,
widduklis uiittelstöck von widdus mitte. Die beden-
tung zeigt, dafs aoniculus, vemaculns nicht durch das
diminutivsuföx culo gebildet sind; auch werden nicht di-
mintitiva von masculinis auf a mit beibehaltung dieses vo-
kals durch das suffix culo gebildet.
Da im lateinischen inlautendes c vor I und r oft aus
t entstanden ist, dürfen wir dieselbe sporadische lautwan-
delnng auch bei der Verbindung des t mit anderen konso-
nantcn suchen. Das lateinische secundäre suffix cTniu-ra
entspricht in der anwendung genau dem griechischen (tivij.
Man vergleiche
vaticinium mit uttvToaiivij^
latrocinium mit yÄtTTToavvi}^
patrocinium (st, patronicin.) mit äsffnotivvtj^
tirocinium mit dovlomiv)}.
Wie ratiocinium von einem abstraeten subst. abgeleitet
ist, 80 mehrere auf avvt]^ z. b. naKctifffiüavv}] ^ xtQäonvvj].
Wie latroci nium, lenoc, tiroc, ratioc. von stammen
auf ou gebildet sind, deren n vor dem antretenden sufßxe
ausfällt, so auch im griech. yvwfioiyvv}] ^ itvijuoavvr} und
viele andere.
*) Steht diacipulua der dissimilAtion halber statt diaciculn»? An-
ders Pütt et. loräch. 1. au»g. I, 193; Coissen auaüpracbc 2. ausg. I, 3C3.
lö, calo, cro; cla, cula, er« "t
yaticinium ist zunächst von vaticinu-s gebildet;
dies läl'st sieb mit f^arrodwog vergleichen. So müäseu wir
auch *patrocinu-8, *tirocinu-fl u. 8. w. vorauaaetzen,
wie wir im griech. äsßnüffvvog, äovkoavvoi; u. e. w. haben.
Von vaticinu-8 ist auf der anderen seite vatieinari
gebildet; so setzt sermocinari ein 'sermocinu-s
voraus.
Eine erklärung dieses Suffixes cino aus c-f-ino oder
aus CO, ka-hno, na scheint mir wenig anspreuheud, da
sie sich von Seiten der bedeutung nicht durch naheliegende
analogien aus den verwandten sprachen stützen läfat.
Aufrecht (zeitachr. I, 481 — 483) hat mit den bilduu-
gen auf avvt} statt ri;i'); zuerst skr. neutrale abstracto, auf
tvana verglichen: patitvanä, ganitvanä gattenschaft,
ebeverbindung u. s. w. Im altbaktrischen werden ebenfalls
neutrale abstracta durch das secundärsuffix thwaua ge-
bildet; näirithwaua von näiri weib ').
Durch die grundform tvana läl'st sich, wie ich glaube,
das lat. Suffix cinu-s mit dem gleichbedeutenden a;riech.
<rvvo-Q vermitteln, tvana wurde nach meiner vernauthung
zuerst kvana und dies später mit Verdrängung des v
(vgl. lat. canis = skr. ^.van} cino.
Die lautverbindung tv ist im lateinischen (wenn wir
von einem zweisilbigen quattuor bei dichtem absehen)
überall aufgegeben; es ist aber unzweifelhaft, dals uisprüng-
Jich in den japbetischea sprachen überhaupt diese lautver-
bindung nicht selten war, also auch für ein älteres Stadium
der italischen sprachen vorauszusetzen ist. Wie uraprüng-
Hches tv in der lat. spräche verändert wurde, läfst sich
nur durch vergleichung mit den verwandten sprachen be-
stimmen (vergl. Grafsmann zeitscbr. IX), Im lateinischen
blieb gewöhnlich das erste dement der ursprönglichen Ver-
bindung tv unverändert, v wurde entweder in u vocaliaiert
oder fiel weg: quattuor == skr. katväras, te = skr.
tvü. Allein aus solchen beispieleu darf natjUrlich aicht
*) Dias 9T]ffix tvana wuchert auch in den Tienindlsclien sprachen, so
im mahrattischen (Bopp vgl. gramm. III, 263) uod in der Eig«anurgprache,
Zaitachr. f. vgl. iprachf, XX. 2. \Q
146
Bugge
gefolgert werdeu, dafs jede andpre umwandelung des ur-
sprihiglichen tv unmöglich wäre. Meine vermutluiüg, dafs
das secundärsuffix tvana in einem vorgeschicLllicben Sta-
dium der italischen sprachen zu kvatia verändert wurde,
läfst sich durch analogien aus den verwandten sprachen
stQtzeD. Einige altdeutsche quellen (z. b. die Bogentinnten
glossae Keronis) haben im anlaut zuweilen qu statt des
gewöhnlichen zu: quei, quifalt, queou u s. w., und
dieser laut Übergang muls noch ehe tw ku zw wurde ein-
getreten sein (Holtzmann altdeutsche graram. I, 276). Noch
liegt qu aus ursprünglichem pv vor in neudeutschen for-
men wie quirl, queble, quer u. s. w. Derselbe laut-
übergang kommt im nordischen vor, bei wenigen Wörtern
schon im altnordischen, bei mehreren in neueren schwedi-
schen dialecteu. Altn. kvisl f. zweig, flursariu statt *tvi&l
= ahd. zulsala; kvistr m. zweig statt *tvi8tr ist mit
dem deutschen zwist dasselbe wort. In Hall and, Upland,
Södra Möre härad, Finnland wird oft anlautendes kv (qv)
statt tv gesprochen (s. Rydqvist Sveneka spräkets lagar
IV, 278 und Rietz): kvivia, kvii u. s. w. Vergl. auch
proveaz. poguetz = potuistie, katalan. pogne s= po-
tui (Schuchardt vokal. I, 1 58 f). Der besprochene laut-
Obergang ist im germanischen nirgends durchgedrungen,
und ebenso war der Übergang von tv in kv im voritali-
schen nur sporadisch. Wie altn. tveir, tvistr (adj.) die
erklärung kvistr, kvisl statt *tvi8tr, *tvi8l nicht wi-
derlegen können, ebensowenig können lat. quattuor ^ skr.
Icatvüras, te :^ skr. tvä meine erklarung von cinu-s
(in vaticinu-s) als aas kvana statt tvana entstanden
widerlegen.
Wie das lat. sufBx cifDiu-m (aus tvanja-mj gegen
skr. tvaaa-oi durch ja erweitert ist, so auch das slaw.
sufSx o8-tyni (blagostyni göte), wenn tynj, wie Wen-
zel Durda beitr. VI, 193 meint, aus tvanjfi entstanden ist.
Meine erklärung der lat. sufSxe cino, cinio in va-
ticinus, vaticinium wird vielleicht auf andere lateini-
sche Suffixe licht werfen. Das primärsuffix cundo in
iracundus u. s. w. ist bisher nicht flberzeupceud erklärt.
tat. snfflxe do, culo, cro; cla, cula, cra etc. 147
Die vermutbung, dafs der guttural in cundo von dem
nominalsuffixe co, ka nicht verschieden sei (wie sie Leo
Meyer zeitschr. VI, 380 mit einigen zweifeln, Corssen krit.
beitr. s. 43. 128; ausspr. 11% 309 ohne zweifei ausspricht)
liegt freilich nahe; 'allein diese vermutbung fflhrt zur an-
nähme bedenklicher formen. Ein adjectivum iräcu-s vom
verbalstamme irä hat, soweit ich sehe, im lateinischen
keine analogie (es müfste wenigstens iräc wie voräc lau-
ten); und iracundo als ableitung von einem adjectiv-
stamme iraco bat sehr schwache analogie. Jedenfalls ist
diese erklärung des Suffixes cundo nicht so sicher, dafs
man sich nicht nach einer andern erklärung umsehen dürfte.
Nur als frage stelle ich folgende combination auf. In der
vedasprache sind nominalstämme, welche von verben durch
das sufHx tvan gebildet sind, sehr häufig; in der bedeu-
tung stehen sie den participien auf ant nahe (s. z. b. Leo
Meyer vgl. gramm. II, 365):. krtvan hervorbringend, be-
wirkend, thätig; itvan (in Zusammensetzungen) gehend;
vi-bhftvan träger; äprajntvan achtsam. Entsprechende,
bildungen kommen im altbaktrischen vor: kerethwan
bewirker; daneben in derselben bedeutung thwant : vl-
beretbwant sich verbreitend, vgl. skr. vibhrtv&n; ^te-
rethwant niederwerfend; vielleicht auch hieber hi-
thwant schnell. In Verbindung hierait kann bemerkt wer-
den, dafs im altbaktr. thwana als primärsuffix vorkommt:
ä^taothwana n. lob. Gehört das lateinische sufBx cundo
mit skr. tvan zusammen und ist c hier aas tv ent-
standen ?
ühristiania, im december 1870.
Sophus Bugge.
io'
148
BirliDger
Zur deutschen Wortforschung.
1) schleipfen ^ pelzen, oculiereo.
Ich mache hiermit auf eine bedeutuiig des wortes
schleipfen aufmerksam, die unsere Wörterbücher nicht
kennen. Bairisch gibt es pelzen (bäume), schwäb. a(em.
impteii, impfen für ein ganz ähnliches gescbäft des
baumgärtners. Wir haben eine reihe ausdrücke iu der
i,üeu eröffneten Schatzkammer verschiedener nalur- und
kuostwunder" u,8.w. 8. Nürob. 165)4 s. 533 ff. Des „kropf-
fens oder peltzens erste art ist zwischen die rinden und
das holz, eo sonderlich zum kernobst dienlich, da soll der
stamm zu der zeit, wenn der saft in die rinden kommt,
wann er grols etwas höher, wenn er klein etwas niederer
abgesäget, hernach glatt bcechiütten (wt^rden) u. s. w." »Die
andere art vom peltzen oder impffen heifaet man in
den Spalt oder auf dfn kern und ist die beste vor das
Steinobst u. s. w." ^Die dritte art zu peltzen wird ge-
nennet in geifafufs, wann das stämmlcin also klein, dafs
es nicht zwei reiser erleiden kann, da ee danu wie eine
pfeife beschnitten und nur obeaher, da man das reifslein
einsetzen will, ein wenig abgeschnitten und verebnet wer-
den mufs." a. 53d. „ t)'^ vierte gattuug geschieht ins
creutz, wenn man nemlich auf dicke stamme vier reiser
setzen will.'* »Die fünffle art von peltzen wird genannt
das verhey rathen, wann nemlichen das reifslein am
bäum gelaisen — auf einen pflanzenstock in den spalt ge-
peltzet and dann erst abgeschnitten wird, wann das reifs-
lein eingewachsen und schössen bekommen", b. 535. »Die
sechste art nennet man das aüglen — wenn man starker
neuer schössen aflglein nimmt und solche auf junge pflanz-
stöcklein setzt", a. a. o. „Die siebende art nennet man das
röhrlein oder pfeifflein, wie auch das schleipfen —
da mufs man zwey schofs, die man hierzu brauchen will^
von einer gröfse und ähulichkett erwählen, die pfeifflein
von den besten schössen, so de8sell)en Jahres gewachsen,
nehmen und sie auf gleiche neue schoss setzen; zu ablö-
sung des robrleins am untersten theil des neuen schöfslings
znr deutschen «ortforaotiung.
149
etwanu zwei zwerchfinger lang die rinden rund umber auf-
Bchopiden, solche allgemach reiben und immerdar auf eine
stelle umdrehen, anbey aber der äugen flelfsig verschonen;
wann die rinde gelafsen das pfeiffiein völlig ablösen und
gegen der Bpitzen vollend abziehen; hernach das reifslein,
darauf man es stecken will mit etlichen geraden ritxen
aufschlitzen, die rinde wie kleine rieuilein herabziehen, das
röhrlein an das ledig abgescheite reifalein so lange, bis es
wol ausgefüllt ist und platt auflieget; also dafs sich etwas
weifses saftes obenber sehen läl'st, daran stofsen ; hernacher
die abgestofsne rinden unten her an dem pfeiffiein nicht
durchaus demselben gleich, sondern etwas höher abschnei-
den, das obere blofse theil aber hinab bis auf das röhr-
lein schaben und etwa zwei zoll hoch über demselben ab-
schneiden, auch an beiden orten, damit kein waaser darzu
kommen möge, mit etwas baumwachs säuberlich verstrei-
chen uad endlich wieder die Sonnenhitze (ob des Schat-
tens) oben an der spitze breite blätter stecken", s. 537. —
Darauf folgt noch eine art pelzens: das einlegen = äste
krümmen und wie reben einlegen d. h. gebogen, s. 538.
2) Eyspersbeerlin, ribes rubrum.
Bei Schmid im schwäb. wtb. 162 steht: Eiaperbeer,
Eieperbsbeer fflr Johannisbeere; Augsburg, Kaufbeuren
In meinem Augsb. wtb. 142 b und 152b habe ich das wort
ebenfalls aufgeführt. So viel ich bis jetzt gesucht, so konnte
ich sonst nirgends etwas Über dasselbe fiaden. Aus einer
gegend, wo rein alemannische spräche ist, zwischen Walds-
hut und Schaffhausen, theilt mir mein Freund Heckmann,
badischer Grenz-ObercontroUeur, ein dem ende des Ib.jahrh.
angehöriges handschriftliches kochbuch mit. Ich fand aber
alsbald, dafs der Schreiber nicht dort, sondern in der
schwäbisch- alemannischen grenzgegend bei Kempten und
Kaufbeuren zu hause gewesen sein mufs, ohne Schmids
bezeichnung des ortes zu kennen. Ich führe wegen der
bisher geringen anzahl von belegen mehrere stellen aus
dem genaunten kochbucbe an: Ilüener iu weisea Eys-
150
Birlinger
perbeerlin einziiemaehen. nimbt fleisch oder hüener wan
selbige sauber bereit siudt, so lassts in einer suppen sie-
den, bii's das er gleich gar gesoten ist; thuet dan ein theil
brüe darvon, tbuet eia haiidtvoll weise Eyaperbeerliu
darein, die stibl sollen sauber darvon sein ii. s. w, Bl. 53 a.
Bl. 111b: Eysperbeerli n safft. zoppf't die beerlin ab
und truckts durch ein leines säcklin wol aus und nimbt
zu 1 uaafa saffl ein seidien klerten zuckher und giefats
ander einander, lafsts sieden, bifs dafs nit mer fast rinnt
oder flpuftt, so thut in herab, hat genug u. s. w. Bl. 17 b:
ein pasteten von vögleu und hHenern; so nimb vögel und
büener, die sauber bereit seien, legis in ein pasteten, thüt
darein sflhnizlen und lemonie und ein gueten theil weise
Eyspersbeerlin u. s.w. Bl. !b: Dortten von weiespn
Eisperl'sbörlin. nimb zeittige weisse Eispersbörlin,
schneid die stile darvon, mach dan ein teiggle mit ayer
meel und schmalz, auch wasser u. s. w.
3] Geger ^ caaula.
Im bergisrhen hiefs noch vor drei Jahrzehnten die vor-
nehmere frackart mit grofaen glänzenden vergoldeten oder
eitel goldeuen knöpfeu und kurzen sehöfsen: geger spr,
Jäger, Nun kommen in bergiacheu, düsseldortischen kirch-
lichen sehatzverzeichniesen, inventarien die geger ebenfalls
schon vor in der bedeutung von (iasuJa, inel'sgewand, niiss-
achel, mcBsachel (miseahahul), was also dem fracke
noch haften gebliebener uralter uame ist und zu altem
gageo, gageren, balancieren, auf beiden seifen herabhängen
gehört. Ich theile hier eine reihe stellen mit, die ich
einem inventar des kirohschmuekes des Düsseldorfer Ma-
rienstiftes von 1397 im Staats- und proviuzialarchiv da-
selbst entnehme, primo, de ornamcntis feetivaiibus sunt:
alba, tihoricappa, eyn witke chorecappe van fluelen*)
(noch holländisch) mit eynem overgueden kroupe, ind bort
*) Ein Inventar deseelben Stifts 143~: 1'. I30b ejusd. cod. omamentum
inisfine ni^im de Bcrico elevato s. flüecl. — integmm ornamentum mis-
•Rle de »erico nigro elevato diclo FlUeel a. a. o.
zur dentschen Wortforschung. 151
myt eynem gansen myssgeger de selven kunnes. — item
eyn ganc royt guldener geger mit twSn gülden roden
cappen — ; item eyn bla guldengeger mit eyner kappen — ;
item eyn gans geger van rödem kampkot; item eyn
gans geger van rodem kampkot*) mit den wölken be-
stroQwet — ; item eyn gans geger, swart kampkot mit
gülden lysten**) sunder beilde — ; item eyn swart ge-
ger, gestrouwet myt silver mit der wäpen van der Horst
inde Wynkelhusen — ; eyn gans swart harres***) (Arras-
stoflF) geger to der berschap memorie • — ; item eyn gans
geger blä mit güldenen sterren besäet (besetzt); — item
eyn gans roide geger van onsser vrauwen, item eyn gans
groyn geger zor seilmessen, item eyn gans flueel ge-
ger gestrewet mit wyssen blomen; item eyn gans swartz****)
fluelgeger mit lysten — ; item eyn akoleyen geger
mit roiden wilden dierken — ; item eyn roit kampkot
geger mit wilden dyren — ; item eyn dunker blä geger
mit gülden XI geger.
Aus dieser mittheilung ersehen wir deutlich die band,
die des hochdeutschen sich befleifsen will und die noch
des unverschobenen lautbestandes gesetze wahrt. Aehn-
liche Vorgänge sind ftr die geschichte der neuhochdeut-
schen Sprache am Niederrhein sehr beachtenswertb , wo
bekanntlich erst am Schlüsse des 16. jahrb. nicht ohne er-
heblichen einflufs des Bonner protestantischen gesangbu-
ches das hochdeutsche so recht in die höhe kam. Der
Düsseldorfer rath liefs seine protocolle noch c. 1550 ganz
platt- und niederrheinisch abfassen.
*) Inr. 1437 f. 140 a: integram omamentiuii missale com omnibns
suis attinentiis mbrum kampkot. — rttbram ornamentum de kampkot.
**) Inv. 1437: in oririis dictis lysten. cnm oririis aareis in-
sertis.
**•) Das Inv. v, 1487 hat: de panno harres.
****) So hat dieselbe handschrift: mit syden strypen und das neuere
stryfen. Bl. 2b. BI. 8a: eyn wyt omament gespart mit wifser syden. i
neben ei fttr T nebeneinander; und en, ey für iu desgleichen; twSn ne*
ben zwen und dat. — Ganz mundartlich bouk, buch, versenbo.uk, ver-
sikelbuch der klosterfrauen in den boren, zwey methenbonk u. s. w.
152
BirÜDger
4) Struot.
Zu zeitschr. XIX, 3l3ff.
Gleichzeitig mit XIX h. 4 dieser Zeitschrift erschieDen
auch die deutschen Virgilglossen im I. hefte des dritten
bandes neue folge der Haupt'schen Zeitschrift. Einen wei-
tern beleg bringt der Herausgeber Steinmeyer aus Altswert
8.226: «wie grulich was die atrut und auch des meres
freis". Hpt. zt. s. 108, zeile 42. 180, nachtrage. Nun hat
mir auf meinen artikel oberlehrer Waldmann in Heili-
genstadt, Eichsfeld, die bestätigung meiner sätze, die För-
stemann geahnt, MüUenhofF als wahrscheinlich vermuthete,
geschrieben. Ich entnehme dem sehr dankeuswerthen Het-
ligenstädter gymnasialprogramme Waldmanns von 185B:
„Ortsnamen vonlTeiligenstadt" folgendes: „Strutborn d.h.
der brunnen in der Strut. Struot übersetzt Grimm R. A.
8. 635 mit Silva, GrafiF 6, 751 läfst es unentschieden, ob
es wald, gebüsch, kothiger buech oder flufs bedeute. Das
sehr häufig bei uns vorkommende wort bezeichnet jetzt von
dem allen bald dieses bald jenes. Schon im jähre 1162
war es hier ortename geworden: Guntherodt cum aylva
Strotb. Wolf p. G. 1 Urkunde s. 11; so heifst die ge-
gend noch heute. Strut s. 1273. — Eichstruth sind
die bekannten dörfer, Strut heifst im thüringer watde ein
bach und das dorf an demselben (L. Storch, wanderbuch
1851). So viel ich übersehe werden hier vorzugs-
weiee sumpfige und nasse gegenden so genannt.
Die Unstrut, alt Onestrude, wird daher die Strut
sein, aus der die One kommt. One ist eiu' bachname, sie
fliefat bei Kalmerode. Die Unstrut hätte demnach ihren
namen von der gegend bekommen, in der sie entspringt,
während sonst umgekehrt die namen von flielsenden gewäa-
sern auf die gegenden übergehen, die sie durchschneiden,
z, b. Pferdebach, Eichbach. " Dazu schrieb mir W. noch
namen wie Striet, offenbar dasselbe.
xxu (lBuUch«n wortfoHchung.
153
5) Jöuchen, jöucken.
jöucÄen, jöuc&en (sp. heute jaicAen, denn das iimge-
lautete öu wird vom Alemannen und Schwaben wie ai ge-
sprochen, als ob es von ei herkäme) bedeutet jagen, trei-
ben, hetzen: abejaicha, uffejaicha, 'räjaicha,
'noufsjaicha, futtjaicha. d'bftra ufs 'm laud ufsi
jaicha, ein allpfäiiisches bubenspiel, sonst geigerle ge-
nannt. Im SchwarzwaJd hört man jaicha ganz wie am
obem Neckar gerne für vieh vom garten, verbotenem laude
treiben; hennen wegjagen vom frisch gesäeten banffeld u.s.w.
Fedor Bech bespricht in Pfeiffers Germ, X, 403 unser
wort, das weder vom mittolhochd. wörterb. I, 773b noch
von Haupt z. Nithart verstanden ward und sagt: „es ge-
höre, nach den beigebrachten beispielen zu ur-
theilen, vorzugsweise der alemannischen niund-
art an". — Grieshabers altd. predigten J, 125. 11, 42.
I, 6 bringen die form jochen „jochet si" zerjochet von
den fuchsen Simsons; ich stelle statt o ein ö, ou auf,
was mir die richtigere lesart däiicht; oder aber der um-
laut des ou ist frohe zu ö geworden, was uubezeichnet
gelassen ist. Die Mon. Zoll. 15. jabrh. bringen jöchen.
In Geilers ev. buch 176b: wann zwen gejaucht werden
von jren freunden. Ein Vocab. Indp. bei Zarncke, Brant
hat jauchen vulgariter jagen, fugare, insequi, venari.
322a a. a. o. sind noch mehrere stellen. Oheim, Eeicben-
auer ehr. jöucken: ward Pirminiua von Theobaldo us
der insul verjöckt 12. eine» vertribenen und verjöck-
ten man. ibid. von der apptye verjöcken 8.43. — Die
chronik der Edlibacher, antiq. gesellschaft, Zörich IV,
41, 78ff. : jouktend der von Zürich hund wider hinder
sich. Die Auleodorfer handschrift von Thalhofers feoht-
buch 15. jahrh. hat geychen „so man ju geycht". Die
Günzburger Statuten 16. jahrh. jachen.
Schmeller führt ein unbestimmter gegend eigenes
jauken an, verweist auf Stalder 11,71.72 und bringt
aus dem vocabnl. v. 1429 jachen, fugare. Vergl. augsb.
154
Birling^, zur deutschen Wortforschung.
wb. 251. Frisch I, 483 b. Oberlin 736. Scbmid 2fl4, der es
mit jeit, jaget zusammenhält. — (juk» jii'k? jank und
davon jaukjan = springen naachen).
Ueber die Ortsnamen mit jiukan s. J Griniai in Ilaiipts
zeitechr. VllI, 8 ff.
6) Aerrachen u. s. w.
Aerrachen, -er, pl. neutr. ein in dieser Schreibung
spezifisch bodenseeiseh-lindauiscbes wort: pfalwerke im see,
eine art pCalhilgel, unweit von der Stadt, in der fist:he-
rei sehr ergiebig und darum nur statutenmäfsiges erlaub-
tes fischen möglich ist. Die fischer legten dort reisigbü-
schel ein, biengen ihre netze aus. In den alten fischer-
ordnungen unzähligemai erwähnt. „Doch (soll) dabei dm
Viechern die Grälsling Erracher haben dieselben zu ge-
brauchen — erlaubt spin." „Sonder die, so eigene Aera-
cber haben, mögen solche Körb in dieselbigen legen und
sonst an keinen andern Ort. 4) sol hinfüro kein burger Vi-
scher noch anderer keinem anders bei seinem Aerrach
weder daruff noch darneben mer zockhen" u. s. w. «Der
Erracber halb den burgern anzumachen und aufzunemen
— sol frei sein" u.s. w. In einem dortigen aktenstück heifst
es aus dem Ki.jahrh. „habe ir man, e er gesturb mit in
überkommen, daz sie jren sun ffirea nnd der Gewinn ain
rittail messen; darum hab er jneu geben iugemaiu ein eigen
Aeraeh und die andern Aerach, die halb hin weren zu
drittailen gemacht; woii sy nu von der sach gangen eigen,
den kuaben in der vasten au das land geleit; ocb den
winter, so die Aerach gewinnig sind davon nutz werden
lal'seu; so begert die Frow yr aigen Aerach und die ge-
meinen halben Aerach mit dem drittail der gewin wider
volgen zu lafsen und herufszugeben das ärach bim Thor
si Rudolfs vater gewesen" u. s, w.
Man unterschied innere und äufsere Aerrachen, Der
volksmimd kannte den plur. neutr. -er nicht.
Bei Stein am Rhein waren ebenfalls Aerrachen.
Schmid 170 bat Erich, Erken aus Ulm für flechtwerk
zum fisehfang im wasser ausgespannt und befestigt. 1501
Spiegel, die 3. ps. plur. des perf. red. med. im altbaktrischen. 155
den fiscbem Erich schlagen verboten, ad 1527 soll der
abt von Wiblingen seinen Erch in der Hier ausziehen
u. s. w. Schmid bringt noch mehr belege.
Vergl. D. WB. s. v. arche. Schmeller 1, 103.
Bonn. Birlinger.
Die dritte person plur. des perf. red. med. im
altbaktrischen.
In der mir eben zukommenden abhandlung : Ueber die
entstehung und Verwendung der im sanskrit mit r anlau-
tenden person alendungen ( abhandlungen der Göttinger ge-
selle, der Wissenschaften XV, 71) sagt Benfey: „Beiläufig
bemerke ich, dafs Spiegels altbaktrische grammatik p. 247
Irrig äonhaire mit kurzem a giebt; Yt. X, 45, die einzige
stelle, die Justi dafQr citirt, hat wenigstens bei Wester-
gaard ohne eine Variante äonhaire mit langem a". Wenn
ich dieser bemerknng gegenüber erkläre, dafs die form
äonhairg keineswegs durch einen druckfebler oder sonsti-
ges versehen in mein paradigma gekommen, sondern vor-
sätzlich in dieses aufgenommen worden ist, so geschieht
dies nur, um daran einige weitere bemerkungen zu knüpfen,
welche bei einer so selten vorkommenden form nicht ohne
interesse sein werden. Es ist zwar ganz richtig, dafs die
stelle Y9. X, 45 die einzige ist, in der eine 3. ps. pl. des
reduplicirten perfectum im medium vorkommt, auch wüfste
ich keine Variante zu jener stelle namhaft zu machen,
welche uns den text zu ändern erlaubte; freilich sind die
Yasbthandschriften meines erachtens nicht von sehr hohem
werthe fßr die endgültige feststellung grammatischer for-
men. Es mufs aber für unsere form noch eine andere
stelle zugezogen werden,' an welcher dieselbe zwar nicht
in den texten aber in den Varianten steht, diese stelle ist
Y9. IX, 74 (IX, 23 W.) und lautet: Haomö täopkit jäo
kainlnö äonhare d. i. Haoma (giebt) denjenigen, welche mäd-
chen sind (oder : als mädchen dasitzen, nach der tradition)
Spiegel
u. S.W. Zu äonhare bemerkt Weatergaard: Corrected;
äonhäiri K. 5, äonhairi K. 4, äoühaire K. 6. Ich bin We-
atergaard in meiner ausgäbe mit dieser correctur gefolgt,
für welche die lesart äonhare im bombayer Vendldäd-eäde
eine gewisse stütze bietet, aber als varianteo giebt auch
meine ausgäbe äonhairi in AC und äoiihairi in bcd. Schlie-
fsendea i und e wird in den handschriflen so gewöhnlich
vertauscht, dals man ohne bedenken das eine für daa an-
dere corrigiren darf, wenn die grammatik es erfordert.
Der grund nun, warum ich mit Weatergaard äonhare lese,
liegt in den anfangsworten von §. 73: baomö taekit yöi . . .
aonhenti. Hier ist daa activ äonheriti ausgezeichnet be-
zeugt und GS ist schwer zu glaubeu, dafs der Verfasser
dieses atilckes in dem einen satze eine activforra, in dem
andern eine medialform in ganz gleichem sinne gebraucht
haben sollte, zumal da das geaus des verbiim im altbaktri-
schen nicht in so willkürlicher weise wechselt wie etwa
im epischen sanakrit, und die Ähnlichkeit der formen fion-
hare und iionhaire erklärt es, dafs die eine fornn leicht an
die stelle der andern treten konute. Hierdurch verlieren
Jedoch die lesarten zu der stelle nichts an ihrem wertbe
und man wird auch äoühare an unserer stelle nicht auf
ah, seiu, sondern auf äoiih, sitzen mit der tradition zu-
rückführen müssen. Unsere haudschriften geben nun die
medialform statt des active äonhare und diese mediatform
würde man auch jedenfalls in den text setzen müssen, wenn
man im §. 73 äonhente statt äonheriti lesen wollte; dies
thut nun Burnouf und bei ihm Unden wir demgemäfs auch
die lesart äonhaire bereits in den text gesetzt. Seine grfiode
fllr die wähl dieser leaart hat er (Etiides p. 295) folgender-
mafsen angegeben: Je lis äonhaire avec le numero IH S,
quoique la lepon la plus ordinaire de nos mauuscrits soit
äonhairi, ou, ce qui revient au meme, Tionhäiri, äonhari
et enfin äonhare (Mannscr. de Londres et l'edition de
Bombay p. 48). Ce qui rae decide en faveur de la pre-
mi^re lepon, laquelle ee trouve appuyee en partie par l'or-
thographe fionharae qiie donne un manuscrit de Londres,
c'eet ridentite visible de cette desinence are ou aire, avec
die 8. ps. plur. des perf. red. med. im altbaktrischen. 157
la terminaisoD re des parfaits moyens en sanscrit. II im-
porte, eo outre, de remarquer que ies manoscrits coofon-
dent souvent Ies deaz voyelles e et i, de sorte que la
le^oD äonbairi revient sans peine k oelle de äonbaire. Wir
glauben, es wird keines beweise» bedürfen, dafs äonbaire
und nicbt äoübäirg die form ist, welcbe man nach analo-
gie des actiys äonbare und der entsprecbenden sanskrit-
form erwartet; mittelbar spricbt für sie ancb noch die
form aonhairyö. Will man äonbäire lesen, so wird man
zur erkläruug dieser form nur sagen können, äire sei eine
debuung fQr aire, wie dies Scbleicber (Comp. §. 282) be-
reits getban hat. Mir scheint aber diese dehnung, welcbe
das a in manchen handschriften erfährt, nur eine ortho-
graphische Schwankung, wie deren im altpersiscben (meine
keilinschriften p. 141) und im altbaktriscben (m. altbaktr.
grammatik §. 15) öfter vorkommen.
Fr. Spiegel.
Die Oberdeatschen FamiUennamen. Von Dr. Ludwig Steub. Manchen
1870. 8. X und 216 8.
Ludwig Steub (und ähnlich wie er sein freund
Adolf Bacmeister) ist auf einem ganz andern wege
zur namenforschung gerathen als wir übrigen. Die deut-
schen Alpen mit ihren almen und halden, ihren firnen und
tobein sind es, woran sein herz hängt und wonach seine
seele sich sehnt. Sie hat er in frischem frohsinn ofl durch-
wandert und mit offnem äuge alles beobachtet, was ihm
die grolse natur und die von dem heutigen wilden erden-
leben abgeschlossene menschenweit dort darbot. Daraus
gingen bOcher hervor wie sein bairisches hochland (Mün-
chen 1860), seine Wanderungen im bairischen gebirge (Mün-
chen 1862) und seine altbairischen culturbilder (Leipzig
1869). Die beobachtung der orte und der leute aber führte
ihn ganz von selbst auf das, was deren eigenstes und feste-
stes besitzthum ist, ihre namen. Und zwar ist Steub
\r,&
Fdr»teraanii
nicht erst, seit gestern auf dieses fach gerathen; seine ur-
bfwohner Rhätiens (MiiachcM 1843) und sein buch zur rhä-
tisclien ethnologie (Stuttgart 1854) gehören recht eigent-
lich der naiLienkunde an und bekunden, dals es ihm mit
diesen dingen hoher ernst ist. So veröffentliclite er auch
im September und october 1B69 in der Augsburger all-
gemeinen Zeitung eine reihe von aufsätzen über deutsche
und besonders bairisohe familiennamen, die dann auch
sofort in Augsburg in besonderem abdrucke erschieneu.
Diese kleine schrift in vielfacher erweiterung und nanient-
licli in ausdehnvinff über das ganze südliche Deutschland
bis nach Frankfurt hin ist ku dem hier anzuzeigenden buche
geworden. Sich das gebiet noch mehr zu erwreitern und
auch über Niederdeutschland zu erstrecken, vermied er in
erwägung der bisher dorn norden schon in viel höherem
maCse zu tbeil gewordenen Ibrschung (s.. 4). Aufaerdem
hätte ihn Ans auf Studien gefiWirt, die ihm fern liegen, und
er wollte das buch rasch bcFudeii (a. VII), denn es sollte
eine poputere sclirift bleiben (s. 1) und deshalb beansprucht
sie auch eine billige kritik (s. VIII). Mit einem worte,
das buch will nicht dadurch die Wissenschaft fördern, dafs
es die bisher gewonnene kenutnifs erweitert, sondern da-
durch, dafs es diese erkenntuifs möglichst vielen mittheiJt,
die ihr bis jetzt noch fern standen. Und das hat seine
hohe berechtigung und der kritik erwächst die pflicht, da-
nach ihren Standpunkt zu nehmen. Glücklicherweise kann
sie das aber auch, ohne in schwäche zu verfallen, denn
hinter diesen fast spielend mitgetheilten Wahrheiten liegt
doch ein ganz ernstes stock arbeit. Wenn Steub (s. VII)
mein altdeutsches namenbuch das föllhorn nennt, das er
immer in den armen gewiegt und aus dem er ohne unter-
lafs geschöpft habe, so mufs ich ihm die volle Wahrheit
dieses auaspruchea bezeugen und bedaure nur, dafs dieses
füllhorn (ich meine den ersten band) seiner zeit nicht besser
gefüllt werden konnte, da für eines menschen schultern
beide gebiete, das örtliche und persönliche, zugleich zu
tragen zu schwer war, zumal da ich noch viel anderes zu
tragen hatte. Ich erwähne dies auch deshalb, weil in die
anzeigt. 159
Untersuchung Über unsere heutigen familiennamen erst dann
ein rechtes gedeihen kommen kann, wenn erstens der erste
band meines namenbuches von neuem bearbeitet und zwei-
tens ein (etwas anders anzulegendes) namenbuch Qber die
Personennamen mindestens des 12. und 13. Jahrhunderts
wird erschienen sein. Steub fühlt auch selbst, dafs wir in
vielen dingen hier noch völlig im dunkeln sein mössen und
spricht sich darüber mehrfach in harmloser ironie aus (z. b.
Seite 68, 87, 116). Aber in dem, was wir schon wissen
können, steht diese schrift hoch über fast allen neuerdings
in 80 grofser zahl erschienenen namenbUchlein und es ist
z. b. nicht mehr davon die rede, dafs Gundo grade von
Gundobald, Volko grade von Volk mar abgekürzt sein
müsse (das richtige verhältnifs wird auf seite 34 dargelegt);
auch geht der Verfasser mit vollem rechte weit mehr als
selbst Pott und Vilmar von den alten namen aus (seite
123). Eine grofse vorsieht und ein höchst gesunder sinn
legen ihm die vielen Schwierigkeiten bei diesen deutnngen
oflFen dar und er vermeidet es nur um der lesbarkeit des
buches willen, den lesern alle die zweifei und fragen auf-
zutischen, die uns hier überall aufstofsen (s. 42). Manche
einzelne namendeutungen wie die von Scbafhäutl (s. 7),
von Milbiller (s. 141) und andere waren mir neu und ha-
ben mich erfreut; bei einigen andern möchte ich etwas mit
dem Verfasser rechten, so zum beispiel bei Tassilo (s. 41),
Seidel (s. 62, 64); woher weifs er, dafs die Liubisaha (der
flufs Loisach) von Liebhart (s. 15) oder Berchtesgaden (s. 35)
von Perahthari kommt? auch Sparagildis (s. 28) ist wol
falsch gedeutet. Mit den sogenannten koseformen ist in
neuerer zeit allerlei unfug getrieben worden, und wer die-
ser wilden lehre ganz anhängt, von dem möchte ich sehn,
wohin er wol in einem namenbuche solche formen einord-
net; auch ist hier noch manches schärfer zu bestimmen,
so z. b. scheinen mir die formen mit doppelconsonanz
vor dem -o des nominativs grofsentheils durch assimilation
des sufßxanlauts (ich denke an urdeutsch -jan, nom. -ja)
entsprungen zu sein. Auch Steub ist hier nicht frei von
zu grofser kühnheit (z. b. seite 53, 65, 66) ; warum soll
100
Förstemann, anzeige.
denn Poppo giade aus Potpert (s. 99) entaprungen sein?
Dafs in Adulberga quae eoguominabatiir Ava letzteres schon
im frOben mittelalter aus ersterem als koseform entsprun-
gen sein soll (s. 90), glaube ich durchaus nicht, halte viel-
mehr sprachlich beide formen für eben so unabhängig wie
in Ludovicus, qui cognominatur Steub. Anch in der gleich-
setzung verschiedener vocale ist mir der Verfasser für die
alte zeit mehrfach zu kühn (s. 14, BO, 115, 124). Doch
nuD genug mit diesen mäkeleieo, die fQr ein solches buch
eigentlich gar nicht passen und die nur deshalb laut wer-
den, weil ich es io einer Zeitschrift der streogen schule
zu besprechen habe.
Die anordnung der schrift ist so, dafs ihr kern von
vier verschiedenen capiteln eiugeDommen wird, welche die
vier wichtigsten klassen unserer familienuamen behandelu,
je nachdem diese entweder von den alten eigennameu aiis-
gehii oder die eigenschaftcn oder den stand oder die her-
kunft der uameDträger anzeigen. Nur die erste klasse,
weitaus die wichtigste und schwierigste, ist ausführlich be-
handelt, die andern sind kurz abgethan, doch nicht ohne
auch hier vielfach zu belehren und anmuthiges darzubieteQ.
Eine mit dem gegenstände der schrift nur in loserem zu-
sammenhange stehende herzensergiefsuug gegen den ultra-
moutauismus schliefst sich an die eigentliche abhandlung
an. Das ganze wird beendet durch ein reichhaltiges re-
gister, welches aber bei einem solchem buche nicht voll-
ständig sein kann.
Wir scheiden von der liebeoswßrdigen schrift mit herz-
lichem danke gegen den verfasset, der den männem des
faches eine wohltliuende erfrischung, den lernbegierigen
kräftige anregung damit geboten hat.
Dresden, d. 14. dec. 1870.
£. FörstemaoD.
Pick, alynologUche b«itrB^c.
161
Etymologische beitrage.
1.
Lat. iuvltiia, itivltare; skr. keta; preul's. qnaita,
lit. kvgsti.
Keiner der bisherigen versuche, lat. invitns ungeru,
wider willen und das, wie icb »leich hier bemerke, davon
unzertrennliche invitare einladen za deuten, kann ffir völ-
lig befriedigend gelten. Ich glaube einer kritik dersel-
ben überhoben zu sein, weil ein glücklicher ziifall mir
die, wie ich meine, einzig ricbtige deutung in die band
gegeben hat. In-vitu-s, in welchem das negativpraefix in-
nie verkannt worden, braucht durebaua kein particip zn
sein; es kann vito- eben so wobl ein Substantiv sein, wie
&tmo in in-ermi-8, freno in in-frenu-s. Dies selbe Substan-
tiv erkenne ich in in-vitare, einem denominativ des.selben
mit der praeposition in. Gelingt es uu», in einer verwand-
ten spräche ein nomen aufzufinden, welches den lauten
nach mit diesem vito ursprünglich eins gewesen sein kann,
und aus dem zugleich ungezwungen die bedeutungen der
auf den ersten blick gar nicht sehr nahestehenden in-vitus
und in-vitare sich herleiten lassen, so scheint mir, schon
das spiel gewonnen. Bedenken wir jetzt, dafs im latein
in einer nicht ganz geringen zahl von fällen c und g vor
-V im anlaute abgefallen, wie in vapor für evapor, vlvus
fttr gvivus u. a., so wird man die möglichkeit zugeben
müssen, dafa vito aus cvito erwachsen sei. Ferner kann I
regelrecht die gunasteigerung von i darstellen, wie in vl-
nu-m =: foivo, grundform vaiuo, so dafs wir also eine
grundform kvaita- erhielten. Mit dieser grundform deckt
sich nun skr. keta m. ein vedisehes wort mit der bedeu-
tung: verlangen, begehren, absieht; auffordernng, einla-
dung. Von diesem worte wird gebildet Ijßtaja ketajati
auffordern, einladen, wovon wieder ketana n. aiiflforderung,
einladung. Man sieht jetzt, wie in-vTtus und invltare zu-
sammenhängen. in-vUu-s heilst: kein verlangen, kein be-
gehr habend von kaita verlangen, begehr, iu-vitare ist de-
Zcitschr. f. vgl. sptacltf. XX. 3. } |
162
Fick
nominativ von kaita anffordnrting, einladung imd heilst
demnach wie skr. ketaja einladen. — Es bkibt noch ein
bedenken. Das v, vor dem wir regelrecht c abfallen lie-
fsen, zeigt sich nicht im sanskritworte; wer giebt uns also
das recht, eine lat. griindform cvito, oveito anzusetzen?
Nun ist freilieb bekannt, dafs auch in andern füllen dieser
art das sanskrlt die beiinischung eines solchen v nicht
zeigt, so Hegt ja lat. vivua neben skr. glva, vi-a neben
skr. gi, allein in eben diesen fällen läfst sich meist in ir-
gend einer europäischen spräche, zunächst im griechischen
ein ebenso verstärkter anlaut oder dessen Wirkungen nach-
weisen. So deutet /?fo-g auf yß^fo^ graecoitalisch gvivo,
ßia gewalt auf graecoitalisch gvi bewältigen, und im go-
thischen entspricht dem lat. vivua ein qiva- wie dem lat.
ven-io ein qara. Es wäre demnach zur völhgen sicherstel-
lung unserer combination erwünscht, dafs wir einen reflex
unseres kaita kvaita in irgend einer europäischen spräche
eben in dieser letzteren form kvaita nachweisen könnten.
und da finden wir denn im altpreufsJschen katechismus
ein in vielen formen überliefertes verb quoit wollen. Es
geniige hier auzuföhren: quoite er will, quoitümai wir
wollen, quoitä sie wollen, po-qooitlton ast ea ist begehrt
worden; an nominalbildungen : po-quoiti-sna-n acc. ge-
lüste. Das verb ist ein deuominattv von dem ebenfalls
uns überlieferten quaita- im nom. quäit-s, acc. quäitan,
quaitin m. der vpille, wovon ui-quait-iiig-s unwillig (wie
in-vitu-s). Hier haben wir kv im anlaute, luid entspricht
prenfs. quaita- m. wille ganz genau einmal dem skr. keta
m., andererseits dem als grundform für vito- von uns an-
gesetzten cveito-. Jetzt wäre noch willkommen, fänden
wir in einer andern spräche unser wort in der bedeutung:
einladung, Aufforderung, wie im skr. keta einladung, ketaja
einladen und lat. in-vitare. Auch dieser wünsch kann be-
friedigt werden: lit. kvSczü kves-ti heifst eiuladeu, davon
kves-lys fem. -le' hochzeitbitter, -bitterin u. a. Lit. kveczu
ist =^ kvet-ju, e ist Steigerung von i, also gleich altem
ai, das verb, wie sein praesensthema mit -ja zeigt, ein
denominativ von kvaita- einladung ^ skr. keta einla-
«che beitrSge-
163
<lung. — Herkunft untl {'ainilie unseres kaita laseeu wir
dahingestellt sein; una genögt es hier, ein indogermanisohee
urvrort „kaita vorlangen, begehren; anftbrdernng, eintadung"
erwiesen zu haben.
2,
alto. örr n., skr. artis n.
Ahn. örr n. narbe, schramme, wovon Örr-ottr narbieht,
Bchramroicht, steht iu den germanischen eprauhen ganz
vereinzelt und ohne erkennbare ableitiing da. Hierdurch
wird schon wahrscheinlich, dafs es eine uralte bilduug, ein
rest einer altern Sprachperiode sei. Dies bestätigt eich,
wenn wir die grundforna des worts herstellen. 5 ist Um-
laut von a, bewirkt durch folgendes u, rr kann in unserem
falle nur aus rs erwachsen sein; so ergiebt sich mit noth-
wendigkeit als grundfortn: arusa n. Hiermit stimmt ofien-
bar skr. arus n. wunde, ala adj. wund. Der tibertritt der
tbemen auf as, us in die a-declination ist bekanntlich im
deutschen regel, vgl. goth. riqiza- n. Hnsternifs = skr. ragas
u. dasa. Abzuleiten ist arus von ar in der bedeutung
feindlich angehen, schädigen, die sich /.. b. im skr. ärta
(ä + rta) angegriffen, geschädigt, dutjitbvo^ mitgenommen
uQd andern ;<:eigt.
und skr. ralcana n.
^H^ Goth. ragina- n. meinung, ratb, rathschlufs, bcschluJ(s,
^^ wovon ragin-oi-s (d. r. ragin-ja-s) n. rathgeber, vormund,
ragin-on regieren, Statthalter oder landpfleger sein, hat ein
besonderes iuteresse erregt, weil das wort nach ausweis
der übrigen deutschen dialecte frühzeitig eine religiöse be-
deutung gewann, indem ea vorwiegend für das walten der
götter und aehicksalsmächte verwendet wurde. An. heifsen
nämlich regin (rögn) g. ragna n. pl. die rathschlagenden
und beschlufs fassenden göttlichen gewalten, as. findet sich
das wort im gen. in regino giscapu n. pL beschlösse der
rathenden, göttüchen gewalten, götterschluls, schicksalß-
11*
1G4
Fick
schJufs, alid. ragia-, regio- in einer menge von oigeniiamen
eodlicb hat man unser wort selbst noch im neuhochdeut-
schen nachgewiesen in Verbindungen wie rein-blind, rein-
toll, eigenthch durch götterscblui's blind, toll. Mit dem
detitschen ragina- deckt sich völlig skr, raliana n. und -ü. f.
das ordnen, anordnen, einrichten, betreiben zu rali anord-
nen. Weiter gehören diesem stamme zu ksl, rokti m. be-
stimmte zeit, ziel und rac;(, raciti wollen; im deutschen
noch goth. rahnjan rechnen und ga-reh-sni, f. bestimniung.
Die griuidbedfütung scheint sammeln, zusammenthim, we-
nigstens Wülste ich nicht, wie man lit, jiiik-ti sannneln,
lesen, ranka f. = ksl, rqka I'. band (als samnaelnde, zu-
gleich aber auch ordnende, einrichtende) von dieser wurxel
trennen könnte.
4.
xpttSdoi und an. brata.
Kouddoi und xoaöait'o) schwingen, schwenken, med.
schwanken, werden gewils richtig zu skr. kürd kürdati
(grundform knrd) springen gestellt; näher noch steht an.
hrata schwanken, neigen, sinken, vornüber fallen. Aus
xoadäoi und diesem hrata läfst sich ein europäisches kra-
däja oder kardlija schwenken, schwanken recoastruiren,
denn wenn auch sehr wahrscheinlich, dafs kard für ur-
sprüngliches skard steht (vgl. mhd. scherz ra. sprung, hops;
äufserung fröhlicher launc, scherz; scherzen springen^ scher-
zen), so ist doch wiederum kein grund abzusehen, warum
nicht zur zeit der <!uropä,iBchen, ja selbst schon der indo-
germanischen Spracheinheit ein kard neben skard soll be^
standen haben.
0.
lat. clandus, lit. klau da.
Die beliebte Zusammenstellung von lat, claudus hin-
kend, lahm mit goth. halt-s, ahd. halz, die ich leider auch
adoptirt, ist lautlich unmöglich, was bei den jetzigen an-
forderungen der Wissenschaft keines beweises bedarf, da
etymologiscbu beitittgt'.
165
lat. au eben nicht aus a werdeo kaun, ebeuso wenig wie
goth. a auH au. Viel näher liegt dein lateinischen worte
lit, klauda f. nach Nesselmaun ein körperlicher fehler, ge-
t)rechon, klaud;) pailaryti in tler art possen treiben, dal's
man sich r.. b. lalini stellt; dazu klaude f. gleicher bedeu-
tuDg, kland-iiiga-s mit einem kürperlichen fehler bebailet.
Was die ableitiirig betrifft, so ist Zusammenhang mit lat.
eluüdcre schlielsen gar nicht unmöglich. Das europäische
klu khid heifst eigentlich aohängeu, hängen bleiben, wie
das lit. kliu-ti deutlich zeigt; lit, kludyti heiTet hängen
bleiben; sodann auch im wegc stehen, hindern, klaudyti
aufhalten, hindern, klau-te f. hindernils. Danach ist cluu-
dus ein gehinderter, im gehen gfliemniter, lit. klaiidu ein
(körperliches) hiudenaHs (an der freien bcwegung). Diese
Übertragung scheint nicht sehr kühn; nehmen wir zusam-
nienhang zwischen dem lat. und lit. worte an, su hätte
sich diese eigcnthümliche Verwendung des verbs khid schon
in der zeit der europäischen spracheiuheii ausgebildet.
Ü.
lat. gernten u., preufe. kernicn.
Der versuch, lut. germen n. sprosse, keim ujit ig. ghai,
"woraus eine menge Wörter iu der bedeutung grün, gell>
sein beräielsen, speciell mit zend. zaremaja das grün, lit.
zehnen- m. sprosse, schöfsling zusammenzubnügeu, ist mit
recht aufgegeben, da urspri'iogliches gh im anlaut nicht
durch lat. g reflectirt wird. Dagegen scheint es möglich,
germen aus 'cermen zu deuten. Wie leicht das aulau-
teode c zu g ward, ist bekannt, speciell für unsorn fall
erinnere ich an die ältere und jedenfalls ursprüngliche na-
mcnsforui Cermalns für das spätere Gernialus. Von ger-
meu stammt unzweifelhaft germ-änus leiblich von geschwi-
stern, indem das siiftix -änus au den verkürzten stamm
germ- aeitrat. Es läfst eich nämlich mit höchster wahi-
scheinlichkeit erweisen, da(s schon die indogermanische Ur-
sprache die Wörter auf man in der Wortbildung wie ihemen
auf ma behandelte, wenigstens stimmen mehrere der best
166
fick
conservirten sprachen in dieaer eigenthümliclilteit überein.
So bildet das eanskrit 2. b. karm-ika von karmau, ayai-Tja
von apman , arjara-ja von arjaman (beispielc liefsen sich
leicht ZH hunderteu häufen), das griechische bildet ^etu-iii
von ^Eiftav-, ädrjfio-avtni von cid'ijuuv- 11. s. \f. und entwik-
kelt sogar eine menge nebenthemen auf fw neben fiar.
Sonach ist gertn-änu-s ganz regelrecht von germen gebil-
det, wie ja auch hüm-rinus von homon-, und braucht ein-
stiges germin-äous gar nicht augenommen zu werden, so
wenig wie bomin-anus, denn die länge in homänus braucht
auf solche zusammenziehung nicht zu deuten, so wenig
wie in häm-iti-s von humue ^ ig. ghama. Zu der bedeu-
tuQg von germaniis stimmt nun merkwürdig altpreufs. ker-
men leib, körper, wovon kermen-iska-s leiblich, welches ich
mit germen för identisch halte und welches demnach eigeut-
lieh „gewachsenes", sodann mit der leichtesten Übertragung
von der weit „wuchs" = leib des menschen bedeutete.
(Ueber kermen = kermen s. unter 8.) Sehen wir »na
nun für das angesetzte *cer-meu wuchs nach anlehnung im
tatein um, so ist sogleich deutlich, dai's cer- in eer-men
die primäre form des weitverzweigten verbs cr6- crfi-scere,
cre-vi wachsen ist, wie cer- in cer-no sichte die urform
zu cre- in dia-cre-tus u. s. w. Mit welcher der „wurzeln"
kar wir nun am besten cer-, cre- wachsen zusammenstel-
len, soll hier nicht verfolgt werden, erinnert werde nur an
skr. kar-ira u. rohrschölBting, das auf 3 kar des petersb.
wörterb. pra. kirati weist. — Nimmt man diese Zusammen-
stellung an, so darf man ein europ. karman gewäohs, wuchs,
leib ansetzen.
an. vökr zu vyouig uvcre.
In i/y-iiü-^ nal's, feucht und lat, uvere nals sein ist mit
recht eine basis ug erkannt worden, von der skr. uks vaks
uetzeu durch s- allgeleitet ist, welche sccundärfonn in den
europäischen sprachen nur durch die ableituog uksan ochse
repräsentirt wird, das wiederum nur bei den Germanen
etymologisclie (»eitrilgp.
167
sicii erhalten hat. Wie schon das abgeleitete uks ^ vaks
zeigt, ist als grundforai zu ug vag anzusetzeu, und dieses
vag ist wieder zu erkeDoen im an. vök-r gruadfortn vakva-
feucbt, vrovon vökva, -aöa nafs sein, vökva f. und vökvi
in. grundform vakvan- nässe, feucbtigkeit, Die entwick-
lung von V hinter k = ursprfingliohem g im nord. vakva-
eutspricht genau dem lat. Ovo- für ugvo- in üvere, und
haben wir hier wieder ein beispiel dafür, daliä lat. gv aus
ureprüngücheni g eich auch in andern europäischen spra-
chen reflectirt findet, ao dal's man berechtigt scheint an-
zunehmen, dals schon in der europäischen eiiiheitsperiode
wenigstens die neigung sich bildete, ein v hinter den gut-
turalen zu entwickeln. Uebrigens sei noch bemerkt, dals
vag ug nafs, feucht bcin eigentlich mit vag ug stark sein
(augere, wachsen) ganz dasselbe ist; grundbedeutung bei-
der verba ist: frisch, saftig sein, woraus sich der begriff
des gedeibeus, der stärke ebenso (eiuht entwickelt, wie der
des netzens, sprengen^, anfeuchtens.
creda fc vices, preula. kerda zeit, ahd. herta f. Wechsel.
Im preuisischen katecbismus kommt ein wort kerda-D
acc. in folgenden verbiuduugeu vor: en kcrdan zur zeit,
en stan kcrdan zu der ;;eit und prei swaian kcrdan zu
seiner zeit. Es dient also zur wiedergäbe des deutschen
„zeif*, und danach hat Nesaelmann dem worte die bedeu-
tnng „zeit" beigelegt. Man sieht jedoch, dafs es uicht
gerade „tempus" bedeutet zu haben braucht; mau käme
in den angeführten Verbindungen auch z. b. mit der Über-
setzung durch lat. vice aus, Was zunächst die form des
Worts betrifft, so beruht das e auf einer neigung des preu-
fsischen, den vocal vor doppelconsonanten zu dehnen; so
lesen wir auch er-derkts vergiftet, po-dingan gefallen,
dlnkaut danken, drüktai fest (= lat. forc-tu-s, skr, drdba
für drh-ta), güntsan ganz, klrkis kirche, kermen leib, län-
kinan feiertag, mergan magd (ht. merga) und anderes;
jedenfalls hat die debnung keinen etymologischen wertb,
168
Fiek
und ist als wahre form kcrda anzusetzen. Mit diesem
kerda, dem wir oben die mutbiuafaliche bedeutung vices
gabeu, stimmt nun ganz genau ahd. hBrta 1". Wechsel, dat.
plur. hertou und bi h&itöii adv. wechselweise, alternatinj,
vicissim. Lautlich deckt sich dioses herta mit ahd. hCrta
^ goth. hairda f. heerde und auch preufs. kerda vices
deckt sich mit lit. *kerda heerde, das wir mit Sicherheit
aus lit. kerdzu-s [= kerd-ju-s) hirt erachliefsen köonea.
Aber wie verniitteln sich die bedeutunceu? liier führt uns
das slavische einen s<!hritt weiter, indem ksl. creda beide
begriffe ausdrückt. Man vergleiche nur Miklosich unter
6reda: vices diariae, vices uud grcx, pascuum, nsl creda
grex;. series, ordo, po credi, russisch cereda vices; grex,
kurz das elavisohe wort vereinigt beide bedeutungen in
sich, uud da wir nun gezeigt haben, wie die reflexe des-
selben Worts auch im preul'sischo» und deutschen aufser
„heerde" auch „vices, Wechsel" bedeuten, so müssen wir
annehmen, dafs das wort kardha schon io der zeit der
slavodeutschen einheit sowohl „hoerde" als „Wechsel" be-
deutet habe. Auf arischem gebiete entsprechen skr. ^ar-
dhas, ^ardha n. stärke, macht; schaar, heerde, zend. 9a-
redha, altpers. tbarda m. arj, gattung.
9.
ai/yy, tui-avytjq zu skr. ögas, lat. augu8-tu-s,
ksl. ngü.
Die indischen grammatiker geben dem skr. worte ögas
n. die bedeutungen: kraft, gSanz und danach nahm luan
früher keinen anstand, auch ctvyrj f. glänz, strahl und
avytg- in Ln-ctüy/j^ mit diesem werte zu identificiren. Nun
haben jedoch Böhtliugk uud Roth im petcrsb. lexicou ge-
zeigt, dafs in allen vedenstcllen mau mit der bedeutung;
körperkraft, tüchtigkeit, lebeusfriHche auskommt, und da-
durch ist die hierhcrgehörigkeit von ai/yij etwas bedenk-
lich geworden. Dagegen ist jedoch zu sagen, dafs kraft,
frische und glänz sich eng berührende begrifle sind, vergl.
K. b. skr. tegas uud varkas kraft und glänz, dals ferner einj
etymologlsclu' beitrüge.
169
reflex von skr. ögas selbst, nämliob lat. aitgus- in aiigus-tii-s
erhaben , majestätisch doch auch sehr nahe aa den begriff
^glanz" heranstreift, endlich Jal's die lüder selbst in spä-
terer zeit diesem woite den sinn „glänz" beigelegt haben,
wie z. b. aus der, wenn auch späten bildung äugasa n.
gold, von ögas glänz durch seciindäres a erhellt. Deshalb
dürfen wir an der gleichsetzung von «i;;'«c; mit skr. ögaa,
lat. augus-tu-s festhalten. Nebenbei bemerkt, läfst sich für
die gemeinsam arische periode die ältere form augas (mit
g etatt g) nachweisen im zend. aoganh hülfe. Hiervon
stammt zend. aogaz-däo hölfrcich (snperl. aogazdap-tema
hülfreichst), welches genau dem ved. ögödä ^ ügaa-hdä
kraft verleihend, stärkend entspricht. Im sanskrit findet
sich ebenfalls eine spur der älteren form mit g im com-
parativ ögljäs, womit sich wieder zend. aogjäo kräftiger,
sehr kräftig deckt, wie dem skr, ögistha stärkst (in xend.
aogista stärkst, dem skr. ögasvant kraftvoll ein gleichlie-
deutendes zend. aogönhvant zur seite steht. — Das grie-
chische avyr} glänz, strahl erkenne Ich wieder im ksl. iign
m. Süden, als region des glanzes, ohne diese gleiuhsetzung
beweisen zu können; es spricht dafür die form, denn ksl.
iigQ kann nnr auf eine gruudfonn auga- zurückgeführt
werden, und die leicUtigkeit der Übertragung. Doch wäre
es auch möglich, an aug im sinne des sicherhebens zu
denken, vgl. lett. aug-ja- hoch, lit. auk-SK-ta-s hoch, und
ugü als „Sonnenhöhe" = mittag ^ Süden zu deuten.
Kl.
fivXij f. mil'sgeburt zu c(fißi.irjxm.
Mv^ti mifsigeburt, ein wort, das der natur seiner be-
deiitung nai;h nur bei den ärztcn, Hippocrates und späte-
ren vorkommt, und als mola, mola uterina auch ins latein
überging, findet sich in uuaern Wörterbüchern unter fii'Jirj
mühle, milhlstein untergesteckt, als wäre oa dasselbe wort,
Dur in einer besondem weise verwendet. Nun liegt aber
auf der band, da& zwischen „mühle, müblstein" und „uiifs-
geburt" nur mit hülfe der ausgelassensten phantasie eine
170
Fick
vermittelung herzustellen ist, so dafs jeder ausweg will-
kommen heilsen iniil's, welcher, das wort auf natürlicbere
weise deutet, um so mehr, da gerade im griechischen die
bedeutungsübergänge immer von raarshaltender phantasie
zeugen und nie ins abeutheuerlicbe verfallen. — Das gleichlau-
tende ftvh} mfihle geht zurück auf einen stamm ^U'A, der wie
das lat. mol-ere, inol-a xeigt, noch auf gräcoitalischer stufe
mol lautete und erst auf griechischem boden sieb zu fAvX
trübte, wie z. b. auch nvX-rj thor neben ;iJA-is, welche bei-
den Wörter durch das skr. pur, pura, puri wehr, feste, bürg
(vgl. skr. gü-pura stadtthor), grundform par para pari, re-
flectirt werden. Nehmen wir demnach ^ivh} mifsgeburt
ebenfalls ftir nol-ti, so gewinnen wir die ansprechendste,
natürlichste ableitung des worts. auß'k-iay.m fiit. uftßkoj-atu
heifst abortiren, eine fehlgebart thun. Wie die erweite-
rung ttaßX(>)- zeigt, raufs in dem stamme ursprünglich ein
o gesteckt haben, da der erweiternde vocal im griechischen
sich stets nach dem inlautenden richtet: vgl. cf^« aus dotjH,
{fvtt aus rVßf, ßkixt-Gy,ü) aus jUoÄ, ß^ta- in ßi-ß^M-exta aus
ßou, xho-ö^u} aus xoX lat. col-us, und so fort. Sonach
gilt es die lautgruppe dußl^ durch u zu spalten und zu-
gleich einen einsilbigen verbalstamm zu erhalten; dies geht
aber nicht anders, als indem wir nach vielfältiger analogie
« als Vorschlag vor /t erkennen, und ß als eiuschub zwi-
schen u und i.. Sonach erhalten wir {ä)-fi-{ß)-i, und mit
eiubringung des o: {ä)_u(ß)o*}i, oder juoA und für cifißi.ui-{<jui)
die regelrechte erweiterung dieses poX zu /,ii.u). In ^wo^,
fto?Mi>, ßX(ö-(Jx(/), fti-ußho-xa haben wir fast denselben pro-
cels, der in unserm falle nur durch das vorgeschlagene «
neben der ausdrängung des wurzelvocals im praesens noch
etwas complicirter wird. Von diesem so gewonnenen woA
abortiren ist nun, behaupten wir, ftvi.)} f. abortus, milsge-
burt eine regelrechte bildung, wie p^vhj mUhle von ftuX
molere, was weiter keines beweises bedarf. — Das so er-
schlossene /loÄ fehlgebären, stellt sich zu lit. mela-s lüge,
mili-ti sich verfehlen, sich irren, weiterhin zu mar in
juwQ-og, ü-uaQT-dvui u. s. w.
etymologische beitrage.
171
11-
f.iuo<f:7j und forma; fiiQOip»
Oie viel TorBiichten Wörter ftofjifij und forma scheinen
luir durcbaus nicht zusainuietiKiihängen ; ich lialte sie für
junge bildnugen, die itiuerbalb der einzelspracben^ denen
sie angehöreu, vollzogen und demgemäls aus diesen her-
aus zu deuten sind.
Ciirtius hat die identität von ^agii- fassen und ß^jax-
faseen erkannt. Es gehen von diesen beiden stammen aus:
ßfiä^iti' ovKXaßüv bei Hesych. ^ ftä^^pc<i, ßgay.-üv avvit-
vai begreifen, Övtt-ßüäx-avof <hi(jxaTctv6iiTov schwer be-
greiflich, ebenfalls bei Hesych.; von fiagn- fiagn-TM fasse,
ergreife, aor. i-fianov, ^i-^an-ov mit ausdrängnng des p,
und udgti-Tt-g räiiber. Wenn wir nun die gemeinsame
grundform dieses ßgay.- und ttcwn- aufsuchen, so werden
wir, wie mir scheint, mit nothwendigkeit auf ftctQx- ge-
führt. Aus (.(CCQX wird durch Umstellung fiofty. und daraus
nach griechischen lautgesetzen ßgax, ebenso leicht wird
aus pagy. durch assimilation des analauts an den labialan-
laut f^ngn wie z. b. ^cct aus _fny., grundform vak. Zur
annähme einer grundform ^tcgx, welche Curtiua aufstellt
und zur anlehnnng an eine wurzel skr. vrk, die unbelegt
ist und falls sie berechtigt wäre, nichts sein könnte als
eine gestalt der bekannten wurzel vraplc zerreifsen, stören
(vgl. vrka (zerreilser =) wolf, a-vfka harmlos; sicher) ver-
mag icli keinen gruud abKuseben, wie ich überhaupt kein
beispicl kenne, dals ursprQngliches und skr. v durch u re-
präsentirt würde (aufser vielleicht in einigen dialectischen
Wörtern). Für die grundgestalt ftctgx- tinden wir nun den
schönsten reüex im skr. mftr9 mr^ati berühren, streichen;
fassen, packen; auch mit dem geistigen organe fassen, be-
trachten, prüfen, untersuchen, mar{;ana n. das berühren,
aufasseu; das prüfen, untersuchen. AJso bat das skr. marp
wie das griech. ftagn- und ßgax- die bedeutung „fassen''
auch wie lat. capere und unser „fassen" auf das ergreifen
mit dem geiste übertragen und decken sich beide warte
in ihrem sinne demnach vollständig; ja es liefse sich z. b.
172
Fick
eiü skr. dur-iuai(?ana Itildfu, welrlie» mit Sixt-ßtfny.caxiv in
form und iiibalt völliir ftbereiiiatiminte. " Das lat. mulc-ere,
welches, wie Rotb in diesen blüttern bemerkt, ebenfalts
biorber gehört, spiegelt mehr die bedeutung „streichen" ab,
welche das skr. raarp ebeotalls hat. Von ftaon- stammen
nun mehrere bildungen. Zunächst fifuoTi- bomeriscbes bei-
wort des luenscbea und zwar »im seine geistige begabuog
hervorzuheben verwendet. Die form aotaogend steht iibqojt
zu jnaoTiy wie (fikjon blitxend {arsoont'j blitz) zu arftcin-rirj^
ä-GTocin-Tu}, grundfbrm (Traitn blitzen, ist also untadelbaft
gebildet, die bedeutung ergiebt aicb leicht aus den oben
angeführten ß()nxüv begreifen, Övü-ßfidy.uvov schwer be-
greiflich, ftioorfi ist demnach der „begreifende, geistig auf-
uehmende" mensch, eine jedenfalls höchst passende be-
zeichnung. BerOcksichtigen wir, dafs nach den oben ange-
führten Wörtern uaon auch das sinuliche ergreifen und packen
bezeichnet, so kann es uns nicht wundern, auch funojr-
in der bedeutung „ergreifer, packer* zu finden. Diesen
sinn möchte ich in uigoTi- erblicken, wenn es zur bezeich-
nung einea vogels, des immenwolis, verwendet wird. —
Ferner erkenne ich unsere wurzel in pntQfp) gestalt. Das
o in dem worte ist durchaus regelrecht; ea ist ja bekannt,
dafs in den Wörtern mit dem suföx (ursprünglich) a der
wurzelvocal, wo er auf einstigem a beruht, durchweg in o
umschlägt, wie in Tnön-oQ von T^ina, rooif^jj von rgiffiu
u. s. w. Was ferner r/ statt n betrifft, so läfst sich fast
die behauptung aufstellen, dafs wurzelauslautende tenuis
im griechischen ebenso oft zur aspirate gewandelt als bei-
behalten wird. Oft wechseln tenuis und aspirate selbst
bei demselben stamme, wie in te(}ti ergötzeu ursprünglich
gleich mit ryey sättigen, Öex empfangen neben Jfj, tu^ in
Tct%-v^ laufend schnell neben Tax zerlaufca, zerflielsen. So-
nach bietet das (f nicht die geringste Schwierigkeit. Die
bedeutung anlangend haben wir, von tiafjTt fassen ausge-
hend, dem Worte tioivft] den ursprünglichen sinn „fHssung"
beizulegen, was mir eine äul'serst nahe liegende und pas-
sende bezeichuung der gestalt zu sein seheint. Dafür be-
rufe ich mich auf das deutsche wort „fassung" selbst, wel-
otyniologiiche beitragt».
chps ja durchaus heiderloi sinn in stfli verpinigt, ferner
auf das kel. tvorü ;^estalt, welches ebenfalls figentlicb „fas-
sung" bedeutet vermöge seiner Herkunft von einem vcrb
tvar ^ lit. tver-ti fassen = ags. ge-thveran compingere. —
Wo ffpilich eine so starke Wandlung der nrsprfiiigliclien
verbalbedeutung in oinem derivat stattgefunden, läfst sich
der stricte beweis für die herkunft dieses derivats nicht
mehr führen; man muCs sich mit der darlegung der mög-
lichkeit begnügen, was, wie ich ghuihe, hiermit gesche-
hen ist.
Lat. forma ist, wie mir scheint, ebenfalls ans dem la-
tein selbst zu deuten, es bedeutet „achlag, tvttu^" und
stammt von fer in fer-Ire schlagen, welches in seinen deut-
schen reflcxen an. herja, ags. berian, ahd. perjan, mhd. beru
nach Schade aufser schlagen auch kneten, foniif» bedeutet
(beispiele hierfür kann ich für jetxt nicht beibringen). Für
die ühertragiuig der bedeutung habe ich mich schon an-
deutungsweise auf das deutsche „schlag" = art, weise
und Tvnog eigentl. schlag, gepräge, sodann characteristi-
sche gestalt und sodann gestalt überhaupt berufen. Be-
weis für diese ableitung ist wieder nicht zu führen, ahor
die möglichkeit ist nachgewiesen, aus den niitteln des la-
tein selbst forma zu erklären.
12.
«xOi, n. heilung.
äxog n. heilung eraeheint im griechischen als ein Stamm-
wort, das keine ableitung in dieser spräche hat Es stammt
daher rixio-uai (für cexiff-jottar) f'ty.fG-dcu'd^m heilen, flicken,
von Blessen stamme «zsff- dann erst wieder tty.i-ßi-q (ftlr
ama-ai-q) f. heilung, äxsa-fta n. dass., axEn-rij-g und äxBG-
-r»;p, i(XE<i-T(>}{} m. heiler, c(xi(f-Ti^cc f. nadel (axioucu flicke)
abgeleitet sind, neben denen ein einmal vorkommendes ho-
merisches axt]-fia n. heilmittel auf ein "rexem, fjf»ö> und da-
mit vielleicht auf einstiges 'riz-rj neben rtxog n. weist. Neh-
men wir axDi^ für jaxot;, was wenigstens möglich ist, da
bekanntlich anlantendes / im griechischen spurlos ausfallen
174
Fick
kann, so finden wir einen reflex des griechischen worts
iu den cnltischen sprachen. Nach Ebel üraratnatica Cel-
tic» 8. 49 ist nämlich irisch ic, icc f, gen. fcce heil, hei-
lung, davon icc-the salvatus, sanatus, aus jacca entstanden,
wie au9 cambr. jach samis, jech-yt sanitas, aremor. jachet
sanatus erhelle, An der Zusammengehörigkeit von «xo-;
mit diesen Wörtern wird wohl nicht zu zweitein sein, und
darf man demnach, falls man die Gelten den Graecoita-
likern zugesellt, ein södeuropäisches jakas, jakä heilung,
heil anset7.cn, dessen Zusammenhang freilich mit andern bil-
dnnaren sich nicht nuchweisen läfst.
13.
H als Vertreter von ursprünglichem v.
Die Zurückweisung unberechtigter lautübergänge ist
fast eljeuso wichtig, wie die aufstelhmg und begründiing
der wirklichen lautvertretungen, denn jede falsche annähme
dieser art zieht einen schwärm von irrthfmiern nach sieb,
denen selbst der besonnene forscher verfällt. — Indem ich
im folgenden die möglichkeit der Vertretung eines ursprüng-
lichen V durch griechisches /( betrachte, lege ich die aus-
gezeichnete darstellung dieses Übergangs von Curtins grund-
zflge* 5390'. zu gründe, indem ich mir darin von ihm ab-
weiche, dafs ich den beregten flbergang, der von ihm mit
grofser umsieht schon auf sehr enge grenzen beschränkt
ist, für das gemeingriechische vollständig glaube läugnen
zu dürfen, und nur für dialectisehe und „besychische" Wör-
ter die in rede stehende Vertretung statuire. Es ist also
meiue aufgäbe, die wenigeu gemeingriechischen werter, wo
Curtiua u für j: annimmt, aufa neue zu untersuchen.-.
Was zunächst die analogien ans andern sprachen für
unsern lautwecbsel anlangt, so kann ich lit. vidti-s das in-
nere nicht zu ig. madhja medius stellen, da das dem litaui-
schen so nahe stehende slavische in seinem meiida = medja
mitte das alte indogermanische wort ganz unverändert be-
sitzt; lit. vidüs wird ganz angemessen zu skr. vidh vjadh
durchdringen, durchbohren zu stellen sein; ebenso wenig
«^mologiscbt! beitrftg«.
175
tJarf
ma-8
parvj
dere ;
mi
man
setzen
a der vordere,
t Seltif^iolifr ksl. prüvM der erste
da pnivu auf das schönste dem
anscl
ürva
= lit. pir-
en parva.
vor
he
rige.
erste entspricht (skr. pürva der vor-
attß, pürvja
der vordere, erste, zead.
paourva, altpers, pariiva der vordere, frühere, zeud. paour-
vja" der erste), Ebenso wenig liegt irgend ein zwang
vor, ksl. crüvT ni. wurm mit skr. krmi, lit. kirmi-s wurm
zu identiiiciren. Da im lit. kreiva-s ^^ ksl. krivii kruniHi
(grundforin kraiva) ein reflex des lat. (;urvu-s krumm vor-
liegt, aus dessen nrrundform knrva- zunäcbat kriva, dann
mit vocal Steigerung kraiva entstand (vergl. (ffpolyäin aus
anaqyciw), 3o dürfen wir das'thema karva krumm der sla-
volitauischen Spracheinheit unbedenklich beilegen; aus die-
sem karva ist aber ksl. örtivT = karv-ja-s regelrecht her-
vorgebildet, und mit crüvr der wurm als der sieb kriioj-
inende sehr angemessen bezeiehnet. — Wenden wir uns
nnn ku den fallen der Vertretung von v durch n im grie-
chischen, so kann äurö->,' lamm eben so wob! mit lat. ag-nu-a
lamm, ksl. agn-ici lamm, und weiter skr. agina = ksl.
jazTno d. vliel's, fei) wie mit lit. avina s = ksl. ovTnu m.
Widder zusammengestellt werden, da ß fQr / im grieclii-
schen wirklieb vorkommt, aus urapriingliobem äyvo also
wohl äßt'i) werden konnte. Aber nimmt man auch fflr
äuvo entstehung aus äf-vo an, so beweist das, wie Cur-
tius sehr richtig hervorhebt, für den Übergang von _f ia fi
gar nichts, da wir zunächst Vertretung von ß durch ,'?,
(wie ßo?. = joX u. s. w.) also nß-vn anzunehmen haben,
woraus dann regelrecht, wie (tm-vü ans ai-ßro, äuvö wurde.
Sonach wäre äuvo^ nehmen wir es = lit, »vina, beispiel
von Vertretung des ^f durch ß, nicht aber des ^ durch u.
Dialdfstiscbo wörter ausschliel'send, gelangen wir s. 541 zu
jnaXlos zotte, wollflocke. Curtius läiat es für „höchst
wahrscheinlich" gelten, dafa ua?Lk6-g ti\rj:alXo-g steht, und
allerdings liegt lat. villu-s zotte, indogerm, varnä, europ.
valnS, wolle nahe genug. Und doch ist auch hier keinerlei
nöthigung vorhanden , fialhn als jaXXu zu fassen. Lit.
mila-s heifat woUstotf, lett. mila f. grobes (wollenes) baucr-
gewand, altpreufs. (vocabular) mila-n acc. sg. gewand, zeug.
Lit. mila steht für mala, ftnÄXo-i; vcrmuthlich filr ftrtk-jo-g,
beide Wörter stimraeu vortreHlich nach form uud sinn und
lassen sich anüh sehr gut ableiten voti europ, mal reiben,
woher viele Wörter in der bedeiitung „weich" herstammen,
wie ä-fiielu-^, lat. niollia, altlat. mal-to- und viele andere.
Unl>efangene pröfuog wird die gröfaere Wahrscheinlichkeit
auf der seite /ita?iko = lit. mila-s, als in der zus»ammen-
stellung von tiaXlo mit lat. vülu-s erblicken. — ftäpTT-Tio
in seiner Zugehörigkeit zu skr. marp ist unter 11 behan-
delt worden, wohin ich verweise; die „Zwischenstufe /^prez"
(nämlich zwischen ^anx und »ßorr), welche nach Curtina
Zusammenhang mit (vrk) vark deutlich machen soll, er-
klärt sich boi unserer annähme einer grundform /itapx
durchaus der analogie gemäls aus ttoax, — Weiterhin weist
CurtiuB 8. 542 die zuBaninienstellung von iilro-g faden mit
vi viere durchaus mit recht zurück. Anderer möglichkei-
ten zu gescliweigen, würde ich das wort auf indogermniii-
schea mat (skr. math) torqiiere beziehpn. Das i \a utTO-s
steht, wie fioTo-g wollfaden, charpiefaden zeigt, für ur-
sprüngliches a, wie niT- fallen = ntt aus pat, m'r-i'Aoi,-
das fliegen zu ntr = pat fliegen, und vor allem wie mitte,
stamm mit, werfen zu litauisch und slavisch mat, inet wer-
fen (skr. math torquere). Lit. mes-ti beifst nun speciell
das garn, den faden „werfen", ap-meta-i m. pl. die auf-
zugsfRden, das aufzugsgarn; mit diesem -meta-s scheint es
unbedenklich fiiTu-g und fiöro-s gleich zu setzen. — Mit
recht wird weiterhin die identität von oa-yoi^^ auch wayiig-
xA«(5üs' ätiTTtkoL' y.ccTcey.aoTiog mit pädj^oi^ sprofs, zweig, ru-
the in abrede gestellt. Halten wir den von Curtius ange-
deuteten Zusammenhang mit ü^ug für öüf^og !^ goth. ast-s
ast fest, so kann auch das etyoion dieses worts näb^ be-
stimmt werden. Sanskritisch as werfen schliefsen mit sei-
ner Jüngern nebenform iä gleicher bedeutung läfst sich
auch, wenigstoua in ableitiingen, auf graecoitaliscbem bo-
den nachweisen. Lat. ensi-s ist längst als reflex von skr.
asi erkannt worden, wie lö-g pfeil zu skr. isu pfeil gestellt
worden ist. öiCrd-t,- pfeil scheint für ü<fioTo zu stehn, und
sich mit lat. arista (für asista) halm = schufs zu decken.
elytuulogisch« beitrüge.
177
Desselben starames ist öa-Su- ^ goth. as-ta- ast, ebenfalls
eigentlich „schuls, schörsling**. Dafs auch im sanskrit as
und is schiefsen von dem „aufschiefsen** der pflanzen ge-
sagt wurde, läfst sich aus islkn^ isiku, isikä f. rofir, binso
scIiHefsen, ja dieses iäika, isikft gleicht auf seine grund-
form (asika, äsikä, niasc. asaka, iisaka) zurückgeführt dem
griech. Öa^o^ uxrya auf ein haar, fxöayo-^ Jielse sich zu
lat. muscn-s, deutsch raoos stellen, wenn in diesen Wörtern
u aus ursprünglichem a hervorging, was noch zweifelhaft,
oder zu lit. mazga-s keim, äuge, sprofe. Die Zusammen-
stellung des gleichlautenden fiön^os mit vacca ist durch-
aus mit CurtiuB abzuweisen, um so mehr, da lat. vacca
(för väca) sein deutliches Spiegelbild im skr. vaqä f. kuh
iindet. Die länge in vaca erklärt sich aus der abstam-
muog von skr. vä^ brüllen, welches durch /■j/;^ in ^^tj, ij/m,
durch lat. väg in väg-Ire, väg-or reflectirt wird. EndJich
die vergleicliung von iioct^og mit skr. ukaan deutsch ochse
weist Curtius mit geuügeudeti gründen zurück.
Der völlig überzeugenden kritik, mit welcher Curtius
die übrigen fiille, worin fibergang von/- iu /( statuirt wor-
den, al.s nichtig aufweist, wüfste ich nichts von belaug hin-
zuzufügen.
Sonach kämen wir denn zum resnltate unserer nach-
Untersuchung, welches wir dahin zusammenfassen; Wäh-
rend Curtius zu dem crgobuiase gelangt, „dalä der Über-
gang von jf in ti im griechischen nur för eine ganz kleine
zahl von Wörtern Wahrscheinlichkeit hat", möchte ich dies
urtheil dahin verschärfen: der Übergang von/- zu ,u ist in
keinem gemeingriechischen, ja nicht einmal bei schriftstel-
lerisch bezeugten dialectischen Wörtern nachzuweisen, son-
dern^nur bei einigen wenigen von den alten lexicographen
überlieferten Wörtern möglicherweise zu statuiren, Wörtern,
von denen niemand sagen kann, wann, wo und ob Ober-
haupt sie je lebendig gewesen sind (wie fid^iVQOV Cur-
tius 541, fi eldöuivoi^ ehendsi, ftoXnii^' ilni^ s. 542, ftoväv-
Aei'w 8. 543 u. a.). Naturlich gelten solche urtheile immer
nur vorläufig, für den augenblicklichen stand der forschung;
wird mit schlagenden gründen das gegenlheil nachgewie-
Zeitichr. f. vergl, iprachf. XX. 3. 12
178
Fiuk
sen — desto besser. — Ein klpinos liedeiiken gegen obiges
resiiUat könnt« erregen, dafs der vogel pfoo^f* nach guten
Zeugnissen von andern Griechen (den Böntern) lanoip (das
kann dotti nur «>c«rtot//, /-{(»oi/f sein) geuaant wurde.
14.
lit, brauua f. und an. brün f.
Au. brun g. brf^nar pl. bryn f, heii'st, wie skr. bbrü,
öifOXK und abd. prawa zunächst augeivbraue, sodann aber,
wie auch uifov^ den raud, besonders den bergrand bezeich-
net, rand, kante; das abgeleitete bryna (= brun-ja) beifst
(kantig machen) schleifen, wetzen, davon bryni n. Wetzstein,
bryning f. { wetzung) adhortatio. Mit dieser bedeutung
stimmt auffallend lit. braunä f. der rticken des messere,
der sense, der pflugscbaar; der rand eines kesseis, topfes;
der kiel eines schilt'es. Es scheint danach, als dürften wir
fßr beide Wörter eiue slavodentsche grundform ansetzen,
die entweder bhrünfi oder bhraunä lauten müfste, je nach-
dem man die nordische oder die lit. form als die primäre
ansieht; besser scheint der ansatz bhrüna, weil die vocal-
steigerungen im litauischen oft Becnndär erfolgt sind, deut-
sches ü aber der regcl nach nicht auf au basirt, sondern
verbliebenes altes ü ist (wie in niüa maus). Wegen des
pl. brjn braucht man sicher keinen ursprünglichen i-stamm
anzunehmen, da im nordischen der allen deutschen spra-
chen 80 geläufige übertritt alter a-stämnie in die i-decli-
nation (vgl. nhd. ströme, alt: tbema strauma, därme, alt:
thema tharma u. s. w.) schon ziemlich häufig auftritt, auch
spricht für alten a-stamm mhd. brüne st. f. eunniis, wel-
ches dasselbe wort in eigenthündicher Verwendung ist_ und
eigentlich rand, leiste bedeutet. Ob auch die neuhoch-
deutsche nicht echriftgemäfsej aber oft gesprochene neben-
form „die augen-braunen" statt „brauen" auf alter bildung
beruhe, ist nicht zu ermitteln; dip altern quellen unserer
Sprache bieten diese form nicht.
otymologijclie heitrilge.
17!>
15.
XTtiofiai lind xti^m.
In des verf. wörterbuche sind leider s. 53. 54 einige
Wörter unter dem verzwickten anlaute ks stehen geblieben,
welche ich mir im folgenden zu berichtigen erlaube.
Der sanskritische anlaut ks reflectirt sieh im altper-
siachcn als kLs, im zeud als khs ; es ist daher evident, dafa
er schon in der gemeinsam arischen periode bestand; die
sichern reflexe der auf arisches ks anlautenden Wörter zei-
gen dagegen in den europäischen spruchen sk oder Ver-
treter dieses anlaute, die im griechischen, welches leider
oft ganz allein die betreuenden biiduugen bewahrt, sehr
raaunigfach sind, besonders häutig sind xr, ^ und (f&. So
entspricht dem ekr. ksan part. käa-ta griech. xtbivw i-xra^
deutsch schaden, dem skr. ksura m. echeermesser griech.
^voövi dem skr. kai schwinden griech. f^öi-.
Fassen wir skr. käa-tra u. herrschaft und kää f. wohn-
statt, sitz iu ihrem verhältnifs zu kai käeti, käijaii weilen,
wohnen, ü-Usi in besitz kommen, sein und ksi ksajati be-
sitzen, verfügen ins äuge, so wird deutlich, ilaCs die grund-
form dieses verbs ksi wohnen, besitzen ksa, ksü gelautet
hat. Dies wird durch das griechische bestätigt, wo wir
XTci-ofini, xf-xT}]-fiat erwerben, pf. besitzen finden, welches
selbstverständlich kein denominativ ist, so wenig wie ndo-
uat, Tte-rrü-fuu, und ganz deutlich auf eine grundform xrä-
weist, von der auch xTFj-fta besitz, xt'^-pos n. besitz, vieh,
xrrj-fft-g f. besitz regelrecht gebildet sind. Aus der ver-
gleichuDg von skr, käajati mit xTcioiicti ergiebt sich ffir
dies alte verb das präsenstheraa ska-jati und so haben wir
ska, skä skajati als indogermanisches verb mit der bedeu-
tung: in besitz bekommen, iu besitz haben (vgl. skr. ä-k»a-
jati kommt in, ist in besitz) anzusetzen. Zu diesem verb
ska gehört nun offenbar ksl. sko-tü ra. pecus, pecunia (vgl.
xrij-vo^ besitz, vieh), woraus goth. skatts (schätz) geld
vermuthlicb entlehnt ist. Da nun aber auch das jün-
gere thema sanskr. ksi dem griech. xti'-^oj, xrl-ftEVO-gf
nfifft-xri-ov-eg entspricht, so ergiebt sich als ebenfalla in-
12*
180
Pick
dogcrmaniacli ein verb ski (skijati = /.tilbi für XTtjet?).
Beachten wir, dafs ekr. Lsi hesouders bedeutet: nibig,
friedlich, ungestört weilen, so werden wir Pott recht ge-
ben, wenn er '/.ti-ko.; zahm zu diesem verb stellt. Auch
skr. Khö-ka zahm gehört hierher und ist insofern von In-
teresse, als es in khi :^ ski den alten anlaut zeigt. Sehen,
wir weiter, wie in ableitungen wie skr, käe-ma wohnlich,
behaglich, ruhe und Sicherheit gewährend, m. ruhe, Sicher-
heit, frieden die bedontung des behagen« und ruhens ganz
vorwiegt, ao werden wir im zend. ekjü, «ä erfreuen eine
Weiterbildung von ski durch fi leicht erkennen. Von die-
sem skja stammt altpera. äijäti behagen, annehmlichkeit ==
zend. säiti f. freude und mit diesem skjäti ist lat. quieti-
f. ruhe ganz dasselbe, also auch lat. quie- ruhen = zend.
skjä, Sa erfreuen, quietu-a ruhig, behaglich = zend. skjäta,
äätOf erfreut. Was die scheinbare bedcutungsverschieden-
heit anlangt, so erinnern wir an käema behaglich, ruhig,
an skr. rata erfreut, liebend und ruhig; die weitere be-
gründung dieser ableitung würde hier zu weit führen , es
sei nur noch bemerkt, dafs auch ksl. po-cijq po-citi sammt
po-koj ra. ruhe, frieden nicht ku skr. fl liegen, sondern zu
ski == akr. kai ruhig weilen, wohnen gehört, sowie dafs
das thema lat. -quilo- in tran-quillu-s sich im goth. hveila
f. weile wiederfindet. Nahe zu dem hier behandelten ska,
ski gehört auch skr. ksam ruhig ertragen, es verhält sich
zu der urform ska, wie dam bändigen zu da binden, wie
gam gehen zu ga, oder wie nam beugen zu na im part.
na-ta.
Zu skap nacht, dunkel {so ist statt ksap zu lesen)
verweise ich für die griechischen rettese auf Curtius grund-
zDge s. 487, das wort findet sich auch im slavischen, näm-
lich im ksl. atipi m. Verfinsterung, eklipse. sti'pif steht re-
gelrecht für skjapi.
Für ksura ^vqÖv ist skura, für ksvaks sechs svaks zu
lesen, vielleicht kommt man auch mit saks aus.
Am Schlüsse mich zum anfange zurückwendend, mufs
ich nach reiflicher Überlegung meine schweren bedenken
gegen die unter 1 mit so grofser gewifsheit gegebene deu-
•PrmolügUche beitrüge.
ISl
tiing von invitus Jiussprechen. Wenn bei der berleitung
aue einer grnndform cveito- aticb, so weit icb sebe, gegen
keine anerkannte lautregel verstofsen ist, so scheint doch
der allgemeinen analogie nach invitus ein parücip zu sein.
Ist 03 dies aber, so bleibt es bei der von Benfey gegebe-
nen deutung, welcher -vltu-a mit dem 6kr. vita, part. von
vi lieben gleiohaetzt, wobei man dann freilich -vitus acti-
visch als liebend, gern habend zu verstehen hätte. — Kun-
diji;ere mögen entscheiden,
Göttingen, 15. april 1871. Fick.
Ei'örteriingen aus dem gebiete der italischen
sprachen.
1. Ueber daa pacliguische Söbt.
In der iiaelignisuheu Inschrift , welche Momiusen im
Corp. Inscr. Lat. Vol. 1 p. 555 mitgetbeilt bat: „St. Pou-
ties N. Poüties V. Alpia. Tr. Apidis. loviois pu-
clois sest. a. plcua", verbindet er das a mit dem fol-
genden plene zu aplens, welches er wahrscheinlich fiir
lateinischem im jilcvcruiit entsprechend hält, während
amgekehri Beigk im halliacb. lectiunscatalog für den sotn-
mer 1864 p. III das a mit dem vorhergehenden sest,
wie Mommsen aus sust richtig hergestellt hat, zu sesta
verbindet, welches er mit dem folgenden plcns durch
„istam (nämlich „mensam sacram, in qua pocula, quae
dedicaverunt quatiiorviri illi, collocata eranf*) replent*
(ibersetzt. Allerdings würde eine pronouiinalform seSta
ihrer bildung nach, wie Bergk wiil, mit dem vou Ennius
(Ann. 372) und Pacuv. (324) bei Fest. p. 325 M. fiir ipsa
gebrauchten sapsa zu vergleichen sein, insofern, wie der
erste bestandtbeii jenes pronomen der pronomiualstamm i,
so der erste bestandtheil dieses pronomen der pronominal-
stamm Bo, sa ist; keineswegs aber würde jene form, wie
Bergk meint, auch mit suapte zusammenzustellen sein,
da dieses nirgends, vrie Bergk behauptet, för sapsa oder
182
Zeyfs
ipsa stebt, sondern an allen stellen prononi. possesiv. mit
der bedeutung sein eigen ist. Irris; ist es aucb, wenn
OD O '
er dieses eesta von einem dem so, ea gleichen pronomi-
nalstamm si ableitet, da die conjunction ei und das si iu
sireinpse s. siremps, welche er dafür anführt, vielmehr
der casus localis des oben angeführten pronominalstammes
so sind, und ebenso unrichtig ist es, wenn er, sesta mit
dem umbr. esto und lat. isto zusammenstellend, der an-
sieht ist, dal's diese den anlaut s verloren hätten, da sie
vielmehr von dcra pronominalstamm i ausgehen, in sesta
demnach nicht nur dieser, sondern auch ein mit s anlau-
tender pronominalstamm enthalten wäre, eine häufung, zu
der kein grund vorhanden sein würde. Wenn er endlich
die pronominalform sesta durch die vermuthung zu stützen
sucht, dal's ihr im lateinischen sista bei Cato de R. ß,
c. 160 entspreche, so hat er übersehen, dafa die werte
der dort angeführten formel ista pista sista längst Gro-
tefend Eudim. ling. Umbr. Partie. IV. 12 sehr ansprechend
durch istam pestem sistam erklärt hat. Ist nun aber
die existenz eines proiiomen sesto, die sich durch keine
stelle erweisen Jäfst, nach dem vorhergehenden höchst un-
wahrscheinlich, so werden wir es auch in der obigen pae-
lignischen inschrift nicht zu suchen haben. Auch an das
verbiuu sisto ist bei sest. nicht zu denken, da dieses
weder wegen des verb. finitura des satzes plens und des
dazu gehörigen abl. pl. puclois das verbum finitum, noch
ein zu diesem ablat. gehöriges partic. pf. pass. sein kann,
indem ein solches theils keine rcduplikation hat, tbeils we-
gen plens hier ganz überflüssig wäre. Da hinter u. nun
ebenso, wie hinter sest. ein punkt steht, so ist der ver-
such, dasselbe mit sest. oder mit plens zu einem wortc
zu verbinden, gleich gewaltsam und daher zu verwerfen.
Noch gewaltsamer und daher noch weniger zu billigen ist
das verfahren Corssens, der aus den drei Wörtern sest.
a. plens über ausspr., vokalism. und beton. 2. ausg. bd.II
p. 250*) das eine wort sestattens (statuerunt. vgl. Cors-
•) Leider habe ich Autial. li. Inst. arch. Rom. I8GR p. 113 fT., worauf
sich Corssen an der oben migefllhrten stelle bezieht, aiclil nachsehen können.
erörUrun^vn auSue^^ebiete dur iUliavhcn «{iiacltou.
183
Ben de Volsuor. ling. p. 5 — 6) bildet, welcliea freilich an
und für sich, wenn unter loviois puclois, wie er eben-
das. bd. I p. 489, bd. II p. 79 will, sonst nicht bekannte
sabellische „Poculi (dii), trankschafleude (gottheiten)" zu
verstehen wären, gauz passend sein würde. Natürlich hält
Coraseu das überlieferte sest. a. piens für irrthümiich,
da er wohl beglaubigte formen, die seiner ansieht widerstrei-
ten, wie tribjipu über aij^spr., vokaL und betou, bd. II
p. 16, Petninjapert a.a.O. bd. II p. 377, frateer a.a.O.
bd. II p. 504 und mehrere wortformen der epäteren lati-
nität a. a. o. bd. II p. lülO, für Schreibfehler erklärt. Dals
diese art der beweisführung die leichteste und bequemste
ist, wird niemand bestreiten; schade nur, dafa ihr die be-
weisende kraft fehlt, die sie auch durch den wegwerfenden
toD, den sich Corsseu erlaubt, gewifa nicht gewinnt, Ge-
rathener ist es vielmehr, wie an andern stellen, so auch
hier, eine hinJäuglich verbürgte iesart, wenn sie anders
einen passenden hinn gibt, unverändert beizubehalten. Wir
werden daher pleus, welcbeg mit volsk. sistiatiens
(statueruut), osk. profattcns (probaveritnt), teremnat-
teus (terminaveruut), uupsens (operati sunt) und sabell.
amatens zu vergleichen ist, für die aus ple-ens entstan-
dene dritte pcrs. pl. pf. des einfachen verb. pleo zu halten
haben, dessen sich nach Fest. p. 230 M. in früherer zeit
auch die Römer bedienten. Befremden kann dieser aus-
druck hier nicht, da es vier niünner sind, welche trink-
gefiiitie darbrachten, und vielleicht keiner von ihnen seine
gäbe auf ein exemplar beschränkte. Das zu plens gehö-
rige objekt ist das durch die abbreviatur a. ausgedrückte
asum (tab. Rapin. 8), i. e. aram. Dai's aber die vier im
anfaug der inschrift genannten männer pocnla geweiht
haben, ist durchaus uicht auffallend, da dieses wiederholt
geschah. Oft wurden solche Irinkgefalse auch mit dem
nameu der gottheit, der sie geweiht waren, versehen. Siehe
übrigens über diese und ihren gebrauch Bergk a, a. o,
p. VI — VII. Die an unserer stelle genannten poeula wer-
den nun näher bezeichnet durch das ebenfalls abbreviirt
geschriebene adiect. sesi., welches sestentasiois, i. e.
184
Zeyfs
sextantariia, zu bedeuten scheint; deuu, dafs dieses ein zu
puclois passendes epitheton ist, lehren hiulänglich stel-
leu, wie MartiaL V, 64 „Sextantes, Calliate, duoa iofunde
Falerni." und Sueton Aug. 77 „Qiioties largissime se invi-
taret, senos sextantes non excessit, aut, si excessiseet, re-
iiciebat". lieber die form sestentasiois aber vgl. tab.
Iguvin. III. 2 — 3 „seatentagiam urnasiam". So bleibt
noch lovioia übrig, wekhcs sowohl Bergk als Corsseu,
mit dem darauf folgenden puclois verbunden bat, indei
jener es als ablat,, dieser (iber ausspr., vokalism. und be-
tonung 2. ausg. bd. I p. 489 als dativ faist. Allerdings
könnten die trinkgefäfsc, wenn sie nach Bergks erklärung
dem Jupiter geweiht würden, deshalb lovia genannt wer-
den; alteia an unserer stelle würde diese bezeichnuug aus
dem gründe nicht passend sein, weil man hier statt der-
selben TJelmehr den dativ des namens der gottheit selbst
erwartet, der sie dargebracht wurden. Dazu kommt noch
ein äufserer, doch keineswegs unwesentlicher umstand.
Wie nämlich jeder der vier dedicanten seinem praenomen
und nomen nach in einer besonderen zeile genannt ist,
ebenso steht lovioia in der fünften zeile allein, getrennt
von dem in der sechsten zeile folgenden puclois sest. a.
plens. Es Bcheiot demnach loviois nicht mit dem abl.
puclois zu verbinden, vielmehr als der dativ der gott-
heiten, denen die pocnia dedieirt wurden, zu fassen zu
sein. Demnach werden, wie tab. R.apin. 7 die dem Jupi-
ter verwandte göttiun elufach blofs lovia genannt wird,
80 hier mehrere jenem verwandte götter durch loviois
allein bezeichnet, wobei, was keiner erklärung bedarf, deis
zu ergänzen ist. Freilich ist nicht darzuthuu, welchen
göttern die Paeligner diesen namen gaben; jedenfalls aber
sind darunter hohe, dem Jupiter nahestehende götter, zu-
mal da der namc eigentlich coelestes bedeutet, zu verste-
hen. Dieser erklärung zufolge würde die ganze inschrift
zu übersetzen sein: Statins Pontius, Numerius Pon-
tius, Vibius Alpius, Trebius Apidius Joviis (deis)
poculis sextantariis aram pleverunt.
eMrtcrungen aue dum gebiet« der italUcbon spraeuen.
185
2. lieber die imiLriscLe partike! bunt 8. hont, das um-
brisobe adrerbiuiQ buntak a. buntta und das uoibriscbe
pronomen seso.
Dem iimbriachen eigenthümlich ist die enklitische par-
tikel, welcbe vollständig in den nmbrisch geschriebenen
tafeln huut, in denen mit lateinischer schrift hont, nach
einem kousonanten dagegen mit einbuJ'se des b dort unt,
bier ont geschrieben ist und auch apokopirt in der form
bu und o erscheint. Sie schliefst eich an die casusformen
der demonstrativen pronominalstämme i (if-ont==: ibidem;
nom. siog. masc. er-oiit = idem, eur-ont = iidem), ero
(nom. sing. masc. eri-hont *) :^ idem, eru-hii = codem,
*J Anfrecht und Klrtibhoff Bchwanken in ilircr uiBiciit Über «rihont;
denn, wäbrcnd sie en umbr. epraulid. bd. [ p. 136. bd. H p. 317 und 245
auf den pronominalstamm ero enrUckziifilhren (geneigt sind, ziehen sie es
bd. II p. 404 , trenn auc-h niiht mit entEctilc^denheit, 7.nm prononiinitlstamm
i s. s. Eine von dieecm Rtomtne nun gebildete partikel kann erihont of-
fenbar nicht sein, da eine solche vielmehr ihont oder eliout lauten murste.
Der annähme nber, dafs eri eine vom stamme ero ebenso, wie este (ita)
von egto und ise (in iaec mit der bedeutung item) vom stamme iso, ge-
bildete Partikel sei, steht entgegen, dafs, da die vom pronomitialstamme eso
8. iso mit dem snflix bunt gebildete partikcl niiUt isehunt, sondern
isiint (ibidem) laatct, der Analogie gemtirü eino vom pronominalstamm ero
mit demselben suffix gebildete partikel erunt lauten mllfste. Ist demnach
erihont heiue prunominale partikel, su kann es nur casus eiuea pronomen
sein, und zwar, T^'ie der zuBummeuhang von VI. b, &0 es erfordert, nom. siug.
Ziehen wir es nun zum stamme i, so würde erihont in er-i-hont zu zer-
legen sein. Freilieh könnte dieses nicht, wie Aufrecht und KirclihofT umbr.
sprachd. bd. II p. 246 mit recht beniorkcn, als aus tr (is) und dem vermit-
telst des biudevokals i autrctcndcu hout entstanden crklUrt werden, da das
suflix hont an cousonaiitiscb auslauteude pronomiualformen nicht vermittelst
eines bindcvokiils, sondern unmittelbar antritt, indem es nnr das anlautende
.h aufgibt, dergestalt, dafs aus er und hont eront (idem) VI. b, 24 wird;
wohl aber könnte man meinen, dafs eri in erihont aus er und demselben
i, miltelüt dessen der nom. des pronom. relat. poi gebildet ist, bestcbo.
Auch könnte man dem einwand, dafs dann für den nom. aing. masc, zwei
formen von demselben pronominalstamra , eront und erihont, neben ein-
ander beständen, durch die bemerkung begefmen, dafs der mittelst des i ge-
bildete sich von dem andern durch verstBrkung der hjiizeigenden kraft un-
terscheide. Gleichwohl würden wir zu dieser annähme nur dann unsere Zu-
flucht nebmeu müssen, wenn kein andrer ausweg otTen stünde. Wenden wir
uns also zum pronominalstamm ero. Allerdings kommt der iiom. sing. masc.
von diesem stamme obne suflix nicht vor; die erklttrung aber, wie aua ero
and dem sufßx hont der nom. sing. masc. eiibont gebildet sei, kommt
mir nicht so schwierig vor, wio sie Aufrecht und Kiichbofl" umbr. .sprachd.
bd. H p. 245 crselieint. Zuvörderst ist erihont mit demselben sulTix i vom
stamme ero gebildet, wie der nom. aing. masc. des [>run. relat. poi (poei,
186 ^^^^^^ Zcyfs
abl. masc. erir-oiit ^ ilsdem; femin. erar-unt = eius-
dem, era-biint = cäderu, eraf-oat*) :=: easdem, abl.
fem. erer-uiit ^ üsdem), eso (is-unt === itidem) und an
die conjuDCtiOQ *sur (sur-ont)**) 8. Sürur (surur-ont
poc;) vom etauime po. Dann entbehrt eri'hont auf gleLciie weise wie
|ioi des ncminativzcichcru). Dieser analogie zufolge haben wir also als ur-
sprünglichen nom. »ing. masc. vom stamme ero ero-i auziuiehmen , in vei^
biudung mit hont demnach ero-i-hont. Au« dieser form Rber ging zur
Vermeidung ilirer schwerniUigkeit durch versehmelzung *3cb o mit dem i
eri-hont hervor. Ganz eheiiso eut.'stanilen im lateiniacben aua quo-i und
aua ho-i-c die nom. sing, qui und hi-c. "Was Coraaen über ausspr., vo-
Icaltsm. und beton. 2. ausg. bd. I p. 785 Über die prononiinalstttmme Ist. ho
und quo und den diesem entsprechenden umfar. p o ricliüg bemerkt, dafs das
i früh/.eitig mit ihnen so verwachsen sei, dafs es mit demselbeu zusammen
im Bprachbewiifstaeiu als ein neuer -wortstamra betrachtet wäre, au den
nun auch ca.^uesurtixe träten, gilt auch vom umbriachcn pronominal.^tajnm
ero. So vereinigt sich mit dem in eri-hont entbaltenen com. sing, eri
der altlateinische aec. sing, erira in der schon von Grotefend Eudimeut.
Jing. Uinhr. Partie. IV, 8 mit dem stamme ero zunanimengefitcllten glosae
des Fest. p. 162 und 163 M. „nee erim = ncc cum". Schlierslich würde,
wenn, wie Aufrcclit uud KlrchholT umbr. iiprachd. bd. I p. 137 wullen, poi
eine Verstümmelung von pos-i wäre, wohl anzunehmen sein, dafs auf gleiche
weise ero-i-liont aus eros-i-hont hervorgegangen whre, nicht sibsr, dafs,
wie dieselben bd. I p. 79 vormuthon, „in erihont der endconaonant des
ersten pronoraen gewichen sei"; denn hätte hinter eri ursprünglich ein oon-
sonant gestanden, m würde nicht dieser, sondorn daa h von hont ver-
schwanden sein.
*) la des sich entaprecbenden stellen I. b, 23 und VT. b, 66. VII. a, 1
findet eine verschiedene ausdrackaweise statt, irie Aufrecht und KircbholT
umbr. sprachd. bd. 11 p. 217 und 273 richtig geschii babeu, dort erahunt
vea = eSdem via, hier erafont via = easdem vias. Es ist daiier iveder
die vermuthung anzunehmen, die sie bd. I p. 79 und bd. 11 p. 273 ausv-
sprecben, dafs in erahunt der accusativcharakter von ernf abgefallen und
dann zur Vermeidung des hiatus (Ina ursprüngliche anlautende h des sufllxea
hunt, das nach conHonant«n abfallen mufste, wieder eingetreten sei, noch
die vertnuthnng, die sie bd. H p. 27-1 äufaern, dafs erafout für erahont
verschrieben sei. Wenn sie hier zur Unterstützung der letztem vennuthmig
nnfUhren, dafs die pronominalstUmme i und ero sich gegenseitig in der art
zu ergänzen schienen, dafs von einem jeden nur gewisse casus im gebrauch
wären, die dem andern abgingen, und deren maugel bei dem einen durch
formen des anderen ersetzt würde, da die bcdenlung beider nicht wesentlich
verschieden gewesen zu sein schiene, so spricht gegen diese ansieht, welche
Bngge in d. zeitscfar. bd. V p. 2 und bd. VIII p. 33 thcllt, nicht nur, dafs
erafont auch VII. a, 1 steht, wo die worte von VI. b, G5 wörtlich wie-
derholt werden, sondern auch der zum stamme oro gehörige nom. sing,
erihou t.
**) Da dem snrur s. suror surur-ont zur seito steht, so Ittfst sich
aus dem vorhamlenscjn der form sur-ont Bunehmen, dafs, wenigstens ur-
Bprllnglich, auch einfaches sur vorhanden gcwtisen »ei. Daraus, dafs dieses
in den uns zu geböte siehenden denkniHlern nicht nachweisbar ist, folgt
weder, dafs dasselbe uie cxistirt habe, noch dafs suront, wie Aufrecht
«rorteruDgcu aus dem gebiete der ilalischvii üpractien
187
und siirnr-o) und hat die bedeutnng des enklitischen la-
teinischen -dem = oskiscben dum. Kicbtig habeu nun
Aufrecht und KirchhoflF umbr. sprachd. bd. I p. 136 gese-
hen, dafs wohl zwischen dieser umbrischen partikel hunt
[ e. hont und dem lateinischen demonstrativstämm HO ein
L zusainmeuhang stattfinde, dafs sie aber nicht nait dem go-
^^V tfaiscbeu hun, welches gleich dem skr. kana aus den pro-
^H Domiuibus, denen es angehängt wird, indefinita schaM, zu-
^H sammcuzustellen sei. Verbietet. dieses die ganz verschie-
^^B dene bedentuug dieser suiHxe^ so liegt es dagegen nabe^
^H das umbrische hunt s. hont mit dem celtischcn pronom.
^V dcmonstr. huu, hon, hyn (ia, ea, id) und dem cejtischen
r adverb. hwnt (illic) und hont in hen-hont (alle), houn-
^H -hont (Itia), worüber s. Zeuss Grammatic. celtic. Vol. I
^B p. 398 — 401, zu vergleichen. Nehmen wir nun hinzu, dal's
in engem zusammenbaDgc mit hunt s. hont die zwei ad-
verbialformen hiiutak und huntfa stehen, so wird es
wahrscheinlich, was liugge in d. zeitschr. bd. 111 p. 36 — 37
erklärte, dafs ein demoustrativstamm huno s. hono mit
dem demonstrativstamm to, den wir im umbr. es-tu, lat.
is-te, griech. av-roi;, lit. szi-ttas finden, zum pronomi-
nalstamm hunto 8 honto zusammengesetzt sei. Gerade
durch diese zuaamraensetznng zweier denionstrativstiimme
wird die demonstrative bedentung stark hervorgehoben und
so konnte jene füglich zur bezeichnuiig, dafa von einer
schon erwähnten person oder sache etwas neues ausge-
sagt werde, gebraucht werden. Dieser, dieser wurde
gesagt, um derselbe auszudrücken. Vergl. das altlatein.
emem = eundem bei Paul. Diac. Excerpt. p. 76 M, und
das daselbst von Müller angeführte avTavTov im sicilisch-
griechiachen. Von diesem prouominalstamm hunto s.
honto kommt nun sowohl die durch apokope entstandene
Partikel hunt s. hont her, ursprünglich ueutr. eing., als
die adverbialform huntak und huntia, ursprünglich ab).
und Kirchhoff umbr. spradid. bd, II p. 113 und 419 wollen, lllr suroront
vcrschrichen sei. Dieses ist nicht raüglich, da Buront cilfnial auf der «echs-
ten und siebenten tafcl 'sich findet. AulVeclil und Kirchhull" hilttcn d«h«r
diese« nicht im texte Überall in sururont verändcru aoUcii.
188
Zeyf»
sing. fem. Beide einJ nicht, wie es Aufrecht uud Kirch-
hoff umbr. sprachd. bd. I p. 136 und Biigge a. a. o. zu
fassen acheinen, verschiedene adverbien, sondern nur zwei
formen eines und desselben adverbium , indem jene nur
durch das demonstrative k vermehrt, in dieser ebenso, wie
im volskischen sisfciatiens (statuerunt) und osk. eitiu-
vam und tiurri (turrim), worüber 8. Corßsen de Volscor.
ling. p. 5 — 6, hinter t ein i eingeschaltet ist. So schwin-
det die Schwierigkeit, welche Bugge a. a. o. in dem i des
hunti a üind.
Wie dem lateinischen mihi uud tibi im umbrisehen
mehe und tefe entsprechen, ebenso mul's man vermuthen,
dafs für sibi die ümbrer sefe gesagt haben, zumal da
derselben analogie gemäls dieser dativ im oskischen sifei
und im paelignischcu seffi lautet. Dagegen finden wir
tab- Iguv. VI. b, 51 , wo der sinn der stelle durchaus den
dativ des reflexlvpronomen der dritten person erfordert,
seso. Aufrecht uud KirchhofF übersetzen daher umbr.
sprachd. bd. I p. i'3'X bd. II p. 248 und 418 dieses durch
sibi, obgleich ihnen die form desselben dunkel erscheint,
80 dafa sie es für möglich halten, dafs es verschrieben sei.
Dieser vermuthung haben indessen Bugge in d. zeitscbr.
bd. m p. 34 und 36, Huschke iguv. tafeln p. 2*29. 230.
566. TOlj und Newman in seiner ausgäbe der iguv. tafeln
p. 43 mit recht nicht räum gegeben und ebenso richtig
haben Bugge und Newman seso vielmehr durch sibimet
übersetzt. Bugge zerlegt nun seso in ses-o und sieht in
o eine Verstümmelung des Suffixes hont, welches hier den
sinn des lat. -met habe. Dafür läfst sich allerdings an-
führen, dafs fTir eruhunt auch eruhu uud für sururont
auch sururo sieb findet und dafs das celtische htm uud
hunan (unan) s. honon, worüber s. Zeuss graramatic.
celtic. Vol, I p. 409 und 410, ipse bedeutet; allein, wenn
Bugge mit ses das goth. sis vergleicht und meint, dal'e
sich das s hier, wie in pisi, aveis n. a., behaupte, so
steht jener vergleichung entgegen, dafs die form des go-
thischen dat. sis der umbrischen sprach« völlig fremd, und
dieser ansieht über das s, dals gerade vor dem sufBx unt
«rörtening«n bub dem gebiete der itnlischrn sprachen.
189
8. ont das den casus einos pronomen solilielsende s regel-
; mäfsig in r übergegangen ist, wie eur-ont (iidem), erir-
|-ont (iisdcra) beweisen. Wenn dagegen Huscbke in be-
'trefl" des schliefsenden o Bugge bei|jflichtet, eca aber, wie
ideu lat. acc. nnd abl. sese, für eine Verdoppelung des dat.
lae hält, so daft seso aus Be-B(6}ont entstanden wäre,
und wenn Newman seso mit sueso (VII. b, IJ, welches
er durch suaemet flbereetzt, zusammenstellt und von der
zweiten gilbe so meint, dafs sie ein um brise hea isao (ipso),
welches nicht vorhanden ist, s. esso, wie er VI. a, 2 das
urkundliche eso ändert, verberge und daher lateinischem
pte (in siiäpte culpa) oder pse (in reapse) gleich sei, so
ist es überflüssig, solche ansiebten zu widerlegen. Ich
sehe vielmehr in dem se von eeso das veretümmette eefe
und in dessen zweiter silbe so dasselbe pronomen so, das
sich im umbrischen eso, e-su-k, e-su-f findet und von
dem sich im lateinischen bei Enniiis die acciisativformen
sum, sam, sos, sas erhalten haben, das der letzte be-
standtheil von i-p-sus imd i-p-se ist und doppelt er-
scheint in aa-p-sa. Siehe darüber Corssen über ausspr.,
vokaliBm. und beton. 2. ausg. bd. II p. 847. Wie in dem
lateinischen eu.m-p-8e, eam-p-se und ähnlichen formen
die casusform dieses pronomen abgestumpft ist, ebenso ist
dieses mit dem so in se-so der fall. Se-so bedeutet
also eibi ipsi s. sibimet.
3. Ueber tarnen.
Das lat, tarnen hat man auf die verschiedenste weise
zu erklären versucht. Bopp leitete es früher vgl. gramta.
1. ausg. §. 343 von dem ekr. local. ta-smiu her, indem
dessen s, wie im litauischen tarne, unterdrückt sei; spä-
ter dagegen, in der 2. ausg. der vergl. gramm. II, 132, er-
klärte er es für eine Zusammensetzung des acc. plur. neutr.
des demonstrativen pronominalstamm ta mit einem der
griech. Partikel uiv entsprechenden lat. -men, dergestalt,
dafs ta-men dieselben pronominalstämme, wie in umge-
kehrter reihenfolge fiiv-rot, enthielte. Dagegen meinte
190
z#vrR
Max. Schmidt itomincntat. de pronom.gr. et lat. p. J)l, tlal's
tam-cn, aus tarn und der [>ri"ip. in Kusammengesetzt, fflr
tarn-in stände, aus tam-en aber durch abwerfung des u
die alte form tarne flir tarn hervorgegangen wäre, Pott
wiederum stellt etyniol. forschungen tli. II p. 136 ff. zwei
vermuthungea auf. Einmal nämlich erklärt er das en in
tam-cti für ein umgelautetes an^ griecb, «j', durch wel-
ches der gegensatz bestimmter hervorgehoben werde, wo-
nach die eigentliche bedeutung Ton tam-en sei: „so sehr
(tarn) andrereeita (an)". Dann meint er, die mögliche kür-
zung von en zugegeben, sei daa en in tam-en das hin-
weisende en, 80 dafs tam-en eigentlich „sieh nur, in eben
dem grade" bedeute, O. Ribbeck findet sogar beitrage
p. 27 ff. in dem en von tarnen die interjektion c. End-
lich bat, während Ritschi Plaut. ProL Trin. p. 14 niul
Rhein, mus. XIV p. 399, Aufrecht in d. zeitschr. bd. I
p. 85 T Schweizer-Sidler in d. zeitsclir. bd. IV p. 304 und
bd. VIII p. 234, Curtius in d. zeitscbr. bd. VI p. 84 und
93^ Lottoer in d. zeitschr. bd. VIl p. 163 und Schuchardt
vokaliamus des Vulgärlateins 1, 117 behaupten, dafs tarnen
zuerst zu tanie und dann zu tarn abgestumpft sei, Cors-
aen krit. beitr. p. 279 und Ober auaspr., vokal, und beton.
2. auag. bd. II p. 223 und 604 tarn für eine feminine ac-
cusativform des prouominalätämmes ta erklärt, zu der in
tam-e e als form des localis <ies pronominalstammes i
getreten sei, so dafs tam-e „so da" bedeute (krit, beitr.
p. 275 und 279, über ausspr. , vokal, und beton. 1. ausg.
bd. U p. 266; 2. ausg. bd. H p. 842 und 1027), tam-en
aber (krit. beitr. p. 278—279, über ausspr., vokal, und be-
ton. 2. ausg. bd. II p. 642} in Übereinstimmung mit Pott
für eine enklitische tonverbindung des pronominalaccusa-
tiv8 tarn mit dem hinweisenden loealen adverbium e-n
(„daselbst, siehe da"), einer form des localis vom prono-
minalstamme i, durch welche die hinweisende kraft des
demonstrativpronomens verstärkt werde, so dafs tam-en
eigentlich „so da, so eben'^, also eben dasselbe wie
tam-e bedeute. Aehnlich äufsert sich Ebel in d. zeitschr.
bd. XIV p. 400, indem er tarn ab acc. fem. aing. auffafst
erürterangen ann dem gebiote Jer iUliKclien Fprftrhen.
191
und in tarne den antritt ehms vorstärkciide» o (ursprüng-
lich e oder ei), wie in umbr. pisi und poci, in lat. qiii
und in golli. saei, annimmt. Alle diese erklärungen sind
so unwrihrscheinlicb, dafs ich einer Widerlegung derselben
mich glaube enthalten zu können, und um so auffallender,
als Wtlllner über Ursprung und Urbedeutung der sprachli-
chen formen, Münster 1831 p. 208 — ^211 bereits der, wie
es mir wenigstens scheint, richtigen erkläning sebr nahe
gekommen war, indem er ta-me-n aua ta-ma-na ent-
stehen liefs, d. h. aus dem demonstrativen pronomen ta,
einem ursprönglichen ma, wofür die alte form ta-me, die
für späteres aus ihr verstümmeltes tarn stände, spräche,
und ans demselben na, welches ira skr. vi-nfi (sine), im
griech. 'i-vSy im ahd. ä-na (ohne), vo-na (von), hi-na
(hin), da-na (dann), hua-na (wann), und zu ne abge-
schwächt im lat. si-ne sich zeigte.
Offenbar ist, wie in qnam der relative pronominal-
staram quo, eo in dem entsprechenden tarn der demon-
strative pronominalstamm to enthalten. Von jenem stamme
wurde nun vermittelst derselben lokalendung me, der wir
im umbrischeu bei aubst. und adject., wie toteme lovine
(VI. B, 26) und toteme lovinem (VI. a, 46) und auch ira
litauischen bei adject. und prouominibus begegnen, cnmc
gebildet, aus dem durch abwerfung des e cum hervor-
ging. Terent. Scaur. p. 22til P. Antiqui pro hoc adverbio
(nämlich quom) cume dicebant, ut Numa in Saliari car-
mine: Cume tonas Leucesie". Ebenso ging mittelst der-
selben endung me von dem feminin, jenes demonstrativ-
stammea tarne, woraus durch abwerfung des e tarn ent-
stand, mit Übergang der localen in die modale bedeutung
(während die temporale sich in tan-dem erhielt) hervor.
Fest. p. 360 M. „Tarne in carmine (nämlich Saliari) po-
situm est pro tam**. Durch hinzufügung des suffixes ne
aber. Über welches sowie über die mit ihm gebildeten ita-
lischen partikelo ich in d. zeitschr. bd. XIX p. 163 — 175
gehandelt habe, .in tarne entstand tame-ne, welches
durch abwerfung des e, wie do-ne-que ku do-uec, zu
tarnen ward. Ohne abwerfnng des e hätte, nach dem
192
Graill
gesetz der lateiniselicu sprachp, dafa jedes kurze schluls-c
in der composition mit einem consonantisch anlautenden
Worte IQ i umlautet, wie aus do-ue-que do-ni-que, so
aus tame-ne tami-ne entstehen müssen, eine form, die
sich allerdings bei Plaut., und zwar sowohl in der bedeu-
tung 8 (Mil. 628), als in der bedeutuiig dennoch {Most.
1168) findet j allein in dieser ist das schlielsende ne inter-
rogativ. S. über diese form H. A. Koch im rhein. mup.
1870 p. 618- Es geht aber aua ihr hervor, dafs tarne
sowohl die bedeutung so hat, als auch, wie das aus ihr
entstandene tarn, als partikel des gegensatzes im sinne
von tarnen gebraucht wurde. FOr tarn beweisen dieses
sowohl stellen im Plaut., wie Stich. 44, wo, wie Schweizer-
Sidler in d. zeitschr. bd. XIII p. 311 bemerkt, der Ambr.
tampol im sinne von tarnen hat, und 472: „Locatast
opera nunc quidem: tarn gratiast", als auch die gleiche
bedeutung von tatnetsi und tarnen etsi und die glosse
bei Fest. p. 360 M. mit den von ihm aus älteren dichtem
daftir angeffiihrten beispielen.
Zeyfs.
Zur kiuide deutscher mundaiten.
Beiträge i:um pronomen.
1.
Der dual, der in den älteren perioden der germani-
schen sprachen für das pronomen der ersten und zweiten
person vollständig entwickelt war, erscheint im gegenwär-
tigen Stande der niundarton nur noch in lückenhafter ge-
stalt. Es zeigen ihn schwedische mundarten, das norwe-
gische und färöiscbe, das oordfriesische, einzelne westphä-
lische und niederrbeinische mundarten, das bajoariache und
ostfränkieche; eingedrungen ist der dual in folge äufserer
Ursachen (angräozung, politische Vereinigung) in striche
ztir knnde dcnUcher raundarten.
des weBtfrätikischen und in den scblesischen dialekt des
17. Jahrhunderts.
Diese erhalteneu dualformen, die meist plurale Bedeu-
tung haben ( — von den südgermanischen mundarten weist
blo9 das nordfriesische die formelle bedeutuag auf — ),
lauten *):
schwedisch: I, 1: vit (wir beide; Westbothn.); 2. okar
(Upland^ Westmannld). Vergl. Grimm gramm. 1',
814, 35. Ihre schwed. wb. unter vit und okar.
norwegisch: 1,2: aakons (kons), 3.4. aakon;
II, 2: dekan oder dokkers, 3. 4. dekan. Vgl. Hallager
eiöl. z. norweg. wb. XII.
färöisch: I, 1: vit (Grimm a.a.O.: vft), 2. okkara, 3. ok-
kum (Grimm: okkun), 4. okkur (Grimm okur);
II, 1: tit (Grimm: tit), 2. tikkara, 3. tikkum (tikkun),
4. tikkur (tikur).
Vgl. Rask veiledn. p. 277. Heyne gramm. I, 322.
Die altnorweg.-isl. formen sind: I. vit, okkar, okkr,
okkr; II. it (daneben thit), ykbar, ykkr, ykkr. (Rask:
vidh, thidb).
nordfriesisch: I, 1: wet, wat; 2. unker, onker; 3. 4.
unk, onk.
II, 1: at, jat, jet; 2. Junker ( — o — ), 3. 4. junk jonk.
Vgl. Grimm gesch. d. d. spr. II, 97ti. Johansen uord-
fries. epr. 60. 61. Firnaenicb Germ, völkerst.
Altfriesisch ist der dual unbelegbar.
weslfölisch (westlich vom Hellweg; als fundorte kenne
ich: liecklingbausen, Wattenscheid, Essen, Hattingen,
Schwelm, Hagen, Bochum.
n, 1: it, jit, git^ 2. inke, enke, (önke); 3. 4. ink, enk,
(önk).
Vgl. Firmen,
niederrheinisch (niederbergisch, in Neviges, Barmen, El-
berfdd, Lüttringhausen):
•) D«m herrn verf. sind die Zusammenstellungen Dnggci ühcr die akan-
din&Tischen dualformen (d. xeitschr. IV, 247. 264 f.) sowie die Aasens über
die ftonvcgischen im besondern (Norali Gramm. 179 f.) unbekannt geblieben,
auf vrclche wir deshalb znr rervollstündigimg des hier vorgetragenea yerwreisen.
Anm. der redaction.
Zeitoclir. f. vgl. spracbf. XX. 3. 13
Gradl
11, I : jet jött gött gätt; 2. enke, (öuke) ; 3. 4. enk, (önk).
Vgl. Firm.
Die 2. peis. im altsächs.: git, iuoer (incero), ine, ine.
bajoarisch: II, 1: es (allg-; auch ös geschrieben, sowie
die aachstebendpn formen önker, öuk und tlicilweisc
öliger, ölig), des (käriit., vgl. Lexer in Fromm. II, 244),
is (giüiidoeriscb, Firm. UI, GSO au8 SchniöUnitz);
2. enkcr (allg), enger und (südböliin.) ainke' ; 3.4.
enk, eng, (eödböhni., vgl. Fromm. V, 410, IT) aink,
Weinh. bair, gramm. §. 358; Scbmeller gramm. §. 718.
721. 910 anni., wb. I, HHfg. 134; Bavaria I, 20S.
Schöpf 109. Thaler in Fromm. III, 452. Lexer 87
und a. a. o. Ilöfer I, [87. 188. Tschisehka 267.
Noe in Fromm. V, 315. Fromm. II, 244. IV, 501, 1.
VI, 252, III.
ostfränkisch (die (Ibergangsmundart an derPegnitz(nfirnb.)
ausgenommen);
I, 2: unkiV (Egerlaud, westl. Mitteleger; Kohl in
Fromm. VI, 171 uad Födisch aue dem nordwestl.
Böhmen s. 7); (die formen uoaä', uiinä' sind jedoch
die bei weitera häitfigcr gebrauchten)
II, 1: fez (Regen), es (Eger, Stadt, aus dem bajoari-
schen ciageschleppt?), fäz (westl. Mitteleger, Fö-
diseli a. a. o.), dez (Regen), diz (Oberoslnab), diäz
(Oberegor, Mitteleger, Mies-Radbusa, ßösla), enk
(Unternab; Neuhaua bei Peguitz s. Bav. III, 228),
enks (Oberwestnab); 2. enk5'; 3. 4. enk (allg.,
auch Oberegor, wo daneben noch) enks (Ober-
westnab).
westfränkisch (nur in einzelnen östlichen strichen aus
dem ostfr. oder baj. eingedrungen):
II, 1: §8, öS (Baireutb, Bavaria III, 192,3), enk (Ans-
bach, ebend. III, 228): 2. enka' ; 3. 4. enk.
scblesisch (17. jahrb.) z. b. es (bei Schcrffer s. 611).
(Nach Weinh. a. a, o. in folge politischer Zugehörig-
keit au8 dem österreichischen eingedrungen).
Mhd. formen: ez (esz, es, ees, öa), 'öncher (gen. un-
belegbar), ench (euk, euck, enkch), euch (enk).
mr künde dentschar mundarten.
195
WackerQ. wb. 62 a. Im althochdeutschen findet sieh
auch noch ein rest des duals I. pers. im gen. unker
(Otfried 111,22,64: uuker /weiö).
Anmerkungen, t) lieber die bildung der gerraa-
nischen dualen pronoiuinalfbrmeti vergleiche man Scherer
zur geechiclite d. d. spräche 253.
2) Ein eigenthümliches s erscheint in der form enks,
die wohl ursprüngüch nur einem obliquen kasus (dativ?)
angehörte, nun tiber in einzelnen ostfränkiachen gegeuden
auch als uooiio. fungiert nach bekannter assin^ilation der
kasus, wie sie in zahlreichen falten beiin pronomen vor-
kommt. Vergleichen llefse sich zunächst das s der got.
formen unsis, igqia oder mit besserem gründe das t der
angelsächsischen accusative uncit, incit { wonach enks ab-
schwächuDg aus enkfs wäre). Am wahracheinlithsteu kommt
mir jedoch die annähme vor, es sei diese s-bildung eben
eine unorganische uenbilduug jüngeren Ursprunges, Es
drang wohl die form enk zufolge der kasusangleiLhuug in
den nom. und nahm später, als neuer stamm auftretend,
in folge einer reaction, den nom. von den obliquen kasus
zu scheiden, das s der form es an sich, worauf eine dritte
motiou diese seltsame form neuerdings in die obliquen ka-
sus brachte. Belege für diesen scheinbar complicierteu
Vorgang finden sich beim pronomen häufig (vergl. der-en,
dess-en, deu-en, wo die formen der, des, den als stamme
fungieren und eine neue schwache biegung mit -en anneh-
men). Die einfachere form enk ist oben als uom. belegt.
3) Häufig ist auch der Vorschlag einer deutalmuta.
Die obigeu dialekte geben: d-ekau, d-okkera (norw.), t-it
(faröiach; norw. d und färöisch t nach den Verhältnissen
beider mundarten = altnord. th), d-es (kärntisch J, d-ez,
d-Iz, d-iäz (üstfränk.). Die erscheinung ist altj schon im
altnord. steht neben dualem it ein thit, wie neben plur. er
ein ther (färöisch t-ajr). Im plurale zeigen diesen vor-
sehlag noch weitere muridarten, z. b. dje (raundart von S.
Truijen in Limburg , Firm. III, 642 f. gegenüber gewöhn-
lichem gij, gi, ge, gä niederländischer dialekte); nordthü-
riagisch: di, di, de (Nordhausen, Hohenstein, Heiligen-
13*
196
Gradl
Btadtj Müblbausen), deu (Erfurt), derr (Manasfeld), vergl.
Firm. II, 191—208. 179- i87. HI, 280 — 300; pfälzisch
dir, der (Trier, Birkenfeld) vergl. Firm. III, 549, 18. 30;
luxemburgisch dir, vgl. Firm. I, 537 fg. ; bajoar. (aur in suf-
figierteo formea?) der, vergl. Weinhold bair. gramm. 3.Ö8;
schwäbisch dier der (neben ier er) und schweizerisch dir,
der, vgl. Weinhold aleuiann. gramm. 413, Rapp in Fromm.
III, 79, Schmidt idiot. Bernense in Fromm. II, 488 u. a.
Ja, dieser deutale Vorschlag dringt sogar in die obliquen
kasus" ein, wie oben das norwegische und färöische zeigen.
[Aehnlich ist, wie ich nebenbei bemerke, wenn das g des
niederdeutschen pron. 2. pers. (gi, ge, ihr) am nordwest-
lichen Harz gleichfalls auf weitere formen sich ausbreitet,
vgl. gich (euch, Firm. III, 139, 11 u. 5.), gue (euer, ehend.
III, 139, 12 u. ö.)]. Ueber die entstehuug des Vorschlags
vergl. man Scherer a. a. o. 250. d. zeitachr. XVIII, 351.
In den, östlichen ober- und mitteldeutschen dialekteu
(dem bajoarischen, ost- und theilweiae westfränkischen, im
obersächsischen und schlesischen) begegnen bei partikeln
und pronominalformen zu anfang des nebcnsatzes seltsame
anhänge. Es gilt dies für: als, bald, bis, dal's, der das
(relat.), ehe»' ob, wann, wenn, wer was, wie, wo. Im ost-
fränkiscben, das sich überhaupt durch konsequente durch-
föhrung grammatischer regeln auszeichnet, finden sich diese
sulEixe am zahlreichsten, weshalb ich zunächst aus dieser
iDundart belege gebe.
Ostfrk.; ohst gaist (ob du gehst), weunsf roust (wenn
du ruhst), deansf siahst (den du siehst), aist fraügst
(ehe du fragst); hlts satts (als ihr seid), 6nts kummts
(dafs ihr kommt), wots touts (was ihr thut), weais
maints (wen ihr meint); wöin* gh^m (wie sie glau-
ben), dawÄ*) machen (dafs sie machen), bin* genga
(bis sie gehen), u. s. w.
*) Oimelien die voUerea formen: dM-n-a, bi^-n-9.
zur künde deutscher mundortcn.
197
Bajoar.: wänns* woivn*f wunnjf geäst (wenn du gehst)*),
balclA-; äl^; ohsl weWsi as tuast (sobald als ob weil du
es thiist); weil« weil/s wenn* wenn^s wcllts (weil
wenn ihr wollt) (iiu Lesachthaie: weild wod wennd
er aei;f Lexer kämt. wb. 59) u. s. w.
Westfrk. : wenns/a (wennst) wilb/; da-n-sa ihn (dafs sie
tliun) u. 8, f.
Schles. wennsfe dänsfe obsfe willsf (wenn den ob du
willst); wen( er seid, wof er höf (wenn ihr seid, wo
ihr habt) u. 8. w.
Eine genügende erklärung dieser formen scheiat mir
noch nicht gegeben. Weinhold (dial. e. 77. 81 und bair,
gramm. §. 35R fg.) kenot nur die fälle der 2. ps. sing. un<!
pliir. nnd erklärt die s dort, wie die t hier für euphoni-
sche laute (ob-8-d', wo-t-'s, wo-t-er), die vor dem prono-
men (d' du, er ihr, 's ihr) eingeschoben wurden. Dieser
annähme, der auch Frommann (deutsche mundarten I,
290, 6. in, 240, II und öfter) folgt, steht meines erach-
tena gegenüber, dafs ein maugel an euphonie in den mei-
sten formen (wenn nicht allen) auch ohne den einachiib
nicht stattfinden würde (*ob-d', ob-'s, wie letzteres ja auch
vorkommt), im gegentheüe manchmal gerade in folge der
„ einSchiebung " konsonantenhäufungen und Störungen des
Wohlklanges eintreten (vgl. bäidst, bits, wennts, obte) und
dafs aufserdem bei herbeiziehnng der formen von der 3.ps.
plur. (analog müssen die fälle doch wohl behandelt wer-
den) für diese ein neuer euphonischer laut anzunehmen
wäre, d. h. för drei fälle — drei verschiedene wohlklangs-
bildner. Der umstand, dafs diese laute nicht nur hinter
vokalisch auslautenden partikeln und pronoroinalfornien,
sondern regelmäfsig bei allen erscheinen, weist, wie ich
glaube, die deutung ab, als sei das ganze ein mechaniechpr
Vorgang wie die herstellung der euphonie.
Näher kommt Schöpf (in Fromm. III, 107), wenn er
vom -st (in obst u. b. w.) sagt, es sei „gleichsam eine vor-
ausnähme der flexion e in der 2. pers. sing. " Schmcller
*) Tiiolisoh sogar -weniischt s. SohSpf in Fromm. Tfl.
198
Gradl
§. 722 setzt die st, ta uud ns geradezu als formen des
suffigierten personalpronomens an. Noe (Fromm. V, 315)
erklärt st und ts als flexionsendungen der 2. pers, sing.
und plur., die als ersatz für das ausgelassene personalpro-
nomeu, ja ftir dieses selbst genommen werden; er führt
sie im Schema auch kurzweg als siiftigierte formen des
pron. an. Das ns finde ich aiilser bei Sehmeller nur noch
in Fromm. IV, 259, 31 besprochen, wo der herausgeber
meint, dieses n stehe aber „nur vor pluralem sä (sie), nicht
auch vor weibliehem der einzahl, vielleicht also zur Un-
terscheidung der beiden verhindungen".
Ich denke mir, alle diese formen müssen gleicherweise
erklärt werden. Da ostfränkisch die reichsten bietet, gehe
ich von diesem aus. Zunächst ersieht man hei vergleich
der formen: du tnu.sf, es touf«, si tou« oder tousi du
(touahi), tou(s [es], tonw s\ dafs es die persoualcudimgen
des verbiims sind, die aus irgend einem gründe, der vor-
läufig noch »nerörtert bleibt, doppelt (nämlich au dem verb
und an der partikel) gesetzt sind. Das angehängte ns abor
zerlegt sich in die peraonaleodung n und das inclinierte
8(i). Es entsteht nun die frage, ob nicht auch in den
zwei andern formen das pronomen stecke? Gewil'a, nur ist
dasselbe uuhörhar fst-d', ts-'s); theoretisch wäre daher die
Schreibung st d', ta "s richtig; in anbetracht aber, dafs
auch schon in der älteren spräche in ähnlichen fällen das
d schwindet (aus wilt du, mah*. du wird wiltu, mahtu )
und jene Schreibung unföniilich ist, wird man wohl bei
der oben gebrauchten bleiben können, um so mehr als die
inclinierung des pronomens so stark ist, dafs es mit der
partikel als ein einziges wort gehört wird.
Eine weitere nachforsehnng zeigt aber auch, dafs die-
ses Verhältnis der sufßgierung der personalendung auch in
der 1. pera. plur. stattfindet; nur unterliegt das n dersel-
ben fast stets der assimilation imd verschwindet dem nicht
aufmerksamen ohre im m des inclinierten pronomens mir
(=wir). Die härte der konsonanz ( — es lautet immer ein
mm, z. b. wetmmä', wäummä', kein wei-mä', wän-mä — )
verräth jedoch deutlich, dafs hier geraination In folge von
I
zur kund« deuUcber mundarteu.
aBsimilation statthabe. Als beiepiele führe ich zu den obi-
gen fallen nachträglich an :
Ostfräak. wäumma', dammä', bimuiä' .... sann {= wo,
da/'s, iiis wir sind); für die andern miindarten bringe ich
das häutige weminer (wenn wir), das indeik wohl nur bei
jenen, die auch bei der 3- pera. plur. an die partikel ein
n suffigieren, mit Sicherheit in wenn-n-mer zerlegt wer-
den darf.
Die festen, allgemeinen (d. h. för alle modi geltenden)
persoiialendungen des oatfränkischen verba sind bekannt-
lich; Sing. 1. — ; 2. — at; 3. — ; phir. 1. — n, 2. — t8,
3. — n. (Die 1. pa. sg. endet nach abwurf des tonlosen e
stets auf den atamniauslaut, d. i. verschieden koüsonantisch
und die 3. sing, variiert zwischen -t des indic. und abwnrf
der endung im conjiinctiv-conditioual). Für das ostfrän-
kiscbe läl'st sich daher als konsequent durchgeführte regel
aufstellen:
In nebeusät/en, die von pronominalformen und den
erwähnten partikeln eingeleitet werden, wird an diese die
peraonalendung des verbs suffigiert und an diese Verbin-
dung incliniert noch daa etwa vorhandene Personalprono-
men (subjekt).
Anm. Ich ergänze die erwähnten fälle mit der notiz,
dafs die suffigicrung der personalendung (im ostfräiikischen
wenigstens) auch dann stattfindet, wenn ein nomen subjekt
des betreffenden nebenaatzee ist z. b. binn äla laut kunima
(^ bian k. 1. k., bis alle lente kommen), ©""m 's d' mäiiä
toun (ob es die mädchen thun), dann (dasn) d' säch~D däu
sann (dafs die gegenstände hier sind) u. s. f.
Rein durchgeführt ist die regel, wie schon erwähnt,
nur im ostfränkischen; die andern mundarten (bajoarisch,
Bchlesisch) kennen nur die falle der 2. pers. aing. und plur.
Dagegen geben manche westfränkische mimdarten (west-
liches Fichtelgcbirge, Koburg u. s. w.) auch die 3. plur.
(Fromm. IV, 259, 31) und, wie ich erschliefse, die 1. plur.
In vielen bajoarischen dialekten (z. b. bairiseh, öster-
reichisch, tiroliach) suffigiert man in der 2. pers. plur. nur
ein -8 statt des zu erwartenden -ts, wie die personalen-
200
Gmttl
dung lautet (oba, wenns, bälds wellts = ob wenn sobald
ilir wollt). Diese scheinbar der gegebenen erklärung wi-
dersprechende form erkläre ich mir als des wohllauts hal-
ber aus -ts eotatanden. Die konsonantenhäufiiiig wird viin
90 auffälliger, wenn man bedenkt, dafs auf diese formen
folgende: ihm, iha, es u. s. w. auch noch um den vokal
geküirzt werden, somit an die vielen schon vorhandenen
konsonanten in den meisten fällen noch ein weiterer ange-
schliffen werden müfste; dies zu vermeiden, fällt das t in
einigen mundarten weg, während das ostfränkisehe sich in
diesem falle damit behilft, dafs es den verkürzten forujen
von ihm, ihn, es auanahmsweise ein tonloses ä vorsetzt,
während sonst die klirzung einfach "u, "s lautet. (Vergl.
wennts äs touts, wenn ihr es thut, dagegen : wenn i 's tou
=; wenn ich es thue).
Die anhänge enthalten, wie bemerkt, zugleich die pro-
nomina; doch können diese, falls sie nachdriu-klirh ber-
vorgehoben werden sollen, noch einmal in voller form ge-
setzt werden: z. b. obts ^= ob ihr, dagegen obta-es ^
ob ihr.
Die lautliche kontraktion so vieler demente möge fol-
gende tabelle zeigen:
obfjt ^ ob-at' ^ ob-st-d' = ob-st-du ^ hd. ob du;
dast ^ da-8t' ^ da-st-d' ^ daa-at'du = „ dafs du;
o''mmä = o''-mmä ^ ob-u-m3 ^ ob-n-mä ^ „ ob wir;
dammä= da-mraä ^ da-n-tna = das-n-mä = „ dafs wir;
obts = ob-ts' ^ ob-ts-'s = ob-ts-es = ^ ob ihr;
^ da-ts-'s :^ daa-is-ea ;= „ dals ihr;
= ob-n-s' ^ ob-n-si == „ ob sie ;
= da-n-s' = das-n-si = _ dafs sie.
dats ^ da-ts'
o'ms = o''-ms
dang = da-ns
Was die suffigieruug selbst anlangt, so ist sie ganz
analog einem slawischen gebrauche und sicher auch aus
dem slawischen eingedrungen. Aehnlich wie in den er-
wähnten mundarten setzt z. b. das tschechische in mit Par-
tikeln beginnenden nebensutzen einen theil des (im kon-
junktiv stehenden) verbs an die ersteren an; dort wie hier
ist dieser theil die persoualendiiDg oder ein hilfaverb mit
znr künde deutscher mundarten.
201
derselben. Ostfränkischem: weanst, dammä, wein» u. s. w.
entspritjht ganz genau tschechisches: kdybys, zchychom,
jakoby u, a. f. Die analogie geht so weit, dafk beiderseits
die purtikehi um vinschmiegsame konsonanten gekürzt wer-
den (kdy für kdyä :^ oatfr. bi- für bis). Zugleich erliellf,
warum die sufBgieruDg in der dritten pers. sing, unter-
bleibt (oder besser gesagt, wegen mangeis eines konsonan-
ten imhörbar wird); die deutschen inundart<;n scheinen
hiebei den im tschechischen stets fauch formell) stehenden
konjunktiv der sache nach zu berücksichtigen, obgleich sie
die form desselben oft vermeiden. Schlielslicb wäre zu
bemerken, dafs die Verbreitung dieser erscheinung that-
sächlioh in jenen dialekten am bedeutendsten ist, die der
slawischen Sprachgrenze nahe liegen (ostfränkisch, west-
frätibiseh u. s. f., ebenso im iglauischeii , vgl. Noc a.a.O.,
wo in der 2. plur. -ts steht, Ü\r welches die meisten an-
dern bajouriscLen mundarten hlofsea -s aufweisen). Im
schlesiseben und obersächaischen dialekte sollten die be-
zflglichen fälle noch besser beobachtet werden; ich zweifle
nicht, dafs vollständigere belege sich würden geben lassen.
Eger, im april 1871. Heinrich Gradl
Zur Prometheus- sage
(mit bezug auf Kiihn's buch „von der herabholung
des feuers" n. a. w.).
Kuhn fflhrt in seiuem buche „über die herabkunft des
feiiers" ii. e. w. den namen Prometheus auf eine sanskrit-
vvurzel manth (schi'itteln , erschüttern, reiben) znrück und
entwickelt an der analogen butter- und feuerbereitling l)ei
den Indern, für die in gleicher weise der ausdruek ge-
braucht wird, die spociellere bedeutung desselben, indem
er sagt: „Aus diesen beiden berichten (über die butter-
imd feucrbereitung) geht also mit eviden/, hervor, dafs bei-
den baudlungen die quirlende drehung eines holzstttckes
gemeinsam ist, und diese art der beweguug bezeichnet of-
302
Schwartz
fenbar die wurzcl manth, nicht die parallele reibuog zweier
hokstücke, wie man bisher wohl anzunehmen geneigt war.
Die nfleiche Vorstellung liegt offenbar auch dem mit manth,
manthana, manthara sich auf's engste berübreuden man-
flalii, deBsen grundbegrifi' „kreis" ist (auch politisch „der
kreis, die provina'', daher CoromandclJ, zu gründe". Nach-
her erwähnt er noch das liolz pramantba bei der feuerbe-
reitung durch drehung als das reibholz sowie das appellativum
manthara, der biitterquirl. Dann entwickelt er ala eine
zweite auch in den veden schon hervortretende bedeutiing
der Wurzel mautb die des abreifseus, ansichreifsens und
ranbens und fährt dann fort: „Betrachten wir nun den
Damen des Prometheus in diesem Zusammenhang, so wird
wohl die annähme, dals sich aus dem feuerentzüudenden
räuber der vorbedächtige Titane erst auf griechischem bo-
den entwickelt habe, hinlänglich gerechtfertigt erscheinen
und zugleich klar werden, dafs diese abstraction erst aus
der sinnlichen Vorstellung des feuerreibers hervorgegan-
gen sein könne". „Was die etymologie des worts betrifft,
fährt Kuhn fort, so hat auch Pott dasselbe auf fiavüävto
in der bedeutuLg von mens provida, providentia zurück-
geführt, in welcher auffassnug er im ganzen mit Wcicker
fibereiuätimmt, aber er hätte, sobald er das thajWdas sans-
kritverbum nicht unberücksichtigt lassen soll^^ da die
annähme solcher aus reiner abstraction hervorgegangeueu
persönlichkeiten för die älteste mythenbildung mehr als
bedenklich ist. Ich halte daher an der schon froher aus-
gesprochenen erklärung fest, nach welcher HQo^irj&iVti aus
dem begriff von pramütha, raub, hervorgegangen ist, so
dafs es einem vorauszusetzenden skr. pramäthjus, der räu-
berische, raubliebende, entspricht".
Mit der hervorhebung der sinnlichen Vorstellung hat
Kuhn unbedingt recht; ich glaube aber, dals noch ein na-
tQrliches element im hintergrunde steht, welches die
verschiedenen Vorstellungen gleichfalls au sich knüpft und
in dem überhaupt der Ursprung des ganzen mythos zu su-
chen ist. Eine stelle eines neueren dichters, welche ich
kürzlich fand, und die zu meiner vernjuthuug stimmend
Eor Frometheos-sage.
2oa
die betreffende natiirauschauting und so gleieheam den kern
des niythos reproducirt, vpranlaiet mich dit^se ansieht mis-
«usprechen. An den wirbel- oder küselwind, der über-
haupt, wie ich im „Ursprung der mythologie" vielfach ge-
legen heit geliabt habe auszuführen, in der mythologie eine
uinht unbedeutende rolle spielt, knüpfen eich näutlich beide
Vorstellungen, sowohl die „des drehents" als die „des räu-
beriachen ". In erstercr hinsieht brauche ich nur an die
sich drehende, tanzende windshraut, welche dem stiirme
voraneilt, in letzterer an die ä^rtrc^tivfra tfvfk'Aa des Ho-
mer zu erinnern. Nun findet sieh bei Körner in seinem
gedieht Araphiaraos folgende stelle:
Wild schnauben die hcngste, laut rasselt der wagen,
Das stampfen der bufe zermalmet die bahn.
Und schneller und schneller noch ras't es heran,
Als galt' ea, die flüchtige zeit zu erjagen.
Wie wenn er die leuchte des hininiels geraubt,
Kommt er in wirbeln der windsbraut geflogen.
Dem dichter hat offenbar daa bild vorgeschwebt, auf wel-
ches ich hinziele, „der Wirbelwind als räuber der himm-
lischen leuchte des sonnenfeuers un<l seine Verfolgung bei
sich entwickelndem gewitter". An diese Vorstellung eines
rauhes, einer entführung des himmlischeu lichtes in der
dem gewilter vorangehenden dunkelheit knüpfen sich dann
bei vertchiedenen Völkern mannigfache bilder über die Wie-
dergewinnung desselben. Ausführlicher habe ich im Ur-
sprung u. s. w. p. 235 die finnische sage in der gewitter-
scenerie durchgeführt, wie PohjoliVs wirthin d. h. die her-
rin dos bimmitschen finster n nordens sonne und mond
und damit das himnielsfeuer entffihrt, wie es nacht auch
im himmel oben wird, bis der gewittergott feuer an-
schlägt.
Feuer schlug nun an der alte,
Liefs die flammen munter sprühen
Aus des Schwertes feuerscb neide,
Aus der flamratnreichen klinge;
Schlug das feuer in die nägel,
Liels es in die glieder rauschen
204
Schwartz
In des bimraels oberin räume,
Auf der sternenhfirde ebue.
Der windgott Wilitiämöiiien ist dann hier neben dem himm-
lischen schraid Ilniarineu der deu entfallenen blitz- feiier-
funken suchende. Ein hecht verschluckt denselben, und
ihm gilt der fang; „das ist der im wolkenmeer wie ein tisch
dahin schiefsende blitz*. Aus ihm entwickelt sich ein blauer
und rother knäul — andere anschauungeu des fallenden
blitzes — der blitzfunke versengt schliefslich das all, bis
die heideu götter endlich sioli seiner bemächtigen, himmel
und erde wieder der wohltbat des leuers in ihren Stuben
herr werden.
In einem andern bilde führt der neuseeländische mythos
die scenerie vom holen des feuers im gewitter aus. Entweder
ist es, nach Schirren, ein ringen um den feuerstein, als alles
feuer erloschen, oder es ist damit ein neckisches spiel
des wiudgottes Maui verbunden. So heifst es, Maui
hätte beschlossen, alles feuer seiner abnfrau Mahu-ika zu
vertilgen und sich deshalb folgende list ersonnen. Er löscht
in der nacht alle heerdfeuer; am morgen ist nirgends im
dorfe feuer. Seine mutter gebietet den sclaven, feuer von
Mahu-ika zu holen; diese weigern sich au8 furcht. Da geht
Maui selbst hin. Mahu-ika fragt ihn: woher? aus diesem
lande hier? aus nordosten? Südwesten? Süden? westen? Er
erwiedert immer nein. Kommst du, fragt sie weiter, woher
der wind mich anweht? Ja. Daraus erkennt sie ihren cukel,
reifst sieh einen fingernagel aus, so dal's die flammen aus-
schlagen und giebt ihm von diesem feuer. Er geht, löscht
unterwegs die flamme, kehrt um und bittet abermals um
feuer, welches die alte stets auf dieselbe weise entzündet.
Das wiederholt er so oft, dafs sie sich alle nägel an fin-
gern und Keben ausreifst bis auf den uagel einer greisen
zehe. Dann merkt sie seine bosheit, wirft den letzten na-
gel zur erde: überall schlagen flammen empor. Maui
flieht, das feuer hinterdrein; er verwandelt sich in
einen adler, stürzt sich in seen; das wasser siedet, die
Wälder brennen, die erde, das meer brennt. Da fleht Maui
ZU seinen ahnen Tawhirimatea und Whatitiri-matakataka
snr Proin etbeua-««^
um regen; jener sendet dessen eine solche flntb , dafs
Mahti-ika fast umkommt. Laut schreit sie auf und rettet
zur Dotb einige funken in das bolz des kaikomako-baumes.
Maui erklärt den eitern, er werde stets solche streiche
spielen u. s. w.
Nat!h der Touofaischen sagte wird der kleine Maui
vom vater zum aha geschickt, um feuer zu holen. Er
findet den alten Maui, den grofsvater, auf einer matte am
feuer sitzen, das um einen grofaen eisenholzbaum brennt.
Der kleine erhält vom feuer in einer cocusschale, geht da-
mit weg, bläst es aus, kehrt wieder, wiederholt denselben
streich; beim dritten male sagt der alte: Nimm alles.
Maui Kijikiji (eben der enkel) nimmt den ganzen bäum.
Da erkennt der alte, er sei mehr als sterblich und ruft
ihm eine herausforderung zum ringkampf zu, Kijikiji wird
niedergeworfen, springt auf, stürzt den grofsvater im
Bchwunge nieder, dafs dteaem die knochen brechen und er
seitdem lahm und schläfrig — gott des erdbebens (?) —
unter der erde liegt. Der vater, als er den alten sieht,
ahnt, was geschehen ist; verfolgt den söhn, um ihn zn
strafen; vergebens. Da beide am abend zur erde heim-
kehren, verbietet der vater dem kleinen feuer mitzuneh-
men. Dieser wickelt sich etwas in die schleppe sei-
nes m. 'Intel 8 und zieht es hinter sich nach. Der vater
merkt feuer und Kijikiji streut alles aus. Sogleich fas-
sen die bäume feuer: doch wird die gefahr glücklich ab-
gewendet; es bleibt mir die gute folge, dafs den men-
schen das mittel gegeben ist, sich die speise zu
kochen.
Die scenerie ist in allen diesen sagen vom himmel
und seinen erscheinungcn entlehnt, indem diese nach irdi-
schen Verhältnissen aufgefafst werden^ anschliefst sich das ge-
wissermalsen religiöse momentj dafs bei dieser gelegenheit
den menschen das feuer vom himmel gebracht sei. Wenn in
mytheu anderer Völker vielfach vögel, ja käfer, wie Kuhn und
ich nachgewiesen, als im blitz herabachiefsende feuerbringer
eracheinen, so gelteu vom entwickelteren mythol. standpuukt
dann vielfach götter als solche, wie neben dem neuseeländi-
206
Schwartz
sehen Maai der amerikaniache gewittergott HuitzHpochtli.
Geiiiäls ihrem character und der Wichtigkeit des dementes
wurden sie dann zu wohltbätern des menschengeschiechts.
Wenn liierin schon eine gewisse abstractere anffassnng sich
geltend macht, so ist im übrigen den au die naturan-
schauung nnmittelbarer sich anschliefsenden mythischen bil-
deru meist characteristisch ein mit liet oder raub aus-
geführtes aneignen des himmelsfenere , womit sich dann
auch oft, wie schon angeführt, eine daran sich knöpfende
verfolguug des räuberg verbindet. Wie dies im Maui-
inythos sohon hervortritt, erscheint es besonders entwickelt
im griechischen mythos vom Prometheus als feuerräuber,
der au der sonne eine ferulastaude anzündetj den ineuschen
80 das feuer bringt und zu ihrem wohltLäter wird, welche
rolle des mittlers gleichsam dann Aischylos tiefsinnig aus-
geführt bat. Anderseits fehlt aber in der Verfolgung, die
Prometheus deshalb erleidet, der hinblick wiedernm auf
die gcwitterscenerie nicht, im gegeatheil weisen auch hier
die einzelnen mythischen elemente, welche sich daran rei-
hen, auf ihn als den im unwetter schliefslicb gefesselten
Sturmesriesen bin ( uaturanschauuogen u. s. w. 1. p. Id f.),
gerade wie in den andern erwähnten mythen der wind das
im Unwetter scheinbar verloren gegangene himmelsfeuer
holt oder sucht.
Wenn diese raythenreihen die von Körner reproducirte
anachauuDg des sonnen- und feuerranbs am himmel als mit
dem winde in beziehung stehend ausführen, anderseits
aber gerade der Wirbelwind in der naturerscheinung
selbst speciell als der räuberische und im unwetter vom
nachfolgenden stürm verfolgte erscheint, wie viele mytben
auch ganz anderer art darlegen, so weisen auch, wie Kuhn
ausgeführt, die heiligen gebrauche bei den Indern in be-
treff der erzeugung des feuera durch drehung eines Sta-
bes in einer nabe dem das feuer hervorrufenden reibholz
pramantha anderseits die bedentung des drehene, wirbelns
wieder zu. Auf das merkwürdigste berühren sich nun
die von Kuhn aus dem indischen dabei entwickelten Vor-
stellungen mit anacbauungen , welche wir beim Nonnus
zur Promi?theD8-SBge.
207
finden. Doch mufs ich, um dies darzulegen, etwas näber
auf die feuerbereit iing eingehen, die uns dort in anderer
für die alte weit höchst eigenthiimlicher weise entge-
gentritt.
Was die art der entzündting des f'eaers überLaiipt an-
betriflft, so hat darüber am atisführliehsten Tyler in seinen
forsehiingm fiber die Urgeschichte der menschheit (deutsch
von H. MiiJler, Leipzig) gehandelt. Die aitte des feuer-
l)ohren8, wie Kuhn sie bei den Indogormaneu nachgewie-
sen, findet sich nach Tyler in analoger weise schon u. a.
im alten Mexico vor und speciell das drehen des bohrers
mit einem strick, wie sie noch im moderneu ludien auch
beim buttern angewandt wird, ist bei den Eskimos uralt
(p- 309 J. Daneben erscheint aber auch bei den Eskimos*)
wie anderseits dann im aüden Amerika's bei den Feuer-
ländern die gewohnheit, feuer durch schlagen eines kiesels
gegen ein stdck Schwefelkies zu erzeugen. Nachdem dies
Tyler durch alte Zeugnisse belegt hat, fährt er fort: „Zwei
berichte über ein verfaliren heim feuermachen in und um
Nordwostanierika sind leider unbestimmt. Capitaiu Cook
bemerkte, dafs in Unalasclika die eingeborenen fener mach-
ten, indem sie zwei steine aneinanderschlngen, deren einer
stark mit schwefe) eingerieben war. Ihre nachbarn, die
aleutiachen insulaner, machen, wie Kotzebue sagt, feuer,
indora sie zwei mit schwefel eingeriebene steine ober
trockenem moos, das ebenfalls mit schwefel beatreut ist,
zusammenschlagen. Dieselbe art der feuererzeugung kommt
nun aber auch beim Nonuus als ländlicher gebraui-h vor.
Als nämlich Opheltes bestattet werden sollte (XXXVII.
V. 56 sqq.), heifst es:
^J/(!^rt TtVüÖg XQ^"^ MXE' rfl'A0(!X07tÜMl0 Sl KlQXfjg
fliavvog ior/fiov6uog, Tv(><njVtdog «<Troe ct^0VQt}g,
*) Kani^, der rordpolfahrcr. Leipzig 1861 p. 201; „Ala wir die htltle
erreichten, Bchlug un&er fremder Eskimo mit zwei steinen fener an. Dor
eine war ein kantigei stück milchiger quarz, der audeie anscheinend ein
eiu'nerz. Er schlug einige funken heraiia, jianz in der weise, wie in der
ganzen well stalil nud stein gehaadbabt wird und als xuader diente ibm
volle und weidenkiucfaen, welcbe er hernach an ein bUudel trockoen moosea
hielt.
208
Schwort«
(ug nd'ie äygoTigtjs Ssöatjftivog Hgya Texoucr»/^,
nvQdOTÖxovg )MtyyaQ, ögEiceSog bgyava rix^nSt
riyrtyiv ix axunikoto, xni, onno&t atjjuara vixtjg
fjegö&sv ntTiTovrEg tm'TroJffavro Xigavpoi.,
kii^iavct i9famaiov nvoog -tjyayei', mg xsv ävdifjfj
nvoxaiijv (f&i^iivow /iioßXtjTq} Öt ß-esüii
äufforigojv ii}(gioe kiOav xsvEbJvug
jivgaoTÖxav xa't hmrov 'Egvß-galoio xogvfxßov
xägtpog äno^vaag Siövfidovi ftiyvve n.ETg(p'
rgißuiv d' iväa xal iv&tt xai agaevi d-fj?.vv
d^ct0<fmv
iyxgvtfov avTok6%Evrov dveigvs Xatv&ov nvg^
nvgxa'uj ö' i!ni-9-)}xev, ont; niksv ccygtdg v'/.rj.
leb es schon vom cultiirhistoriachen Standpunkt aus höchst
interessant, die oben aus der neuen weit geschilderte art
der feuerbereitung hier plötzlich ganz adäquat in der alten
auftreten zu seilen, so sind auch für die raythologie die
daran sich knüpfenden anschaunngen bedeutsam. Kuhn
hat des aufiführlichen dargelegt, wie die bereitung des hei-
ligen feuers mit dem drehstab bei den Indern als ein zeu-
gungsact angesehen wurde und spuren dieser auffassung
für dieselbe art der hereitung auch bei den Griechen nach-
gewiesen. Dasselbe tritt nun hier beim Nonnus ftir die
andere art der feuerbereituog aus steinen in einer der ver-
schiedenen art der feuerbereitung entsprechenden weise
hervor, wie die worte äoaevi ff^ilvv dgdaaiov avrokoxsv-
Tov äi'iigvB luiueov nvg zeigen. Dafs dies aber eine ste-
reotype anschauung ist, zeigt noch eine andere stelle,
welche noch neue mythologische perspectiven hinzubringt
(IL V. 475 sqq.):
^vvtj ä' d^fporigoitsiv itJÖggonog r/sv ivvcö
xai Jü xai Tvffüivf noXvip?.oi(jß(p öt ßtkiitvqi
ctlO'tgog ögp]ßTTJgsg ißax^svovTo xigavvoi'
udgvato Sh KgoviÖijg xixogvd-ftipog' h> Sk xvr)ot./u(f>
ßgoPTf/P ftkv Gdxog s?;f£, virf.og Sb oi 'inX&To &iägij^y
xai CTSQOTttjv öügv ndlle, öiinsTeeg öt xsgavvoi
rj6g6&6v nifinovTü nvgiyX(ü^ivig oicroi'
zur PrometbetiB-Mge.
309
i]Sri yag nsQi'ffOiTog «jto ^doviov x£i;«ftjj'0(,-
^tjQog äeoffiTiÖTr/Tog äi'tdQausr aTuög äoovgtjg^
xai ve<peh)g ivtocf&Bv UKfikvog aid^oni xoXrKp
nviytTO fl^eg^iaiviDV vk(foq l^yxvov afirpl äi xaTtvip
TQißapikvtiiv xavaj(tjd'Di nvQiTosrffOäv vetpeXätav
f)-hßuuh>ij TTBffögtjTo Svgixßatog i p 86 u v^og <fX6^
bi^oatv}] fiiaov oluov, kml ailttg iii^uvf-i ßaivnv
ov iffuig' affregontji' yttu aimügwaxotiöctv iQvxei
dußof/^j} ^adäfiiyyt XsXovinü'og i'xftiog «/)(>,
nvxvbjaag vktfiog vyQOv vntorigov ä^aXtov Sk
vtioftsv olyofASVoio dtedgafitv äXkoftavov nvg.
(ig Xif^og äft<fi XiihfO ffXoyigrjv ihSlva Xox^i^uyv
Xtt'iov rjxövtt^i noXv&kißhs aiiroyövov nvo.
nvgduysrrig ote i^ijXvg agdaasrai agaevt Tcirgf^»'
ovTO) fhXißüUEVijfSiv ävuTiTBrai ovgaviij (pXo^
kiyvvi xat vecf'ikijaiv dno ^tfovioLO äi xanvov
kenraXkov yeyaöJrog kfiaioi&tjaav äiJTCct,
In beiden stellen kehrt zunächst die Vorstellung eines er-
sns und sofortigen geborenwerdens des feuers wieder.
in im indischen die analoge parallele in voller roh^r
natOrlidikeit ausgemalt wird, indem dasjenige der beiden
hölzer, vrelelies das drehholz iat, als der zeugcr (penis)
gefalst wird, so ist auch in den angezogenen stellen des
Nonnus die sache, wenn auch allgemeiner, so doch ebenso
natürlich mit dem ihe liiiXvg ägäatThrat agasri niiom ge-
dacht. Und wenn im indiscben die Bcenerie auf den him-
rael übertragen wird, indem es u, a, heifst; „Golden waren
die arani — das sind die bL-ideu hölzer, aus deren reibung
das heilige feuer entzündet wird — mit denen die gött-
lichen Agviuen (den funken) hervorquirlten" (Kuhn p. 74),
so findet Nonnus ebenso denselben Vorgang, den er bei
der erzeugung des feuers aus dem weiblichen und männ-
lichen stein wahrnimmt, am bimmel wieder, wenn xgtßo-
(jikvwv (oder if-Xtßousi'wv) vsrfeläwv der himmlische funke
erzeugt wird und aus der schwangeren wölke {vttfug sjxi^üi')
den ausgang sucht. Ja noch specieller berühren sieh beide
Vorstellungen durch den ausdruck ivdu^vxog (fX6$. Kuhn
ZeiUchT. r. Tgl. gprachf. XX. 3. 14
910
Scbwurtz
sagt nämlich p. 15; „Wenn ntm diese nachweise es un-
zweifelhaft lassen, dafä auch schon in alter zeit die beroi-
tung des reiuen feuers durch bohrende drehung eines
etabea bewerkstelligt wurde, das diese bandkmg bezeich-
nende verbum aber auch verwendet wird, um die entzün-
dung des feuers ini himuiel zu bezeichnen, so ist wohl
klar, dafs man den Ursprung des blitzes aus der wölke
einem gleichen Vorgang zugeschrieben habe. Dafür spricht
anfserdem noch: einmal der von Agni bei dieser erzäh-
lung mehrfach gebrauchte auadruck : guhä sat oder hita
j,der in der höhle seiende, da hineingesetzte", der sich
jedoch auch allgemeiner auf die wölke beziehen lälst und
schlechthin „der verborgene" bedeuten kann....." Ich denke,
das aus Nonnus herbeigezogene bild legt die anschauung
vollständig klar und der Agni guhä sat oder hita und die
in der wolkeuhöhle befindliche ivSäfiv^og </?.o| decken sieh
vollstäudig. Dazu stellt sich nun anderseits, wenn Agni
auch Mätari^van , d. h. nach Koth „der in der mutter (in
dem viffog lyxvoi') schwellende, aus ihr hervorgehende"
heiist Scheinbar widersprechend ist, wenn Mätari^ivänj jft
selbständiger Persönlichkeit gefaist, dann nach and^lW
Version den Agni, „da er von der erde verschwunden war
und sich in einer höhle verborgen hatte, holt oder, wie es
auch heifst, ihn aus der höhle von den Bhrigu her ent-
zündet". Der naturkreis aber, in dem wir uns bewe-
gen, löst diesen scheinbaren Widerspruch. Zunächst sagt
Kuhn p. G: „Wenn übrigens die alten erklärer den Mä-
tari^van als Väju, den wind auffassen, und Koth sagt,
diese deutung lasse sich aus den testen nicht rechtferti-
gen, so stehen dem doch einige stellen entgegen, wo dem
Väju oder Väta, dem winde, ausdrflcklich das beiwort Mä-
taripvan gegeben wird, was, wie ich glaube, sich auch
hinlänglich rechtfertigen läl'st, da das gewitter in seinem
schoofse nicht nur blitz und regen, sondern auch den das-
selbe heranföhrenden eturm birgt, der wind oder stürm
also eben so gut der in der mutter schwellende heifsen
kann. Ob aber diese auffassung von alter zeit her schon
vorhanden gewesen, mufe ich vor der band dahin gestellt
zur Promethen8-sage.
211
seio lassen, zumal dieser punkt bei der folgenden unter-
Buchung von fieringerer bedeutung ist; die von Weber ind.
Studien I, 416 beigebracbten umstände sprechen einiger-
mafsen für eine solche annähme". Aber auch davon abgeae-
ben schon scheint mir die dem indischen analoge anschauuug
bei Nonnus, verbunden mit dem übrigen von Kuhn bei-
gebrachten sehr dafür zu sprechen und die sache weiter
auszuführen. So eugt auch Plutarch u, a. m^i. ßQovTwi,
jiQijarrjuwv xt?.. f,'Ava^i!.iavÖüoq Lx zui nv£Vju,aTOi^ rctvri
nävxa cvfjißaiviiv' orav yaQ }tS(ji}.i/cp&iv vktf&i nayil,
ßiaaäuEvov ixJTfi'ffp, rTj ?.BnTuft£g£ia xal ry xovifurijTi,
rdre /; fitv fi»}^is tuv ip6(pov, i) Se öiaatoXr] na^a rijv .»£-
Xavi'av Tuv vi(fovq tov öiavyaofiov änoTeXBi. Dem ent-
sprechend heilst es bei PHn. bist. nat. II C. 48: Nunc de
repentibus flatibus, qui exhalaute terra (ut dictum
est) coorti rursueque dejecti, ioterim obducta nubiuni
cute, multiformes existunt. Nachdem er dann den Ty-
phon erklärt, fährt er fort: quodsi majore depressae nubis
eruperit jBpecu, aed minus lato quam procella nee sine
fragore, turbinem vocant proxima quaeque prosternentem.
Idem ardentior, accensusque dum fuerit, p rester voca-
tur cet. Ebenao sagt Lucrez de rerum natura VI v.
174 sqq.:
Ventus ubi invasit nubem et versatus ibidem
Fecit ut ante cavam docui spissescere nahem,
Mobil itato sua ferviscit; ut omuia motu
Percalefacta vides ardesoere, plumbea vero
Glans etiara longo cursu volvenda liquescit.
Ergo fervidus hie nubem quum perscidit atram,
Dissupat ardoris quasi per vim expressa repente
Semina, quae faciunt nictantia fulgura flammae.
und in v. 29''l sqq. dann wiederum:
Est etiam, quum vis extrinsecus ineita venti
Incidit in validam maturo fulmine nubem;
Quam quum perscidit, extemplo cadit igneus ille
Vortex, quod patrio vocitamus nomine fulmen.
Nach den beigebrachten slelleu kann es nicht auffaüoUf
212
Delbrück
wenn der «rjuoö «^w^/jt,-, der, wie Pliuius sagt, exhalante'
terra coortus veatus — v£(ft?^ijg ivtnoOev itK^tivui^ und iu
ihr ala vortex sich drehend — buld mit der ivö6f4v/^ij<,-
f/Ä(j^ ideatisch erscheint, die eiueu ausgang sucht — diL.u-
(lii'H fiioüv ülfiov — , bald aelbstatändig gefafst ats derjenige
gilt, der diese hervorruft, oder — mythisch geredet —
Mataripvau bald selbst ala Agui, bald denselben aus der
wolkeuhöhle hervorholend oder entzündend gedacht wird,
woran weiter eich anechlielßen dürfte, dafs dies wirbeln in
der wölke, welches jenem fciierfiinken vorangeht, das himm-
lische manthanam sei, iu dem der pramantha auch seine
rolle spielt.
Alle spuren, denen wir in betrefl' der an den Prome-
theus und pramantha »ich scbliefüenden sagen iiud ge-
brauche nachgingen, führen also auf den wind und ins-
besondere den Wirbelwind zurück und wie die wurzel
manth ursprünglich wirbeln, kreiseln, plattd. küseln bedeu-
tet, verhielte sii'h pramantha zu PromctLeus wie die aus-
drücke kreiaelbohrer zu kreiselwiud oder schlechtweg kDsel.
Neu-Ruppiu, iu den osterferien 1871.
W. Schwartz.
Der InfiuittT im Veda mit einer .Systematik des litauischen niid slavischen
Veiba. DuTgcateilt von Alfred Ludwig, Professur der elassischen
und verglfeiclifiifleii Philologie an der Prager Uuiversitttt. Prag 1871.
Die vorliegende schrift hat eine weit altgemeinere ab-
sieht, als der titel andeutet. Wie die Sammlungen aus den
vedischen Schriften, welche den gebrauch des inünitivs dar-
legen sollen, nicht die hauptmasse ausmachen, äo stehei
sie auch zci dem hauptziel der schrift nur in einem dienen-
den verhältnifs. Dieses ziel ist die Vernichtung der soge-
nannten agglutinationstbeorie und ihre ereetzung durch die
Stammtheorie,, wie man die von Ludwig schon in seiner
schrift über die entstehung der a-deklinatiou (sitzungsber»
d. kais. akad. d. wisseosch. LV. band Ueft I, Wien Ibtj?)^
uiMige.
213
in einem aufsatz in dieaer Zeitschrift XV, 443 und am aus-
fftlirlichsten in der jetzt zu besprechenden arbeit entwickelte
ansieht wohl am einfachsten nennen kann.
Da der herr Verfasser seine anschatiungeo nirgend im
zusammenhange darlegt, sondern es dem leser öherläfst,
die zerstreuten sätze zu einem bilde des ganzen zu sammeln,
und da «eine aiisdrucksweise leider oft sehr dunkel ist, so
kann ich nicht dafür stehen, ob es mir gehingen ist, mir sein
System vollständig deutlich zu machen, doch hoflPe ich, dai's
im folgenden die wesentlichen zöge richtig wiedergegeben
sind.
Ludwig geht, wie wir alle, von der Voraussetzung aus,
dttJ's einmal das gesammte formeninaterial nicht da war.
Trotzdem sprach man und wurde verstanden. „Die gramma-
tischen begriiFe, an was mufsten sie geknüpft werden? na-
türlich an das, was wir jetzt stamme nennen. Die stamme,
die den späteren grammatischen formen zu gründe liegen,
sind keine abstractionen, sie kamen im syntaktischen ge-
brauche vor" (s. 4). Nach diesen sätzen könnte man glau-
ben, dafa der Verfasser ein anhänger vou Curtius sei, aber
diese annähme wäre irrthümiich. Ludwig versteht nämlich
unter Btämmen etwas ganz anderes als Curtius und wir
anderen. Während wir die stamrabildeuden Suffixe von den
der flexion dienenden unterscheiden, kennt Ludwig am
nomen wie am verbum nur stammbildende suffixe. Z. b.
das i des localis ist kein tlexionselement, sondern der ur-
spriiugliche auslaut des stammee. Ebenso ist es mit allen
an deren casus. Es giebt also, wenn ich richtig verstehe,
nicht einen stamm deva, pondcrn einen stamm devam, eiueu
anderen devena u.s. w. Die annähme, als ob es sufßxe gäbe,
welche das verhäUnifs eines nomena zu anderen gliedern
des Satzes auszudiüeken von anfang an bestimmt wäret),
ist gänzlich zu verwerfen. Von einer bestimmten grund-
bedeutuDg eines casus kann keine rede sein (s. 20). Nun
ist aber nicht zu längnen — und auch Ludwig läuguet
das natürlich nicht — daCs iu den uns vorliegenden litcra-
turdenkmälern gewisse formen eine gewisse bedentung fac-
tisch haben — z. b. der ablativ die der trennung von et-
214
Delbrück
was — und es mufs also die frage aufgeworfen werden,
wie denn diese bedeiitung in diese formen hineingekommen
igt. Darauf giebt Ludwig folgende antwort: „der procefs
der Wortbildung kam allmählich in ein gewisses stocken,
und es kam neben demselben eine andere ricbtung auf die
entwertheten wortbildungsformen anzuwenden. Unterliefs
man aofangs die specielle bezeicliung von agena actio ac-
tum, und begnügte sich mit damals offenbar in grofsem
mafse angewandter demonstration, so schritt die spräche
allmählich, sobald sie disponibles laiitmaterial Batte, da?.u,
diese die Verständlichkeit der rede in aufserordentlichem
mafae fördernde uüterscheidung anzubahnen, wobei sie je-
doch nichts weniger als consequent zu werke ging. Als
es mit dieser differonzierung bis zu einem gewissen grade
gekommen war, lag es gewifs wieder nahe, numerus und
Casusbeziehung anzudeuten, aber auch dazu ward nur vor-
iiandenes benutzt, an ein schaffen einer grammatik ist n?cht
za denken" (s. 15). Damit der leser sich diese mannioh-
faltigen differenzicrungsvorgängc besser vorstellig machen
könne, sei noch bemerkt, dal's der herr Verfasser in bezng
auf die gestalt der sufßxe einer eigenlhümlichen ver-
stümmelungstheorie huldigt, 90 ist z. b. -as aus -asi, tar aus
-tarvi entstanden n. a. m.
Diese anschauungen ober casusauffixe hängen, was frei-
lich der herr Verfasser nicht bemerkt zu haben scheint,
durch einige, wenn auch äulserst dünne täden mit den
ansichten seiner mitforacber zusammen. Dagegen dürfte
er, was seine meinung über das verbum betrifft, auf völlige
Originalität anapnich machen können. Während wir übrigen
der ansieht sind, dafs die suflfixe des verbum finitum (z. b.
ini si ti) personalsuffixe seien, so stellt Ludwig das ent-
schieden in abrede. Zwar hat ja z. b. die form asti in
der vorliegenden spräche entschieden eine beziehung auf
die dritte persön, und nicht auf die erste oder zweite, aber
„die epecielle pronominale natur der sogenannten finiten
verbalformen ist erst späteres entstehens" (s 4"i). „Die ant-
wort aber auf die frage, was sind verbal formen, denen be-
stimmte beziehungen auf grammatische pers^oncn und gram-
anzeige
215
matischen numerus fehlen, wird — nothwenilig dahin lau-
ten, dafa es infinitive sind, deren anwendung von der
allgeineiiieu zu einer specieJlen noch nicht beschränkt wor-
den" (s. 79). Alle verbalformen also siud aus Infinitiven
differenziert, und somit ist die Vermittlung zvpischen verbal-
und noroinalformen gewonnen. „Der vcrbalorganismuB steht
nicht nur nicht unabhängig vom nomen da, aondern er ver-
läuft nach verschiedenen Seiten iu demselben. Oder während
mittels des particips der verbale begriff sich ins noraeii
verliert, verliert sich mittels der infinitivischen oder absolut
verbalen auffassung das uonien in das verb" (s. 46). Man
wird aus diesen anfübrungen begreiflich finden, wenn Lud-
wig 8. 45 behauptet: „alle verbalen formen siud ^anäcbft
nominaler natur".
Somit wären alle casus und alle formen des verbuui
finitum auf „nominale stamme*' zurückgeführt. Ob nun
diese nominalen stamme nach des Verfassers meinung von
urbeginn an da gewesen, oder wenn nicht, woraus sie ih-
rerseits entstaudi'n sind, diese frage soll uns hier nicht be-
schäftigen. Es genügt uns, bis zur schiebt der nominalen
Stämme hindurchgedrungen zu sein.
Wenn ich nun behaupte, dafs die eben dargestellten
ansichten auf den ersten blick keineswegs einleuchtend sind,
vielmehr höchst anffätlig und erstaunlich, so habe ich die
genugthuung, mit dieser behauptuug sowohl die meinung
der meisten leser der echrift ober den Infinitiv auszudrücken,
als auch herrn prof. Ludwig etwas schmeiehelhafles zu sa-
gen. Denn er wünscht gar nicht, dafs seine meinungen so-
fort plausibel erscheinen möchten. „Man sieht, heifst es
B, 87, dafs der werth einer erkläruog heutzutage auf un-
mittelbare plauaibilität derselben gelegt wird. Für uns dage-
gen wird immer der nachweisbare, innere, von selbst sich er-
gebende Zusammenhang einzig und allein einen wissenschaft-
lichen werth haben". In diesem stolzen satze liegt der haupt-
accent auf dem worte nachweisbar. Prof. Ludwig meint
nämlich die deutliehen spuren des sprachzustandep, wie ich
ihn nach seinen andeutungen zu schildern versucht habe, noch
wirklich und wahrhaftig als vorhandeu zu erkennen, und zwar
216
Delbrück
in den liymnen der vedas. Er glaubt aus den vcdiscben
f^esängea noch nachweisen zu könneri, dafs für keinen casus
eine bestimmte grundanschauung auzuneLmen sei, dal's das
sogenannte verb. fiu. aus dem infinitiv entstanden sei u. s. w.
Angenommen, dieser nachweis sei ihm gelungen, so würde
zwar daraus noch nicht folgen, dafs alle Schlüsse, die er
aus diesen thatsachen j^ezogen hat, von der wissensuhaft
angenommen werden mlifaten — denn er könnte ja in der
auffassung des einzelnen und den logiscJien Operationen
geirrt haben — aber es würde doch ein problem damit
aufgesteilt sein von bisher nicht geahnter bedeiitung. Ge-
setzt aber, er hätte mit seiner betrachtung des veda un-
recht, so würde daraus folgen, dafs sein System, das, wie
wir geaehen, eine innere plausibilität nicht hat, noch bean-
sprucht, den boden verlöre. Es verwandelt sich also die all-
gemein sprachwissenschaftliche frage in eine frage der vedi-
schen philologie. Der gröfste theil des buches besteht in bei-
tragen zur Interpretation des Rigveda; und auf dieses gebiet
vor allem haben wir den berrn Verfasser zu begleiten.
Dafa derselbe eine umfassende kenntnifs des veda be-
sitze, wird ihm gewifs niemand absprechen wollen. Er hat
die daten, welche speciell in frage kommen, mit einer aufser-
ordentlicheo Vollständigkeit gesammelt, und läJ'st auch bei
zufällig sich darbietenden nebenaufgaben wohl ausgestat-
tete Sammlungen ahnen. Freilich sind seine citate sehr
schwer zu benutzen. Er hat sieb nämlich stets mit der
einfachen anführung begnügt, und sich die Übersetzung
der fraglichen stelle erspart. Nur selten findet man theil-
weiae überaetzuugen oder sonstige hülfen für das verstäud-
nifa. Ich kann nicht umhin diese methode auch im inte-
reese des herrn Verfassers zu beklagen. Ich bin überzeugt,
dafs, wenn er sich den zwang einer Übersetzung auferlegt
hätte, er manchmal doch die Wahrscheinlichkeit einer an-
deren auffassung lebhafter empfunden haben würde, und
aufserdem würde seine schrift weit mehr wirken, als jetzt
möglich ist. Selbst für das aufmerksamste Studium ist es
nicht immer mit Sicherheit erkennbar, welche ansieht sich
hinter dem schweigen des Verfassers verbirgt, und so bitte
anzeige.
217
auch ich, wpnn ich manche andeutung der schrift mt'ht
richtjij; verstanden bähen sollte, nicht mir alU'iii die schuld
zuzuschreiben.
Auch hinsichtlich der textkriti sehen fragen heflei-
fsigt sich L. eines gänzlichen Stillschweigens*, obgh'ich der
zustand der redischen öberlieferung gerade in lunester zeit
eindringend erörtert worden ist, beBondera von Bollensen
in Benfeys orient und occident 2, 457 flgd. und Z. D. M.
G. 22, 569 flgd., und von Max Müller in der vorrede zu
seiner (Ibersetzung des Rigveda. Wie wichtig ein kennt-
nifsnehinen von diesen arbeiten gerade für das vorliegende
thema gewesen -wäre, erlaube ich mir, ehe ich herrn L. in
die einzelheiteu folge, für diejenigen, welche der vedischeu
philologie ferner stehen, noch mit einigen worten darzu-
legen.
Die Überlieferung des Rigveda — um den es sich hier
fast ausschiiefslieh handelt — ist bekanntlich in ihrer art
einzig, sowohl was die gute, als was das alter betrifft.
Die manuscripte stimmen — abgesehen natürlich von un-
vermeidlichen Schreibfehlern — so vollständig mit einander
(iberein, dafs von Verschiedenheit der lesiirt überhaupt
gar nicht die rede sein kann, und die continuität der
nberliefening ist eine eo erstaunliche, dafs wir überzeugt
sein dürfen, genau den text vor uns zu haben, wie er von
denjenigen festgestellt wurde, welche — wir wissen nicht
wie viel Jahrhunderte vor Christus — die uns vorliegenden
hymnen in ein corpus vereinigten. Das ist ein zustand des
textes, wie ihn die klassischen philologen auf ihrem gebiet
nicht kennen. What would a Greek scholar give — ruft
Max Müller a. a. o. Seite XXXII aus — if he could say
nf Homer that his text was in every word, in every syl-"
lable, in every vowel, in every accent the same as thc text
used by Peisistratos in the sixth Century B. C. ! Gewifs
ist es natürlich und begreiflich, wenn der moderne einem
fremden volke angehörige gelehrte eine scheu empfindet,
an diesem altehrwürdigen texte zu rütteln, und doch hat
diese scheu der Überzeugung weichen müssen, dafs auch
in diesem punkte die letzte autorität nur der eigene ver-
218
Delbrück
stand des forschers sein darf. Es ist echoa jetzt, wo wir
erst am anfang der vedischen kritik und exegese stehen,
über allen zweifei erhoben worden, dafs an manchen stellen
uns jene alten redactoren einen falschen text überliefert haben,
der in dem fehler einen unverkennbaren hinweis auf das
wahre enthält. So ist es — um nur eins anzuführen —
eicher, dafs I, 70, 4 statt l£a rutham (und den wagen)
zu lesen sei Karätham (das bewegliche). Und der fer-
nere schlufa ist unausweichlich, dafs, wer sich einmal irrte,
auch tausendmal irren konnte. Es ist defshalb auch von
unseren namhaftesten vedenkenneru das mittel der conjec-
tur häufig augewendet worden, ao von Eoth im Wörterbuch,
von Max Müller in dem bisher erschienenen bände seiner
Übersetzung, vor allen von Bollensen. Natürlich giebt es in
der neigung, dieses mittel anzuwenden, verschiedene grade,
aber in der ansieht von der zulässiykeit der methode stimmen
alle überein. Die Sammlungen von Ludwig nun enthalten
eine menge gerade der schwierigsten stellen, und man darf
sich daher um so mehr wundern, dafs die niöglichkeit einer
corruption von ihm, so viel ich sehe, uie angenommen
wird. Selbst wenn er, was ich nicht glaube, die berech-
tiguug der conjecturalkritik ganz bestreitet, hätte er sich
mit seinen gegnern doch auseiuandersetzen müssen. Es ist
durchaus unzulässig, so bedeutende leistungcn wie z. b. die
von Bollensen einfach zu ignorieren.
Nach diesen allgemeinen bemerkungen gehe ich nun
zu den einzelheiten über, wobei ich mich der von L. ge-
wählten Ordnung, obwohl viel an ihr auszusetzen ißt, der
beguemlichkeit wegen auschliefse. Es kommt demgemäfs
zuerst zur erörterung
das nomen,
und zwar I) der genitiv pluralis. Es soll im §. 6 nachge-
wiesen werden, dafs im veda noch deutliche spuren der
epoche zu finden sind, „in der das später unentbehrliche
Suffix -am fehlen konnte und man trotzdem die vom spä-
teren Standpunkte aus unvollständige form doch unzweifel-
haft als gen. plur. auffafste" (s, 8). Es soll z, b. devin als
anzeige.
219
gen. plur, gelten. Für mich zerfallen die von L. angeführ-
ten stellen in a) solche, iu denen die lietreffende f'uriu in
der that als gen. plur. anzusehen ist, b) in denen sie vieU
raehr acc. plur. ist, c) solche, welche ich nicht vprstehe.
a) Ein gen. plur. ist anüunebmen I, 71,3. IV, 2, 3.
VI, 11, 3. X, 64, 14, wo der Padapätha devfln gäoma liest
und naan übersetzen miifs ^das geschleeht der
götter". Aber das rätbsel ist von BoUensen Z. D. M, G.
22, 600 unzweifelhaft richtig gelöst. Der padatext ist zu
corrigiercn, es ist devam zu lesen, was als alter gen. plur.
aufzufassen ist, genau zu agricolum, itswi' a. s. w. stimmend
(vgl. BolleDsen Orient u. occident 2, 463). Ebenso durfte
auch IV, 2, II märtüQ aufzufassen sein, und vielleicht
I, 141, 6.
b) Hier bin ich nicht selten im zweifei, ob ich L.'s
schweigen oder seine andeutungen richtig verstehe. So bei
], t)5, 8, wo CS von Agni heilst: ibbjän na rägfi väuflnj atti
was Roth P. W. 1, 813 übersetzt: „wie ein fürst seine
hörigen (bewältigt), so (bewältigt und) verzehrt Agni die
bäume". Im wesentlichen ebenso Benfey orient und occi-
dent, 594. Bollensen Z.D.M.G. 22, 578. L. fafst ibbjän als
gen. plur. und scheint übersetzen zu wollen „wie ein füret
der elephanten frifst er die wälder", hätte aber erst nach-
weisen müssen, dafa ibbja in der bedeutnng „elephant* ein
vedisches wort ist. Aufserdem wäre es wohl passend ge-
wesen, die in jeder beziebung befriedigende Übersetzung von
Roth erst zu widerlegen. VII, 13, 2 scheint L. an dem
sinne anetofa genonameu zu haben, tva devan abhi^aster
amuMa: kann nichts anderes heiiisen als „du befreitest die
götter vom unglttck". Dafs an dieser anschauung kein an-
stofs zu nehmen ist, zeigt der Zusammenhang bei Muir Or.
S. T. V, 2] 5. ni, 14, 4 jälc Khölusä sahasas pntra tiäthft
abhi köitf: prathäjant srtrjö nfn soll nrn gen. plur. sein.
Ich übersetze nach Rotli: „wenn du o söhn der kraft mit
deinem liebte aufsteigst über die länder, bescheinend als
sonne die menschen". Ebenso wenig sehe ich ein, warum
II, 8, 1 „vägajänn iva nti räthän jogäii agner i'ipa stuhi"
rathän als gen. zu fassen eeiu soll. Ich übersetze: „al^
220
Delbrück
ob du wagen anschirrtest, bringe durch lob herbei das ge-
spann des Agni". VJ, o7y A ist sürin accusativ der rich-
tnng, gewifs wäre der dativ besser, aber der accusativ mag
durch den zwang des metriinis veranlafst sein. Eine an-
zabä von stellen gehören insofern nnter eine kategorie, als
L. abhängigkeit annehmen möchte, während vielmehr ne-
I)enordiiung anzuuehnien ist. Ein besonders eclatanter
fall ist I, 50, .5 pratjaü devftnS vipa: pratjänn xid eäi ma-
□usän, Beufey tibersetzt; „der götter schaar entgegen
gehst, entgegen du den menschen auf, ebenso Sonne d.
zeitschr. XII, 2ü7. Nach L. soll uiäuusan gen. plur. sein,
offenbar damit ein eleganter parallelismus mit devänfim
herauskomme. Das scheint mir eine mafsregelung des veda
durch eine vorgcfafste ansieht.
Ebendahin gehören: IV, 2, 3. VI, 49, J5. I, 63, 2 und
X, 1, 2: sä gäto gärbhö aei rödasjör äguc Itarur vihhrta
Ösadhläu, Icitra: pi^u: pari tämäsj aktön pn'i uiätrbhjö ädhi
känikradat gä: du bist der erzeugte sprölsling deü himmels
und der erde, Agni der geliebte, verbreitet in den pflan-
zen, ein glänzender sprofs echrittest du vorwärts aus dei-
nen erzeugeriunen gegen nacht und dunkel (vgl, pari bei
BB. laß), wo nach L. akton gen. plur. sein soll. Cba-
rakteristiseb für die niehtbenutzung des von anderen
geleisteten ist auch die art, wie L. mit A. V. I, 24, 1:
täd äsuri judhä gitä rüpän käkre vAuaspatln umgeht. Er
Obersetzt: sie machte es (das im vorhergebenden verse er-
wähnte pittam die galle) zur färbe der bäume. „Denn
die andere bedeutuug von rüpäm kartum ist hier ganz
unzulässig" (s. 7). Und doch übersetzt Weber indische
stud. IV, 417 sehr einleuchtend: „die Asuri im kämpf be-
siegt machte die bäume zu ihrer form*, macht öbrigena
die bemerkung „v. 1 ist sehr dunkel", tiid bedeutet bei
dieser auffassung natßrlich „dann".
Unter c) bringe ich diejenigen von L. angefahrten
stellen, die ich aus irgend einem gründe nicht mit Sicher-
heit zu übersetzen wage. Dahin gehören mehrere stellen
desKigveda, welche säuimtlich darin übereinstimmen, dafs
in ihnen die form nfn vorkommt. Ich vermeide es um so
ftnzwge.
mehr, in eine diakussion über diese schwierigen stellen ein-
ziigehciD, als Ludwig es nicht ffir nöthig gefunden hat, seine
auifalsung der form nfn irgendwie exegetisch zu rechtferti-
gen. An letzter stelle erwähne ich X, 1 12, 10, wo ich glauLe,
dafs statt abhikhjfl abhi klijas gelesen werden mufs.
Damit haben alle von L. erwähnten stellen eine be-
sprechung gefunden. Einige sind unklar geblieben, müssen
also aufser rechnnng gesetzt werden, bis L. etwa den ver-
such macht, seine auffafsnng als richtig zu erweisen. An
allen anderen stallen ist L.'s deutung , wie ich hoffe über-
zeugend zurückgewiesen. Somit bleibt es bei der alten
iiiiuabme, dafs -am auch im veda die noth wendige endnng
des geu. phir. ist.
Diese Überzeugung wird auch durch L. §. 7 nicht er-
schüttertj übrigens auch kaum ernstlich bekämpft. Er ent-
hält fornaea auf -ä, in denen L. gen. plur, zu erkennen
glaubt, aber selbst für wahrscheinlich hält, dafs sie ein
Bchhifs -m verloren hätten. Wenn er dabei von einer zusam-
menziehung von -änäm zu -am redet, so halten wir das natür-
lich für irrthüiulieh. üebrigens sei bemerkt, dai's auch
die andern in diesem paragraphen enthaltenen bebauptungen
durchaus nicht alle gebilligt werden können. Eh hätte z. h.
erwähnt werden müssen , dafs Bolleusen in I, 27, 2 süni'i:
pävasä das ii als eine alte Schreibung für späteres ö ansiebt,
wofür er eine nicht geringe anzahl von belegen beizubringen
weifa (Z. D. M. G. XXII, 574). Indessen ich übergehe den
übrigen inhalt dieses paragraphen und die paragraphen bis
12 und wende mich sofort zu paragraph 13, welcher die
aufgäbe hat nachzuweisen, dafs man die untcrschpidung
von local und dativ nicht ernsthaft nehmen dürfe.
Ueber das verbältnils des dativ« zum local äufsert
sich L. s. 1 1 so: „Bedenkt man nun den nahen formellen
und syntaktiathen Zusammenhang von local und dativ, wel-
cher letztere vielfach nur eine Wiederholung des ersteren
ist, so erkennt man, dafs der dativ virtuell ebenso we-
nig dem jetzt allgemein giftigen begriff einer flectierten
form entspricht, wie der local" (von dem e. 9 mit entschie-
denheit gesagt wurde, er sei eine unflectierte form). In
222
Delbrück
diesem satze ist mir mehreres gänzlich unverständlich ge-
bliebf-n, so besonders die bedentung der beiden adverbien
„vielfach" und „virtuell". Aus der aoget'Obrten stelle und
dem weiteren verlauf des paragraphen glaube ich wenig-
stens so viel entnehmen zu dürfen, dafs L. auch den dativ
för eine Stammform hält. Die Stammform dativ und die
Stammform local also sollen im wesentlichen gleichbedeu-
tend sein. Es soll nicht nur „local statt des dativs, son-
dern sogar die beiden casus auf einander bezogen vor-
kommen". Ich theile die stellen in a) solche, welche L.
ungenau interpretirt, b) solche, in denen er die formen
falsch analysiert hat.
a) deväsja vajä savitü: sävimani preätbe sjäma väsuna^
kä dävane VI, 71, 2. Hier soll dävane localisch zu ver-
stehen sein, was unstreitig eleganter wäre. Aber das
richtige wird sein, dal's mau eine härte der eonstruction
annimmt, die dem veda bekanntlich durchaus nicht fremd
isr. Wer H, 11, 1 sjdma te dävane väsünäm vergleicht,
kann nicht in zweifei sein, dafa zu übersetzen ist: ^Möchten
wir sein in des gottes Savitar bestem schütz und (bestimmt)
zum empfange von gut". Dafür entscheidet sich auch
M. Möller Rigv. traosl. I, 33, nachdem er, wogegen formell
nichts zu erinnern sein würde, dävane als local zu däväna
zu nehmen für möglich erklärt hatte. VIII, 90, f> prä mi-
träja prärjamne sakathjäm rtavasö varöthja värune lihäri-
djä väkä: stOträ' rägäsu gäjata. Vermuthlich nimmt L. an
dem Wechsel der casus anstofs. Ich finde ihn schön. Es beifst
erst «singt dem Mitra", und sodann „singt vor Varuna"
(eig. bei). Manchmal begreife ich nicht, was die citate
sollen z. b. I, 64, 4 (wo es doch beifst: sie salben sich mit
bunten färben, so dafs es ein wunder ist) u. a m.
Bei einigen stellen hätte L. sich erinnern sollen, dafs
der local auch bezeichnet „was anbetriffi:, in Sachen" z, b.
I, 10, 6 tarn it aakhitvä Imahe tä' räje tä' suvl'rjß heilst:
ihn gehen wir an in Sachen seiner freundschaft (d, h. we-
gen seiner f,) zum zwecke des reicbthums, wegen der hel-
denkraft. Ebenso ist II, 2, II aufzufassen (vgl. auch 6R.
6. V. gesä). Ich habe mich Überzeugt, dafs mit ausnähme von
aiusetge.
•223
VT, 66, 5 und V, 33, 1, die mir nicht ganz klar sind, sich
bei genauer Interpretation die bedenken L.'e sämmtlich er-
ledigen. Ich halte also an der aneicht fest, die ich in mei-
ner Schrift abl. loc. instr. und in d. zeitschr. XVIII, 82
ausgesprochen habe, die übrigens natürlich nicht mir ge-
hört, sondern die allgemeine ist, daft die grundbedeutuug
des Joe. das siebbefinden an einem ort, des dativs dieneignng
7 DO
nach etwas hin ist Bekannt ist, da(s der loc. beiverben der
bewegung von dem dativ syntaktiech nicht zu unterscheiden
ist, aber diese bedeutung kommt in den loc. als reflex des
gesammtsinnes der betreflfenden stelle, und ebenso bekannt
ist, dafs oft einer Situation beide casus gleich angemessen
sein können. So steht X, 126, 3 aäjistbä nesäni „die besten
im führen". Hier könnte statt des loc. auch der dat. ste-
hen. Denn die „besten zum führen'* kommt ungefähr auf
dasselbe hinaus, aber darum wird eine genaue Interpreta-
tion sich wohl hüten, die beiden verschiedenen casus durch-
einander zu werfen.
b) Zu den formen, welche L mifsverstanden hat, rechne
ich vor allem mahi^, worin er nur den dativ des adjectivB
mah sieht. Es soll I, 116, 13 mit dem loc. jäman ver-
bunden sein, aber die stelle heifst „euch rief zur freude
beim opfer der weise" und mähe ist als inf, des verbums
mah aufzufassen V, 59, 2 ßndet L. ea auffallend, dafa
der dativ mähe mit dem locat. vidäthe verbunden sei.
Das auffallende verschwindet, wenn man bedenkt, dafs
mähe nicht dat. von mah, sondern local von maha ist,
ebenso X, 96, 1. Man könnte zur entschuldigung für L.
anftlhren wollen, dafs ihm vielleicht das heft des P. W.,
aus dem ich meine Weisheit geschöpft habe fmadjapa bis
mahäbhnrata) noch nicht vorgelegen habe. Aber dieses
heft ist 1866 erschienen, Ludwigs Schrift trägt die Jahres-
zahl 1871. Hätte er etwa, durch besondere umstände ver-
anlafst, die literatur seit I8G6 nicht benutzen können, so
hätte er sich darüber aussprechen mössen. Was an bädh^
VI, 50, 4 auszusetzen sei, ist mir unerfindlich. Es ist der
regelrechte local von bädhä.
Es folgt §. 14, worin der beweis geführt werden sollj
224
Dellirücfc
dafs dem dativ öfter das fehle, was man flexionselement
nennt. In diesem paragraphen ist mir bei zwei stellen
X, 20, 7 und VI, 21, 4 nicht klar geworden, wozu sie an-
geführt sind. Die übrigen erledigen sich sämmtlich auf eio-
fauhe weise. Diehauptrolle spielen hier die formen mahüs und
mähi, welche auch anderen forschern bekanntlich Schwierig-
keiten oremacht haben. Mir acheinen die Schwierigkeiten durch
Roth auf das glücklichste beseitigt vermittelst einer richtigen
vertheiliing der formen unter die stamme mäh, mahä, mabi
und die ansetzung des adverbiums mabäs mit der bedeutuug
„gern, freudig, lustig, niunter, rasch". — Unter diesem ad-
verbiuuj führt Roth die meisten der stellen an, ao denen L.
mabas als dativ ohne Hexion fassen will, und es sind Roth'a
citaten noch hinzuzufügen VIII, 46, 17. X, 6t, 22. X, 7(), 2.
VllI, 59, 8. (Bei Ludwig ist statt VIII, 15, 5 zu schreiben
V, 15, 5). Dagegen ist es I, 146, 5 uom. sing, von maha
und VII, 37j 3 gen. sg. von mah. Damit ist der sog. dativ
mahäa hpseitigt. Was nun mähi betrifi^, so ist es nach
Roth adv. in der bedeutung sehr viel VI, 4, 7. VII, 97, 3
und ebendahin ist zu setzen: ä nü deva pavasä jßhi ^iusmin
bhavä vrdhä indra räjü asjä mähe nrmnäj;t urpatö suvagra
m4hi klatrija paü'sjäja ^üra „komm heran zu uns o mäch-
tiger gott mit kraft, sei o ludra ein mehrcr unseres reich-
tluims, zu grofser heldeuthat, herrscber der männer, keil-
trä^r, um mächtig zu herrschen, zu mannesthat" VII,
30, t. Mau bedenke, dafa dative von Substantiven aller
art infinitivisch construiert werden können.
Nun bleiben noch zwei stellen übrig: gäman mädäja
prathamä' väjap ka VII, 97, 1 , wo wieder ganz nnnöthig
ein parallelismue gefordert wird und vajas dativ sein soll.
Es heifst einfach: „er komme zum zweck des rauscbes
uud her zum ersten mahle". Endlich X, 59, 5 rärandhi
na: edrjasja sädf^i, was zu übersetzen ist „lafs uns freude
finden am anblick der sonne", denn rärandhi ist mit Roth
zu ran zu setzen, was ja ganz gewöhnlich den loc, bei
sich Liit.
Im §.15 soll bewiesen werden, dafs im localis des
plurals die endung -su oft fehle, wo die congrueuz der
anzeige.
225
formen sie verlange. Ich hebe aus den angeführten stel-
len wieder zuerst diejenigen hervor, welche L> raifaver-
standen zu haben scheint. Daliin gehört V^alakh. II, 1,
wo mahP wieder als Infinitiv („zum ergötzen") zu fassen
ist. Ferner VIH, 6,2?, wo L. prä^astir als loc. plur.
nimmt (so dals also nur u weggefallen wärej, und die an-
geführten parallelstellen beweisen allerdings, dafs fine
solche auffassung dem sinne nach gut pufst, man komiut
aber auch aus mit der Übersetzung: „Unter deiner fübrung
ist rühm". Vielleicht ist die stelle verdorben. Das i.st
hfichst wahrscheinlich der fall I, 67, 5, was von Bollensen
zeitachr. d. d. morgenl. ges. XXII, 5SG glaubhaft verbessert
wird. L. hat von dieser Verbesserung, durch welche jeder
anstofs versehwindet, keine notiz genommen.
An zwei stellen, nämlich I, l?2, 7 und 111, 37, 7, wird
wieder ganz unnöthig ein parallelismus gefordert, der eben
im veda nicht vorhanden ist Ziehe ich aui'serdem die
stellen ab, die mir entweder nicht klar sind, oder bei de-
nen ich nicht einsehe, zu weli-hem zwecke sie von L. an-
geführt werden (III, 31, 10. AV. VI, 69, 1 und XII, 1, 4),
so bleiben eine anzahl Übrig, bei denen in der that inso-
fern eine incorrectheit stattfindet, als ein loc. sing, mit
einem loc. plur. in congruenz steht. Es sind die folgen-
den: I, 105, 5 und VIII, r>8, 3 trisv ä rötane divA: „in
den drei lichtreichen des hiramels". Man muis anerken-
nen, dafs die znsamraenstellung incorreet ist, aber sie ist
nicht unbegreiflich. Die vor.stellung von drei lichthini-
meln ist keine hildung der plastischen phautasie, so wenig
wie z. b. die Vorstellung von den drei erden, sondern die
drei versieht nur etwa den dienst des steigeruiigssufßxes,
so dafs man allenfalls „höchster himmel" dafür sagen
könnte. Die drei himmel bilden, so zu sagen, eine drei-
einigkeit und stehen darum im singular. Eine incorrect-
heit liegt auch vor I, 102, 10; tva gigetha nä dhäoä ru-
rödhithärbhesv äga magbavan mahätsu Ma „du siegst, du
kargst nicht mit der beute, in grofsen schlachten wie in
kleinen". Man mufs solche stellen nach der aualogie der-
Zeitschr. f. vgl, aprachf. XX. 3. 15
Delbrück
jenigeii erklären, welche eine anderft Wortstellung zeigen,
wie I, 81, 1 : täm in mahätsv ägisütSm ärbhe havämahe
„ibn rufen wir in grofsen schlachten an, ihn in kleiner",
wo L. natürlich wieder an ärbhe ansto/'s nimmt, weil er
übernll den glatlpsten parallelisraus verlangt. Incorrect ist
endlich noch; asmin prtav äbasi „in dieser schlacfaten und
noth", wo das asmin au ä'hasi eine entschuldigung findet.
Es ergtcbt sich also für uns aus diesem paragrapben,
dafa im veda gelegentlich gramtnatische incorrectheiten
unterlaufen, was bei einer poeeie, die so viel volksmäfsiges
bat, nicht eben zu verwundern ist, und ähnlich auch im
epos vorkommt, wo nicht ganz selten participia im sing,
auf ein pluralisches nomen bezogen werden, z. b.:
te nüdjamäuü vidhivad bäbukena hajüttamü:
samutpetur athäkflpä ratbinam möhajann iva
NaI. XIX, 24 und Hopp z. d. st.
Die §§. 16 — 19 enthalten meist iufinitivformen, welche
localendnng haben. Wozu sie angeführt werden, habe ich
nicht ermitteln können.
Dagegen beaehäftigt sich § 20 wieder unmittelbar mit
unserem thema. n^'''" köutien — beifst es daselbst —
noch an reichlichen fällen nachweisen, dafs der instru-
mental ohne eigenes suffix durch den blol'sen stamm wie
im hebräisfhen ausgedrückt ward." L. fährt dann fort:
„Schon der gebrauch des griechischen dativs als instru-
mental gehört hierher. Denn wäre es nicht sprachlich be-
gründet, 80 hätte das griechische seines iustrumentals sich
nicht entledigt". Diese letztere benierkung ist mir voll-
ständig räthselhaft, ich weiJa weder was sie überhaupt be-
sagen will (soll sie vielleicht nur besagen, dafs auch in
der spräche das gesetz der causalität herrsche?) noch was
sie an dieser stelle bedeuten soll. Es folgen sodann eine
reihe von citaten, welche die unvollkoramenheit des ilexions-
ausdrucks beim Instrumentalis beweisen sollen. Ich schliefse
mich genau der von L. belieiiten reihenfolge an:
11,34,12: niahci gjdtiea,. Wiederum da» verbängnils-
volle mahaa! Es ist an dieser stelle adverb (s. BR.).
II, 23, 2: usrä iva sdrjö gjötiea mah6 vipvesSm i^
anzeige.
227
^anit^ brähnianäm asi ist von Aufrecht schon in d. zeitschr.
IV, 2r>8 übersetzt worden: „wie die mächtige sonne mit
ibrem lichte die tage, so erzeugest du alle gebete", und
ich wflfste nicht, was an dieser Übersetzung (die L. na-
türlich nicht erwähnt) auszusetzen wäre, niahaa ist also
nom. sing, von mahä. Ebenso wohl auch 1, 121, 11 (»ein
gewaltiger mit dem donnerkeil" ).
X, ."^."i, 6: gjotiäil brhät ist brhat adverbium, wie e«
z. b. Dothwendig ist VIII, 20, fi,
I> 22, 11: mahas ist adverbium, ebenso I, 153, 1.
VIII, 46, 14 macht L. selbst ein fragezeicben.
VI, 49, 3 : arusäsja duhitärä virüpe strbhir anjä pipi^S
sörö anjä. Da bei L. strbhir und sdrö gesperrt gedrn<'kt
sind , 80 vermuthe ich , dal's er dem sängor die wendung
in den mund legt: der tag ist geschmückt (pipife) mit der
sonne (särjena). Ich will nicht untersuchen, ob dieser ge-
brauch von pip möglich sei, sondern beschränke mich dar-
auf, die meiner meinuiig nach ganz befriedigende Mfiller-
sche Übersetzung unserer stelle anzuführen, aus der her-
vorgeht, dafs siiras gen. sing, ist: There are two different
daughters of Arusha; the one is clad in Stars, the other
belonga to the sun, or is the wife of Svar {M. M. Kigv.
transl. I, 13).
Die beiden folgenden stellen übergehe ich, da sie mir
nicht ganz klar sind.
II, 31, 5: navjasä vältae ebenso VI, 48, II und divit-
matä välcas, unzweifelhaft zu übersetzen „oiit neuem, mit
glänzendem gebet". Es mfifate natürlich nach der gram-
matischen regel vakasa heil'sen, Diesen anstoi's sucbt Bol-
lensen O. und O. II, 482 zu beseitigen, iudem er an-
nimmt es sei väkä zu lesen, instr. von vakaa entstanden
aus valcasä. Vielleicht aber kann man ohne änderung aus-
kommen. Mau bedenke, dafs vul^as au allen drei stellen
am versende steht und der sinn durch das voraufgehende
adjectivum deutlich war. Das sind umstände, die eine der-
artige uachläsaigkeit entschuldbar erscheinen lassen.
in, 58, 2: rtSna ist nach BR. advSrb.
VIII, Bti, 4 soll girbhis mit djugät verbunden werden.
15*
9S9
Delbrück
Um zu zeigen, mit wie bröckligem material L. biaweilon
arbeitet, setze ich her, was ER. über djugät sagen: „djugät
adv. nach Nttigh. II, 15 raech; vielleicht dju + gat (von
gain) durch den himmel hin, ^her. Auch djiimat würde
passen". Darauf folgt unsere stelle als die einzige, an der
das wort vorkommt.
1,62, II: Bauaji'ivü nämasa nävjö arkair vasQjavö
matäjö dasina dadriu, wo L. nävjö ata iustr. plur, betrach-
tet. Hier liegt wieder ein fall vor, in dem ea sich schwer
bestraft, dafs L. von dem, was anderer leiite meinuug ist,
gar keine notiz uinimt. Benfey Obersetzt „in neueBten
liedern" und verweist auf I, 61, 13: asjed u prä brühi
pürvjäni tnräsja kärmäni nävja ukthäi:, was er ebenfalU
wiedergicbt „in neuesten gesängeu ", und wozu er in der
anmerkung sagt: „das zu ukthäis gehörige adjectiv pr-
scbeint ohne flexiouszeioben in thematischer form, ganz
ebenso 6?, 11. Es liegt hier der Ursprung der karniadhä^
raja-zusammensetzung vor". Beufey faikt also die stelle
ähnlich wie Ludwig (der aber I, 61, 13 erst §. 30 erwähnt).
Roth s. V. navliäs fafst nävjas I, Gl, 13 sehr ansprechend
als adv. „aufs neue", wofür er untadelhafte parallelstellen
beibringt. Man muJs also nach ihm übersetzen „preise
des mächtigen alte heldenthaten aufs neue mit Jiederu".
In der zweiten stelle faist er dagegen (s. v. navja) nävjas als
nom. plur. fem. Da Bollensen O. und O. II, 482 an die-
ser auffassuug Roths anstofe nimmt, so bemerke ich, dafs
Kolh offenbar nävi als fem. von üävja aufötetlt, was au
düivl zu daivja (s. BR. a. v.) doch wohl eine zuverlässige
stütze empfängt. Man raufs dann übersetzen: „alterbegeh-
rende, an audacbt (immer) neue, durch lieder gute gäbe
heischende gebete kommen heran". Da mir auf diese weise
die beiden stellen ohne alle gewaltaarnkeit befriedigend er-
klärt scheinen, so stimme ich weder Benfey und Ludwig,
noch Bollensen bei, der a. a, o, den text — wie gelind
auch immer — ändern will, indem er aus den beiden Wör-
tern ein compositum macht.
I, 56, 3 : sä turvänir mahafi arenü päü'sje gir^r bhr-
stir nä bhrägate tugä ^äva: „er ist stürmend und grols,
anzeige.
S29
Btaiiblos im männerkampf wie eines berges spitze erstrahlt
Beine kraft durch den angriflF" d. b. der angriff ist es,
diircL den die ganze ffille seiner kraft offenbar wird, sie
Btrablt bervor über den staub des kampfee wie die leuch-
tende spitze eines berges.
X, 144, 5 stehen väjas und ijus parallel, ebenso 6.
VI, 3, 1 ; ja' tväna mitr^na väruna: sagdM deva päBi
tjägasä niärtain ä'ha;. Wie L. die stelle versteht, weifsieb
nicht. Auch mir ist dieselbe nicht deutlich.
I, 190, 2: äügas ist adverb.
1,92,9: pratliy Käksiir urvija vi bhäti scheint mir
gegen Benfeys auffassung („das äuge hierher gerichtet,
erstrahlt sie weit*) nichts einzuwenden.
II, 4j 5: rasu ist nach BR. adverb.
VIII, 78, 7 sehe ich nicht ein, warum sÄman nicht
loc. sein soll.
Es folgen drei stellen, an denen in suvrkti ein anstofs
gefunden ist. Aber suvrkti ist fem. und neiitr. , was L.
u. a. von Benfey (S. V. gl.) und Grafi^maDn in d. zeitsohr.
XVI, 174 hätte erfahren können.
Endlich, nach so viel negation, kann ich einigen he-
hauptungen von L. beistimmen. Auch mir scheinen pra-
jukti nitikti supasti svasti instrumentale. Aber freilich
dürften sie ganz anders zu fassen sein, als L, will. Es
sind nicht uralte formen, sondern verkdrzungen, Das kurze
i ist aus langem I entstanden (wie äliittl und prAbhütl
IV, 54, 2 zeigen) und i ist aus i + ä, der einfach ange-
tretenen instrumentalendung hervorgegangen. Ebenso bei
u-stämmen {BoUensen zeitschr d.d. morgenl.ges. XXII, 6(>6).
Ftlr Ludwigs ansichten beweisen also diese instrumentale
nichts. Uebrigena kann ich durchaus nicht alle formen auf
i, die L. als instrumentale ansieht, als solche anerkennen,
nicht aprati und nicht angi, was IV, 58, 9 als sogenannter
accusativ des inneren objects zu fassen ist.
Am ende des paragraphen führt L. noch die bekann-
ten formein wie nftamäbbir Qtf („mit kräftigstrn liillfen")
an. Ich glaube, dafs Bollensen O. und O. II, 4()(» darüber
880
Delbrück
daa richtige gelehrt liat. ütl ist falscbe Schreibung fUr
ütis und dies aus *utibhi8 'utihis entstanden.
Somit hat auch dieser paragrapli die wünsche L.'s in
keiuer weise befriedigt. Au ihu schlieist sieb §. 21, der
nachweisen soll, da(a instrum. und local Ibrmell nicht ge-
nau zu scheiden eiud. Es wird ausgegangen von der form
pragas I, 67, 5, welche loa seiu soll. Es iat oben gezeigt
worden, dafs mit Bolleusen daflUr prag^su ku lesen sei.
Sie kommt also in Wegfall. Diesem loc. sollen nun instru-
mentale auf is entsprechen. leh brauche nicht alle von
L. angelübrten stellen durchzugehen, weil, auch wenn er
recht hätte, formen auf is als instrumentale plur. anzuse-
hen, sie nichts für seine zwecke beweisen würden. Denn
dieees 18 würde, wie oben gezeigt, aus 'ibhis *ihis zu deu-
ten sein. Weit entfernt also etwas alterthflmliches vor
uns zu haben, hätten wir vielmehr von einer verstömme-
lung zu berichteu. Uebrigens sind natürlich auch in diesem
Paragraphen manche seiner behanptungen luftig genug. Es
soll z. b. AV. XII, 3, 32 täsmin devä: sahä devfr vi^antu die
form devte als instr, aufzufassen sein. Es ist aber saha ein-
fach als adverb zu nehmen und zu übersetzen: „es sollen
kommen die götter und dabei die göttinnen".
§. 22 wird die lehre vorgetragen, dafs der Instrumen-
talis ein ziemlich neutraler casus sei, „indem er nicht nur
Verbindung, sondern auch trennung anzeigt" z. b. bei vi-ju,
und diese thatsache wird später benutzt zu dem Schlüsse,
dafs man von der grundbedeutung eines casus nicht reden
dflrfe. Hätte L. in diesem falle verwandte sprachen her-
beigezogen, so würde er nicht so oberflächlich geurtheilt
haben. Oder sind etwa das Iat. cum und das engl, witb
ziemlich neutrale praepositionen , weil man sagt dissentire
cum aliquo und to part with? Die Schwierigkeit löst sich,
wenn man bedenkt, dafs die trennung ein gemeinsames
geschäft der sieh trennenden ist (vergl. auch „mit jemand
auseinander kommen").
In §. 23 wird der instrumentalis der ausdehuuug oder
der bewegung herangezogen, um die verwandt-Jchaft des
instr. mit dem loc. (und also seine ursjjrdngliche ungeschie-
anceige.
231
denheit von ihm) zu zeigen. Ich glaube in meiner schrift
über abl. loc. instr. 53 dargetban zu haben, wie dieser ge-
brauch des instr. mit der ihm innewohnenden gruodbedeu-
tung des zusammenseius zu vermitteln ist
Um zusammenhängend überblitkeu zu können j was
L. über die cntstehung und bedeutung der casus lehrt,
gehe ich sofort zu §. 27 Aber, da 24 und 25 nur allge-
meines enthalten, und 26 mit 30 zu verbinden ist. Der
Verfasser hat — v?ie hier nebenbei bemerkt sein mag —
auf die diepositiou des ganzen erstaunlich wenig mfllie ge-
weudet, ein umstand j der in hohem grade die benutzung
des buchea erschwert. In §. 27 nun soll gezeigt werden,
dals die grenze zwischen ablativ und genitiv eiueraeits und
nominativ andrerseits keine feste ist. Natürlich sind die
belege für uns wieder nicht beweisend.
IV, 22,4: gäniman ist loc. und nicht abl. („brbte
vor dem mächtigen bei der geburt").
I, 174, 5 soll silras der form nach nom, sein, obwohl
es dem sinne nach nur genitiv sein kann. Aber sriras ist
gen. sing, von svar. L. hätte sich darüber belehren kön-
nen bei Bollensen O. und 0. 11, 478.
IX, .^2, 3: ad r häsö jäthä gauä' vi^vasjävlvapan ma-
tim. Bei dieser stelle deutet L. die möglicbkeit an, dafs
häöds = X'i'-'^'*^ ^^*) '^'^*' ^^^ aber, wie es scheint, wieder
fallen, betrachtet häsas als genitiv, der der form nach
vom nom. nicht unterschieden sei, und Ühersetzt „wie eine
gänse schuar hat er eines jeden lied ertönen gemacht",
indem er hinzufügt „wenigstens giebt der nom. sing, kei-
nen guten sinn". loh denke doch, man übersetzt einfach :
„wie ein gänserich seine acLaar, führt er alle lieder au".
I, 7 1 , H. Was der abl. djäüs /.u besagen haben soll,
sehe ich" nicht ein, und ebenso wenig, wozu der nom. sg.
ves der vogel (zu vi) citirt wird, an dessen existenz ge-
wifs niemand zweifeln wird, v^s ist allerdings eine inter-
essante form, insofern der nom. Steigerung des wur>;plvo-
cals zeigt (wie djäüs, ZsVi;). Aber darum fällt er doch
nicht seiner bildung nach mit dem genitiv zusammen.
Hiermit ist der abschnitt über die casus beendigt und
ui
Delbrttok
Ulis gelegenbeit gegeben, einen augenbliek auf das erreichte
zurrickzuschauen. Ich glaube gezeigt zu habea, dafs L.
mit unrecht gen. plur. ohae -am annimmt, dafs er mit un-
recht den loc. und dat. in einander verfliefsen Jälet, dala
dem dativ nicht, wie L. behauptet, das flexionszeichen zu-
weilen fehlen kann, dafs -su die nothwendige endung des
loc. plur. ist, dafs der instrumentalis sein nothwendiges
Suffix hat, wie jeder andere casus, dafs instr. und loc. we-
der der form uoch der bedeutuug nach zusammenfallen,
dafs der gebrauch des instrum. von einer grundbedeutung
ausgebt, dafs endlieb der geu. und nom. nie zusammen-
fallen, kurz, ich glaube die angriffe Ludwigs gegen die
bisher von der Wissenschaft gehegten grammatischen an-
ßchauuQgen überall zurückgewiesen zn haben. In den mei-
sten fallen schien mir eine genauere interpretation des Sin-
nes oder analyse der grammatischen form zu genügen, um
L. zurückzuweisen; an wenigen stellen schien der ausweg
der conjectur geboten; an andern schien es wichtig, ab-
weichende formen der vedaspraehe, die schon Ludwigs
Vorgängern nicht entgangen, aber ihm, wie es schien, nicht
bekannt geworden waren, zur geJtung zu Lringeu, so die
gen. plur. auf -am, die instr. sing, auf -l und i.
Nur in einem punkte glaubte ich mit L. übereinstim-
men zu können, allerdings nur hinsichtlich des faktischen.
Es schien mir nicht zn läugnen , dafs in trisu ä röMane
diva: und divitmatä und navjasä valcas incorrecte Wendun-
gen vorlägen, aber freilich die folgerungen, die er aus die-
sen fdVmeln zog, konnte ich nicht unterschreiben. Zu
demselben resultat führt die prüfung dessen, was L. §. 26
und 30 über den numerus beibringt. Ich darf mich des
durehgehens aller seiner belege enthalten, da es hier nicht
darauf ankommt, ob ein obnehin feststehender satz durch
einige belege mehr oder weniger gestützt werden kann.
Dieser satz ist, um es zu wiederholen, der; im veda wird
bisweilen das casus- oder numeruszeichen nicht am sub-
stantivum und dem dazugehörigen adjectivum, sondern uur
an einem der beiden Wörter ausgedrückt, z. b. frisu ro-
kane, divitmatä vakat;, üdhar divjäni, vrats dlrghaprut.
uDZcige.
388
Wenn nur die letztere erscheinung vorkäme, und wenn sie
etwa masseti weise aufträte, bo könnte man daran denken,
ditfa man reste aus einer zeit vor siub hätte, wo das ad-
jectivum sieb noch nicht in genus, numerus und casus
naeh seinem suhstantivuni richtete, aber da beide erscLei-
lliungen vorkommen und zwar nur sehr vereinzelt, eo ist
an eine so frühe periode nicht zu denken, sondern wir ha-
ben ungenau igkeiten des ausdrucks anzuerkennen, die bei
I alter, volksmäl'siger poesie wahrhch nichts erstaunliches
haben.
Wir kommen zu dem zweiten haupttbeil, dem
verbum.
Die Seiten 30— 05 enthalten reichhaltige trefl'liche
Bammlungrn ffir den gebrauch des intinitivs. Ich darf,
da ich diesem gebiet der grammatik einige aufmerksam-
keit zugewendet habe, versichern, dal's sie vollständiger
sind als alle froheren denselben stoff betreffenden. Frei-
lich sind auch auf diesen Seiten manche grammatische an-
sichten entwickelt, die schwerlich beifall finden werden,
und an manchen einzelaufstellungen wird man gogrüudeten
anstofa nehmen (z. b. bei dän), aber im ganzen genommen
hat der verf. sich durch diesen abschnitt seines buches
den aufrichtigen dank seiner fachgenosseu verdient.
Nach diesem erfreulichen Zwischenspiel gehen wir wie-
der au die arbeit des bezweifelns und widerlegens. L,
Bucht, um seine im eingang dieser anzeige geschilderte
theorie zu erhärten, zwei sätze zu erweisen:
1) der infinitiv wird wie das verbum finitum con-
strnirt,
2) das verb. fin. zeigt noch deutliche spuren der ent-
stehiing aus dem infinitiv.
Der beweis für den ersten satz findet sich §. 49, wozu
man die bemerkiing aus §. 50 nehme, dafa die anwendung
des Infinitivs, von der hier die rede ist, eine conjunctivisch-
injperativische sei. Es handelt sich nämlich um einen
ähnlichen gebrauch wie den des inf. pro imp. im griechi-
schen, nur dafs die auiforderung sich nicht blofs an eine
334
Dfllbrück
zweite person richtet Wir könneu im deutschen solche
constructionen ganz wobi nachbiklcn, durch infinitive selbst,
oder durch Substantive. Unserem gef'öhl am nächsten liegt
es, weua die aufforderung au eine zweite pcreon gericlrtot
ist (vgl. d. zeitschr. XVIII, 103>, aber auch die wenduiig an
eine dritte person können wir infinitivisch nachbilden. Ein
vedisches beispiel bietet ein inf. auf -säni: tgänäm id djäiir
gürtävasur Igäuära bhrimir abhi prabhüaäni „dem opferer
mögen der gutspendende himniel und die erde beistehen"
(vgl. BR. V, 327). Man vergleiche damit Wendungen wie
„drei mann vortreten", die nur in einer anderen tonart ge-
sprochen ist. Bei Belbstaufforderungen (vergl. d. zeitschr.
a. a. o.) dagegen dürften wir besser subetantiva verwenden.
Statt „wir vFolIen Indra preisen" können wir nicht wohl
sagen „ Indra preisen ", aber „ preis dem Indra ". Dieser
gebrauch erklärt sich aus der gruiidbedeutung des Infini-
tivs, welcher, mag er nun dativ oder localis sein (vgl. den
loc. des Zieles, abl. loc. instr. s. 45), die richtung einer
baodlung nach einem punkte hin bezeichnet. Diese natur
macht den iuf. vor allem geeiguet, als ergänzung des ver-
bums zu dienen; es igt aber 'nicht unnatürlich, dafs auch
bisweilen die einfache angäbe der richtung als forderung
dient, was auch wir kennen in ausdrücken wie: nach
hause, zum essen etc. Au wen die aufforderung gerichtet
sei, ergiebt sich natürlich aus dem zusammenbange.
Durch diese erklärung aus der natur des inf. heraus
dürfte wohl alles auffallende der eracheinung beseitigt sein.
Ich kann aber diesen paragraplien nicht verlassen, ohne
darauf aufmerksam zu machen, dafs manche der von L.
hierher gestellten belege vielleicht eine ganz andere stelle
verdienen. In versen nämlich wie I, 129, 8: svajä' sk
risajädlijäi ja na upese aträi: ist eine form des verb. subst.
etwa sjät als verb. fin. zu ergänzen und an dies der inf.
anzulehnen. Es ist zu übersetzen: „das unglftck selbst sei
bestimmt zum untergange, das auf uns loskommt mit zau-
bergewalteo". Ftlr diese auffiassun^; scheinen mir stellen
wie VII, 34, 24 zu sprechen (vgl. d. zeitschr. XVIII, 9i).
Kndlicb ist noch einem mifsverständnils, welches sich
4
■
anzeige.
235
aus L.'s darstelluDg leicht orgeben könnte, vorziibeiigeu,
dem mifsverständnifs, als ob alle arten von infinilivcn Im-
perativisch gebraucht werden könnten. Es sind vieliiielir
nur die Infinitive auf -adhjfii und -saiii. L. führt freilich
8. 67 noch einige andere an, aber mit unrecht, nämlich den
vermeintlichen inf. dän, der von Roth s. v., wie mir scheint
überzeugend, auf ganz andere weise gedeutet ist, und ävi-
tave in VII, 33, 1: na me dürÄd ävitavij väsidthü:. Die-
sen vers hatte Roth zur lit. und geech. des Veda s. 88
übersetzt: „mögen sie nicht von meiner thüre weichen"
(wo er ^ ich wci/a nicht woranf gestützt — dvärfit statt
dflrät las); er hat aber diese Übersetzung längst corrigirt
(P. W. I 465) in; „avögen die Vasiötha nie fern von mir
sein, um mir gQtlich zu thun". Ich führe diesen sachver
halt an um zu zeigen, daj'g auch andere auf L.'s auffas-
suugen gekommen sind, aber sie bei näherer öberlegung
wieder aufgegeben haben.
Es bleibt also als resultat nur dies, dafs Infinitive
auf -adhjäi und -sani Imperativisch gebraucht werden kön-
nen, und zwar in etwas umfassenderer anwendung, als im
griechischen.
2) Nach Ludwig haben, wie oben gesagt ist, die en-
duugen mi si ti ihre beziebung zu einer bestimmten person
nicht von anfang an, sondern erst im lauf der zeit bekom-
men. Als feld der beweisführung dienen hauptsächlich die
roedialsuffixe, von denen ein rückschhil's auf die aetivsuf-
fixe gemacht wird.
Es kommt zuerst zur behandlung das ßuffix -se, hin-
sichtlich dessen behauptet wird, dafa es zwar schon im
veda die feste beziehung zur zweiten person habe, aber
;iuch noch die erste und dritte person bezeichne. Für ilie
erste person ist der beweis versucht im §. 54. Der inhalt
dieses paragraphen scheint mir sich dahin resumiren zu
lassen, dafs (was übrigens auch von andern gelegentlich
anerkannt worden ist) im veda die formen stuäe grnlse
punise arKase riigase im sinne der ersten person vorkon»-
Djen (für einige formen, die L. noch hinzufügt, scheint mir
der beweis nicht erbracht). Ob nun aber Ludwig recht
S36
DelbrOck
hat, das b dieser formea zum suffix zu ziehen, ist eine
andere frage. BR. betrachtpn rugase ala conj, aor., thei-
]eu also nigas-e, Scherer (Z. G. D. S. 349) wirft die frage
auf, ob in grnlae und puulse nicht das s der würze! as
angehöre Ich weirs mit den fraglichen formen nichts an-
zufangen, finde aber nöthig zu betonen, dafs man nicht
sicher zu sagen weifs, ob das si in ihnen zum suffix ge-
höre oder nicht, Folglich dürfen sie nicht in der weise
benutzt werden, wie L. 68 tbnt.
Das suffix -ae soll ferner im sinne der dritten persoo
stehen, was §. 55 erweisen soll. Ich gehe zuerst die stellen
durch, die L. nicht richtig aufgefafst hat:
I, 128, tJ: vipvasuicT id isudhjate devatra hävjam ohise
beifst: „für jeden bittenden bringst du das opfer zu den
göttern". Diese worte bilden die einzige anrede an Agni,
in einem hymnus von acht versen, in dem sonst nur etwas
von Agni ausgesagt wird L. stellt flugs seinen schon von
den casus her bekannten paralleltsmus her, demzufolge
ühise 3. sing, sein soll, und doch ist im veda der Wechsel
zwischen anrede und aussage sehr häufig.
V, 35, 4: vfää hj äsi rädhase gagnise vfsni te päva:
wiifste ich nicht anders zu Clbersetzen als: «ein Spender
bist du, zum reichthuin bist du geboreu, spendend ist deine
kraft«.
Sonst wird noch tatniSe, etusfi, krse, g5jiäe als dritte
person gefafst, doch nur zweifelnd, uud mit hindeutung
auf die richtige auffaesung, so dafs ich nicht nÖthig habe,
diese noch besonders zur geltung zu bringen. Dafs dhiäe
nicht gleich dhire ist, folgt aus der richtigen Übersetzung
hei BoIIensen zeitachr. d. d. morgenl. ges. XXII, 596. Ganz
wunderlich ist die behauptung V. S. XII, 49 sei ülHäe =
akire. Das behauptet allerdings der commentar, aber L.
hätte sich lieber nach dem comm. zu Rv. lll, 22, 3 rich-
ten sollen, wo die stelle ebenfalls steht, und erklärt wird:
samavetän karösi. Der neue satz beginnt mit dhisnjä.
Nunmehr bleiben aufser IV, 43, 7, das mir nicht klar
ist, nur noch einige stellen übrig, in denen karkröfe vor-
kommt. Dafs diese form 3. sing, ist, kann nicht bezwei-
•Bseige.
237
Mt werden, BR. unter 2 kar meinen, Karkrse scheine als
3. sing. med. zum intensiven stamm von kar gezogen wer-
den zu mftsseu. Die moglithkfit, dafs das 8 stammliaft
sei, ist durchaus nicht ausgeschlossen, es gilt also von
karkröö dasselbe, wie von puDlse etc. Somit bleibt es,
was -se betriffl, beim alten.
Nach der endung -s6 kommt die endung -e zur ver-
nrtheilung. Von ihr ist bekannt, dafs sie im veda auch
für die 3- sing, praes. (nicht biol's perf.) vorkommt, wofür
§. 56 beispiele giebt. L. hält es ferner für wahrschein-
lich {§. 57), dafs -e für die zweite pers. sing, stehe, führt
aber die beispiele dafür doch nicht mit „absoluter gewifs-
heit" an, so dafs auch wir nicht nöthig haben, uns auf
eine Widerlegung seiner annähme einzulassen. In §. 58
wird weiter die frage erörtert, ob -e nicht bisweilen die
zweite oder dritte dualis bezeichnet. Es handelt sich um
einige schwierige und dunkle stellen, die ich wenigstens
nicht sicher verstehe. Wenn L, sie versteht, so würde
er sich durch ihre übersetsfung und Interpretation dank
erwerben. Was tuügäte för den gebrauch des sufßxes -e
beweisen soll, ist mir duukel geblieben. Irgend eine fol-
gerung für den gebrauch des sufBxes -e vermag ich aus
dem von L. beigebrachten material nicht zu ziehen. End-
lich soll -e auch noch im sinne der 3. plur. stehen ( der
abschnitt, der hierüber handelt, ist vermuthlich durch ein
verseben beim druck auf Seite 81 statt 78 geratheu).
V, 39, 3: mä'histhä vö maghönä nigfinä karäanlndra
Indram üpa präpastajö pürvibhir guguäe gira: liier soll
guguse 3. plur. sein. Wie L. gira; auffafst, weifs ich nicht.
Mir scheint die folgende auffassung die nothwendige: üpa
gehört nicht zn guguse, sondern es ist ein verbum zu er-
gänzen, weicher art lehren stellen wie I, 74, 6: /i ka va-
häsi taii ihä dev;iii i'ipa pn'ipastaje. Es ist also auch hier
vah oder hvä oder ähnliches zu suppliren, und zu über-
setzen: ^rufl den freigebigsten hcrren, den könig der men-
schen heran zum preise". In dem folgenden satz ist gu-
guäe 3. sing. perf. „er findet freude". Der gegenständ,
woran er freude findet, steht im acc. wie so of\: gira: „an
838
Delbrück
eurpn Ir'pdera" ; bleibt noch pürvlbhi: „um der vielen wil-
len" uämlich lieder, die ihr schon gesuugen habt (viel-
leicht wird aber pQrvlbbi: besser zu pürvjn ge/.ogen, was
hier gleicbgiltig ist). Ein Säuger richtet au seine genos-
seu die aufForderung: „ruft deu Indra heran", und macht
ihnen muth durch die Versicherung „glaubt mir, er findet
freude an euren liedern um der vielen willen, die ihr schon
gesungen habt ",
I, 142, 5 sehe ich keinen grund, warum vrngS nicht
1. pers. sing, sein soll. Das voraufgehende part. fungirt
als verb. fio.
Val. IX, 3 giebt allerdings keinen sinn. Vielleicht
ist dadhire statt dadrpe zu losen.
VIII, f)5j 1 halte ich huve für 1. sing, gäjantas ist
a[>})08ition zu dem zu ergänzenden „rufet".
VIII, 12, 24 ist auch L. nicht ganz sieher.
Es ergiebt sich also auch für -6, dafs dieses suffix,
wie längst bekannt, für erste und dritte person gebraucht
wird, und ich sehe trotz des spottes, den L. Ober diese
ansieht aiisgielseu möchte, noch immer die auskunft als
die natürliche an, dafs -e als Vertreter der ersteu persou
vor sich eiu m , als Vertreter der dritten vor sich ein t
eingebüfst hat.
Für -te weil's L. selbst nur die beziehung auf die
dritte person zu belegen.
Die bescheidenen versuche (§. 62) auch für das acti-
vura eine ähnliche „enallage" nachzuweisen, bedürfen kei-
ner ausführlichen besprechung. Es wird sich, soweit ich
die vediachen verbalformen übersehe, nur ergeben, dafs
bisweilen ans dem t in den historischen temporibus ein s
geworden ist.
Der folgende theil des buches ist für uns von gerin-
gerem Interesse, Er beschäftigt sich mit allerhand fragen
der formeulehre, namentlich dem unterschied der a- und
uicht-a-conjugation, welche fast sämmtlich durch die Zu-
rückweisung der bisher besprochenen ansichten erledigt
werden. Auch über bildung und bedeutung der modi wer-
den allerhaud aasichten geäufsert, auf die ich um so we-
I
anzeige. 289
Diger eingehen mag, als ich mich in meiner scbrifl Ober
den gebrauch des conj. und opt. so eben ansflihrlich dar-
flber ausgesprochen habe.
Ich könnte somit, nachdem, wie ich hoffe, die aufs tel-
lungen des herrn verf. sowohl auf nominalem wie
auf verbalem gebiete als unbegründet erwiesen
worden sind, diese anzeige beschliefsen, wenn mir nicht
noch die pfiiicht obläge, gegen den ton seiner polemik ent-
schiedene Verwahrung einzulegen. Diese polemik richtet sich
sowohl gegen die anhänger der sogenannten agglutinations-
theorie überhaupt, als besonders gegen Schleicher. Das
tadelnswerthe an ihr ist nicht nur der ton, sondern vor allen
dingen der umstand, dafs L. seine gegner nur sehr mangel-
haft kennt. Man urtheile, ob folgende vorwürfe gegen die
moderne Sprachwissenschaft irgendwie berechtigt sind:
S. 16 ... »dafs sie im wesentlichen nicht dem begriffe
entsprechen, den man uns an die flezion zu knüpfen
gelehrt hat, dem einer willkürlichen absicht-
lichen bildung''. Als ob es nicht gerade ein haupt-
verdienst der modernen Sprachforschung wäre, den ge-
danken einer willkürlichen Schöpfung der spräche überall
bekämpft zu haben!
Mehrfach wird der neueren ipethode abgesprochen,
dafs sie eine historische sei, so:. „Zu einer wirklichen ent-
wickluDgsgeschichte unseres sprachstaromes kann es na-
türlich auf diese weise nicht kommen, denn alles hat ein
ende, auch die nach gegenwärtiger Vorstellung frei meteor-
steinartig vagierenden sufßxe" etc. (84). „Und so ist das
verhältnifs von Infinitiv zu particip aufzufassen, worüber,
so viel wir wissen, nicht unrichtige, sondern gar keine
Vorstellungen bestehen" (46).
Die Boppsche ansieht Ober das suf&x -tar begeistert
L. zu folgendem ausrnf: „wir verpflichten uns, wenn es
darauf ankommt, alles in dieser weise zu erklären, tief-
sinnig philosophisch, oder natural istisck* materialistisch, ja
auch witzig und zwar in kürzester frist". Mir scheinen
derartige witze unwürdig.
Aehnliche belege, aus denen die unbekanntschaft L.'s
S40
DtlbrUck, anzeige.
mit den arbeiten anderer sprachforacher hervorgeht, lie-
fsen sich häufen. Es ist evident, dafs er weder Ciirtius'
Chronologie noch irgend etwas von Steinthal aufmerksam
gelesen bat, wenn ihm diese bQcher überhaupt vor aimen
gekommen sind.
Am gröbsten ist seiue spräche Schleicher gegenüber.
^Schleicher scheint leider nicht geahnt zu haben, dafs
man pbilosophie iiud philosophisches gerede von herzen
hassen und doch selbst auf dem gebiete der eprachfor-
schnng grofsen uasinn reden kann ja selbst philosophischen
unsinu!" „Seine tendenziösen beetrebungen haben die
falsche richtuog der wisseuschaft iu ein extrem getrieben,
das mit der nicht zu verkennenden resultatlosigkeit in
einem contrast steht, der denn doch nicht zu leugnen ist."
Selbst an Schleichers naturwissenschaftlichen kenntnisaen,
die nach dem urtheil competenter naturforscher sehr bedeu-
tend waren, wird gezweifelt. Mir scheinen ao hochfah-
rende äulserungen gegen einen grofsen todten nicht nur
sehr unziemlich, sondern auch für herrn prof. Ludwig sehr
gefährlich , denn sie fordern eine vergleichung seiner Ver-
dienste mit denen Schleichers heraus, und man kann sich
docii nicht verhehlen, dafs Ladwig bei dieser gelegenheit
eine nicht eben gloriose rolle spielen mufs.
Jena, Januar 1871. B. Delbrück.
Suum cuiqiie.
Zur gesc'bichte der Sprachforschung.
Bugge bemerkt in seiuein aufsatz über den Ursprung
der tat. Suffixe clo, culo, cro u. s. w. (XX, 135): Ebel
war meines wisseus der erste, welcher (in d. zeitschr. XIII,
296, erschienen |Hli4) die vermnthung äufserte: „Vielleicht
sind lat. -cruro und -dum nichts als euphonische Verwand-
lungen aus -trum und -tlura". Er bemerkt alsdann:
„Dieselbe mcinung wurde von Leo Meyer (vergl. gramm.
II, 356 ff.) bestimmter ausgesprochen". Dieser führt aber,
wenn auch nicht ganz doch ziemlich deutlich, diese Zusam-
menstellung auf Benfey zurück und in der tbat hat dieser
sie mit voller bostimmtheit schon sechs jähre vor Ebel in
den Güttinger gelehrten anzeigen 1858 s. 1629 gegeben.
Wenn sie also nicht vor dieser zeit von einem andern ver-
Offeatlicht, so wird sie wohl ßenfey zuzusprechen sein.
Schttcliardt, albuiucbM und romanisches.
241
Albanisches und romanisches.
Zu MikloBicb's albanischen forscbungcn *).
Schon seit geraumer zeit widmet der meister der sla-
wisolien Sprachwissenschaft auch den nicht-slawischen spra-
chen der Balkanhalbinsel eine besondere theilnabme, zu-
nächst allerdings, uin aus ihnen die slawischen bestand-
thejle auszuscheiden. Diese anfgabe ist zuerst für das ru-
mänische (18G1), dann für das nengrieehische (1 670)« und
zuletzt für das albanische in dem ersten hefte der alban.
forschuiigen gelöst worden. Es enthält dieses lieft vier
einleitende capitelj Übersichten über die wohngitze des al-
banischen Volkes, die quellen unserer kenntnifs der alban.
spräche, die laute der alban. spräche und die verschiede-
nen bezeicbnungsweiscn dieser laute. Unter den letzteren
vermissen wir die Caraarda's, welcher doch, hauptsächlich
durch einführung der griechischen zeichen »/, g und (), daa
Hahn'sche aiphabet nicht unwesentlich abgeändert hat.
Gegen das umschreibungssystem des Verfassers haben wir
nichts einzuwenden; 1', k', wie aus typographischen grün-
den für 1', li (analog g, n) geschrieben wird, sind freilich
etwas zweideutige zeichen. In bezug auf die empfönglieh-
keit dem slawischen gegenüber hält sich das albanische in
der mitte zwischen dem fast widerstandslosen rutnänisch
und dem spröden griechisch. Die Sammlung M.'s umfafst
etwas über 300 numraern; doch ist in vielen fallen die
Verwandtschaft des alban. mit dem slaw. worte entweder
Oberhaupt zweifelhaft oder als derartige, wie sie hier al-
lein in betracht kommt, und sind solche gleichnngen, wie
geg. mömme, mutter") = serb. bulg. raoma, mädchen,
*) I. Die Biarischen Blemeute im albaiiigclii™. Wien 1870. 38 s.
II. Die rnmanisclien elemctito im albuiiischen. Wien 1871. 48 g.
lil. Dia form entlehnter verba im nlbnnischen anil einigen nnieren
sprachen. Wien 1871. 9 a. (SeparatabdrlJckp nna dem XIX. und XX. bd. der
denk.schr. der ph.-hist. kl. d. wicn. ak,).
**) Wenigstena bütt« M. , indem er Camarda citirt, auch die andere
von diesem angegebene bedeuttmg „soiella maggiore" beisetzen Hollen. —
Da ich im folgenden mich hauptstlchtich auf Hahn aUltze und daher die
Zeltachr. f. vgl. sprochf. XX. 4. Jß
S42
Sehnohnrdt
wohl zu streicben. Geg. plotske, Steinplatte, runde höl-
zerne flaschc, stellt M. zu serb. plo6a, platte; aber in
der zweiten bedeutiing, welche speziell bcratinisch (aleo
niclit i^piTfisi;!), sondern toskiscb) ist, gehört jenes wort zu
serb. ploska u. s. w., Hasche, Jiuf welches M. die sl. el.
im rum. s. ^56 und die fromdw. in den sl. spr. s. IlSb*)^
iudem er p locke und ploske schreibt, iu der that be-
zieht. Fast noch hesser als mit serb. lokma, lokva,
friistum carnis stimmt geg. lokme, tosk. lötnke, stÜck,
Scheibe, wurfstein mit arah. ^mäI, buccea, bohis, buccella.
Da die feststcliung der slaw. demente im albanischen mit
derjenigen der romanischen (unter denen wir mit M. die
lateinischen und italienischen verstehen) auf's innigste zusam-
menhängt, so hat sich M, auch dieser arbeit in dankens-
werthester weise unterzogen. Mit grofsem schari'sinn und
fleifs weist er fiber 900 romanische entlehuungen nach.
In das albanische aber sind romanische Wörter nicht allein
zu sehr verschiedener zeit, sondern auch auf sehr verschie-
denartigem wege eingedrungen, besonders auf dem zwei-
4
toskische als die hauptinnndart betrachte , so erspare icli mir es, Oberall
„H." und „tosli." bciziiftlgen. Rossi, dem das ^egiache zur grundlage
dient, citire ich mit »K.", Camarda mit „CBm." u. s. vr.
♦) Einige beiuerkiuigen, die sieb mir beim diirchblttttem dieses mit be-
nrnndeniswerthcr gclebrsanikeit ausgearbeiteten Verzeichnisses aiifdrüngteTi,
mö|;en hier iliren platz finden. S. 79a -wird in serb. brace, •weiutreber
mhd. brntsche, grilne Bcbale der nit^ine und hUI<icnfi'auhle, vergUcheu;
besser wohl iväro deuts<L'Ltirol. brdüchle t. br.isc b li'lt , in illtcrer spräche
prastlat, wUlachtirol. brascii, die in den kufen gemosteten trauben (Schnel-
ler die rem. volksmiind. in SUdtirol I, 122) genannt wurden, das mit jenem
uuch in Tirol beltonnlen brat»che (tu Mcrnn pratsche, die oberste grUno
schale der nUsse, obw.-iliurw. paratscha, dass.; vgl. obw.-churw. palc-
tscha, engad. plotseha, bäuteben, frucht^vhalo von pitxl, pell = pei-
us, und deatächtir. bläschc, liUlseufrucht, domleschg. blcuscha, IiUIsk
der erbsen u. 9. w.) unverwandt zu sein scheint. Ich erwähne «och geg.
bersi, wein- und öltrcatcr. — S. 7Dh wird poln. bryndza u. n. w., brin-
senkilac, das [tih aus Kum ala Bbriiizo kenne, ala ein dunkles ^rort be-
zeichnet; bejeutet e^ denn nicht Brieiizcr kiUe? — S. 103b wUre zu serb.
kuljen, baueli, kulcnica, wurst = culeus, xoJl;(i{ alb. kole', warst,
zu vergleichen gewesen, mag man dieses von xo/Lj/v oder mit Camarda
II, 207, der es durch „satame", „prosciutto'' wiedergibt, von xwAk ablei-
ten. — S. 120b dilrfle krönt, prud, vortheil (davon kroat. serb. nenelov.
pruditi, nützen) eher anf da» gleichbedeutende it. prodti {«. Diez at. wb.
1^,333 fg.), ala auf nhd. t'ruoti, klugheit zurückgehen.
alhani.it^heB und Mmiuiisclics.
243
fachen umwege durch das slawische und durch dag neu-
griechische. Es laCst sich dies ineietens durch die art der
Jaiitbehaadliing bestimmen; indessen können wir i ^ e,
welches ja euch vulyärlateinisch war, in kandll = can-
dela (vergl. span. candil) u. a. nicht für einen gültigen
zeugen grici^hischer Vermittlung halten. Nicht selten übri-
gens findet sich im albanischen dasselbe romanische wort
in reinerer und daneben in slawisirtcr oder gräcisirter form.
So förderlich die anordnung der romanischen elemente
nach verschiedenen kategorien für die knltiirgescbichte des
albanischen volkea, deren quellen ja so dürftig fliefscn, sein
würde, so verzichten wir doch hier darauf, um den rein
linguistischen Standpunkt nicht zu verlassen. Das slawi-
sche ver/.cichnifa, welches die roman. -slawischen elemente
mit dem romanischen verzeicbnifs gemein hat, scheint uns
einigerniafsen vor diesem bevorzugt zu sein. Zunächst
könnten einige doppelt angeführte Wörter, wie büal (bu-
balua; bulg. bivol)*), geg. rrfke (radice; serbisch
rdakva), an jener stelle fehlen. Andere sind aus dem
ersten verzeicbnifs geradezu in das zweite zu versetzen;
so klötskß**}, gluckhenne, welches wie das gleichbedeu-
tende geg. skjuk(3 ?,n it. chioccia, rum. cloce, nicht zu
serb. kvDcka gehört, und kukuväta R-, wozu noch ku-
kumatäe, kukumjätäe, kukumjatäke H. und kuku-
väj R. kukuväike H. (wegen -kc und -kö s. die vor-
hergeh, aum.) zu fügen sind, welches das it. coccoveg-
gia (neap. coccovaja), enle, nicht das serb. kukavica,
Itukuk, ist. Diesem letzton entspricht allerdings kuka-
vitsö R., da Rossi cuccuveggia merkwürdigerweise im
sinne von cuculo nimmt. Noch andere Wörter hätten we-
nigstens auch im zweiten verzeicbnifs platz finden sollen,
•) Da bi]baln<i sein« bedcutung „bUffel" wobl in folge des miklangs
an bog, bovis erhalten hat, 8<i ist die cnUehnnng dieses wertes tinrch die
Slawen, in betreff deren M. zwcifel Unfsc^rle, anm mindesten .sehr ■wahrsrhein-
lieh; 8. Hehn, cuUurplJanzen nnd h,iu3thipre, s. 4ö0 fg.
••) Die eailung -kH ist albanisch und weit hfinfiger, als die von Ca-
marda I, 164 angeführten beispiele vermuthen lassen; vgl. ss. b. geg. tsäfkä.
möve, tse'fkä, deckblattcr des maiskolbens (wohl von geg. tSCf, ich ver-
stecke). Ueber -ak, -ok als endong mfinnlieher thicre s. unten s. 244.
16*
344
Schocbardt
80 ph\ske = aerb. pljuske pl. blatten, wegen pustula
(vgl. riim. pusche ^ mlat. puatella); ist das slawische
wort wirklich ein echtslawisehes? Für ein solches halte
ich serb. bulg. sito, sieb, da ea allgemeiti slawisch ist
und Bicb dazu auch magyar. szita, lit. setas, lett. sIte
stellen (b, Diefenbach goth. wb. II, 205), und glaube daher,
dafa Site, geg. set€, drabt- und haarsieb, mit recht da-
von hergeleitet wird, da griech. gt]&&i}'j sieben, ferner
liegt. De Cihac bezieht zwar trotz dieser slawischen for-
men rum. sitii mit Diez et. wb. 1% 396 auf lat, seta, aber
gemeinromaniscb hat nur die ableitung setaceuni fmlat.)
die bedeutnng „sieb", und auch die gleichuug norm. (Guer-
nesey) set, (Bayeux) set, sieb = seta erregt mir deshalb
bedenken; wie steht es hier mit der lautbarkeit des t?
kann man, wenn auch nicht an fr. sas, etwa an ein ger-
manisches wort (sieb — seihen — siebten) denken?
Sit 6s, geg. ees, ich siebe, läfst sich übrigens aus dena
bauptwort site, setS nicht ohne Schwierigkeit erklären.
Purteke, gerte, führe ich unbedenklich auf lat. pertica
zurück, da, wovon wir noch reden werden, u nach la-
biales begünstigt wird und die ableitungssilbe -ic- den
accent auf sich zu ziehen pflegt; in den nebenformen pru-
teke Bogdan und prutk R. sehe ich nur anlehnung au
serb. prot, dass., ebenso wie in ätr^zS E., d achtraufe =
stiricidium an serb. streha, dachvorsprung (s. lit. oen-
tralbl. 18T0 s. 1336}. Zu habe Keinh., tante = serb.
baba, alte vgl. friaul. habe, rura. babS, hebearame, alte;
zu distäbe Leake, Kaball. ^ serb. zaba, neugriech.£at(;r«:
friaul. save, span. sapo, welche alle kröte oder froscb
bedeuten (vgl. altgr. ai'jW, alb. ^api, geg. zapl, eidechse);
zu fite, geg. pÄtö, gans, patök*), gänaerich = serb.
patka, ente, patak, enterich : sp. pata, gana ; zu rosse,
ente (rossäk*), enterich) = serb. raca, magyar. rece,
*) Tat die eadung -dk, -i<k in rossak, pattik slairiscli? Sie scheint
ea in iwei anderen bezeichnnngen männlicher thicrc: matsitk ^ serb.
macak, kater (vgl. rnm. m fl tök, alier makodornm. raatsoku), pöitKiik,
bock (M. vergleicht serb. prcevina, bocksge^tHuk). Doch sonst wird sie
sehr hänfig in einheimiachen ableitungen verwandt, i. h. bernC. mallj'^k,
bergbewohner (spitznamo der Gegen, von mallj, berg), vjejgidk, die-
bisch (von vj5^, ich stehle).
albauiscliea nnd romanische«.
245
ructt': ruiQ. racg, friaul. ratze dass. Hierbei ist zu be-
denken, dafs manches wort, welches das albanische mit
den nordüstliclisteu roiuaniscben und den südslawischen
muadarten tbeilt, dem attalbaniscbeu selbst oder irgend
einer ausgestorbenen spräche seiner nachbarscbaft ange-
hört haben mag. Kommt ngriech. ßcelTvj, rnm. baltS
vom alb. balt, schlämm (Mikl. wieii. sitziingsber. LXIII,
539), warum nicht auch das gleichbedeutende lomb. palta,
deaseu ableitung pantano sich freilich weit verbreitet?
Vom aerb. greben leitet M. (a. a, o. 8- 543} ngr. -/Qifji-
na%'ot; her, wozu, wenn nicht alb. greminc, gremi, so
doch friaul. venez. grebano gehört (fels, abhaog); Diez
etym. wb. IP, 37 bringt freilich letzteres mit it. greppo
(auch im churw,, und in franz. und deutschen alpenmund-
arten) in Zusammenhang und dieses wiederum mit dem
crap in mittelrom. und oberit. diall. '), dessen friaul. form
clapp ihm als gute stütze für seine ableitung von ahd.
klöp hätte dienen könnea und welches dem alb. krep R.
{b. 57), abhang (vgl. skrep li. 8. 297, dass.) entspricht.
Das friaul. criure, kälte, steht dem alb. ngrij, geg.
ngri H. , nkrij R., ich friere, näher als «lern agriech-
KQvog**). Aus den verschiedenen quellen sind die oft
sehr stark von einander abweichenden formen sorgfältig
zusammengestellt; doch vermisse ich nicht selten den be-
leg gerade aus der nächstliegenden quelle (so wird z. b.
unter cicada keine form ans liahn und Rossi und unter
gl ans aus Blatichus und Rossi lende, aber nicht aus
Hahn Ijende angeführt). Sogar einiges wesentliche bleibt
nachzutragen; zu cera : tsir R. , kerze,- zu eerrus :
tsarr R., buche; zu graffio, grampa, grappa: grcp
H., haken, griff R. = it. io graffio; zu rotolo : ru-
kul6j H., ich rolle, it. -alb. rröljetS Cam., Wurfscheiben
*) Dafs im obTT.-chunr. crap und gripp (fwilirh oberengad. crip-
pel), stein tui(i fcla (adj, curpiis und grippus) iiel^iieijiuuder stelivn, ist
etwas auflilllig.
•*} Möcbte doch Mikloaich auth di-n ilawiscben beisa*/. des friauligchen
und den romanischen des slowcnUchc:!! und scrbiiichcn in Kärnthcn unti
Ifitrien abschätzen.
246
Sehuchardt
(vgL chiirw. ruclar, it. rollarc J; zu stringere : atn\nge
H., rum, strungg, pfercli (s!ov. serb. struga, magyar.
eaztrenga, dass., aber von M. , soviel ich sehe, weder
unter den rnm., noch unter den alb. fremdwörterii genannt,
während er daa mitteJgr. f? ryorj'«/ oder OTgoii'/at, fos-
sae, stagna, vivaria — rnm, strunge bedeutet auch „liach-
wehr* — auf altsl, struga, nslov. etruga, alveus aqiiae
u. 9. w, bezieht); zu vampa (altit. vapa, rum. vepaie) :
vÄpe H., bitze, von welchem unter der darauf folgenden
nummer, vapor, gesagt wird, dai's ea mit diesem werte
nicht zusammenzuhangea scheine; zu viaitare vielleicht;
vest([>j (auch veströj), ich betrachte. Die ital. bedeutiuig
von per = pro ist im albanischen die vorherrschende;
warum wird alao dafür nur per denare = pro pecunia
aus ßlanchua eitirt? Ueberdiea fällt per auch iu seiueru
Boustigen gebrauche mit lat. und it. per vielfach zusam-
men, z. b. per perüudine! bei gott! per liete piine,
wegen dieser sache. Noch manche romanische bezüge zur
erläuterung von form und hedeutung waren wünschens-
werth, z. b. zu alsive = lixivia ; engad. alachiva; zu
it.-alt). dzipün liada := giuppoue : kahibr. jippune; zu
geg. gr^stS, unreife ti*aube, von agreatis : friaul. greste,
dase.; zu kaAendiier K., jauuar, von caleudae : rum. c6-
rindar, dass.; zu kove, echöpfgefärs, von cavus; friaul.
phavor, milchgeachirr oder grödn. coana, schöpfgelte.
Zu dreikj = draco iu der bedeiitutig „teufel", obwohl
dieselbe christlich ist, mag doch neuprov, drac, teufel,
kobold, däuion angeführt werden; denn hier gibt es nicht
nur böse, sondern auch gute dracs und sind dies offen-
bar heidnische reminisceuzen. Allerdings zeigt die form
kolumbri R., turteltuubc, dals geg. kumri (nicht kurmi,
wie M. hat) H., laehtaube von lat. oolumba herkommt;
immerhin war türk. ,cr'l?' qumry, turteltaube, das also
entlehnt sein muis, zu vergleichen. Einige etymologien
möchten wir, ohne aus dem romanischen herauszutreten,
dnrch andere cröetzen; fio it.-alb. jikul liada, pfeil ^ ia-
culum (anl. i ist auch in ieiunium abgefalleu), nicht =
aoüleus, wenn wir es nicht von einer einheimischen wur-
zeT all ableiten wolleu, wodurch sich aiu-li äkul, eis (und
kaltj als ilaa stechende erklären würde; küdere, ambofs
= it. incüdiiio, nicht vom vb. cudore (dazu noch geg.
kiu'/ H. kuA 11. = i neu de); kuljete, beutel, hodfusack
voQ culeus = coleiis, uiiiht it. colletta; pertöj, geg.
(uicht tosk., wie M. hat) purtoj, ich faulenze (wozu noch
pritoj li.) ^^ pigritor, nicht = pertaedet*); rrifp
(wozu noth geg. rrüp H.) eher = rupes (im sinn von
it. dirupo), als ^ ripa; tüvle, thönernc wasserröhre
stimmt zwar lautlich vollkommen mit geg, tül6, inakedo-
rum. bulg. tuvle, neugricch. TovßXoi', backstein = te-
gula^ iat aber des siiiucs halber beastr zu tubuluB zu
ziehen; uröj, ich wünsche glück, wie rum. ur (inf. urä;
vgl. it. iiria Vorbedeutung Diez etym. wb. I", 39) = au-
guro, nicht ^ oro; vorf'cn R., waise ^ orphanus,
nicht von verp = orbus („gegen die Zusammenstellung
von vörfeu mit uutfavui^ ecbeint der acceat zu sprechen"
M. — ?). Von it. sprone mag wohl .«jpron K. , sporn
herrühren: aber die gewöhnlichere form äpör Blanch.,
spor R. steht dem ahd. nom. sporo näher, der sich zwar
im span. und portug. findet, aus ital. muudarten aber mir
nicht erinnerlich ist. Fand diese form etwa von norden
her eingang, wie stäp = serb. bulg. stap = ahd. stab?
Ein it. wort cbcsa ist mir unbekannt; vielmehr ist das
darauf bezogene it.-alb. keztj Rada, weibliche knpffracht,
als unübersetzbar in ital. Übertragungen steheii geblifben
(keza z, I). Camarda II, IIb. 1,9). Dieses keze achliefst
sich vielleicht an kesulje, haube, au, welches man auch
im sizil. Wörterbuch als cäjula, kopfschumck dt?r albau.
frauen, wiederßndet und welches M. mit span. easulla
und rum. ccciule verbindet; zum ruoi. w. gehört noch
geg. katsiiij, federkrone der vögel, auch vergleiche nuin
noch berat, katällj e, tragkörbchen, wegen der bedeutung
•) Merkwürdigerweise hat zu dieser ctymolüRie der uo gricclieiilVeuud-
liche Oiiaianla vcranlassnüg gegeben ; er orkeuut die venvaiitlUchaft von
pSrtdBö, faulhcit, mit portaeaus au (11, 145). M. Rtellt auch diese.'i
Substantiv vorun, obwohl es von pfirtdj verraittclüt der sehr gewöhnlichen
eodung liBt' (vgl. Camorda 1, 1S3| abgeleitet iat.
Z48
Scbncliardt
mit nslov. kosulja, geflochtener behälter für baseloflsse.
Magjü'p R., Zigeuner ist nicht kurzweg ^ mancipium,
Bondern = . '^. ■ zu setzen: ea hat sich geg. j e fk ,
berat, je ?jit = neiigr. yixfdoq, altgr. aiyvnrtog einge-
mischt. So heifiät serb. madjupak und jedjupak Zigeu-
ner. Eiue reibe von romaiuBchen ableituDgcn dürfteu ganz
zu beseitigen sein. Bei den meisten derselben äufsert zwar
M, selbst Zweifel, aber doch z. b. nicht bei koftö, ge-
schroteter Weizen = coctum (statt ^ agr. xotttov), geg.
pülänie s= palina (statt = agr. nu}.ü^}j\ livör (so
6mal; livore Imal) R., schote, hülse, schale, baunirinde
5= llber (vgl. Ij i votägc, (lovesge), vljeagß, geg. v5l-
jcitske, schale von eiern, fruchten, baumrinde), vätrS,
feuerheerd, auch im rumänischen und slawischen, ^atrium
u. 8. w. ; de'nter, bräutigam= gener, dem M. ein „zwei-
felhaft" beisetzt, kommt unzweifelhaft nicht von gener
her. Die so entstandene Ificke ist aber unschwer auszu-
füllen. Von weiteren alban. worteu, die mit mehr oder
weniger Wahrscheinlichkeit auf lat. stamme zurückgehen,
sind uns gegenwärtig:
bultSi, backeutasche = it. bolgia (von bulga, das
allerdings als gallischen Ursprungs bezeichnet wird),
egre, geg. eger, wild, roh, rauh = agrestis (und
acer?); die ableitungen gehen vom stamme egres-
aus i. b. egrSsüj, ich mache wild,
i^'ekere H., iVekiin R., roggen = secale; vergl. it.
segale und mm. secärS.
fer geg. (ferr R.), bölle ^ infernum (von M. II, 78.
86 beiläufig erwähnt),
gjelj, tosk. truthahn, geg. bahn (vergl. auch geg. gul,
habn) = gallo s (von M. II, 86 beiläufig erwähnt).
gjer siz.-alb, Cam., suppe ^ iure,
jennär, Januar (Habn gr. s. 111) ^ ianuarius.
jetii, leben, Jahrhundert, weit (bei R. =: eta) = aetas.
kerrÜB, kurriis, ich beuge, kerrüsem, zu Kavaja
(geg.) kerbfi'jem, ich 'beuge mich = curvo.
kjünkj, kü'ngje, tbönerne Wasserrohre stimmt zwar
albmiiBcfaefl und romantBches.
trefflich zu cuniculus, doch stammt es zutiäcbat
ton dem gleichbedeuteDden türk. Itöiig.
küke, köpf, hinterschädel ^ it. coccia, köpf, sard.
uonca, hirnsehale, ko[jf' (span. cogote, prov. co-
got, hinterkopf), welche Diez rtym. wb. 1=', 130 von
coücha ableitet j doch hat sich gewils auch coc-
cum dabei beiheiligt. k^fk§, hirngchädel, gehäuse
der schoeckeu, rauschelthicrc und Schildkröten, wel-
ches für *cauca stellt, wie k/ifsü für causa, wird
von Camarda I, 54 zu agr. xctvacikiov ^ ßavxci-
Xiov gezogen; icli möchte es als eine iiebenform
von koke betrachten, wäre nur au ;= o sonst er-
weislich.
kukj, roth = 'cocccus (vgl. kymr. coch u. s.w., dass. ;
churw. cotschen ». s. w., dass. ^ coccinuö).
kulumbri geg., ächleheubaum, schiebe, kümbulS H.,
küiüinul oder kümm»/. R., Pflaumenbaum, pflaume
von cohimba, wie ruin. porurab , porumbel, po-
rumbrel, schlehenbuaeh, porumbe, porumbre,
schiebe ^ palumbes, *palumbellus, 'palum-
bella*).
*) Kach der färbe der tauben (ruiii. poruiiibiu, taubenfarbig) werden
'benannt: nim. pnramb, mnis (von dem e» ein« bliiuUch-röthliche abart
gibt), it. p alomb ina, art Weintraube, palumbina, weictiaelkirBche, opan.
palominn, echwarzblaue weintraubcnart (De Cibac Dict. dVtym, daco-
roni. S. 213). Bei den alten wurden als taubenfarbig, coluinbinus, bezeichnet
cicer, saxum, terra, und, was man zum vorliereehendeu halte, vitis. Von
der pflaumfi sohi-inon die Enneb erger und Grödiiür den atiedmck für die
blaut: färbe entlehnt zu haben: bröin (fem. bBraa), brum, was weder zu
braun, noch zu blau pafat (Schneller, die rom. volk.=imund. in Sudtirol
I, 226). Iiu korniacheii Vokabular bei Zeusa Gr. Cclt. ' S. 1077 tiudcn ivir:
plumbus, plumbren. Sollte etwa palumbea au der furlbilduug von
prnuuä zu primm, prflmbla im charw. des Oberlandes und des Unter-
engadius und zu prume, plume, pflaume u. s. w. in den germanischen
mundartcn bethoiligt sein? Der ausfall des tonlosvo a zwischen p und l
(vgl. auch piuni, pluiii neben pelumb R. und die mittelalterliche sehrei-
bnng plumbua, -asl bat zahlreiche analogieii und findet sich gerade noch
in einem anderen pflaumennsmeti, nämliuh churw. ploga (unterecgad. pa-
luoga), kleine runde pikume, von Cariach sogar deutsch mit paloge
Obersetzt. I^it dica dasselbe, wie alt- und mundartlich franz. bloce, bla-
clie neben beloce, belosse u. s. w., kleine wilde pHaumenart? Oder ist
wiederum dies das engl, bullace, alt bullues, scbleho? Pietet les Aryas
J, 243 nnni. 2 sagt: „ Kotre mot belosse est d'origitic celtiqu«; cymr.
bwlas, armor. bolos, Irland, buloa, ers. buileas, qui aigniücnt petita
260
8<:liuckiirdt
kupetoj, iuh verstehe, begreife, entdecke = comp» to;
rum. ciimpüt, ich betrachte, erwäge, ermesse.
kür (bei K. kurr), wann?, wauu^quii borii (uburw.
cur u. e. w.}.
U"'U) g^o- 'j"ji ^^^ spiele ^ ludo für *ljöcliiaj (die
bedeutuug „ich tanze", wie beim rum. joc = iocor);
der staniui scheint mir erhalten zu sein in IjöB H,
it.-alh. Ijöze, löze Gam. (R. bat auch den inf. nie
lot), ich spiele. Am reinsten zeigt den stamm das
baiiptwort Ijodrü, spiel, das ich zwar nicht mit
Caiuarda 1, 1 ti2 als *lüz-tra, aber auch nicht als
ini'. ludere zu erklären wage. Rossi gibt für „spiel"
noch loj und für „spielen" das von lüdre abgelei-
tete lodröj.
mbülje geg., bodeii =s it- bolgia; vgl. oben bultai.
uiölcKc, der innere fleischige tbeil der fingerspitzeu au-
l'ser der des daumeus, von mollis; vgl. fr. mollet,
wade.
muria (pl. murizaj, auhwarzdorn von niarra; vgl. it.
mairuca, dorustraucb, zizyphus paliurus, rum. me-
reciune, durnstrauch, weilödoni (vielleicht auch lat.
marrubiuu), andorn),
uiurk, miirgg geg., bodensatz des öIs (auch adj,: dun-
kel, schwarz, grau) ^ amurca, it. luorchia (aber
z, 1k mail. morca). Es wundert mich, das wort
unter den alban, frenidwörtern (sowohl aus dem rom.
als aus dem sluw.) ielilen zu scheu, da es M. unter
den slaw. fremdwörtern mit kroat. inurka^ neugr.
uüVQya zusainmeustellt. Wegen der Übertragung
auf die färbe vergleiche mau die dort angeführten
Wörter; serb. murgast, coloris aumrcarii, kleinrusa.
uiurga, coloris subnigri humo.
paläutze, wage = it. bilancia (aber z. b. uail. ba-
lanza).
boale ", An der Ihat beil^utun nllc lUeae k(;kiscbi>ii ausdrücke , schiebe "
und wa.'j dio urhedeutuin; „UU'ine kiigal" atilun^^t, so knun man dazu vor-
jrleichcn Jus zu Arexzo [;<;ljrilUL-hlichi? balucio, mit tler schale gosuUene
castiinie (balocl aittih tastikelii), wofür iu audorn gegeuJfll Toskiuiii's bal-
lotta, ballottu gesagt wird.
n1baniiichi<B und romanisabes.
251
pljüliur, geg. pljühun, Btaub = pulvere.
piilkjer, dtT innere weiche ballen des obern diiuiiien-
gliedes (vgl. oben moleze), nacti Cam. auch daumcD,
= pollicaris; vgl. prov. polgar u. s. w., daumen.
reinöj, rumoj, ich wühle = rimor, rum. rtm.
rjep, ich ziehe aus, beraube = rapio, rum. röpesc.
rrHaj, ich rasire = rado, rum. rad, für "rredüaj;
resit R., ich radire, zeigt durch aeiue eadung sla-
wische vermitthing an.
ruS R., ruuzel, iat vielleicht = ruga; es hat wohl we-
der mit agr. j^it/l,-, noch mit fr. ride zu thun.
Sil mar, geg. so mar, tragsattel der sanmthifre = sa-
gmariuB, altsl. bulg. serb. kroat. eaiuar, äech. sou-
mar, rum. samar, makedunim. sumäru für sagma,
während sagniarius sonst laslthier heilst: rum.
segna ariu , it. somar o, fr. sommier, magyar. 8za-
mär, kleinruss. somar. Uuter den s!aw. Crenidwör-
tern und anderseits uuter den slaw. elcmenteu des
rum. verzeichnet M. dieses wort, aber nicht unter
den alban. fremdwörtern.
suiiduruiü geg., Schutzdach ^ subgrundium oder
snbgrunda (fr. severonde, altfr. souronde)?
Das albanische ist der stärksten Versetzungen lahig.
Äärk6, eine art wolleurock = serica, mlat. sarica,
fiarca, sarga, rum. sarice, span. sarco, altsl.
sraka, usJov. srajca aus sracica, Kleinruss. so-
rocka; in den romanischen sprachen wird meistens
ein Stoff, sarsche damit bezeichnet, so it. sergia,
fr. scrge (aber aavrau, sarcot, kittel = mlat. sa-
ricotium). Der artikel hei Diez etym. wb. P, 365
iöt zu vervüllstäudigeu.
äeä, geebneter ort, platz (öeööj, ich ebene) = sessus,
rum. äes, eben, ebene.
setüne, geg. k tun e U. (R. auch stund, atündje)*),
Sonnabend = (dies) Saturui.
*) Uebcr ud = nii, u s. M. II, 82. Das jotirto d ist auffällig; doch
darf tücht etwa an ein naubgcaeUteg dies i^educljt werdeu.
252
Schuchardt
ötrdme, strume, bett, lagcr = stramen, it. etraine,
fr. ^ t r e i u (alt e s t r a i n ).
äuljB', geg. suljä', soouealage ^ solare oder Sola-
rium.
urrej ^ horreo, rLim. uresc.
vä, fürt :^ vadum.
vSljöj, vljcj Cam. = valeo.
verri, wiuterweide == *hi berninum.
vi oll = it. violino.
vittöre, glück = victoria?
(vjej H., taane ^^ a biete; vergl. cliurw. viez = it.
abezzo.
Von fabiila leitet Ascoli Stud. crlt. II, 36 fjälje,
wort, rede, ab; aber das j nach dem f läfat sich schlech-
terdings nicht erklären. — Sollte niclit auch für jave,
Woche, ein lat, urspruDg zu vermitteln seiu? Mit aevum,
ebenso wie init goth. aivs, kann es nur urverwandt sein;
an engad. evna, eivua (obwald. jamma, emna) klingt
es nur an, dies ist aus hebdomas zusammengezogen. Da
gj auch sonst zu j vereinfacht wird, dürften wir vielleicht
an griech. <r«j^,'?«r« pl., woche, denken, wenn für ao späte
zelten die gleicbung gj s=e s gälte, die z. b. in gjarper,
Bchlange, gjäste, sechs, gj i für *gjin, busen (das nichts
mit fr. giron, noch lat. gyrua gemein hat) gilt*}. —
Wenn ich einst an die identität von supljäke, ohrfeige
mit altfr. soufflace = soufflet (vergl, spao. soplar)
dachte (vok. d. vulgärl. 111,48), so scheint mir jetzt die
forn\ tiplak K. die ursprünglichere und Verwandtschaft
mit plaga aDtiehmbar. — Ein anderer irrthutn sei bei
dieser gelegenheit berichtigt, nämlich der, dais sich geg.
akjctule, schulterblattknochen der schale und ziegen,
dann acbsel, achselgrube, durch Vermischung aus scapula
und spathula gebildet habe. Ebenso wenig aber befrie-
digt mich M.'s vermuthung, dafs ske-, skje- aus spa-
auf rein lautlichem wcge hervorgegangen sei (II, 62. 83. 86).
*) Ist auch gju'rinü, geg. g]&rnie, fursspar ^ altgr. öitfir,, so koiin
wohl die ableituDg des gloichbcdeutenden iu oriiia, rum. ulmC (davon vb.
urrnu, vilniii} von 6 a n ^ aufgegoben werden.
nlbrnii-^clte» unil roniflni.iches.
253
Ich erblicke vielmehr jetzt in skötiile das scutiila (pl.)
des Celsus im sinne von Schulterblatt. Ausdrücke für
„achulter" und „scLild" hangen auch in anderen sprachen
zusammen j so iu den germanischen und im kymrisclien;
hier ysgwydd, schulter, ysgwyd, ysgwydd, schild,
während bret, skoaz (körn, ecödh, alt ecuid) weiter
von skoed abliegt. E = u darf nicht als hindernits angese-
hen werden; vgl. z. b. it.-alb. kreakem Rada, von crusca.
Aus •sketulg (daneben sketnle) wurde skjetule, dar-
aus sgjetule Kaball., daraus sjetiile, daraus setule.
Fast ganz ebenso haben wir ffir Scabies: skebe ^£|. re-
TQci}'X., skjehe, sgi^be, zjebe, dzjebe. Den entgegenge-
setzten Vorgang könnte man vieHeicht in skjüfur, .skjüfur
^sulphur erblicken; aber iu einem vermittelnden *sji'i-
fur bleibt das eindringen des j vor u unbegreiflich. Die
makedorurn. form skJlifure zeigt uns, dafs 1 versetzt und
dann die Verbindung sl durch ein dazwischen gesetztes k
auf romanische, ursprünglich deutsche weise (Dicz gramm.
1% 315) erweitert wurde; ganz ebenso it. schiavo (geg.
äkja, Bulgare) ^ deutsch, sklave, mlat. sciavua (alb,
skläf) = Slavus.
Ferner begegnen wir im albanischen auJaer den von
M. beigebrachteu noch einer mcuge von Wörtern, welche
mit romanischen unlateinischer herkunft verwandt äind,
obwohl die art der Verwandtschaft bei vielen durchaus
dimkel ist. Es läfst sich indogermauischß gemeinschaft,
entlehnung des albanischen aus dem romanischen, entleh-
nung des romanischen aus dem altatbaniscben, entlehnung
des albanischen und des romanischen aus cinor dritten
spräche annehmen. Wir verzeichnen folgende parallelen.
berr, schaf - — engad. veltlin. bar, comask. bara, ba-
rinn, roraagn. berr, piem. bero, lotbr. ber, beura
u. s. w. ; vgl. Diez etym. wb. 1^,56.
brazim Ijapp., reif — friaul. brose, venez. brosa,
cimbr. brosaraa, reif (pruina).
breske, Schildkröte (davon geg. brcÄkezg, blattlaus,
eigentlich kleine Schildkröte) — rum. broasce, frosch,
kröte, Schildkröte, mlat. b ruscus, frosch (Papiae);
254
Schucbai-dt
es könnte eich dies zu trient. rosch, eliurw. lusc,
r 11 ose, kröte, verhalten, wie it. briisco u. s. w. zu
lat. rii sciiin, lirüstli, oder prov. brusc zu rusea,
rinde, jn mit letzterem worte identisch sein, da die
kröte auch sonst als „rinde" bezeichnet wird (Diez
et. wb, P, 91. II, 59. 129). Doch ist auch das deut-
sche f rosch u. a. w, zu erwägen.
biikljözS geg. H. , dem. von bükulii II,, wiesei —
norm, baconlette, wiesei. Im albanischen wort
aber liegt vielleicht bükiire, schön, zu gründe, da
dieses thier in vielen sprachen ^schönthier" heifst.
bürrg, mann, ehetnann — mlat. baro, it. barone u.s.w.,
mann, ehemann; s. Diez etym. wb.^ 1,55.
bflsk Cam., blak H., belaubter zweig, bieskfi R., ge-
hölz — it. boBco a. s.w.
dusk^ reisig, belaubtes gczweig — dasa u. s.w. in
oberit. mittelrom. stlddeutschen mundarten, zweige von
nadelholz (auch die nadeln oder die zapfen oder gar
die bäume selbst); s. Schneller die rom, volksmund.
in Sßdtir. I, 137. Man föge aus dem patois des
schweizer Jura hinzu : de, dez, menues branches de
sapin avec leurs feuilles und das ft»enfalls der franz.
Schweiz angehörige daille, piuua picea und pinus
silvestris (Bride!). *)
gargarä geg., das guigelu — span. gargara, dass.
(Diez etyra. wb." I, 201).
griudem, ich streite mich — friaul. grintä, sich er-
zürnen von grinte zorn fgrinta in derselben oder
ähnlicher bcdeutung auch mnudurtL-ital.).
lap geg., icti lecke wasser, fresse (wie hund und katze),
U^PU? g^o- U^Pi ^^^^ lecke — friaul. lapä locken,
slapä, lecken, frrssen, grodn. slivppc, schiürfr-n, fr.
laper: vgl. ky. Ileibio, bret. hipa, sklapa, engl,
lap, lecken, deutsch schlappen, läppen u. s. w.
Dicfeubach goth. wb, II, 2(38 fg.).
Ijope, kuh, findet sich in romau. und deutsch, alpcn-
*) LeUteres gehört duch wobl zu nlid. dahle, tlälile (piima silvestris),
Ober wolcUcs man Grarmuanii deutsche pflanzenn. b. 312 vergleiche. Aom. d. red.
nlljjiiiischp« (Hill romnniürhes.
255
rmiiidarteii wieder; s. HpIih knlturpflanzen und haiis-
Üiiere s. 'ADS.
pitsSrS geg., klelu — engad. pit sehen, it. piccino
u. 8. w. das9. ; e. vok. d. vulgär!. II, 203.
pijüar, pfhigschar — iiilat, plovnm, plodium, oberit.
mundartcii piö u. s. w., pfliig, pfliigscliar, im germ.
und slfiw. beimisch; „der Zweifel, ob das wort sla-
viseb, ist nicht beseitigt" M. Die fremd Wörter iu
den slnv. sprachen s. llSh.
sklepur Cam., skiepiin li., hinkend — mlat. clop-
pus, altfr. clop, dass. ; s. Diez etym. wb." II, 259fg.
stCuk, steugerö, schielend — it. stanco, link (von
M. II, M8 beiläufig erwähnt).
treve, weg. Wenn die bedeutiing dieses Wortes, die
Caniarda II, 107, besooders mit liinblick auf agr. rö/-
/Sog, nur konjizirt, sicher steht, so dürfen verglichen
werden: altfr. triege, prov. trieu, obw.-chnrw.
triiig, truich, oberhaJbst. trotg, engad. truoz,
wälscbtirol. troz, bormies, troci, poschiav. troeugg,
bresc. tros plnr. , vieent. trodi, trozzi plur.,
grödn. ampezz. troi, badiot. tru, friaulisch troj,
deutschtir. troi, troje, truje, gotscheeiseh troje,
kärnthn. truje, auch lleiiris. troi, buchenst, teriol,
weg, Steg (Schneller die roui. volksmund. in Südtirol
1,208. 257). Diez etym. wb.' II, 445 leitet die bei-
den erstgenannten Wörter aua tri vi um her, ich
möchte sie von den zahlreichen alpinen formen nicht
trennen; denn auch diese, wie Schneller thut, auf
das lat. wort beziehen, geht nicht au. Vielleicht ist
uns hier ein uraltes alpenwort erhalten.
tsitsö, weibliche brüst — it. zizza u. s. w., daas.; die
form sisc ist von M. I, 33 unter scrb. sisa gestellt.
Eine mittlere form ist ?9ii7. Ueber das weitverbrei-
tete wort p. Diefenbach goth. wb. II, f)08 fg,
vaj, klage, wehe — rum. vai, it. guai u. s. w.; auüh
germ., slaw., türk. u, s. w.
zur geg., wOrfel, jagdbuud, glück beim spiel — it. zara
wGrfelspiel, pasch.
S56
SchncbBrdt
Das verhältnifs des albanischen zum rumänischen be-
darf noch einer besonderen grüudlichon Untersuchung. Wir
dürfen uns einer solchen von de Cihac verschen, der in
seinem rum. etym. wb. (lat. elemeate) fleifs und fähigkeit
in bedeutendem mafse dargelegt und übrigens auch schon
für eines der hefte von Böhmer's „romanischen Studien"
vergleichende Studien über dakoromamsch und albanisch
angekündigt hat. Ein und das andere albanische wort mag
sieb übrigens doch schon unter die lateinischen demente
seines Wörterbuchs eingestohlen haben. So kann ich mich
nicht überzeugen, daJ's pürure = perpetuale ist; ich
vermuthe vielmehr Zusammenhang mit geg. por, tosk. po,
beständig adv. , auch ^gewils" und „aber" wie unser „ im-
merhin" rom. „tirttavia".
Abgesehen von den aufgezeichneten Wörtern beider
kategorien gibt Rosst noch viele andere aus dem italieni-
schen entlehnte, die M. nicht aufgenommen hat, wie cotte
= cotta, grinze = grinza, me tokiie = toccare,
ti'inlk ::= tunica u. s. w. Betrachtet M, diese Wörter als
nicht formlich eingebürgert, manche darunter vielleicht vom
padre auf eigene fanst in's albanische hineingetragen? Es
mag sein. Freilich entnimmt er ihm andere, die auch aus
den übrigen quellen nicht belegt werden, wie krem =
crema, skoj ^ scoglio. Wir haben von einer weite-
ren auslese romanischer elemente aus Rossi abstand ge-
nommen.
Das rom. vcrzeichnifs M.'s enthält viele Wörter, welche
nur dem italo-albanischen nugehören und welche zum theil
schon in ihrer form den süditalienischeu Ursprung verra-
then (wie vökolß, kjantöj, kjätse = südit. voccola,
chianto, chiazza = it. boccola, pianto, piazza).
Dieselben hätten aus Camarda beträchtlich vermehrt wer-
den können, z. h. bonnEsiuemen =s kalabr. abonisina,
in der that, furnönje = süd- und mittel it. forniaco
für finisco, hjüur = sizil. ciäuru (zu Girgenti jbäuru),
geruch. DaCa süsß, erheben (Camarda II, 192), falls es
nicht in Albanien selbst vorkommt, mit neap. aosere, sich
erheben, identisch ist (die formen alb. süau, neap. siise,
alliankclics mid rommiiBchcs.
257
lat. 8 US um etimmen zwar nicht in den endungen, aber
im stamm und in der bedeutuug Tollkommeii überein},
scheint mir sicher.
Am schlufa hat M. die verschiedenen lautveränderun-
gen, weiche zwiscben den romaDiaoben und den albani-
schen wortformen liegen, öbersichtlich geordnet. Im ein-
eelnen ist wenig zu bemerken. S. 7ö wird kjutete aus
oivitate vermittelst *kfivetete, "kevtete abgeleitet;
aber wenn j nicht verdichtetes i ist, bleibt es schwer zu
erklären; lautet es doch in einem ganz ähnlichen falle nicht
*kjiiaj, sondern kiiaj = caballi (zwischenforra *kevaj).
■ — Die bemerkuDgen ilber den verschlag von Sn und em
8. 76 wären mit denen gleichen inhalts s. 82 zu verbinden
gewesen; in neapol. a Nnapole findet keineswegs ein na-
saler Vorschlag statt, wie in nee, mbä, sondern die durch
Verdoppelung des Zeichens ausgedrückte dehuung des u
wird durch das vorausgehende a veranlafst, während es
s!. b. heilst de Napole, da Napole. — S. 79 wird für
rumän, senetos, alb. Ignt6s6 ein lat. 'sanitatosus an-
gesetzt; besser nimmt man *aanitosu8 an, das sich zu
sanitär ähnlich verhält wie voluntarius zu voluutae.
Man vergleiche obwald,-cburw. bialtezia == *bellititia
und die Superlative neap. belledissemo (wofür jedoch
Diez etjm. wb. IP, 220 eine andere Verwendung hat), pa-
dnao. (wenigstens in lustspieleo des 16. jabrh.) belendie-
simo, bonetissimo, cattivitissinio, malettissimo.
Engad. b.indue = *bonito8u& vermuthete ich lautwan-
del im churw. b. 29; ebendaselbst führte ich den römischen
eigeniiamen Carito sa an, der, besonders bei Christen ge-
bräuchlich, eher mit der Caritas, als mit der xüoig zu
thun haben mag. — In wiefern formen wie 6ndot6j mscr.*)
f. notöj i^ nato (schwimme), pendc = penna, remb
H. f. rrem R. = remus aus einer Vorliebe für resonanten
jEu erklären sind (s. 82), vermag ich nicht abzusehen, da
*) So sind die von Miklosich selbst einem Gegen abgefVagten Wörter
bezeichnet.
Zeit«cbr. f. verKl. sprachf. XX. 4.
^ 17
258
Si-liucliiinlt
in ihncu clooh nicht der resonaat, soodern die media der
eiudringling ist.
All der spitze dieses abscbnittes aber hatten wir gern
einige einleitende bemcrkungeii gesehen. Wenn näirilicli
M. als den inhalt desselben die lautlelire der romanischen
elemeiitc beiseichnet, so drängt sich uns die frage auf, in
welcher weise eine solche aus der allgemeinen albanischen
laiitlehre sich als ein besonderes abbebt. Allerdings pfle-
gen einerseits fremdwörter überhaupt wegen ihrer einiger-
marsen rechtloseu Stellung willkürlicher behandelt zu wer-
den und erfordern anderseits wegen der fremden laute und
lautverbinduugen eine Vermehrung der für die einheiiuischen
Wörter geltenden gesetze. Doch einen wirklich eigeuthüm-
liohen charakter empfangt die Untersuchung der einer spräche
von aufsen zugeführten beetandtbeile erst dadurch, dafs
bei ihr mit der eigentlichen aufgäbe, die sich innerhalb
der grenzen dei' betrefl'endea spräche hä!t, eine andere un-
zertrennlich verknüpft ist, welche jenseits dieser grenzen
liegt. Denn vor allem kommt es ja darauf an, der gestalt
(ebenso wie der bedeutung) nachzuforschen, nicht welche
ein fremdes wort irgendwann und irgendwo, sondern welche
es gerade bei seinem eintritt in den neuen kreis besessen
hat. Die Schwierigkeiten^ mit welchen eine solche wähl
nicht nur zwischen älteren und jüngeren, sondern auch
zwischen gleichzeitigen, mundartlich verschiedenen, nicht
nur zwischen wirklich nachweisbaren, ßoudern auch zwi-
schen hypothetischen wortforracn zu kämpfen hat, sind
weit bedeutender noch für die ältere masse der albani-
schen eutlebnungen aus dem romanischen, als für die Jün-
gere, da die entwicklung des lateius während des ersten
Jahrtausends unserer Zeitrechnung uns nur in verhältnifs-
raäfsig rohen umrissen vorliegt, Hat daher ein wort (die
lateinische Schriftsprache als ausgangspuiikt genommen) bis
zu seiner heutigen albanischen form einen längeren weg
durchlaufen, so werden wir meistens nur aunähernd be-
rechnen können, wie viel dieses weges auf romanisches, wie
viel auf albanisches gebiet fällt. Denn indem wir es un-
ternehmen, die_pinzelnen Veränderungen theilp auf romani-
albanisches und romanUclies.
259
sehe, theils auf albauiscbe lautgcsetze zurQckzufübren, sto-
fsen wir auf eine ganze reihe zweifelhafter fülle. Maache
Wandlungen sind lui albanischen ebenso ursprOnglieh wie
im romauiBchen und doch können wir, wo ein wort roma-
nischen Ursprungs eine solche waudlung durchgemacht hat,
uns nicht immer für die albanische provenienz entscheiden.
In pljep = pöpulus ist 1 versetzt worden; die meta-
thesis des 1 begünetigen sowohl die romanisclien sprachen
(Diez gramm. I%205), als dus albanische {Hahn gramm.
s. 14). Obwohl wir also diesen Vorgang aus dem albani-
schen zu erklären vermögen, müssen wir ihn doch vor
der aufnähme des worts in das albanische ansetzen, da die
Übereinstimmung der am weitesten von einander entfernten
romanischen mundarten (das rumänische inbegrifien) ergibt,
dafs in der lateinischen Volkssprache schon sehr früh ein
*plopu8 oder *ploppu8 existirt hat. — Mit recht macht
M. 8. 83 auf das öftere zusammentreffen des albanischen
mit den Büditalicnischen dialekten aufmerksam; ein solches
zeigt sich besonders in den angleichungen mm = mb,
nn ^ nd und in dem Vorschlag von 6n und em. Aber
nur bei letzterem, an welchem eich indessen ebensowohl
altalbanisehe, als romanische Wörter betheiligen, ist ein
äul'serer Zusammenhang denkbar, besonders da diesen ver-
schlag auch das rumänische im vollsten niafsc nur anwen-
dung bringt (dem rum. insora entspricht merkwürdig
neap. 'nzorä, ^ ndat. uxorare). Während jedoch in an-
deren punkten das rumänische, aber nicht das albanische,
mit dem süditalienischen übereinstimmt (vergl, chi = pi
vor vokal im makedor.), so wiederum in anderen punkten
das albanische, aber nicht das rumänische, mit einem theil
der oberitalienischen und mittelromanischen muiidarten und
dem westromanischen. Z. b, in der behandlung des c (und g)
vor konsonantcn, besonders vor t; frujt Blauch., fruit
Guagl. = fructus scheint von fr. fruit, drejtfi, dreitß
von fr. droit, geg. äe'it, tosk. seint = sanctus von
oberengad. sench kaum zu trennen. Die beiden beispiele,
die M. 8. 86 aus dem bereiche des echtalbanischen für jt =
et anführt, sind tcte, *otctö durch *ojtcte aus *oktete
17*
260
Schucbardl
und dejte = *e)ckte {Sbt und tl'eit hat Rossi, Hahn
nur ^jete; -te in allen diesen formen bei M. ist in -t§
zu verbessern). Wo dieser Umschlag des c und g zu j
in der flexion eintritt (bei Bogdan), wie in lijne acc. sg.
von ligje (Ijigje H.) = lege, oder päjse gen. sg. von
pakje = pace, verHert er trotz fr. loi und paix schon
mehr von seinem romanischen anschein, noch dazu da ihm
ja ebensowühl albanische Wörter unterliegen. — Romanisch
ist Ib, rb ^ Iv, rv, welches wie im rumänischen, so auch
im italienischen, besonders in älterem und mundartlichem
beliebt ist; romanisch die bebandlung der ableitnngssilbe
-ic-, die gewöhnlich zu -§c-, -c- wird; wo aber der ur-
sprüngliche vokal bleibt, den ton erhält (wie in panik R.,
rum. perinc = panicum).
Ich schliefsG noch einige parallelen an, die M. tiber-
aeben hat, indem ich bei dieser gelegenbeit auch einiges
zur romanischen lautlehre nachtrage. — Die Versetzung
des r ist als solche eine erscheiaung, auf die kein zu gro-
fses gewicht zu legen ist. Allein in manchen romanischen
mundarten finden wir sie an eine ganz bestimmte formel
gebunden: Kons. -H r -H vok. + kons, in betonter silbe
wird kons. H- vok. -h r + kous. in unbetonter. So im ob-
waldischen Graubtindtens; z. b.:
crer = credere; pz. cartieu.
cr^scher ^ crescere; pz. carschieu (engad. cre-
schü, -ieu).
prau ^ pratum; par der (engad. prader) ^ *pra-
tarius.
prender = prehendere; parnein = prehen-
dimus.
trer sss trahere; davon targlii'in (engad, tragliun),
gchleifsclilitten.
trüache 2. sg. iniper. von turechär (engad. truachar,
-er), rühren .
So in der mundart von Parma, z, b. :
crepa 3. sg. praea. von cherpar (it. crepare).
fredd; davon ferdör (vgl. it. freddura).
trema 3.8g. praes. von termar (it. tremare).
ulboniacbet und romanischea.
Und ebenso in anderen mundartcn dieses nordapeani-
niscben Striches, wie denen von Pavia, Piacenza, Reggio,
Bologna*), Wir erinnern hierbei an den Zeitgenossen des
Cicero, den T, Tinea aus Piacenza, welcher precula ftlr
pergula sprach, also doch in einem gewissen einklang mit
dem heutigen spracbgebraucL (vok. d. vulgl. I, 90). Im
ftlbanischeu, und besonders im gegiachen, glaube ich spu-
ren dieses geaetzes zu entdecken, so:
dertuj, besorgen, von d reite ^ directus.
geg. förgoj = frigo.
ferköj ^ frico.
Gergiir neben Grggür R. = Gregorius.
sizil.-alb. kurtsete Cam. = it. crocetta.
geg. sterngöj = tosk. strengöj (doch hat R. auch
das letztere) = stringo.
kalabr.-alb. termolje Cam. =: it. tramoggia.
terfürk R. = trifurcue.
turjele neben trujelö ^ it. trivello, -a.
Vgl. geg. trüme ^= toak. türmg = turma (in der
weise des eben angeführten precula).
Den aasimilirenden etnfluls labialer kousonanten auf
folgende vokale habe icJi in meiner abhandlung „über einige
fälle bedingten Uutwandels im churwälschen 1870" 8.27 — 30
im mittelromanischen und einigen oberital. mundartcn
nachzuweisen versucht. Aus dem gebiete des churwälschen
würde noch nachzutragen sein: obwald. mo neben ma
(magis), mustriar, mustergiar neben meistergiar
(meistern); obereng. am fl sted, müsted, untereng. mü-
stad, liebschaft, Verlobung (*amicitate, it. amistä?j.
Ättdoml, müglicr steht sicher, da die quelle,^ aus der es
entnommen, auch mügliurar bietet. Im folgenden bringe
ich für die genannte erscheinung aus dem romanischen
*} Im bachenaCeiniachcn (Tirol) liatet von perib (precari), sferib
(exfricare) das praes. mi pre'jc, mi sfr^je, das imperf. ini perjäve,
mi sferjttve. Musaaüa, welcher in einer anreigu von Scbnellcr'a buch
(zeitschr. f. d. österr. gymn. 1870. IV. lieft b. 292) die beiden Ictzlen for-
men durch *p*rjave *sf'rjavf, *priave *sfriBve, *prijavß *sfri-
jtve mit precabar, exfricabani vennittclt, wird wohL jetzt auf diese
eiklKroog vorzictitct haben.
262
Schucbardt
und angrenzenden sprachkreisen weitere belege bei. Zuvor
will ich jedoch auf eioe andere, meines wissens noch nicht
erkannte aufmerksam machen, welche jene in ein helleres
licht setzt. Der wahlvenvandtschaft eines konsonanten zu
einem vokale, oder, in's praktische übersetzt, der neigung
eines konsonanten, einen bestinamten vokal unmittelbar neben
sich (vor oder nach sich) zu haben, kann auf doppelte weise
genflge gethan werden; entweder ersetzt der dem konsonanten
kongeniale vokal den ursprünglichen oder er schiebt ihn nur
bei Seite, drängt sich zwischen ihn und den konsonanten.
Diese parasitie können wir ala Vorstufe zur assimilation
betrachten. Rückwärts wirkt die Wahlverwandtschaft des
1 zu u, o 1) in obwald.-churw. cauld, 2) in comask. cold
i^caldus oder, da hier o aus an zusammengezogen sein
könnte, in it. cembolo ^ cembalo (cymbalum); vor-
wärts wirkt die wahlverwandtschafl des fr. ch zu i 1) in
altfr. chier, 2) in walion. cbir = neufr. eher. Ganz
dasselbe gilt für den durch einen vokal ausgeübten einflnfs,
z. b. für den regressivcu 1) in fr. cuisine ^ cucina,
2) in it. f i I i g g i n e ^ f u I i g g i n e ( f u 1 i g i n e ) ; den progres-
siven 1) in altfr. aidier, 2) in walion. aidi = neufr. aider.
Ganz entsprechender maf'sen lieben nnn eine reihe von ro-
manischen mundarten den Übergang von einem labialen za
einem ihm heterogenen (betonten oder unbetonten) vokale,
besonders zu ä oder e, durch u oder o zu vermitteln*).
So heifst es im genuesischen boajo (it. baglio, schiffsquer-
balken), fose (fata, fee), mosG (matre), po;« (patre),
poajro (pareo; aber pa = paret), auch poiscio (pi-
snm; demin. poiacetti, nudelgraupen). Im südeu Frank-
reichs scheinen sich nur ganz vereinzelte spuren dieser er-
scheinung, wie altprov. muentre neben meutre, nach-
weisen zu lassen. Das auverguatische aber, speciel! das
niederauvergnatische, bildet auch in dieser hinsieht schon
eine halb nordfranzösische mundart: fouere, jamoue,
moeizounette, mouenajj, moucrc, mouaitre, pou-
*) Weit seltener vermittelt n oder o dea Übergang zu eineni labialeDij
z. b. Dcapol. posteoma = it. postema (zweite stufe; fV. apostume).
'JG3
ilre für franz. faire, jainais, maisonette, lueiiiige,
mere, maitre, pere. Die forme]; Lab. + oii -J- e ^
lab. -f- e herrscht oümlicU in ganz Nordfrankreich allge-
mein; wenn die belege derselben trotz ihrer menge mifs-
verstanden worden sind, so rfihrt dies zum theil daher,
dafs bei weitem in den meisten fällen der parasitische vokal
vor dem c eintritt, welches seinein Ursprung gemiifs ai ge-
schrieben wird, und dafs anderseits in den numdarten oue
gewöimlich duroh oi ausgedrückt wird, welches diese gcltung
in der Schriftsprache, aufeer in der Verbindung oin, schon
seit geraumer zeit vertoren hat. Der lautprozefs , der in
moueson = m eson völlig klar atn tage liegt, wird durch die
Schreibung moison ^ maison bis zur Unkenntlichkeit
verdunkelt (vgl. z. b. Diez gramoi. P, 128}. Weitcrc bei-
epiele von oi ;^ ai aus dem burguudischen, pikardischcu
U.S.W, sind: hoissai, foit, jamois, moigre, mointc,
mois, moitre, poin, poix, poyis, levoin, mauvois
= fr. baisser u. s.w. (statt oi schreibt man auch ouo,
oue, oe, oe, wodurch allerdiags die ausspräche des e
näher bestimmt wird); oi = e, ei, i z. b. in: moinie,
foiudre, foin*). lu weseutlich derselben weise bringt
diesen zug das lothringische in den mundurten von Metz
(fouaye, raouetange = franz. fco, meteil) und von
Nancy (aimouer, foucive = franz. aimcr, fevcj zur
anwcnduogj hat ihn aber in der von Steinthal (Ban de la
Koche) beträchtlich modifizirt. Hier ist oua = a die
hauptformel; so bouaie, di'-bouatc he, fouädchi, fojtre,
monadi, mouä'hon, luouaraine, mouardcbaud^,
Mouarguite, mouaronde, mouatee, Mouati-n,
pouachi, pouachii, pouachonne, pouälc, pouä-
rain, pouarme, pouarotaidge, pouat, vouache,
Touäii, m arvouaie = fr. bäiller, debuuche, fache,
ferrer (zu Limevillc farre), mardi, maisoa (Luu.
mä'hon), marraine, raarchandcr, Marguerite, ma-
*) Aehnljch in englischen mtuidartcn, z. b. ticr von DaulTfllsirc (in Mit-
ItoUcliotÜand), diu au da» gälisolie grenzt, ai. b. fiiinu = fiue, moind ^
Im Ind. Ebendaselbst sind boispiele dar vollen aBaimiluLiüu fupp =r whin,
tfUBsel = wbistle.
364
Schucbardt
rande (lotbr., == it. merenda), marteau, Martin, pai
ici, percer, personne (Lun. pacbonnc), parier,
parrain, parmi, pareutage^ part, verd (Lun. va-
che), veiller (Lun. vaii), merveille (Lun. marväie).
Für ou fiude ich u in rnuarqui; ^ fr. marquer (ebenso
ia einigen unten anzufübrenden formen ao = ouo). Ver-
gebena aber suchen wir nach ouö = ö, wenn wir einige
deutsche Wörter, wie voue-ndel (wanze), vouermeute
(wermutb), vouere = fr. guere, r'voii-n = fr. re-
gain (vgl. norm, vouin, altfr. vuin Diez et. wb. I^, 227)
ausnehmen, bei denen die Verschiedenheit des deutschen
w vom romanischen v in betracht zu ziehen ist. Dafür
entspricht französischem e und ei der diphthong ouo in:
mououner (Lud. mouene, moigaii, altburg. moiner)
=^ fr. mener, pouonue (Liia. und altCr. poine) =
fr. peine, voiiono = fr. veine, vouore (allfr. voirre,
speciell im alten metzisch: woire; aber Lun. väre) =
fr. verre. Wir dürfen diese formen nur in Zusammenhang
mit folgenden anderen, in welchen ouo das fr. oi, alt ei
ausdrückt, untersuchen: avouonne, bou6re, fouon,
mouons, niouos, pouö = fr. avoiue, boire (Lun.
bo@re), foin (so auch Lun.), moins (so auch Lun.), mois
(Lun. moue), poil. Es handelt sich nun darum, wo wir
dieses ouo in die fr. oi- reihe (oua, oue, 6i, ei ^ lat.
&, i) einfügen. Ouo klingt so stark an oua an, dafs
man auf den ersten blick sich versucht fohlen könnte, ea
aus diesem herzuleiten. Dagegen ist einzuwenden, dafs a im
Bteinthaliscben zwar in a;, aber nicht in o Überzugeben
p£egt (auch eine assimilircndc Wirkung des ou auf das a
läfat sich nicht annehmen, da sich neben oua = a kein
ouo vorfindet), und vor allem, dafs die nordfranzösischen
mundarten anf der zwpitjilngsten stufe oue oder oue ste-
hen geblieben sind. Daher müssen wir das steinthal. niouos
zunächst auf das Iiinevül, moue beüiehen; hier allerdings
hat ou sich das folgende e angeglichen. Wollten wir aber
mm dieses ouö als identisch mit dem oue = oi der äl-
teren Schriftsprache auffassen, so hätten wir es nach al-
len koDsonanten nachzuweisen; doch diesem ouo, oue
BlbHoiMhra und romanische».
365
nach labialen steht steinthaK x (ay oder aT vor vokalen;
auch a, besonders im auslaut) = ei, luncvill. o (oy vor
vokalen) = oi nach nichtlabialen gegenüber, z. b. naire,
nöre ^ fr. uoir, taet, tot = fr. toit, traeche, trö =
fr. trois, däie, doyo = fr. doigt, rä, roye = fr. roi,
flk, 8Ör = fr. 8oir*). Auch ist es nicht denkbar, dafs
ouö anfänglich allgemein gegolten habe, später auf die
Verbindung mit einem labialeo beschränkt wordea sei.
Wahrscheiulicher als die Vereinfachung von ouc zu t; un-
ter negativem einflufs ist zwar der Vorschlag von ou vor
e = ei unter positivem einflufs; niouos = moue= me
= meia würde eiuerseits mit pouone ^ poufene ^
pfene = peine, aoderseits mit solchen formen, wie sain-
tong. moue für me, fr. moi neben te, fr. toi, öberein-
etimmen. Allein warum sollte ou dem aus ei entstande-
nen e vorgetreten sein, da es vor keinem anderen e er-
Bcheiot, weder vor e, noch vor 6, noch vor ai, noch vor
JB**), selbst nicht wo a zu gründe liegt (z. b. steiuthal.
^^ groi
1^
*) Ausnahmen vrilrileu Bciu steiutha]. vatre ^ fr. voir, wenn nicht
da« stammhaftc e (altiV. vceir) die einwirkung des labialen hinderte (aber
lun^v. vo6r, nicht vor), und lurn?v. e'tocle (steiiitlial. chtiele) = fr.
dtoile, wenn dies eine volkstbUinliehe form igt. Die Verdichtung des oi
zu 6 (Diez gr. 1 ', 128. 432) ist sonst im Bouchi beliebt, z. b. fö = fr.
foi», frö ^ fr. froid; ebensu im burgundischeu. Zwischen lundv. chan-
d61e, steintbal. dehundöle und fr. chandeUe vermittelt chandoiUe;
ebenso erklären wir lunev. nöge (steinth. nadge), stcinth. so»c, troze
i^ fr. neige, seizc, treize durch Weiterentwicklung von 6i zu öi. Doch
darf nicht übersehen werden, dafa eehr häutig o unmittelbar ans e neben
laliialcD oder 1 entspringen konnte, z. h. etelntbal. couairumc =s Inn^v.
cairt^me, fr. carcme.
••) Ebensowenig vor e-n (d. i. e, wahrend en ^ ä). Nur eine aus-
nähme ist mir vorgokomraen, nämlich dtfraouondch o = *d<fmoue-ndcho
(z. b. ßonchi diminehe) = doininica (als pcrsoncnnanie Mouodcho
= fr. Dimauche). Quo bann, wiu wir oben zeigton, nicht aus oua ent.
standen sein; und auch in ouun = one-n hat nicht etwa assimilation des
e nn das ou stattgefunden. Vielmehr iat ö für e die regelmäfsige form,
mag es aus lat. en oder in entstanden und im franz. nn oder en geschrieben
aein (m = n), z. b. fondre, done, dont, lougue, poasc (filr ponac') ^
fr. condre, dans, dent, Inngue, p enser^ u iiiere, deintus, deute,
liugua, pensare. So auch in anderen mundartcn, z. b. obereln. vontre
(steinlh. vonte) s= ventre, poitev. tompa (fitelnth. eben?u) = tempns.
In den meisten aber (und auch im steinthalischeu in einer reibe von fül-
len) wird e gewahrt, zuweilen sogar i (z. b. steiiith. si-ngle := fr. sauglo
= cingnlnm); seltner tritt iu Uhereinstinimncg mit der fr. acbrift.sprache
i ein. Lat. an geht im atuiutbalischen nicht in 5 über (aber ?,. b. poitev.
grond, song), gondem bleibt oder verwandelt sich (wie auch im bürg. u.
364
Schucbardt
rande (lotbr., = it. m ercnda), marteau, Martin, par
ici, percer, personne (Lud. pacbonoe), parier,
parratn, parmi, parentage, part, verd (Lud. va-
che), veiller (Lun. vaii), merveille (Lun. marvaie).
Ffir ou finde ich u in muarque ^ fr. marquer (ebenso
in einigen unten anziifübreuden formen uo ^ oiio). Ver-
gebens aber suchen wir nach oufe ^ fe, wenn wir einige
deutsche worter, wie voue-ndel (wanze), vouermeute
(wermuth), vouere = fr. guere, r'voii-n = fr. re-
gain (vgl. norm, vouin, altfr. viiin Diez et. wb. I**, 227)
ausnehmen, bei denen die verschiedcubcit des deutschen
w vom romanischen v in betracht zu ziehen ist. Dafür
entspricht französischem e und ei der diphthong ouo in:
mououner (Lun. mouene, moignü, altburg. meiner)
^=- fr. meaer, pouonue (Lun. und altfr, poine) =
fr. peine, vouono = fr. veine, vouore (allfr. voirre,
epeciell im aSten metzisch: woire; aber Luu. väre) s=
fr. verre. Wir dürfen diese formen nur in Zusammenhang
mit folgenden anderen, in welchen ouo das fr. oi, alt ei
ausdrückt, untersuchen: avouonne, bouöre, fouon,
mouous, mouoa, pouö = fr. avoiue, boire (Lun.
boere), foin (so auch Lun.), moins (so auch Lun.), mois
(Lun. moue], poil. Es bandelt sich nun darum, wo wir
dieses ouo iu die fr. oi-reihe (oua, oue, öi, ei ^ lat.
e, i) einfügen. Ouo klingt so stark an oua an, dafs
man auf den ersten blick sich versucht fühlen könnte, es
aus diesem herzuleiten. Dagegen ist eiuzuwenden, dafs a im
eteiutbalischen zwar in a;, aber nicht in o überzugeben
pflegt (auch eine assimilirende Wirkung des ou auf das a
läfst sich nicht annehmen, dn sich neben oua = a kein
ouo Toründet), und vor allem, dafs die nordfranzösiscben
mundarten auf der zwciljilngsten stufe ouh oder oue ste-
hen geblieben sind. Daher müssen wir das steinthal mouos
zunächst auf das lunevill. moue beziehen; hier allerdings
hat ou sich das folgende e angeglichen. Wollten wir aber
nun dieses oue als identisch mit dem oue = oi der äl-
teren Schriftsprache auftassen, so hätten wir es nach al-
len koDSonanten nachzuweisen; doch diesem ouo, oue
albanisches tUid roniftsiacbe«.
265
nacb labialen steht steinthal. x (ay oder a'i vor vokalen;
auch a, besouders ini auslaut) ^ ei, lunevill. o (oy vor
vokalen) ^ 6i nach nichtlabialen gegenüber, z. b. nsere,
nöre ^ fr. uoir, ta;t, tot ^ fr. toit, trseche, trö =
fr. troia, däle, doye ;^ fr. doigt, r;i, roye = fr. roi,
sä, sör = fr. Boir*). Auch ist es niclit denkbar, dafs
ou6 anfänglich allgemein gegolten habe, später auf die
Verbindung mit einem labialen beschränkt worden Bei.
Wahrscheinlicher als die Vereinfachung von ouü zu e un-
ter negativem einflufa ist zwar der Vorschlag von ou vor
e ^ ei unter positivem einflufa; mouo8^moue= me
= tnets würde eiaerseits mit pouone = pouene ^
pöne = peine, anderseits mit solchen formen, wie eain-
tong. moue für me, fr. moi nebea te, fr. toi, überein-
stimmen. Allein warum sollte ou dem aus ei entstande-
neu e vorgetreten sein, da es vor keinem anderen e er-
scheint, weder vor e, noch vor e, noch vor ai, noch vor
SB**), selbst nicht wo a zu gründe liegt (k. b. steinthal.
*) Ausnahmen würden sein steinthal. vitre = fr. voir, wenn nicht
das Btamnihafto e (altfr. veeir) die einwirkung des labialen hinderte (aber
lun^v. vo<!r, nicht vor), und lune'v. ^tocle (steinthal. c'htiele) = fr.
^toile, wenn dies eine volksthUmliche form ist. Die Verdichtung dos oi
zn 6 (Dioz gi. I', 128. 432) ist sonst im Rou«hi beliebt, z. h. fö =^ fr.
fois, frö ^^ fr. froid; ebenso im burgundjscheu. Zwischen luncV. chaii-
döle, steinthal. dcbundöle und fr. chaudeUe vermittelt chandoille;
ebenso erklären wir lancv. nuge (steinth. nadge), steinth. soze, troxe
^ fr. neige, »eijie, treize durch Weiterentwicklung von 6i zu 6i. Doch
darf nicht tihersehen werden, dafs sehr häufig o unmittelbar aus e neben
labialen oder 1 entspringen konnte, z. b. steinthal, couairomo =s lundv.
eairi^me, fr. careme.
*♦) Ebensowenig vor e-n (d.i. o, wäthrend en ^ ä). Nur eine aus-
nähme ist mir vorgekammeu, uitmlich di^mouondch o ^ *ddnioue-ndche
(z. b. Rouchi diininche} = dominica (als personennauie Mouodcho
^ fr. Dimanchfl). Ouo k»nn, wie wir oben zeijfteii, nicht aus oua ent-
standen aem; und auch in ouon = oae-n hat nicht etwa asHimiliitiua des
e an das ou stattgeftinden. Vielmehr ist ö für 5 die regelmafsige form,
mag ea aus lat. en oder in entstanden und im franz. au oder en geschrieben
sein (in = r), z. b. ^ondre, duus, dont, lougue, pos8(^ ffUr ponsi?) =
fr. ccudre, dans, dent, langue, penseri^ciuore, deintus, dente,
lingua, pensare. So auch iu anderen mundarten, a.b. obereU. vontre
(steinth. vonte) = venire, poilev. tomps (steinth. ebenso) ^ teinpus.
In den meisten aber (^und auch im steinthalischen in einer reihe von flU-
len) wird 6 gcwalirt, zuweilen sogar f (z. b. steinth. si-ngle = fr. sangle
= cingulum); seltner tritt in UbercinstinimuDg mit der fi-. Schriftsprache
i ein. Lat. an geht im steinthalischen nicht in ö über (aber r.. b. poitev.
grond, song), sondern bleibt oder verwandelt aich (wie auch im bürg. u.
3G6
Schuchardt
medchant, pedu, pure — betiä, malte, paicLe —
niiTile, mierdoha, pa;)^ und da gerade vor ai in den
übrigen mandarten der Vorschlag von ou augewandt wird?
Uoberdies lälst sich limev. moiie zwar mit steintli. trrvche
unnaittclbar, aber mit trö derselben mimdart nur verein-
baren, wenn wir zwei stufen weiter zurückgehen: meis,
moucis, moue — treis, trois, trö. Entspringt aber
nun einmal moue nicht ans mi, ist es dann nicht einfa-
cher die allgemeine cntwickluag meis, möis, moue auch
hier festzuhalten? Es bleibt zu begründen, warum im lü-
nevilleschen möis zu moue, tröis zu trö wurde. Der
aufwärts gebrochene dipbthong fand im allgemeinen keinen
eiugang, sondern nur nach labialen, weil an einen solchen
das tonlose ou sich eng anschliefst und eine brocke zwi-
seben ihm und dem e bildet; man bedenke, dafs demjeni-
gen, der die ausspräche des fr. oi erlernt, moi weit leich-
ter zu sprechen wird als toi, und man erinnere sich man-
cher romanischen accentversetzung, wie sp. diös für dios.
Im steinthaliachen dagegen bethätigte sich die Verschie-
denheit der konsonantischen bedingung auf eine andere
weise und auf einer anderen stufe, nämlich auf der stufe
ei. Nur nach labialen schritt ei zu öi vor (ist etwa auch
das oi der herrschenden mundart ursprünglich ein beding-
tes gewesen, und sein gebraucL erst allmählich ein allge-
meiner geworden?), sonst nicht; treis bleibt (später ver-
dichtet sich ei zu 32), meis wird möis, dann moue,
mouos. Dort also wird nur das tonverhältuifs , hier die
qualität selbst des vokals abgeändert. Aber bemerkens-
wertb ist es, dafs hier in dem einen Hül, dem labialen,
um es kurz auszudrücken, jede der beiden formen zur an-
wendung kommen kann, durch welche sich dort die bei-
den Mle unterscheiden. Dem lunev. oue — 6 == oi ent-
spricht stejntha!. ouo — ou ^ oi; dem lunev. 6 nach
nichtlabialen also ein steinthal. ou nach labialen. Diesen
a. diall.) in aitij ?,. b. dchamp =: campus, nindgo =s aageluo. Die-
sen untcrschii^il zwischen lat. ea, in und au habe icli vok. d. vulgl. II, 9i4
onm., vun Obcrliu TQrfUlirt, auf^icr acht gelassen.
albanisches und romanisches. 267
zasammengezogenen laut finden vfir in: avou oder aou,
doou, fou, foure, moutöie, poudbon, poarre = fr.
avoir, devoir, fois, foire, moitie, poisson, poire
(lunev. avoi, foue, fouere, pogre)*). — Wir werden
*} Man kdnnte, anf diese aoch im steinthaliscben vorkommende ver-
dichtnng von <$i gestützt, vermnthen, mouos sei ans *mös ^ mois ent-
standen. Aber die einschaltung eines hUlfsvokals ou zwischen einen labia-
len und o, welches selbst oft das gleiche amt versieht, ist nicht annehm-
bar. Die steintb. formen mouoni-n, s'mouonnon = fr. monin, se-
monneur, die auf einer solchen zu beruhen scheinen, sind anders zu er-
klären. Abgesehen von den besprochenen f&llen nämlich begegnen wir in
dieser raundart dem diphtbongen ono noch sehr hftufig, immer aber als*
Stellvertreter von älteiem oue. Zunächst in einer grofsen anzabl von wör-
tem, in denen oue aus einem ursprunglichen und aus einem parasitischen
Tokal besteht; nur ist dieser nicht, wie in oi = ai, oaa = a, der er-
stere von beiden, sondern der letztere. Vor r bildet sich nach o oder on
ein e oder a (wie im hebräischen vor gutturalen ein patach fnrtivnm), wel-
ches dann den ton auf sich zieht. Daher wallon. oi fUr o vor zusammen-
gesetztem r (Diez gramm. I', 197} und ähnlich in anderen mundarten (im
Steinthalischen selbst ho^rnat ^ hornifs). So entspricht nun steinth.
foni> dem wallon. pikard. foirt = fr. fort, coudne dem wallon, coinn =
fr. corne, woraus wir ersehen, dafs die ezistenz des parasitischen vokals
in diesem falle ebensowenig wie in anderen (vgl. it. piano ^ *pliano
s= piano) an das fortbestehen des stützenden consonanten gebunden ist.
Ja, im steinthaliscben ist r öfter geschwunden und abgeändert, als gewahrt.
Dieses ouo kommt nun selbstverständlicher weise nicht nur nach labialen,
wie in: boudne, fouoc'h, fonoc'he, fouauc'he, monoc'hde, mon-
ode, pon6 = fr. borgne, four, force, fourche, morceau, mor-
dre, porc, sondern auch nach anderen consonanten, besonders nach c, vor,
wie in: conoc'he, cou6de, couonaie, couoraidge, couorb^e, cou-
orbfeie, couorre, ec'bcuoc'he, recuodfe, gouodge, tuonb (wegen
n = ou s. oben) = fr. conrt (adj.), corde, Corneille, courage,
corbeau, corbeille, courir, ^corce, accorder, gorge, tonrner
[in couaidchi, couairome = fr. cacher, car€me ist cou := lat. qn;
ec'hcneuroe ist wohl in ec'hqueume zu verbessern, wie es pikard.
^queume = fr. ^cume heifst]. Für ouo steht oua in pouarperelle
neben ponrperelle (wie oua für ouo = 01x6 = di in moua, welches
dem fr. amas nur in der bedeutnng, lautlich aber dem altfr. pikard. moie,
auf Guemesey mou^e = meta entspricht); doch kann, wegen der form
parperelle neben porperelle ( deutsch -els&Ts. parpeln), auch ou als
der eingedrungene vokal angesehen werden. Kothwendig ist übri^'-ens diese
diphthongirung vor r nicht (z. b. empoutfe = fr. empörter). Dafs
ouo sowohl für lat. als u eintritt, kann nicht befremden; aus <5 e, 0^
wurde oue, wie beim fr. oi. Aber dieses ouo, ou^, oua bleibt nicht
überall anf die Stellung vor r beschränkt; so heifst es im normanni-
schen von Guernesey nicht nur bouaine, fouar, fouarroion = fr.
borgne, four, fourmi und fouargt, sonaris = fr. forSt, sonris
(also vor einfachem r, wie steinth. couoraidge = fr. courage), sondern
auch ch sieht gern oua vorsieh, z. b. couachier, douach'ment, mou-
ach^ = fr. coucher, doucement, monceau, ebenso mouillirtes 1, z. b.
bonaillie, fouäille (farrenkraut), mouailler =: fr. bonillie, feuille,
moniller (doch ist hier vielleicht i doppelt vor und nach dem 11 vertre-
268
Schuehardt
diese erklärungsweise auch auf die zuerst angeführten wort-
fornien., in welchen ouo für fr. ei, e sich findet, ausdeh-
nen, um so mehr, da iu ibnen oi aus früher zeit belegt
ist. Mundart!.- altfr. pöine, vöine für peinR, veine
möchten wir von neufr. avoine, foin für a veine, fein
nicht trennen, bei denen doch sicher der labial die ab-
weichuDg von der regel, dafs vor n ei bleibt, veranlafst
hat. Ebenso sind wohl moine = minor, drohe, voirre
^ vitrum mit boire, foi, moins, poil, poire, poi-
vre, voie, vois =: bibere, fides, minus, pTlus,
pirus, piper, via, video zusammenzustellen: in diesen ist
nämlich das vorausgehen des labials keineswegs bedeutungs-
los und man hat unrecht gethan, damit formen wie doigt,
froie (alt), Loire, noir, deploie, roide = digitus,
frico, Ligere, nTgro, plico, rigidus, in denen oi =
IC oder Tg ist, zusammenzuwerfen (aoif, alt soi = sitis
und quoi = quid gehören zu jenen erweiterten einsilb-
lern, von denen Diez gramm. 1% 200 spricht). Fois ^
vice, poix s=5 plee (doch vgl, empoisser, empeser)
lassen beide deutangen zu. Man vergleiche noch armoise
== artemisia, und cervoise = cervisia, wenn, wie
sp. pr. cerveza es vermuthen läfst, i kurz ist; geht aber
in diesem Worte oi auf I zurück, so haben wir dafür in
loir = glire, pois = pisum aualogien. Auch dafs e
(und e = i) mit attrahirtem i in eglisc = ecclesia,
prison ^ prehensione zu i, aber in moison ^
meusione, moisson = messione, poisson = *pi-
scione (fragm. v. Val. pescion) zu oi wird, verdient
ten), seltener unter anderen bedingungen, wie roaSnair ^ altfr. runer,
raancB n. ». w, Yicllüictit bnt ouu, uo eine solche weitere bedeutung, die
an die des churvf. uo = o untl u erinuert und in der es fiut iils eine Ver-
jüngung des altromanischeu uo ereclieint, in den steiutttal. formen baotche,
mouoc'be = fr. bouuhe, moucbe, ferner budbe, bouoc ha = bube,
buche, endlich den oben gonannteu mouont u, s'mouonnuu. FOi
oue = uo stellt steinthaliscli ouo iu bouon = pikard. bocn, guemes.
bonao, altfr. boin, boen^ allfr. b iion , für oue = o, u + i in baÖB,
poub, pouon, jiouotc = fr. boU, point, poing, pointe, doch
boc'htyi = fr. boiteux; daneben cnoc'hä, ncuc'he, oa'hcu, raison
== fr. connoitre, noix, oiseau, raaoir, doch coigna = fr. coin,
80 dafs, yfouTi auch der lippenlaut nicht dio bedingung des diphthongcn ist,
er ihn doch offenbar begüostigt (vgl. oben liuadv. moad neben trö |.
I
albanisches und romanisches.
269
erwägung. Alle die zuletzt erläuterten mannigfachen for-
men im lotliringischen und französischen belegen also nicht
diejenige erscbeinung, die wir zunfichst in ihnen suchten,
nicht die ejnschaltung eines hölfsvokals, sondern die assi-
railation. Aber beide Vorgänge zeigen sich überall so eng
miteinander verknüpft^ dafa es uns zuweilen schwer wird
sie zu trennen j dafa wir z. b. zweifelhaft sein können, ob
wir fOr pouene, das wir im lothringischen aus püine=:
peine herleiten, überhaupt einen anderen Ursprung anneh-
men dürfen (vergl. breton. poan, poen). Nur steht für
mich die reihe oufe :^ e = ai sicher, da ai schon in sehr
früher zeit seine diphlhongiache ausspräche verloren hat;
moison ^ maison läuft mit pöine ^ peine nicht pa-
rallel. Den parasitischen vokal vor ai zeigt sogar die fr.
Schriftsprache in Anihoise für Ambaise = Ambacia,
armoire fßr armaire = armarium*). — Uebrigens
fliefst alles, was hier über oue, ona, ouo gesagt ist, aus
ersten eingebungea; ein sehr wesentliches, die altfranzösi-
schen mundarten, habe ich dabei kaum berücksichtigt.
Ich behalte mir vor, bei gelegenerer zeit und mit reiche-
rem material diesen spuren nachzugehen, - — In denjenigen
romanischen mundarten, welche die eingchaltung von u und
o kennen, zeigt sich auch die aasimtlatiou zu u, o, fi, 5
am deutlichsten. Kaum^ an einigen Wörtern läfst sich diese
*) Anch im kroolischon Ton Trinidad haben vir das parasitische od;
aber nur in ganz vercinzvlton füllen etimint es mit dem der französischen
mundarten Überein, z. b. UBsobouer ^^= fr. absorber. GewBhulich nimmt
ee die stell eines ausgefallenen r ein. In der Stellung kons. + r + vok.
schwindet r, wenn der konsonant ein labial «der der vokal o (oi), ou ist; im
erstercn fall wird r bei folgendem a, e, i regclmiifsig durch ou ersetzt, z. b.
bonave, boubche, ponix ^2 fr. brave, breche, prix, im letzteren
kann der ersatz eintreten oder nicht, z. b. couochi und cochi, fonoter
nnd fotcr, touop, tcia = fr. crochu, frotter, trop, trois (vor ou
tritt er nicht ein, z. b. ton, tonver = fr. tron, tronvcr). In der Stel-
lung vük. -+- r -f- vok. liebt r (oder rr) es auszufallen, wenn einer der be-
nachbarten vokale o oder ou ist, und wird dann durch ou vertreten, z. b.
cououi, paouöle, tauoueau =r fr. courir, pnrole, taurean; selte-
ner zwiachen anderen vokalen, wo es iincrsetzt bleibt, z. b. deifere, mfiler
= derriire, marier. Sogar anlantendes r wird vor o und ou durch
oa abgelöst, z. b. ouoche, louoi (ouoi), onouge ss fr. röche, le
roi, rouge. In der Stellung vok. -f- r -j- cons. und vok. -f- auslaut. r
schwindet r regelmiifsig, doch ohne ersatz.
370
Schocbardt
erweisen für die sprachen der iberischen halbiasel, wie
etwa an pg. funcho = feniculum oder altsp. fuisca,
das ich lieber fflr das entlehnte pg. faiaca halte, als ea
mit Diez (etjm. wb. 1\ IC9) = 'faisca, "fovisca, *fol-
viaca (it. falavesca von favilla) zu uebmen. Im ru-
mänischen darf an eine einwirkutjg von labialen auf den
folgenden vokal gedacht werden hei bolbore, Stotterer
(von balbus; de Cihac hat dieses wert nicht, wohl aber
bobletic ^ *balbaticus), bosturä ^ *vastulare
(b = V wie in betrin, bcöice, holte =^ veteranue,
vcsica, it. volta), bulendre, hure, lumpen = bala-
tro*), buri c = umbiiicue (vgl. prov. emborüh u. s.w.),
busioc = basilicum (vgl. aerb. bosiljak, boBiok, alb.
bozüljök), mocioacg neben meciuce (fr. massue; a.
Diez etym. wb. 1% 269), moirae, mojome neben mgi-
muce äffe (türk. maimün, magyar. m a j o in ), raoine,
brsichfeld von Maius**) (vergl. it-maggese, maggia-
"tico, mail. maggengh, dass,), polate ^ palatiniu
(vgl. altsl. polata), poriimb ^ palumbes, vorbe s=
verbum, um von anderen wie motoo, kater neben fr.
*) Daher zunäctist roinagn. balatron, tagedieb, dann wSlschtiroI.
balandra, niiBtate, ansschweifende peraon beiderlei geBCliIechts, comask.
balandra, balandron, lilderliche, wortbrüchige, arbeilfacheuE peraon,
mail. bnlandra, wortbrüchige, unbesonnene, unwissende person, bresc.
balander, balandrii, spitzbube, balandra, bare, allgcmcia-ümilian.
balaadran, dummkopf; davon wieder das kleidungsstilck neap. balan-
trano, it. palandrano u. s. w. Es scheint mir, dafs it. landra, metze
u. 8. '\ir. sich eingemiscbt habe; und in it. malandri no, landstreicber, bö-
sewicbt, cfimask. ma landra, hure, sp. raolondro, mllsstggSnger kann
ich ebenso wie in prov. vilandri^r, pllaster tretend, uur abänderungen aas
balatro erblicken, auf welche freilich male und rilla nicht ohne cinAnfc
gewcäen sind (vgl. Diez etym. wb. P, 242 fg.). Sicherlich i»t auch hiehor-
zuziebcn serb. flandra, kleiiir. flondra, vul);ivaga, welches Miklogich die
fremdwörler in den slawischen sprachen 8.88 zu rum. flöndurü, lauinia
stellt. Mit einer ganz neuen endang ist it, baldraoca, hure, versehen.
Mit recht trennt vv^ohl Diez von balatro das fr. b<?litre (etym. wörterb.
11', 219 fg.), obwohl solche schmilhenden und verächtUchen bezcichnungon
oft mcrkwördigo lautvirandlungen erfahren haben; ist Übrigens nicht entweder
zu belitre'oder zu balatro fr. pleutre (champ. plnutre) zu ziehen?
•*) Kymr. mai bedeutet „mai" und „fcld"; als lotitcres ist es zu ir.
mag zu stallen. Aehnlich hütle sich nach Zcuss Gr. cclt. ' s. 4. 102 brit-
tann. mais, macg, mea, uieas aus *raagcs entwickelt, das von mag
durch die emlung -oa abgeleitet wäre; aber -es bildet fumtnias, keine nias-
culina.
albanisches nnd romanisches. 271
luatou, motoleu, mutalen neben meteleu, dummkopf,
postae neben pestae, schoten der hülsenfrächte, ganz
abzusehen. Doch auch auf jene formen lege ich kein gro-
fses gewicht; denn wie der Übergang des a in o (um die-
sen handelt es sich ja meistens) ohne bestimmte konso-
nantische bedingungen in vielen fallen nachweisbar aus
dem slawischen oder auch magyarischen herrührt (und
zwar in drei unter den oben angeführten), so kann dem
rumänischen überhaupt die neigung zu einem solchen Über-
gang von den genannten sprachen mitgetheilt worden sein.
Aus der it. Schriftsprache lassen sich nur ganz vereinzelte
belege der vokalassimilation durch labiale beibringen, wie
monco, einhändig = manco, mangelhaft, link, ganz wie
breton. monk (mon, mouü) neben mank in der bedeu-
tang des ersteren it. wertes. Vielleicht auch hatte der la-
bial in it. borsa, fr. boite, sp. murta u. s. w. (ebenso
wie in it. tomba, tuffo u. s. w.) antheil an der darstel-
lung des y durch o und u (s. Diez gramm. 1% 168 fg.)»
obwohl dieselbe nicht auf diese kombination beschränkt
ist. Ein ziemlich reiches contingent an hierher gehörigen
formen stellen aber die mundarten Italiens. So finden wir
im sog. lombardo'sizil. (besser wäre wohl pedemontano-
sizil.) von S. Fratello: mossa (missa subst.), pogn (pi-
Dus), ponna (penna), posc (piscis), punzed (peni-
cillum), voccb (video), vudos (vidissem); vergl.
cuos (eccu' ipse), cuost (eccu' iste), cuoi (eccu'
illi); im neap.: focetola (ficctula), foscella (fis-
cella)*); im römischen: foderetta (it. fed.), fuscella
oder froscella (fiscella), morlotto (it. merlotto),
Tormijjoni, pockeu (von it. vermiglio, hier folgtauch
ein labial); sizil. vussica, logudor. buscica, aret. bu-
sica (vesica); pistoj. aret. buzzeffe (it. bizzeffe),
bologn. burleing (it. berlingozzo), piacent. büsogn
(it. bisogno) u. s.w. Besonders genues. boel (batillus),
bulican, Instrument zum zahnausziehen (pelecanus),
*) In der umgegend Neapels hörte ich auch bnglietto, funoc-
chielli, moazzino, puraronl, weifs aber nicht, ob diese formen in all-
gemeinerem gebrauche sind.
272
Schuclmrdt
foina (it. faioa; so auch lomb. piem. foin, venez. foina,
fuina, sp. fuina, pg. fuinha, fr. fonine*)), mo'iegDa
(it. matrigna), moifia (mlat. matrina), potla (pa-
tella), poi'egno (it. patrigno), porsemmo (petrose-
linum), pOgnatta (it. pignatta), vuiöe (it. vajuoli).
Deu nuindarten Sttdfrankreichs ist die betrefiende ersohei-
nufig nicht völlig fremd; -vgl. neiiprov. fugi neben fege
(mlat. ficatum, auch grödn. fiijä), furun neben ferun
(ferinus), fnstoiin neben festoun (franz. feston),
puoulli**) neben peoulh (pediculys; vgl. mlat. pudu-
clare), viideon neben vedel (vitelhis), gask. furla
(ferula). Recht eigentlich aber ist Nordfraokreich ihr
boden. Auch sind hier mehr beispiele in der Schriftsprache
nachzuweisen, wie bouracan neben baracan, barcbent,
fougere fflr älteres feugere (*filicaria), fouine,
poele (fem.; zu diesen beiden formen vergl. die genues.;
merkwürdig bleibt noel = natalis); Tgl. altfr. bouro-
aite (nfir. birouette), maeel (miselhis; vulgl, myser)
U.S.W. Im walloDischen heifst es mo'h, mo'hon, pöd,
pormönn, vonn ^ fr. meehe, maison, peindre,
promene, veine (wobei man an die oben erwiesenen for-
mein ö = öi und öi ^ ei erinnert wird), in dem über-
gangsdialekt des depart. der Ardennen baugi, maujon^
vaurlet = fr. baise, maison, valet, im metziscben
bocon, boton, foche, fouue, Modeliche, mojon,
mosse, motte, potant, vaugand = fr. bacon (alt),
bäton, fächö, fane, Madelaine, maison, messe,
raettre, partaut, vagabond, altmetz. pauxour = fr.
pöchenr. Solche formen, in denea auf den veränderten
vokal ein 1 folgt, wie follu, raolaye, molddeye, mo-
leur, voleur = fr. fallu, melange, maladie, mal-
•) Ich kanti Diez (etym. wb. I^, 169) nicht beipflichten, wenn er in
fr. fouine eine abteitung von der altfr. form fo, feu = fagus, dpr al-
lerdings auch lomb. gonueB. ffi entspricht, zu sehen glaubt. Das wort lantet
im altfr. faync; höchstens könnte fo = fagus auf den umlaut des ersten
Vokals ein(:fewirkt haben, aber war ninn sich damnla noch des «nsammen-
hangca zwischen dem thiere und riein bäume bewnlat? Auch im neuprov.
finden wir fatnn, feina, foina, fouina nebeneinander.
**) Fuoon 'scheint auf ein.schalttmg des u zn beruhen.
albkniscliM und ronianisclies.
273
lieur, raleur habe ich absichtlich ausgeschieden, weil
hier das o ebeneowohl auf reohnung des 1 kommt; vergl.
jold, olle, ollemand = ff. gele, aU6, allemand.
Im steiuthalschen motan, mouyeu, pornez, poii6lii
{vgl. poucbon), pourmis ^ fr. mitan (alt), raeilleur,
prenez, pecher, permis und wohl auch feü, feudh-
teie, peuce = fr. fiis, festoyer, piece (wie eu = .e
vor labialen erscheint in dcheuve, lieiive ^ fr. ch6-
vre, lievre; aber iieser wandel des e ist auch vor r be-
liebt, z. b. dcheü, dchieuch, dcbieudge, lieuche
= fr, ohar, eher, charge, la herse], päpure ^ fr.
paupiere"), und ähnlich in anderen mundarten. — Auf
deutschem Sprachgebiet entdecken wir leicht aaalogien.
So zeigt sich hier in manchen dialekten ü für i nach la-
bialen. Z. b. im meklenburgisehen und schon in der äl-
teren spräche (nur erscheint dünn in der schrift u): in
tuschen (zwischen) und bu n (bin ) sehen wir einen vor-
ausgehenden, wie in 8ul V er (eil her) und nummer (nim-
mer) einen folgenden labial thätig (K. Ncrger gramin. d.
meklenb. dial. s. l(j). — Dieser labialismua ist auch dem
brittanui.schen nicht fremd {auf den uachweia desselben im
irischen verzichte ich wegen der grölseren Schwierigkeit).
Den regressiven finde ich z. b. in kymr. nwf, heilig (alt
nom, tempel; altir. nemed, heiligthum), pump, fünf (alt
pimp) Kymr. sofi, körn. bretoD. aoul (atiputa) und
kymr. swmwl, swmbwl, alt sumpl (Stimulus) können
nicht als belege dafUr angeführt werden, da in diesen Wör-
tern u (o) = i auf dem boden dor lateinist^hen Volkssprache
erwachsen ist: stupula, stupla (inscbr. ), it. stopp ia,
pr. estobia, afr. estouble, deutsch Stoppel und bologn.
stombel, piaceut. stombal, mailänd. stombol^ vcrou.
stombio, wälschtirol. stombi, friaul, atombli. Die pro-
gressive Wirkung von labialen erhellt mit gröfserer oder
•) Oder ist hier nr = ir, wie in dec'höri, desuri ^ fr. di'chi
rer, d^airer? Cr :^ ir ist parallel der oben belegten gleicbuug eu
= »r.
Ztitschr. f. Tgl. iprachf, XX. 4.
18
274
Scliuchanlt
geriogerer wtihrscheinlicbkeit aus kymr. bogail, uabel
(körn, breton. bcgel; läfst sich an umbilicus, Voc. S.
Gall. umpiculo denken? vgl. maiix imieig), körn, bo-
ghan, klein ( kyrar. byc h an , breton, bih an), kymr. dy-
muno (demandare), kern, iiioleuec, disteJfink oder
bänfling (kymr. meljnog, breton. raelenec von körn.
kymr. melyn, breton. melen,gelb), molhuidan, Schnecke
(kymr, m al w öden, breton. melchoueden), kymr. uiorc
(engl, mark, münze), mortbwyl (xn artellus), mwn
(engl, mine, mine), körn, moleytby, mollethia u. 8. w.
(*uialedictare), poruil (pariete). Hingegen werden
ahkymr. moutol, wage (heute mantawl), roorthol,
so auch koro., bret. morzol (martulus), altkymr. mu-
nutolau ( Dl inutalia), breton. m un ud (minutus; vgl.
körn, eiuny 9 neben menys, miny 8, klein; kymr. iiiwn W8,
kleine theile, schlacken), kyinr. mwdwl, heuachober (me-
tula, fr. meule; das einfache meta in gleicher bedeutung
haben die romanischen sprachen ebenfalla erbalten s. Diez
etym, wb. P, 275), körn, morogeth, reiten (kymr. mar-
chogaeth), breton. uiuzul, muzur (mensura), davon
das vb> kom, miisurc, wohl besser unter den gesicbts-
punkt der assimilation von vokalen durch vokale gestellt.
Mit romanischem uni s^ venire, gudignar ^ gna-
dagnare u. s. w. (s. lautwandel im churw. a. 27 fg.] und
deutschem suster ^ schwester, tuschen ^ zwi-
schen halte man zusammen kymr. gogr = gwagr, sieb,
golwg, blick (von gweledj sehen), gosper (vesper),
gwr, mann (ftlr gwer = altir. fer), gwrth, gegen (fOr
gwerth = altir. fertb). — ÄuCser auf den beiden ange-
gebenen wegen, der vokaleinschaltuug und der vokalabän-
derimg, tbun die labiale ihre Vorliebe für u und o in ganz
vereinzelten fällen noch anders kund. Wie ein vokal ein-
geschaltet wird, so wird umgekehrt ein vokal ausgeworfen,
um den verwandten vokal an den labial heranzurücken,
z. b. altsp fucia neben fiucia (fiducia). Wie ein vo-
kal abgeändert wird,^ so unterbleibt umgekehrt die durch
ein allgetneines gesetz bestimmte abänderung '/.a gunsteo
des dem labial verwandten vokale, z. b. fr. amour, la-
■Iblniaches und romaniücheR.
275
bonr^ während das alte -our = lat. -öre sonst regel-
mäfBig zu -eur wird (vgl. was ich über den negativen ein-
flufa jotazistischer konaonanten gesagt habe, lautwandeJ im
churw. 8. 31 fg.). Eiu letztes mittel ist die vokalumstel-
lung, z. b. fr. moelte für meolle (med u IIa), wohl auch
röm boecco, buecco, muecco für *beocco = it. ba-
jocco (irgendwo habe ich ancb baecco geschrieben ge-
funden; aber entweder widerspricht dies dem volkathöm-
lichen gebrauch oder baecco ist selbst erst aus boeeco
durch Wiederannäherung an bajocco entstanden). In al-
len diesen beispieleo wirkt der labial vorwärts*). — Aus
dem gesagten wird hervorgehen, dafs der einflufs labialer
konaonanten auf die vokale ihrer Umgebung weit stärker
und allgemeiner ist, als man anzunehmen pflegt. Wir keh-
ren nun auf den albanisch ea boden zurück. Hier verwan-
deln sieb a, e, i neben labialen vielfach in o, u, ü, eben-
sowohl in einheimischen als in romanischen Wörtern, wo-
durch jedoch die möglichkeit nicht ausgeschlossen wird,
dafs in einigen fällen der labiale vokal aus dem romani-
*) Es aei hier daranf aufmerkBam gemacht, daf» konionanCen nicht nur
gem&J'e der artiknlationssteUe, sondern ancb geraäfs des arttkulaCioQfmioiiua
Tokile lieeinflosgen. M wirkt (und sogar in derselben mnndart ) in seiner
, eigSMohait als naaal wie als labial auf den benachbarten vukal «in. Nach
m und n nSmItch wird der vokal oft nasal. So inetzisch im analant
conv'ain, dreutnin, ^min, niuiün, preuinin, mins = fr. cuove-
nir, dormir, »mi, meunier, prämier, mis, im inlaut cheminre,
demoinzelle, mointi^ = fr. chemise, demoisalle, moiti^, stein-
thal. mänme ^ fr. tnSme, bürg, aimin, genon, venuti = fr. ami,
g ecoa, venu, norm. v. Guernesey c"mlnse(^n halbnasales i), ma^aniB,
roainti = fr- cherpise, nteme, moiti^. (G. Motivier bemerkt in dem
Vorwort zu seinem Wörterbuch, dafs m um! n zwischen zwei vokalen ott den
arsteran derselben nasal machen, fuhrt aber aU beispiel nur das doppel-
deutige ma'inme an). Regelmfifsig ist diese ersoheinuu)^ bei auslautendem
h im kreolischen (auch nach n), z. b. fim^-n, jacnain, meni^n, mobn,
nfen, pafi^n, simin, toüB&n, zariSiin ^ fr. fumde, jamaia, uie-
ner, moi, nez, panier, »emer, tourner, araigni'e. Auf Trinidad
wenigstens heifst es auch raindi = fr. midi, fiiioaler neben fiüoler,
ventieren, von fr. fin. Ebendaselbst bewirkt ein nasaler vokal zuweilen den
Umschlag einer voraaBgehenden media in den nasal derselben reihe, so Dans,
nonc = fr. dans, donc; penoant, commen neben comb^ ^ fr.
pendanl, combien, wo nn = nii, mm = inb nicht etwa wie im atld-
italieniscben zn erklUrcn sind. Von der vokalcasalirung nach ua«alen fin'len
eich auch aufserhalb des französischen spuren; so ist in sizil. mi-ntiri,
kalabr. mfntere nnd sizil. menzu, kalabr. mienzu ein nasales e zu
e -f- n verstärkt worden, Vgl. mail. nUn := nos neben vU ^ vos.
18 •
276
SchuctinrHt
scheu stammt. Regressive ossiniilation nehmen wir wahr
in gjumes = gjimese Cam., halb, geg. Ijupij = tosk.
Ijipej, ich fordere, geg. Ijiipsem = tosk. Ijfpaem, icli
bio abwesend, ä töpej = stip^j , ich verreibe, wohl auch
geg. sopi'ite (R. snpätl = tosk. sfipäte, beil, geg. ätiiii-
töj = tosk. äetn töj , ich entstelle; ferner in den romani-
schen Wörtern dulfin neben delf'in R. (rD'elfin bei H,,
das wegen des Ö griechischen Ursprungs sein mu/s; vergl.
veron. friaiil. dolf'in, span. golfin — eng'- dolphin —
altsl. dolefi ue, serb. duplln), geg, kuböj neben keb6j
(wenn dieses etwa mit gaböj R. = it gabbo nicht blo/'s in
der bedeutixng übereinstimmt), geg. knrabone = tosk.
kambäne, gloeke f vergl. rum. ciimpenS, magyar, kom-
pona, wage), lüin neben limS R. (Hma), supje (vergl.
neugr. (itrvTrta, nenprov. supia ^ &^. a rjuiu oder lat.
sepiii), geg. surbeljc H. neben serbellö R. (salvia),
tomi'ia, deichscl, in der Mnsakjä für teraon H., timön
R. (geg. dflme, Steuerruder, aber wird durch türk. serb.
dumen mit it. timone vermittelt), geg. iipesk H., Ope-
Ikev, öpeskuv, upeskv neben ipeskuv R. (vergL sp.
obispo, c'hurw. iiveachg u. s. w.). Progressive assimila-
tion in: mbül neben mbll, ich verecliliefse, tosk. mbnl-
jöj, geg. muljöj neben geg. meljöj, ich bedecke (beide
verba sind offenbar verwandt; in den verschiedenen mund-
arten heilst der „deckel": mbiiljesfi, muJjcse, mbiiles,
mbiJea), tosk. mburrüs neben liarrös, ich beauftrage,
mböt neben mbit, ich ersticke, geg. muljköj neben
meljküj, ich reiche aus, tosk. poktüa == geg. paktüa,
hufeisen, piil H. R. neben pil Pouq., it.-alb. pfle, piele
Cam., wald (falls es doch nicht aus palude entstanden
ist), puströj neben pästroj, ich hülle ein (Camarda
1,44), geg. vÖ()e = tosk. v;i()eze, mispel, geg. vükete
^ tosk. vakete, lau, geg. vonoj neben venöj = tosk.
mSnöj, ich halte auf, geg. vorr = tosk. varr, grab, geg.
vÖtfirS :-^ tosk. vätre, heerd, vuijöj neben väljöj,
vSljüj, ich siede (vgl. valje, welches wallen subst. und welle
bedeutet; an lat. bullire ist wegen der form mit a nicht
I
albanisches und romanisches. 277
ZU denken, v = b würde keine zu grofse Schwierigkeit
sein, vergl. neap. vollere); in den griechischen Wörtern
tosk. fuel, röhr des destillirhelms (agr. (fiäXr,^ (/ti'/.i/),
geg. mulägS, tosk. meläge (agr.|UaAa;^>; und schoü f^o/^ö/i],
wie neugr, /xoA«/a), geg. m u I e I = tosk. m e 1 e n j e , seh warz-
ameel (&gr. fiilaiva); im slawischen musk R., maulesel
(serb. maska); in den romanischen buril R. (it. barile),
tosk. fuer = geg. fir (die abkunft von filix ist sehr frag-
lich; beide formen setzen ein älteres *fjer, *fer voraus,
womit man das deutsche farren vergleiche), fugür neben
figür R. (figura), furtere Blanch., furterje R. ::= fer-
terg H. (*frictorium), geg. füske, tosk. fiitske neben
fiakg (vesica; vergl. oben s. 271 rom. bu-, vu-), mö-
kere (machina, müblstein), möle (mälum), geg. mukat
neben m&kät (peccatum), geg. muljtsi (denn müljtsi
H. ist wohl druckfehler) neben meljtsi, leber *) (it.
milza), mnndäl R., siz.-alb. mundafä Cam. neben
m&ndki R., mendäfs H. (mataxa), berat, mun-
göj^tosk. mengöj (*manico, ich stehe früh auf), geg.
mnngöj H.R. neben mengöj H., mangöj R. (it. manco),
muris (s. oben s. 250), pogoj neben pagöj (it. pago),
potent R. (it. patena; nicht bei Mikl.), puligrl' Blanch.
(it. pellegrino), geg. pulümg = tosk. pglüm (pa-
lumbes; vgl. rum. porumb), p-urtekg (s. oben s. 244),
geg. purt6j SS tosk. pertoj, ich bin faul (s. oben s. 247),
tosk. Ipflrt neben spirt, geg. äpirt (spiritus), geg.
\j
vfiäk :^ tosk. veäk, ich welke (von vescus); in ande-
ren aus dem romanischen entlehnten Wörtern stammt der
labiale vokal aus einer vermittelnden spräche, wie in geg.
moräje (moräts) H. neben meräj Blanch, fenchel =
marathum (serb. morac), musmüle H., nusmüle R.
= mespilum (türk. musmule, neugr. fiovdfiovXov^
serb. muimula), geg. pugäi (Mikl. pugä' = novyäiv
H.) = tosk. pSgej, ich verunreinige, von paganus (serb.
*) Genauer heifst leben mSljtsf e z^zö, die schwarze 1., gegenüber
mSljtsf e kS'kje, rothe 1., d. i. longe. Ganz ebenso nennen die GrSdner
die leber fujk foscb, die lunge fuj& blanch; die Buchensteiner jene
figk nSigber, diese figk blanch.
878
Schnchardt
bulg. pogan, uorein = alt»I. pogane, heidnisch). Alb.
ruin. biixe, lippe, ist mit ebenso wenig Sicherheit als das
gleichbedeutende span. buz (auch handkufs) auf baeium
2u bt'zieheo. Uebrigens theilt 1 mit den labialen die Vor-
liebe für vorausgehendes o, u und ü (unter den angeführ-
ten beiepielen sind li, in denen I dem abgeänderten vokal
folgt), z b. geg. gjülpäne ^ tosk. gjelpere, nadel,
kulüf neben kglef, scheide (vgl. kälup, form, bes. giefs-
form; vgl. Bgr. xaXvTii Eiv); so in den romanischen Wör-
tern geg. engjul neben engjel (angeliis; vergl. it. an-
giolo), Bolate neben salätg (it. (in)8alata), skjületz
R. (it. Stilette)*). In kukütg {cicuta; vgl. rum. cu-
cutS, serb. kukuta), sugüru, sugür R. ^siguro H.
(it. sicuro adv.) (vergl. oben fugür) hat sich der vokal
dem darauf folgenden betonten vokal assimilirt. Unsicher
ist die erklärung des vokals in kjortoj R. neben kjgrtöj
(certo), geg. kjürÄi R. neben kjersi (mlat. cerasea)
und wenigen anderen. Aus allen diesen beispiclen ersieht
man, dafs vorzugsweise das gegiscbe labiale vokale an
stelle anderer setzt,
S. 80 erklärt M. den Übergang von -on zu -üe, -üa
im auslaut von Hubstaativen für eine räthselbafte Verwand-
lung- Aber der abfall des n kann nicht befremden, da
derselbe auch bei vorausgehenden) i eintritt (z. b. kuseri
^ coneobrinus), und noch weniger die diphthongirung
von o zu üa, da dieselbe eine ziemlich verbreitete ist.
Tosk. üa, welchem geg. üe, iio und häufiger noch ü ent-
spricht, findet sich vor l, r, j und im auslaut, unmittelba-
rem wie mittelbarem (vor fle^fionsendungen). Das wesen
dieses diphthongeu, w^elches Habn und Camarda nicht rich-
*) So auch in pc'tnle, steinacheibe des ■wurfepiela , kleiner runder
Bchnialzgebackener Xachen = agr. :t t taJ.nv, platte; vergl. abd. pedala,
altruBE. petaia, bnlg. petalo. Ist fr. pocle, throntiiTsmel, fUr *p^ole,
wie moelle für meoUe oder ist es eine mnndartliclie form für 'pele
mit eingeschobenem o (a, ob«n s. 2S2fg.)? Im letzteren fat!e wOrde sich auch
po^le in der bedentunff „leichentnoh, trauungsschleier" aus *pele, *paila
spullium erklären lassen, eine ableitung, welche Diez tetym. wb. II ', i02)
für unannehmbar hült, wübrend sie Scheler [Dict. dVtym. fr. s. 263 b) auch
auf poelc in der erntcren bedsulung ausdehnen möchte. Letzterer führt aoe
Palsgrave palle, throabimmcl, poülle, leicbeotnch, an.
albanjscbes und romiioisches.
279
n
tig erfafst hab^n, ergieht sich aus wortableitung und flexion.
Man vergleiche i^jafüar, gewinn, mit agr. ä i ct<f nod ^
zögüa, joch, mit agr. L.V}'6vi für müaj, monat, lesen wir
bei RoBsi neben müoj, muj auch moj. Aber anschau-
licher wird das na ^ o der drei genannten hauptwörter
der deklinatiou. Jjafüar lautet im bestimmten nomi-
nativ djafori; üügüa : zögoi; müaj : moi. Und mit
diesen stimmen eine reihe von anderen hauptwörtem Ober-
in, weniger mit dem ersten (vgl. krab er i'iari, -öri H.,
geg. krahanüeri R., -iiri H. , die brüst, pijüari H.,
geg. pli'ieri, plöri R., ptUig), als mit den beiden letzten.
Die auf -üa kehren überhaupt hei antritt einer endung zu
zurück, mit ausnähme der des acc. sg., z. b. krüa, quelle
(geg. knie'), skodr. krön R. Cam,, vgl. agr. xtjovvog),
k röi, die quelle, gen, kroit, acc. krüane, nom.pl. kröite
oder krönjgtfi, gen. kroivet oder krönjg vet **). Aber
bei den Wörtern auf -üaj steht üa auch noch im plural, so
düaj, garbe, dui, die garbe, gen. doit, acc. düajne, nom.
pl. düajte (R. düitg), gen. di'iajvet, O also bleibt hier
vor i und vor stammhafteni n: kronj-ete (aber krüa-ne).
Der ersten deklination gehört an d(5re, band, dÖra, die
band, pl. düartS, geg. dürStS (so Hahn, aber Cam. und
Rossi düertö). Die substantiva auf -ti'iar (geg. -tiSr;
mundartlich auch ursprünglichea -tor, z. b. tyrann. pung-
tör, tosk. punfetüar» geg. punetür, arbeiter) lauten im
plur. -tüar oder -torg und im fem. -tore (oder -tüare),
z. b. vrektöri (oder vrektüari), der mörder, vrektüa-
rte oder vrektörete, die mörder, vrektöreja (oder
rektüareja), die mörderin. O also bleibt hier, wenn
*) Bei Ro8si nach der 1. dekl. , während er ducL: cologna, ftoi, o
ftüe — itrro, patciie, oi, it — levricre, langüe, i, it, gibt. Es dien«
lies zugleich als beispiel di-r inkoDseqiienz und unzuverlSssigkeit, welche,
ftmmeu mit der gani verfehlten anläge, der brauchbarkcit dieses reich-
kitigen Wörterbuchs beBondcra für phonolopsche untcreTiehnngen ungemeinen
'rag thnn. Auch ist Rossi's italienisch mehr für den Romanisten inter-
nt, Bin für den Albanisten bequem.
** ) Wir fllhren hier die kasus nur in der bestimmten form an, ivio dies
n grammatiken sitte ist, wt-il diejoDlgeii der unbcetimmten form kein
■noment darbieten, z. h. krüa, fontem, krönjB, foiites , düarTii,
I, maaibus.
380
Schnchardt
dem r ein vokal folgt, wird zu üa, wenn r auslautet oder
vor einem konaonanten steht (obwohl der gebrauch der
endiing -tüar schwankt). Oder allgemein für beide ka-
tegorien: o bei voka]is(ih, üa bei konsonantisch anlauten-
der oder bei mangelnder flexionsendung. — In der koujuga-
tion begegnen wir ua neben o zunächst im inlaut des
Stammes; das e, je, ie konsonantisch auslautender stamme
verwandelt der aorist in o. So von stiel oder Stiele,
ich löse (nach Hahn und Camarda):
aor. ind. eing. stöla — sttile — st^H und ätiialg
plur. stolm (-mö) und stüalm (-me) —
ät<{lete, ötölte und ätüalte ^ stolen,
ätolg, Stölng und stüale, sti'ialne,
s t i'i a I n.
koDJ. Stjeltäa und utöltsa u. s. w.
Der aorist kora, pl. kiiarm aber gehört zu korr oder
käar, ich ernte, wovon das pz. (pass.) korre oder
küarturl' lautet (so auch kölJe, husten, eig. pz. von kila-
lem, geg. küietn, ich huste). Ebenso bildet marr, ich
nehme, im sing, mit der nebenfomi müar, geg. mnr, den
aorist möra, pl, müarm, konj. mä rtSa und das pz. mdrre
und mörrfi (über a = üa s. unten). — Die verba, deren
stamm auf o ausgeht, wie kerkoj, ich suche, verwandeln
dies in i'ia im pltiral des aorists (auch in der 3. ps. sg.)
und im pz. So kSrkova, kßrköve, kerköi (und ker-
ki'iaCam), kerki'iam, kerküate, kerküanß (geg. k€r-
küeme, körküete, kerküen Cam.}, im passiv 3- pe.
Bg. nur ukgrküa, ganz wie upljak, aktiv pljaki; konj.
aber kerköfäa n. s. w.; pz. kerki'iare (kärkiiamö),
geg. (kerküene) kerküeme, kerküomc, kerküme (s.
bes. Cam.), Und so auch alte partizipialformeu, wie
kriöes R., schöpfer, von kriöj, punües R., arbeiter, von
punöj. Aber eine ganze reihe von verben, besonders ein-
silbigen Stammes, täjst in allen (lexionsfoFnicu (mit aus-
nähme des sg. ind. aor.) o in üa übergehen, z. b. vüaj
(geg. vuj), ich ertrage, äüaj (geg. suj), ich lösche aus;
von dieeeni die alte partizipialform süate (geg. öut), un-
glückhch, eig. ausgelöscht. Einige verba haben doppelt«
albanisches und romanisches. 281
formen, t.h. pagüaj und pagöj, ich bezahle. Unter den
unregelmäfsigen verben sind hier zu erwähnen: düa H.,
geg. düe Cam. (skodr. doi d. i. doj), ich will, 2. und 3.
ps. sg. dö, aber konj. düa§, d6jc, plur. düamS, d6ni
(döi), düanS; imperf. d6je, doje, düan, döj6m, do-
jSt§, düainS; imper. 2. sing, düaj, 2. pl. düani, d6n\
— und i^-öm, tVem, ich sage, 2. ps. sg. >9üa, konj. {tXx&ä
oder i9'üatd, sonst herrscht im praes. und imperf o; im-
per. -2. sing, v^üaj, 2. pl. L^6i, >oni, i^üani; passiv
t9-ühaem (wie sühaem von äüaj; aber kgrköncm von
k&rkoj) und i9ühem u. s. w. — In anderen fällen ist die
entstebung des üa ans o allerdings nicht zu beweisen, wie
in grüa H., geg. grüe R., frau (best. pl. gräte), wozu
&gr. y^avg zu vergleichen, jüaj, geg. jüj, euer (ju, ihr),
müa H., geg. müe, mu Cam. R., meiner, mir, mich (==
*m6 = *mä?), da die möglichkeit anderer entwickelung
z. b. dnrch büal, geg. hu 1 (bubalus), küaj (cahalli),
früer Bogd., Flur R. (Februarius)*) dargethan wird. —
Viel weitere ausdehnung hat der diphtbong von e, welcher
zunächst in der gestalt i6 oder je auftritt, z. b. bierr oder
bjerr Cam., ich verliere (tscham. bär), di^p oder djep,
wiege, <yiet6 oder ^jetS, zehn (geg. det), piek oder
pjek, ich brate, backe (vergl. agr. ninrca), pieri^ oder
pjerd- (agr. niodu). Da g, k, 1, n aber vor allen vo-
kalen und zwar ebenso unbetonten, wie betonten in gröfse-
rem oder geringerem umfang jotirt zu werden pflegen, so
ist nach diesen konsonanten je als diphtbong von e nicht
nachzuweisen und ji6 wird wenigstens in der schrift ver-
mieden. Zwar lesen wir z. b. bei Hahn kjidlgze, gau-
men, kjieltS, bimmlisch, aber darum, weil diese worte
von kjiel, himmel, abgeleitet sind. Ffir ie pflegt nämlich
unter gewissen bedingungen ie, welches also dem üa = o
vollständig analog ist, einzutreten, und fflr dieses ie wie-
derum unter etwas verengerten bedingungien im gegisehen
und in ganz einzelnen föllen im toskischen l. Beispiele:
*) Die gestalt dieses monatsnamens scheint die des vorliergehenden be-
einflurst tn haben: kaAendtier, kalndr R. =: calendarius, d i. Ja-
ouarina.
282
Sohucbardt
diel, geg. dfl, eonne (vgl. agr. fh'}i.og), perzi'ej, geg.
perzij, ich menge, rrjei'/, rn'efl (auch geg. nach Rossi
riei)), ich fliel'se, tjer, tier, geg. tir (RoBsi tierr), ich
spinne, vjet"^, vieii- H., geg. vi^ ( pz. viediin) R.,, ich
stehle, vär, vjer, vier, geg. vir(Rossi vierr, pz. vier-
run), ich hänge (eineu). Den Wechsel von j6, ie, l kön-
nen wir auch in der konjugation konatatiren. Dem Hahn-
scLen paradigma zufolge (das allerdings bei Camarda we-
sentlich erweitert erscheint) wird je zu ie im sg. praee. :
ind. piel, konj. piel, pielts, pielijg (neben pjele), zu
i in der '2. pl. praes. pilni oder pili, der 3. sg. imperf. pil
oder pilte, der 3. pl. imperf, pilne, und im passiv
pilem u. 8. w. Vom nnregelmäfsigen verbum bie, ich
falle, lauten auch die 1. und 3. pl. praes.; bie nie,
biene. Je (aber nicht ie) findet sich neben i in vlj, ich
komme, vjen, vjen (die nur zufällig an it. vieni, viene
anklingen, da n dasselbe ist, wie in kerkön, k^rkön
von kerköj; vgl. die nebenformen der 1. ps. vi'je, ker-
ko'jS Cam.), pl. vijeme, vini, vfne (vfjene). In deör|
formen ferner, in welchen staramauslautendes o in üa Ober-
geht, sollten wir erwarten, dafs die verba auf -ej ie ha-
ben würden; aber statt dieses diphthongen tritt ein an-
derer, de, ein, so ki'^ej, ich kehre um, aor. ind.pl. kiVtieno,
ki9^uete, kc/uetig (im pass. auch die 3. ps. sg. uki^'ue),
pz. k ij'' Tiere. Aber in einigen fällen durchdringt lie, wie
üa, die ganze konjugal ion, so iVuej, ich zerbreche, Ijiiej,
ich salbe, ngjiiej, ich tauche ein, skjiiej, ich reifse aus-
einander (nur im sing. ind. aor. bleibt e: i^'eva, »9^ve,
li^eu). Dafs dieses ue wirklieb aus ie entstanden ist, zei-
gen deutlich die nebenformen der genannten verba: t^iej,
Ijiej, ngjiej, skjiej; im gegischen wird ue zu ü zu-
Bammengezogen; ^üj, Ijüj, ngjüj , skj üj. Soaucbpiee,
piies, geg. püB, ith frage; bei Camarda auch pi^s,
pöese, püete, skodr. pvete (Rossi pevet). Ie und ue
ßteheo noch nebeneinander in krie, geg. knie, haupt,
dere, thßr, best. pl. dü'erte, geg. dü'rete (so Hahn;
Camarda gibt diierte und dierte an; vergl. oben s. 279
den pl. von dore). I und ü in hij, hüj, ich gehe hin-
' «IbanisehM nisd Tomtniachea.
ein, in ßti'va und stura aor. , It^re und ätüre pz. von
ötie oder stij, ich werfe. Bei diesem bo verbreiteten
vorkommen von ue =: le haben wir vielleicht unrecht
gethan, oben ».277 öe = ie in zwei fallen auf recbnmig
des vorausgehenden labialen zu setzen. Ue ist aus nicht
diphthongischem ie entstanden in fuel, röhr des destillir-
helniB ^ agr. fftn).y]y (ptiki]; aus ue in äufejte, best. pl.
von si\al, sohle: aus *Biiaj wurde zunächst *äüej, wie
aus knäj italo-alb. kuej Cam., und lie, dem toskischen
fremd, verwandelte sich in das hier so häufige ue. Fen-
dü'el, Bchnsterahle, welches M. mit finde re in zueam-
menhang bringt, vermag ieh nicht zu erklären; fendevet
bei Rossi verhält sich dazu wie pev^t xu püet. — Eine
nebenform von je ist j a , z. b. tosk. jatere, tjätere ^
geg. tjetöre, anderer (vgl. agr. ?r4(/(>^), wobi'i die häu-
fige vertauschung von a und e überhaupt zu bedenken ist;
vergl. sizil.-alb. jerda, jardiir = tosk. erda, ärdure
aor. und pz. zu vij, ich komme. — Kaum irgendwo dürfte
sich ein passenderer vergleich för die romanische diph-
thongirung von e und o finden; fern abstehen z. b, die
altiriachen formeln ia = e, ua = ö, zu welchen das
deutsche verwandtes aufweist. Was die gestalt dieser bei-
den albanischen diphthonge betriffl, so bemerken wir zu-
nächst, dai's für ie zwar das ältere ie noch besteht, für
üa aber, dessen bedingungskreis mit dem von ie ziemlich
zuBamnaenrällt, ein älteres uk nicht mehr nachzuweisen ist.
Die sonstige analogie zwischen ie und üa nicht allein be-
rechtigt uns ein solches uä vorauszusetzen. Die neigung,
gerade in dieser vokalverbin<lung den ton nach vorn zu
legen, geht aus küaj = kuäj ( Camard a), pferde , hüa
^geg. hua, leihweise, flu r R., früer Bogd. = Februa-
rius hervor; dieselbe neigung machte sich bei ie nicht
in dem grade geltend, weil ja i als j sich leicht an den
vorhergehenden konsonanten anschmiegte. Ruht doch auch
in dem rumäiiischen dipbthong oa = o der ton jetzt auf
dem 0, was keineswegs das ursprüngliche ist; ja, noch
das Ofener Wörterbuch gibt die ausspräche oä an. Sollte
nicht ferner im ueapol. uo (buono, puorco) u zwar
284
Schucbardt
nicht den TolIen ton, aber docli ein wenig mehr gewicht
baWn, als im toskan. tio? vgl. neapol. fa&t\lo, figliülo,
in denpn u aus uo entstanden igt. Und wenn der diph-
thoiiff ie im roinüDischen nicht selten zu i itusammenge-
zogen erscheint (z. h. spau. silla, vispera ^ altleon.
siella, viespera b. Diez gramoi. I^, 153. Fuchs unr.
zeitw. s. '27 anm.), rnnfs nicht dazwischen ie stehen? Aber
noch mehr für die esistenz einee uä spricht die nehen-
form a von üa, so in gjaj = gjüaj, ich jage, raarr =
ini'iar, ich nehme ( aor. ntOra: 8. oben s. 280), und den
sulhstantiven auf -tär = -tüar, z. b. gj aketar ^ gj a-
ketüar, niörder (fem. gjaket öre; s, oben 8.279). Voll-
ständig ebenso vereinfacht a\v]\ mm. oa zu a in afare
(ad foraa), va (*voIit = vult)*) und für ea = e ist
a geradezu eine sehr beliebte form (s. Mussafia zur rumä-
nischen vocaliaation e. 126. ]lVi. !35 fg.). För ne = o
tritt einige male im spanischen e ein (wie freute, serba
= fronte, sorbuin) und öfter in der miaidart von Lecce
(wie ecchiu, legu, lengu, tertu ^ oculus, locus,
longus, tortue neben cuerpii, fiiecu , muertu,
puerti = corpus, focus, mortus, portas)*'). Das
alh. ie (ja) stimmt vollkommen mit roman. ie (iä, e4)
überein; und wie im ajhanischeu lio, üe, na, so stehen
itu romanischen uo, ne, uä (oä und öa) mundartlich ne-
beneinander und es bleibt nnr zu erweisen, dafs auch dort
uo das älteste ist. Ein öe hat zwar auch das romaoi-
•) MuaBafia a. &. o. 5. 126 zieht auch corBstS (colaftr^) = c o-
lottra hieher; hier aber ücheint die aliSLndernng der eoduTig -ostra in
-astra, das ja lateinischer klang, eine alle zn sein ( s. Diefenbach Glosa.
lat.-gerni. und Nov. glosa. lat.-gerin.|. Auch hvU'st es niagyar. gnlaszta,
kleinruss. koljastra, hulastra, kara*tra.
**) Ich mache Ruf eine eigenthUrnlirhe UbereinBtiinmung dieser mundart
mit dem albanischen (»uwie rvin&iischeD, neugricchiHclien, bulgariBchen) auf-
merliHun], wpU:he in der umsclir'jibunfr des iiifliiUivrt durch das mit einer kon-
junktioD verhutidece verbuni finituni besieht (s. Mihlosich die xlaviBcheD ele-
mente im runiuniai-hen ». 6); so uHa cu binchfa, er wollte erALllen,
ncignaraggi u cu stau, ich werde anfangen zu stehen, Hcnza i-u minti,
ohne Z11 legen (2. ps. «p.), heddn era cu bidi, schön war fn zu sehen
(2. pa. 8g.), sogar mit ellipBo jeu nu hoghiu dicu nienli, ich will nicht«
Mgen. Ist dies messapischea erbtbum? ist dies von Albaniem odei Grie-
eb«n in die T«rra d'Otrauto jmportirt?
albanisches und romanisches. 385
sehe, aber nicht als ausweichung aus ie, sondern aus ue
:= o * ). In beiden sprachkreisen hat der diphthong erklär-
licher weise nur in der tonsilbe statt, z. b. alb. djers^,
Schweifs, aber dßrsij, ich schwitze, wie it. brieve, aber
brevitä. Uebertragungen des diphthongen aus der be-
tonten in die unbetonte silbe kommen indessen hier wie
dort vor, z. b. alb. vje«^, ich stehle, davon vje^gräk,
diebisch, wie it. fiero, fierezza. Betrachten wir aber
nun die übrigen bedingungen, unter denen die diphthon-
girung im albanischen und unter denen sie im romani-
schen vor sich geht, so glauben wir zuerst eine wesent-
liche verschiedenartigkeit wahrzunehmen, nämlich so lange
wir uns mit dem von Diez aufgestellten gesetze begnügen,
dafs der kurze vokal in der tonsilbe vor einfacher und
zum theil auch vor zusammengesetzter konsonanz diph-
thongirt zu werden pflege. Dieses gesetz ist in einigen
mundarten, namentlich im sflditalienischen, churwälschen
und rumänischen, welches letztere ja bei albanischen Stu-
dien immer eine ganz besondere rücksicht verdient, sehr
bedeutend modificirt. Im albanischen erscheint der diph-
thong nicht nur für den kurzen, sondern auch für den
langen vokal, wie im rumänischen, und zwar wie hier, be-
sonders i'ür ö. Ist aber der diphthong weniger oder gar
nicht durch die quantität des ursprünglichen vokais ge-
bunden, so ist er es durch die qualität des vokais der
folgenden silbe. Die formein für das rumänische lauten:
6 e, i, u = e (§),
i g = ea,
6 i, u = o,
6 e, e = oa,
für welche wir auf Mussafia's vortreffliche abhandlung „zur
rumänischen vocalisation* verweisen. Formeln andern Cha-
rakters finden wir im süditalienischen und zwar diese am
klarsten im kalabrischen (wenigstens in der mundart, in
♦) So auch alb. arstt'e Gnagl., aresu'e Blaneh. = ratione; offen-
bar bewirkte ein non geachwondenee i ('arSsiüe) den ttbergang des u in U;
Tgl. Übrigens Stt'ej =: *iiiej oben a. 283.
Schuchsrdt
welcher die Übersetzung der Gerusalemme liberata abge-
fafst ist) dargestellt:
e....a, e^e, z. b. verapl. vere jprega i
e . . . . i, ü ^ ie, z. b. vieru p!. yieri i priegbi, priegu i
ö. . . . a, e ^ o, z. b. bona pl. bone j voglia konj, j
ö i, u = uo, z.b. buonu pl. buoni] viiogliu ind. \
Und dafa aicht blofs der auelautende vokal entscheidet,
ist aus riegula, rieprica (it. replica), supierbia —
Antiuocchia, cirimuonie, gluoria ersichtlich. Wir
berühren noch das neapolitanische, weil hier die eben an-
gegebene regel dadurch ziemlich verdunkelt worden ist,
dafa aoslautendes i durch e vertreten wird (alle vokale
werden im auslaut zu e abgeschwächt, aber nur für das
zunächst davon betroffene i durchweg e auch geschriebeu).
e », e = e, z. b.
6 e (für i), o (kal. u) != ie, i*), z.b.
aperta pl, aperte / mela pl. ]
apierto pl. apierte ) milo sg. '
6 a, e = 0, z. b. (
6 e (für i), o (kal. u) = uo, u *), z. b. i
bona pl. bone | voce sg. i
buouo pl. buoue ! vuce pl. \
In der konjugatiou kommen diese formeln nicht zur vol-
len auwendung; o wirkt nicht mehr wie e ^ i, sondern
wie e und a**), z. b. eredo, cride, crede, 3. pl. cre-
dono; so lauten die 2. ps. sg. von rcsto, mostro,
porto: rieati, mustre, puorte, das imperf. der 2. und
3. oonj. -evo, -ive, -eva u. a. w. Man vergleiche hier-
*) Wir babea bki wandlangeD, -welche nicht nur e und o und zwar
von dem diphthongirteD e nod o ijuanlitadv rentchiederieg, sondern grorsen-
theils Bucb ursprUnglicbee i und u (z. b. friddo, fredda — maacio,
mascia) betreffen, wegen der gleichbvit der bedlngiiDgen eingefügt.
**) Sobald als mit der ehen berührten trObung elmmtlicher aaslaaten-
der Tokale die Ursache der diphthotigiruug Hcbwand, ergab sieb fU* die-
selbe ein zweck, nUmtich formen zu scheiden, die sonst zusammeogefalleu
sein wurden. Die 8. pl. praes. braucht nicht geschieden zu werden; di«
1. sg. des praes. und iraperf. aber bedarf eher der scheidong von der 2. sg.,
als von der 3. sg. Dasselbe gilt fUr die abUnderang von o zu i, von o an
u oder die rttckkehr von e und o zu urspr. i und u.
albinisches nnd rumuiiBoheB.
287
mit das sardiacbe (logudoresiache) gesetz für die offene
le ausspräche des
und gescblc
und
J
eae
gilt
vor
a, e, 0, diese vor i und u, z. b. bene, beai (venis),
chena (cena), velenu; cönca, köpf, coru, fogöne,
fogüsu (foc). Näheres, aber keineswegs abschliefsendes,
bei G. Spano. Im obwaldischen churwälsch finden wir
zunächst ie = e und = o in vor- und drittletzter eilbe
vor i, z. b. diimiesti (domeaticuö), gliergia (gloria),
und e und o, nicht ie, vor a z. b. iess (ossumj pl.
o8sa^ cuviert (copertua) fem. ouverta, was durch-
aus dem grundsatz des kalabriscben entspricht. Aber auch
ein 8, ohne vokal, heischt vor sich den einfachen vokal,
so pl. und praedik. sg. cuverta, so dafa wenn hier von
anfang an die entscheidung zwischen diphthongen und ein-
fachem vokal nicht von der existenz einer endung über-
haupt, sondern von der qualität des folgenden vokals ab-
hängig war, ein solches ursprüngliches verhältnifs schwer
erkennbar geworden ist. Was ich nämlich darüber im
vorigen jähr schrieb ( Lautwandel im ehurw.), scheint mir
nicht erschöpfend; da nun aber Äacoli die untersucbungea
ober das mittelromanische, dessen aprödigkeiten sein Scharf-
sinn gewachsen ist, begonnen hat, so dürfen wir von ihm
getrost die lösung unserer zweifei erwarten. Dafs die
diphthongen von e und o in den verschiedenen mundarten
keinesweges eines wurfee sind, macht uns das churwälache
am deutlicbsten, wo neben ie = e noch ea (beides auch im
rumäoischeici) und im engadinischcn neben üe, ö = o noch
und oa bestehen (vgl. oben a. 268 anm.). Behält man
dieses im äuge, so wird man manches scheinbar ganz ver-
schiedene, ja entgegengesetzte zusammenfallen sehen. Kalabr.
menza und rum. miazg (media) harmoniren freilieb, so
einzeln genommen, nicht miteinander; aber das verhältnifa
zwischen kalabr. niien zu und menza, obw.-churw. miez
und mezza, meazza, rum, miezü und miaze ist voll-
kommen dasselbe; und so deutet auch rum. osii pl. oase
mit churw. iess, ossa, rum. koptü, koptii, koapte,
koapte mit kalabr. ciiottu, cuotti, cotta, cotte auf
das gleiche piincip zurück. Sind vielleicht it. buono
288
Sfihuahardt
bitona, piede piedi nur erweiteningeo aus buoDo
boua, pede piedi? — Im albanischen eine derartie;e be-
stimmung des diphthongen durch den foigeudpn vokal ttn
erkennen, hat uns diese heiläufige Untersuchung nicht be-
fähigt; iu fällen wie krüa, kroi, welches äulsertich z. b.
dem rum. oae, oi (ovis, oves) ähnelt, handelt es sich
um vokal und uiehtvokal, wie in churw. cuviert, cuverts
lim endung und nicbtendung. Doch ist immerhin auch
hier die möglichkeit vorhanden, dafa vokalunterschiede
thätig waren, welche später sich ganz verwischten. Dies
gilt ja auch z. b. von käts pt. kets, weber, sklav pl.
sklev, Sklave, die erst durch rrap pl. rr^pe, platane,
träp pl. trep<', grübe, erklfirt werden; nicht der vokal als
solcher bewirkt den uuilaut, sondern als pUualiecher, wi^aus
napp& pl. neppg, käsetuch, nate pl. nete, nacht, hervor-
geht, wo dem einen e nicht derselbe vokal zu gründe liegen
kann, wie dem andern. — Die albanischen diphthongen von
o und e treten in einer ganzen reihe von romanischen Wör-
tern auf. Beispiele für -lia, -lie (-li) ^ 6n bei M.
s. 80 fg. Doktüer Btanch. = doct6re, wie die einhei-
mischen uamen in -tüar, -tiVer, -tür = -tor (s. oben).
Auch in süat H., geg. Äiiel Blancb., snA R. = geg. sollg
H. (solea; it. suola) und in einer reihe von Substantiven
auf -üel {-^olua, vulg. -eolusj, wie geg. frassüel
Blanch. (auch frasüle H. *}J, kapriiel Blanch. (auch
kaprüA R., kapnilj H.), lentsüe Blanch., spanjiiel
Blanch. (auch spanjül R.) = it. fagiuolo (neap. fa-
8Ülo, neugriech. (paffovli, makedorum. fasüiliu), ca-
priuolo, lenzuolo, spagnuolo (span. -uelo) ist ue
trotz der romanischen Übereinstimmung wohl kaum als ro-
manischer diphthoog aufzufassen **). Solchen aber glaube
ich im anlaut folgender Wörter zu erkennen:
*) Wagen des eingeBohaUetcn r vgl. span. frisnelo, frisol, frejol
(port. faijäo), dessen herkuiift von pbaseolus Diez etyra. wb. 11*, 193
wohl mit uurecht beanstandet.
*•) Das von WindUch ai& klemeotiniscb angeAlhrle riieta = rot»
befremdet U. mit recht.
albanische« and romiinUches. 289
ve, geg. vö (Rossi voe) = ovum (it. uovo).
välj, väj, geg. vöj = oleum (oeap. vuoglio).
geg. v6pr6 = opera (fr. oeuvre, sp. huebra).
, , . , „ „ . \ beide Wörter be-
ge.r. verp, tosk. verbgrä = orbus r . « ™, . ,
^ ^ , , »_ _ , Pinfluisten sich
geg. vort, tosk. vartSrgssorphaDusl . ., .
* * ' *^ Mn ihrer form.
Wer hier nicht blofs urverwandschaft und in dem v das
alte digamma sieht (wie in vöggljg, klein =s agr. uXi-
yoi'), wird ve, va neben vo in gleicher weise erklären
wie üe, üa neben üo, obschon geg. vo- = tosk. va-
sioh in verschiedenen einheimischen Wörtern (s. oben
8. 27U) zeigt. — In dem je von vjet6r8 (vetere) und
den übrigen von M. s. 82 fg. angeführten Wörtern kommen
sich das romanische und albanische entgegen (besonders
hervorgehoben zu werden verdient kjiel, geg. kjll (cae-
lum) wegen der albanischen behandliing von ie); immer-
hin ist der diphthong mehr auf recbnung des romanischen
zu setzen, wie aus dem umfang seines Vorkommens in ro-
manischen Wörtern erhellt. Wo ihn das romanische ver-
meidet, da gewöhnlich auch das albanische. Vor zusam-
mengesetztem n pflegt e nicht zum diphthongen gestei-
gert zu werden ; es bleibt, wird e, oder a (im geg.), oder i
(nach rum. sitte; so geg. gjind = rum., nicht blofs ma-
kedor., ghintö, gintg, so auch kjint = centum,
kjint, geg. kint == cento). Ja = e steht inlautend
in kjark (circus, vulg. cercus) *), mjal Pouq.,
mj41tg H. (mel); anlautend in jäätg (extra), aber
j^tS (aetas). In äaljg (sella) ist das j von ja mit
ä zusammengeflossen; vergl. rum. äeä, auch äa gespro-
chen, und obwald.-churw. purschalla =s 'purschialla
u. s. w. (lautwandel im churwälschen s. 6). Hingegen mag
ä4rre, säge (ebenso rum.) auf das früh belegte sarra =
serra zurückgehen.
M. bemerkt s. 86, dafs k und g. vor e und i jotirt
werden (so auch in kjimino und kjiprS, die besser auf
•) Keben kerköj (circo), wtthrend in kjarte neben kjertdj (oerto)
j zum k zu gehdren scheint.
Zeitwshr. f. vgL sprachf. XX. 4. ^9
£90
Schncharflt
xi^ftivov und Cyprium, als auf cumiautin und cu-
prum bezogeu werden), Uiiler den daselbst angeführten
beispielen sind einige, in denen je statt a steht, nämlich
gjelj*) (gallus), kjerre {bei Rossi kerr und tserr)
neben karre (carrus), skjebe (ecabies); ihnen sind
hinziizafügen gjelbßr Kaball. (galbinus), kjeljkj, bei
Rada keljkg (calice), kj§n, geg. kjen (canis), kje-
pre, geg. kjeper (capro). Vgl. skas, geg. skjes, ich
gleite ans. Das einfachste ist, hier eine abschwächung
des a üu e, die ja auch sonst mehrfach vorkommt nnd
jotirung des giitturals vor diesem e anzimehnien (vgl. Hahn
gramm. 8. 2(j anm.), wobei ich jedoch auf die Schreibun-
gen mit einfachem g und k vor e, weil durch sie die
ausspräche schlecht verbürgt erscheint, kein gewicht lege.
Wie zwischen vär und vjör, ich hänge leinen) 'ver ge-
standen haben ntuls, so scheint zwischen cauis und kjen
*ken gestanden xu haben. Ich sage „scheint"; denn eine
andere möglichkeit ist allerdings noch vorhanden: g und
k sind vor a jotirt worden und j hat unmittelbar darauf
das a 7Ai e ati»imi]lrt, so dafs die durcbgongsstufen gja,
kja sich nicht erhalten haben; vgl. kjelbeni ^ 'kj älbem
= kaijbem, ich faule. Mau vpird fragen, wie g und k
in den genannten Wörtern zu dieser uiodihkation vor a
kommen können, da sie ja, in romanischen Wörtern we-
nigstens, vor diesem vokal in der rcgel und vor o und u
immer unverändert bleiben. Jedenfalls, wenn auch alb.
gj^) gji ■ g"*? g" ""^ ^i^i l^j i '• ^^f l^'i i" romani-
schen Wörtern nicht hiätorisch den gleichen urromanischen
verhältüisseD entsprächen, sondern einen rein albanischeo
Charakter trügen**), würde doch die analogie zwischen ro-
*) let in geg. gul a vor 1 in ii (ibergegangea? a. oben e. 278.
**) Wenn wir z. b. die mit g und k nnlnuteiMien einheiiniücbeD wörter
dea ulbanlHctien dberbliokeii , ao ergibt aich , dal's vnr t, i, U gj am) kj
regelmälsig, g und k oar ganz ausTiahmsweiee vorkommen; umgeltebrc vor o
und tt g und k die rege), gj und kj die auanatime sind (und noch ist bier
d«r rirsprung dfs j aue i zu bedenken). Vor ö, dessen urspruDg ja ein »ehr
niannichfahiger ist, treten g und k liiluiiger »uf nie gj und kj. Anderseits
iül «■ siclier, dafg all« oder die meisten lutaioischen wiirter zu einer zeit im
altalbaniscben eingaug gefunden haben, als in der lateiuischen volks.iprache
g und r stbun ander» vor e und i, al? vor a, 0, u lauteten. So scheint
denn lateinlüche und albanische ubservanz zusiamtnengetrofFen zu sein.
mlbanischf's anil
291
Inantspb und albanisob hexOglich dpr behandhiog der gut-
turale eine vollkoinmetie sein und wir das recht haben,
fär unsere voraussetKung von alb. gja, kja uns auf rom.
gja, kja zu berufeu*). Und iu der that kennt aucb das
ronianiäche eine aasibilatiou der gutturale vor a, beschränk-
teren umJangs und etwas jüngeren Ursprungs, als die vor
e und i. So ist in fr. c harn p ch ^ cj. Ich hatte einst
die veruiuthung von Diez, dafa dies fr. cb durch eine
keblspirans mit c vermittelt werde, getbeilt; diesen irr-
tbum r.u berichtigen gab mir das etudium deB niittelroma-
uischeu geiegenheit. Wenn z. b. cnrium, cura im en-
gadiniac'hen zu ehör, chüra werden, so sind, was merk-
würdiger weise Diez gramm. I ', 248 flbersehen hat, nichl
o und u, sondern 5 und ü die Ursache der verwandhing
des c in ch. ö und ö aber gehören bezflglich des ein
fluBses, den sie auf den vorhergehendeu konsonanten aus-
üben, 7A\ e und i; ohö, cbü sind assibilationen, wie
tsche, tschi und wenn für diese als älteste stufen kje,
k j i anzunehmen sind, so auch für jene kjö, kjti. Chüra
^ *kjOra verhilft, uns aber weiter zu engad. chanip ==
'kjannp. Unmöglich geradezu diese entstebiing von fr.
und churw. cba (die übrigens jetzt verschieden lauten) zu
verkennen, ist es für denjenigen, der die mundartlirhc reibe
carn, chiarn, [ehern,] chiern, cern (im ticinesi-
schen) bei Biondelli Saggio sui dialetti gallo -italici s. II
beachtet hat. Das verdienst dieser entdeekung aber ge-
bahrt Ascioli, der schon früher die richtige einsieht in die-
sen Vorgang gewonnen hatte und der ihn auch zuerst in
klarer, überzeugender weise Corsi di glottologia 1 , 44 fg.
2ni^ fgg. anm. auseinandergesetzt hat. Wenn nun auch die
assibilation des c vor a im romanischen feststeht, so scheint
doch die physiologische erklärung Schwierigkeiten ku ma-
chen. Warum übten o und u nicht die gleiche Wirkung
auf den guttural aus? Ea gibt so unmittelbare angleicbun-
gen von lauten, dafs sie ganz selbstverständlich z\i sein
* ) Wir werden im folgenden der kUrzp halber da« dem k und g ge>
meinMme nur am k erläutern.
19*
892
Schuchardt
scheinen. Dafs k in unserem kinti einen anderen laut
bat, alä iu unserem koniineu, ist längst walirgeuouinieD
worden. Aber wenn man k' vor e und i von k* vor
a, o, u unterscheidet, so genügt dies noch nicht. Man
könnte vielleicht anaehmeii, dal's von haus aus jedem vo-
kulischeu laut ein anderes k adaequat ial; jedenfalls lie^t
das k ffir a zwisi^hen dem k für i' und i und dem k für
o und u mitten inne uuil wenn in der einen spräche es
nach dieser richtnng hin abgeändert wird, 8o kann es in
der anderen nach jener abgeändert werden. Denn keines-
wegs ist die nfiance eines konsonanten an einen bestinanj-
ten vokal gebunden; es geschieht, daft eine solche vor
allen vokalen zur herr&chaft gi langt. Lj, d.h. mouillirtea
1, ist eine fortselzung von dem 1^ Brücke's, welches am
leichtesten sich mit i spricht. L j , und also nrsprüngücb
P, tritt im katatonischen und ebenso im albanischen vor
allen vokalen auf, im churwälschen aber nur vor i oder ü
(z. b. obwftld glinna, engad. glüna = hina), Manche
romanischen mundarfen begünstigen k ' ; in ihnen über-
schreitet sein gebrauch die allgemein -romanischen grän-
/en, indem er sich auf das nächstliegende gi-biet erstreckt.
Es könnte k'a, k'o, k'u in aufnähme kommen, aber
nicht k*o, k'u allein, während k*a*) goi^yuochf ii würde.
K' aber ist die wurzel von kj , wie 1' die von lj. Wenn
im französischen n. s. w. k)e, kji älter sind als kja, so
hat das seinen grund darin, dafs k'e, k'i älter sind als
k^a, dafs sie sich schon zu kje, kji vorschoben oder
vorgeschoben hatten, als k'a aus k^a entstand. Die äl-
tere stufe für kj ist im franz. ch, die jüngere p; daher
pikard. che, cbi — ca; fr. schriftspr. ce, ci — oha.
Wo aber k'a, wenn auch jünger, doch mit k'e, k'i noch
gleichzeitig ist, wird gerade in jener Verbindung k' am
ersten oder überhaupt zu kj fortschreiten, da es mit a
sich weniger verträgt als mit c und i und deshalb eines
vermittelnden i bedürftiger ist. So erkläre ich es mir.
*) Nach dem oben gesagten eigentlicb k'~*a; aber w^ir wollen hier
nur den nnCfi-schied dv8 k vor a von dem dos k vor e und i bexeichneD,
uicbt dessen andereu uiiterachiecl vun dein k vor o und u betunrn.
albanUclies und romanisches.
293
dafs während das kymrische sonst gar keine jotazjstiechen
neigiiiigen zeigt, fi'ir «a in der mundart von Powys cia
iiiid in der von Dyved ciea gesprochen wird, z. b, ciar,
ciear = car, flofs a. In der mundart von Gwent stellt
sicL i nach jedim kousonantfD, aber doch wobi nur vor a
(ausnahiiiBweiöe vor e = aj ein, wie ich aus den folgen-
den beispielen ersehe: biad ^ bad, boot, oiader =
cader, featung, cias = cas, hafs, grias = gras,
gnade, gwias = gwas, jflngling, gwliad = gwilad,
land, hiaff ^ haff, grift", miab = mab, söhn, miaes
= maes, feld, uiage ^ oag^^ nein, rhiad = rhad,
frei, tiad ^ tad, vater — cieffjl = ceffyl (ca-
buHus). So ist es denn nicht unmöglich, da(g auch im
albaDischeii eine spur der jotazirung von g und k vor a
sich zeige. — K in den Wörtern, welche zur zeit der Rö-
merberrschaft in Epirus importirt wurden, hatte keinenfalls
jene erste stufe der assibilation kj , die wir ja auch als
albanisch betrachten können, überschritten. Sogar wenn
auf ce, ci noch ein vokal folgt, bleibt der guttural (s.
vok, des vulgl. I, 15 1 anm.). Es ist dies um so weniger
wunderbar, als auch das rumänische den guttural in eini-
geu fällen und eine allerdings ferne mundart, das Bardi-
sche, ihn meistens gewahrt hat. Eher lassen sich epu-
ren von der assibilation des te, ti vor vokal entdecken;
arsue Guagl. ;=: ralione, püa = putens halte ich fdr
sehr alte eutlelinungen. Im kymrischen besteht ein ganz
ähulicheij verhältnils, obwohl das römerthum bis in's fünfte
Jahrhundert in Brittannien ausdauerte. C bleibt vor e, i:
cegid ^ cicuta, diffygio = deficere, ffasg ^^
fascis, pyg = pice; vor e, i -H vok. : nadolig (weib-
nachten) ^ natalicins, aelsig (wurst) = ualat. sal-
sicium oder ealsucium. Bemerkens werth ist tengl ne-
ben cengl = cingula; es steht für 'tjengi (vgl. rura.
tjingg neben uhingSj. Wpnn llusern ^ lucerna
wirklich froh im kymrischen vorkommt, so fällt es als aus-
nähme auf. Ebenso bleibt t vor e, i -f- vok.: prid ^
pretium (vgl. pritum, vok. d. vulgl. 1,418), teirthon,
teirtbiuu = tertiana, was man dann als plur. auft'afste
behardt
uod woraus man einen sing, tairth zurflckkonstruirte. Da-
nebeo netiies, botschaft =: negotium, rhesiom s=r ra-
tione, von deiitn jenes sicher alt ist. — Innerhalb des
blbaaischen aber selbst duderte sich, nicht allgemein, son-
dern mundartlich, kj zu ts ab, wie im romaniächen und
in vielen anderen sprachen, so auch dem benachbarten
neugriechisch. Ascoli nimmt die reihe: kji, kz, "'s, ('s), c
an; doch kz^ ''s läfst sich meines wissens nicht belegen.
Zwischen kj und ts liegt t j ; ts oder um uns mit BrQcke'-
scben zeichen verständlich zu machen t[8^;f*] ging zu-
nächst aus t/^ vor, indem mit dem gutturalen reibelaut
der der vorhergehenden explosiven entsprechende reibelaut
tich verbindet. Brücke setzt zwischen ky' (kj) und t;^' :
k;^', ich aber ty' (tj) mit hinblick auf die zahlreichen
belege der formel tj :^ kj oder ti j= ki (z. b. kien,
tien, ohien in nord französischen mdd.). Diese formel
kehrt sich auch häufig um, so im albanischen z. b. geg.
belebuk] = balbutieus, piskjole == it. pistola,
skjflletz R. =s it. stiletto, vielleicht auch skjerra ne-
ben stjerra pl. läninier. Von t = tj habe ich vok. d.
vulgl. III, Öl {vgl. dazu das eben augeführte kymr. tengl),
wie von d — dj ebeiid. 111, 25 gesprochen. Dieses d ^
dj ist, wie mir aus Schneller die rom. volksinuud. in Sfldtir.
1,85 bekannt wird, in gewissen it. inuud arten Tirols eine
»ehr gewöhnliche erscheiuung (z, b. dii, dö ^ it. giä,
giü); nur hätte Schneller nicht meinen sollen, dafs ähn-
liches sich weiter auf romanischem Sprachgebiete nicht fin-
den lassen würde. Last, oot least aber ist ts; Ascoli
unterscheidet davon ausdrücklich das c des italienischen.
Gewils hat er als feinhöriger Italiener und scharf beob-
achtender Sprachforscher mehr aussieht als irgend jemand,
die ausspräche des it. c richtig zu bestimmen. Dafs er
mich aber von der vermeinten natur dieses c durch seine
ausführlichen auseinaudersetzungen in den Corsi (I, 197fgg.)
ebensowenig überzeugen kann, wie einst gesprächsweise^
bedaure ich um so mehr, als gerade er so viel zur aufkl&-
rung der geschieh to des indogermanischen k beigetragen
hat und gerade dieser puukt ihm sehr am herzen zu lie-
slbanischei and romaDisches.
295
gen scheint. Ich beharre nicht auf der identität des it. 6
uud doä deutschen tsch. Es gibt verschiedene s und das
in tach mag vielleicht etwas weiter nach hinten artikulirt
werden, als das in c (vgl. Brücke grundzüge s. 64). Aber
ich mufs bezweifeln, dafs die Italiener die Deutschen an
der ausspräche des 6 erkennen; denn in Deutschland selbst
wird tseb (wie in Italien vielleicht auch c) ziemlich ver-
schieden gesprochen. Doch ist es nicht die qualität des ä,
auf die Ascoli rftcksicht nimmt, sondern der gesamratcha-
rakter des c. Ihm zufolge ist es kein zusatniuengesetzter,
sondern ein geuiischler laut (suono complesso). Die ge-
mischten konsonanten Brileke's*) (die dieser als zusam-
mengesetzte bezeichnet) sind dauerlaute; das c Ascoli's
ein momentaner. Er glaubt, dafs a priori eine kategorie
von gemiüchten momentanen konsonanten zulässig sei. Es
läfüt sich zunächst an eine konibination von verscblul'slau-
ten denken. Der lippenverscblufs mag mit einem der
beiden verschlusse, welche mit hiilfe der zunge gebildet
werden, zusammenfallen. Doch ist es noch sehr die frage,
ob die gleichzeitige lösung (oder bildung) der verschlusse
wirklich einen eigeuthütnlichen laut erzeuge. Aber wir
müssen mit Brtlcke s. Hl die mögliehkeit läugneo, einen
verschiufslaut mit einem dauerlaut zu kombiniren. Ich
spreche nicht davon, dafa zwei solche laute nicht gleiche
dauer haben, sondern davon, dafs sie nicht gleichzeitig
sein können, und zwar d.efshalb nicht, weil die bedinguu-
gen, unter denen sie entateheu, immer aufeinander folgen.
Ascoli sagt 8. 'iOO: „Immaginiamo un'' esplosiva, per la
quäle la lingua formi il contatto a un di presso come e
per t, e passi poi rapidamente ^ per Fistante dell' esplo-
sioue, alla postura in uui e nel proferimento di ä, ed
*) Ich nehme hier nur auf dessen systetn beiug, nicht weil es mir
seibat das eiuleuvhteiiflste isi, »undern weil sich Ascoli's dedukt.iun auf das-
aelb» stutzt. 2war bemerlct Ascoli s. 19g anm., diifs Merkel in diegem
punktß der wahrheil ntther gekommen zu sein scheine. Wenn c unter die
Merkelechen consonantes coGcretae, bei denen aber „die beideraeitigen
mechanismen »ii:b nicht unter einander vernii^chen, nondem nach eiunnder
zu cchSr kommen" (M. physiologie der nienschl. npr. ■■268 fg.), gerechnet
wird, so habe ich dagegen nichts einzuwenden.
Schuchardt
otterremo, non t o 5, ned entranibi, ma Tesplosiva 6".
In den worten „passi poi rapidamente" echeint die Wider-
legung der aueicht Ascoli's involvirt zu sefn; sie drücken
fibergaug, folge ans und bringen das mofuent der Schnel-
ligkeit in rechnuug, welche doch nirgends einen wesent-
lichen unterschied begründet * ). Man vergleiche beson-
ders die Worte Aseoli's auf der vorhergehenden seite:
yQimle pur sla la rapiditä con cui si possa proferire il
gruppo ts o dz in vintsere o tindzere, non si otterrä
mai, che, serbatiiie distinti i due elementi, n'esca il vin-
cere o il tingere della pronuncia italiana''. Der irr-
thum Äscoli's beruht besonders darauf, dafs er nicht nur
in der art des verschlusses selbst, sondern auch in der art
seiner lösimg ein wesentliches moment erblickt; denn ein
und derselbe Terschlufs wird immer den gleichen kooso-
nanten ergeben, wie er auch gelöst werden mag. Dafs 6
kein momentaner laut ist, erkennen wir schon daran, dal's
wir ihn nicht durch plötzliches abschneiden des luftstronis,
durch Herstellung des verschlusses erzeugen und dal's wir
ihn daher auch nicht verdoppeln können. In fat-to hö-
ren wir erst bei der bildung des verschlusses ein t, und
dann eines bei der lösung desselben ; beide sind durch eine
pause getrennt. Man spreche aber faccio; es wird dies
Diininerroehr fac-(;o, sondern inamer fat-tio sein. Auch
auf historischem wege vermögen wir uns c aus tö nicht
zu erklären S ist aus 8 und jy entstanden ; diese beiden
reibelaute können sich zusammenschieben, da ihre artiku-
lationsstellen nicht dieselben eind, soudern hintereinander
liegen; t aber und das in s enthaltene s gehören derselben
reihe an ( — kann werden, — — nicht). Von die-
sem gesichtspunkte aus wäre [t;^] wenigstens denkbar.
Hätte sich übrigens aus tg ein einfacher l«ut gebildet, so
mtifste sich ein einfacher laut auch aus ts bilden können
und sollte dann ein solches dem c entsprechende z von
AbcoH nicht iu irgend einer italienischen mundart nacb-
*) Im it. £ iitt atlerdiiißa S anf's innigste mit t verbunden und wird
ganz kurz gesprochen, wUhreDd dies im deubiubeD niubt immer der fall int,
vielmehr » olt sehr ^fiicliiu gesprucbeii wird.
albanUcbea und romaniaches. 297
zuweisen sein (vergl. Corsi I, 23 anm. 12)? Kurz wir
glaubeq, dafs der berQhmte gelehrte sich durch ähnliche
umstände zur annähme eines einfachen ö bat verführen
lassen, wie diejenigen sind, auf welche man bin die ein-
fache natur der mouillirten konsonanten behauptet hat.
An der stelle, wo M. dartbut, dafs wie im romani-
schen auch im albanischen der iat. casus obliquus und nur
in seltenen fällen der nominativ zu gründe liegt, hätte er
auch an die entlebnung einer albanischen pluralendung aus
dem lateinischen erinnern sollen. Das -or-a lateinischer
neutra, welches in der spätesten Volkssprache auch auf
masculina übertragen wurde, hat sich in italienischen mund-
arten als -ora, -ura (selten -era, -ira) und im rumä-
nischen als -uri, alt -ure (s. Mussafia im jahrb. X, 356)
fortgesetzt. Diese euduug lautet im albanischen -era (bei
den namen lebender wesen -ere) und auch Camarda kann
sich des eindrucks dieser Übereinstimmung nicht erwehren.
Dafs dies -Sra oder -gre im albanischen ursprünglich
fremd ist, geht auch daraus hervor, dafs ein sehr bedeu-
tender theil, vielleicht die hälfte der so deklinirten Wörter
lateinische Wörter sind und zwar besonders solche, deren
singularform im albanischen um eine silbe verkürzt wor-
den ist, so Ijümg (flumen), Ijümgra — uibrett (im-
perator), mbr^ttöre — oipp (nepos), nippere
— prift (presbyter), priftSre — unkj (avunculus),
ünkjSre — v4p6 (vapor), väpera. Vergl. rum. sorg
(soror), suröri, doch auch norS (nurus), nuröri.
Auch noch andere aualogien der albanischen mit der ru-
mänischen deklination bieten sich dar. So erinnert das
alb. plural-j von stammen, die auf k und 1 (Ij) ausgehen,
an das rumäu. -i, -i um so mehr, da 1 hier und dort
schwindet, z. b. alb. fll (Tilum), flj — kalj (caballus),
küaj = rum. cal, cai. Wie im albanischen stammhaf-
tes n im sing., als auslautend, abfällt, im plur. aber vor
8 gewahrt wird (krüa, krönje), ähnlich schwindet im
rum. 1 im sing, vor e und mit diesem, bleibt aber im
plur. vor e (steä, stele)*). — Ueber die art und weise,
*) Hit dem artikel lautet stei = Stella : eteioa, d. i. ste^o-a;
t96
Scbacbardt
wie die verba aufgenommen werden, ist auch noch ein
wort hinzuzufügen. Die meieten treten begreiflicher weise
in diejenige Itonjugationsklasse ein, welche die zahlreichste
ist, nämlich unter die verba auf -öj (Lsg- praes.), mögen
sie nun im lateinischen der a-, e-, i- oder konsonantischen
konJHgation angehören, z. b. certare, languere, lenire,
inaledicere. Einige indessen stellen sich zu den verben
auf -ej, nämlich engjej (ungo), fäljej (fallo), kgm-
b6j (vulgl. cambio), mgrtzej (it. meriggio ), peljkjej
(placeo), äembel^j ('similio), serbej (servio),
skendej (sein ti llo), sperej (spero), urrej (horreo),
vBljej Cara. (valeo). Der grund dieser ausweichung ist
nicht [eicht zu bestimmen; man könnte an einen vorwärts
wirkenden jotazistischen einflufs denken (von welchem nur
in spero und ungo keine Spur zu finden wäre; fallere
wird rooianieeh fallire), wenn nicht eben in Ijöngöj
(laugueo), Ijenöj (lenio) e, i wirkungslos geschwun-
den und in krjoj, krüjöj R. (creo), öenj<jj, ich strahle
(siguo; aber 8§n6j, ich zeichne auf) j wirkungslos ge-
blieben wäre; wegen krejöj, ebenso strupijoj Blanch-
(it, etroppio), fltudejöj Blanch. (it. studio) vgl. neap.
ej in tonloser silbe vor vokal ^ i. Durch den ausfall von
koDSonanten ergeben sich formen wie driaj (debeo),
skruaj (scribo) (i4i denen u nicht etwa wie n in küaj
(eab al 11) aufzufassen ist) und liiaj(ludo), rrüaj(rado)
för 'dßvüaj, *deiiaj u. b. w. Man hat die erweiterte
form -üaj der einfachen -6j vorgezogen, um den einsilbi-
gen Wörtern mehr gehalt zu geben. Während aber hier
der Stammvokal vor dem der endung geschwunden ist, trat
in einem anderen falle das umgekehrte ein: arrij, harrfj
H. (fehlt bei M.), geg. rri H., mbrij, mrri] R. = it.
arrivo; sisil.-alb. arr^j g Cam. möchte ich auch hierher-
ziehen, da sonst als it.-alb. form rrSv6j, rrEvoJ Rada
angefahrt wird. Aehnlicb Ijaj = lavo. Der konsonan-
deiiii o, das hier beinah wie u lautet, Echeint in der thac — ein« vemin-
tJiung, die Mue^atia ear rumäninchen vorelisation 8. 134 «Bin. 18) wieder auf-
(jpgcben hat — ^ 11 zn ^^fin: vpl, rnnkerior. dat. Bing etcan-lji. num. pl,
steiil-le. Wird doch l\ und 1 aui'ti in m^duv?, mi'dise ^ meduila
and in piuC, pioit, pio ^ pila zu u und o.
tischen konjugation folgcü auch im alb. rjcp (rapio),
s k li 11 1 ( c X c n t o ) , s p u d ( e x p o n o J , t r 6 m b ( l r e in o ),
während gpg. surp (tosk. snrboj = sorbeo) sogar von
der vokaliscbeii dazu überging; ves (vestio) ist nicht si-
eher, — Wenn wir uns hier als repräsentanti-n des ver-
liiiins der Lsg. pracs. bedienen, so hat dies darin seinen
grund, da(9 dem albatiisi^hen eine eigentliche infinilivform
fehlt. Die Gegen haben zwar einen indnitiv, aber der-
sell e ist zusammengesetzt aus einer partikel me (wohl =
nie, mit) und dem part. pass., z. b. kendüem, gesungen,
me kendiiem, singen. Die Tosken aber niflssen den iu-
tinitiv in neugriechischer weise umschreiben; doch kann
ein stibstantiviscber infiniliv durch das part. pass. mit dem
artiki'l ausgedrückt werden, z. b. kSndt'iare, gesungen,
tS kendiiare, gesang, wie auch geg. t' kendiiem. Wenn
nun M. das verbuni im inönitiv mit weglassung von me,
also in der form des part. pass. aafflhrt, so wäre dies für
das gegische allenfalls noch statthaft, aber nicht für das
toskische und noch weniger, dal's er auch da, wo er aus-
drücklich die toskische form nennt, dieselbe mit der gegi-
Gchen und nicht mit der toskischen partizipialeudung dar-
stellt, so z. b. Hahn's kjertüj in kjertiiem (statt in
kjertüarS oder mindestens, kjertüamg) umsetzt. Aber
er ist auch darin nicht ganz konsequent, er führt verba
auch oder nur in der Leg, praes. an (a. z. b. unter spero
und cambio). — Aus der Wortbildung wftre die weib-
liche endung -eäe anzuführen gewesen, welche dem it.
-essa näher steht, als dem griech. 'laaa. Im sizilo-al-
banischen begegnen wir auch peggiorativen und augmen-
tativen auf -accio und -one, z. b. gruätse von grüa,
wcib, burri^ng von burrß, mann (Camarda I, 16ti).
lieber die fortdauer des lateiuischen und roiuaniscben
in Illyrien auch während des mittelaltere, welche wohl bei
der betrachtuug der romanischen elemenle im albanischen
berücksichtigt zu werden verdient, habe ich vok. d. vulgl.
111, :rl — .^;> gesprochen. Neuerdings ist nun zu Trau in
Dalmatien eine bleiplatte gefunden worden, deren inschrift,
einer späten zeit angehörig (die kursiven züge sind denen
der Raveiioa-papyri des 6. jahrh, ähnlich), einen werth-
800
Sehacliardt
vollen Beitrag zur kenntnifs des dalmalischen Vulgärlateins
liefert. Ich tbeile sie daher hier nach der lesung von
K. Zaogemeister (welcher eine Photographie derselben Tb.
Mommsen verdankt) mit, während sie nach der lesung von
Detieften und Ro«isi schon in des letzteren Bull, di areh, crist.
II. ser, anno II, 9. 39 fg. veröffentliebt vrorden ist (ich ilöge
deren Varianten hinzu].
I. ■+• in noni dm ieso cri[8]- '
ti denontio tibi inmon-
dissime apirete tarta-
ruce quem angelus gabriel
?
de catenis igueis religafvit]
qiii habet dece railia barbar . ,
fpo?]st re8arrecti[o]ne vinißtp]
in galilea ibi te ordinavit i|n]
silvestria loca coJlamontia "^ op-
uti ne huminebua' nubjililo ri, t •
' ' re[biisj '
teneris' aut tiine* temuni^o-
??
ti ' grandene tnvocoria* uet ° ergfo]
inmondissime spirete tartHruce
ut ubiconqiia nomen dnl audive-
rie^" vel si corpora" cognoveris" non p[o88i8]**
^*ubi vellia'* nocere
[inan?Jte" habias iord[aJnis" fluvio
??
quem transuare" non potuisti
[rjequesitus quare transfi]re non
potuisti dixisti quia ibi ignis
a ganea'" ignifera corrct et ubi-
conqiia aemper tihi ignis a ganea'"
[ijgnefera r[ujräat'' denontio tibi
per domino''' meum rave te -|- H h
' vielleicht cri Z. ' colltmoiitia. ' nptenerec * tune. ' lemum?
Z. demuin D. R. " ut ae hominebns fortlauftnd nach opteneres.. • sind
reute älterer schrilt, die eich auch »u anderen stellen zeigen. ' ore. * in-
voearcs. ' rel? Z. vede D. R. i " audivorc«. ' ' vel scriptura. '» cogno-
veres. "-f. ' « C»«) vor abi. " vellps ' • (fed) ifide. " iirni«.
' " traiiÄsire? Z. transire D. U. '» aranea. '* aranea. "■ (iie) Cwntra facia«
»c. " donino drnckfehler.
IL
albanitches nnd romanische«. 301
Wie noch im anfang dieses Jahrhunderts zu Triest
ein idiom herrsuhte, welches als eine muudart des friait-
Hschen zu betrachten ist, aber heutigen tages vollständig
▼om venezianischen verdrängt oder venezianisirt worden
ist (man vergl. Cassani's triestinische Sprichwörter 1860
mit Mainati's triestiniscben gespräcben 1828), so vermuthe
ich die freilich viele Jahrhunderte frühere venezianisirung
eines in Dalmatien gesprochenen romanisch, welches sich
zunächst wohl an das friaulische anlehnte. Ich habe mir
keine proben dalmatinischer Sprechweise verschaffen kön-
nen; man sagt mir aber, dieselbe biete — von der einmi-
Bchung slawischer Wörter abgesehen — durchaus nichts be-
sonderes dar. Jedenfalls hatte noch um 1600 die parla-
tara Dalmatina genng reiz, um hie und da in der komödie
Vertreter zu finden. Die Ragusaner scheinen damals kein
femininum gekannt zu haben; wenigstens beifst es cul
lengua, del vertue, suo prudentia, un donna.
Auch setzten sie den artikel zwischen das pronomen und
das hauptwort, so mio M nome, mio l'anemo, suo
l'aQzigno (ingenio), suo le gran duttrina, und das e
vor zusammengesetztem n sprachen sie i, wie die Rumä-
uen, 80 dinte, zinte, altrominte.
Das 3. heft von M.'s alban. forsch, behandelt solche
Zeitwörter im albanischen sowie rumänischen, neugrieilii-
sohen, bulgarischen, serbischen, deutschen, finnischen und
lappischen, welche aus einer anderen spräche „nicht in
ihrer durch abstreifung der flexion gewonnenen Stammform,
soodem in irgend einer flexionsform aufgenommen" wor-
den sind, so ngr> dgißägta sss it. arrivo, ntvaäqw =
it. penso n. s. w., auch alb. kalir Rada von it. calare,
bildungen, denen noch die ganze rohheit der lingna franca
anhaftet.
M. hat sich um die albanischen Studien grofses ver-
dienst erworben. Ehe wir uns an ergröndung der exote-
risohen lautgesetze wagen, müssen wir Ober die esoteri-
schen leidlich im klaren sein. Dazu gelangen wir vermit-
telst beobachtung der flexion und ableitung, welche noch
durchaus in ihren anfangen liegt, vermittelst uutersucbung
302
Srhuchardt, albnniscrhex und romanische«.
der freindwörter — hier hat sich M. den löwenantheil zuge-
eignet — und vermitteist mundartlicher parallelen, die wie-
derum noch nifiht mit der gehörigen sorgfatt vorgenommen
worden sind. Werm einst dem albanischen eine ganz feete
Stellung innerhalb des indogernianiseheu angewiesen ist,
dann werden wir ihm wahrscheinlich onanche Wörter, die
wir jetzt, und mit vollem fuge, als entlehnt hetraobten,
als altes erbgnt zuriiekerstatten müssen.
Schlierslich bemerke ich noch einige verseben und
druckfehler bei M. 1,13,21 lies d» y' für t*j'. Cam-
biare II, 9 ist nicht als mlat., unctura 11, 69. 80. 81 nicht
mit eioem »tern zu bezeichnen; wohl aber ist roga II, 5.t
mlat. Was ist sagrum II, ;i7? Statt calyx 11,9 ist zu
schreiben calix, statt kamba 11,9 camba, statt Da-
nubius 1,19. 11,20 Danuvius, statt maratbnm 11,39
besser maratbrum, statt pulaster II, f).S pullaster.
Ferner statt cäntaroll, 10 cantäro, statt cigalall,i4
cicala, statt ghionda 11,30 ghianda, statt raggione
11, f)4 ragione, statt scesta 11,58 sesta, statt ciieu-
veggia 1,24, 15 cuccuveggia TrOilg führt M. II, 68
ak aib. wort aus Camarda II, 206 an; daselbst findet sieh
nur ein griech. TQvrjka. E steht oft für e, z. b. mcrtdej
11, 41, 11), aper uem II, ti2, 20, dem-i II, 74, 2, pelöm-i
11,74, |8, sendet-i 11,74,22, äterngüem II, 76» 10,
äterngim-i II, IG, 11 ; umgekehrt sperese-a II, 62, 20.
L steht statt Ij : kulete-a 11, 15,34. lööiiem 11,35,2.
l6vduri'teni II, :i5, II. m6!täi-a u. s. w. 11, 41, 36. pöl-
kjiiem II. 74, 19. Statt mel'joj II, 75, :{4 (welches
meljjöj sein würde) müljöj. Statt kersi-a II, 13, 17
kjersi-a. Statt piskj öle-a II, 50, 2 1 piskj61e-a. Statt
bänj6-a I, 15, 29 häje-a (wie richtig 11,4,36). Statt
thith-a I, -3,2 i9-ii*-a. Statt belbezzuem 11,4,3
belbezuem. Statt kildere-a II, 19, 2fi küd6r6-a. Statt
faecie-ia 11,24,30 faccie-ia. Statt 5 6nter-i II, 30, 6
ö6ntgr-i. Statt n bljüem II, 69, 34 mbljüem. Für star-
kes r schreibt M. anfangs yj, später rr.
Leipzig, Juli 1871. Hugo Schuchardt.
Leo Hey«r, etymnlogiKhe mitth«ilDng«ti.
303
Etymologische iiiittheiluiigeu.
1. geist. gäbren. gurstig. gas.
Mao fragt mich nach dem Ursprung dee. worteä geist,
ob PS iiicbt mit UQaerm gab reo, aus dem, wie einige mei-
iieu, aucb das wort gas hervorging, xusammenhängp und
dauD aucb mit garstig.
Daraut wäre etwa folgendes /.u erwiedera.
Zunächst ist hervorzuhebeji, dul's das wort gas we-
der in den angegebenen noch überhaupt in irgend einen
etymologischen Zusammenhang bineingehört, da es ein völlig
willkübrlich ersonnenes wort ist. Es ist daher nicht gut,
wenn Weigaud tu seinem Wörterbuch, dieser nicht genug zu
rühmenden fundgrube deutscher worterklärung, dazu be-
merkt: „Wohl von gäacheu mhd. gesen, wober auch
mhd. der gis schäum." Unmittelbar vorher sagt Weigaud
selbst, dal's der cbemiker Johann Baptista van Helnioni
(geboren in Brüssel 1577 und ebendaselbst gestorben am
vorletzten tage des jabres 1644), »der alles durch gäbrung
oder fermente entstehen lieis, für alle nicht mit der at-
mosphärischen luft übereinstimmende luftarten" das wort
erfunden habe. Hören wir Helmont selbst über diese seine
erfindung. In der frankfurter ausgäbe seiner werke vom
jähre 1707 heit'at es eeite H9:
Verum quia aqua in vaporem, per frigus delata, ai-
terius sortis, quam vapor, per calorem suscitatus; Idco pa-
radoxi licentia, in nominis egestate, halitum illum, Gas
vocavi , Don longo a Chao veterum secretum. Sat mihi
Interim, sciri, quod Gas, vapore, fuligine, et stiltatis
oleositatihus, longe sit subtilius, qiiamquam multoties aere
adhuc denstus. Materialiter vero ipsnm Gas, aquam esse,
fermento concretorum larvatam adhuc.
Auf der unmittelbar folgenden seite beifst es noch:
Gas, et Blas aova quidem sunt nomiua, a me introducta,
eo quod illorum cognitio veteribus fuerit ignota; Attamen
ioter ioilia physica, Gas et Blas, oecessarium locum obti-
nent. Da ist also noch von einem zweiten von Helmont
SM
Leo Mever
erfundpnen worte dip rede, dem blas, das niHnes wissens
nie fin gfbräuc-blicherfs geworden ist. Ober dessen vom er-
finder ihm zngetheilten begrifflichen inbalt ich noch einige
worte von seite 77 aushebe: Stellae sunt nobis in siiriia,
tenipora, dies et annos. Ergo patrant temponim miitatione,«,
terapestateg , atqne vicissitndines. Quorsuin ojms haljptit
ilupliei motu, focali scilicet, et alternativo. Utnimque auteiu,
novo nomine Blas significo,
Helmont selbst also hat bei erfinduug seines wortes
gas an keinerlei anderen formellen Zusammenhang gedacht,
als an den mit dem griechischen Xf'(o^.
Was nun aber weiter das wort geist anbetriÄ. so
müssen wir bekennen, dafs sein etymologischer Zusammen-
hang noch durchaus unermittelt ist. Mehrfach hat man
es mit dem gothischen ns-geisnan „in erstaunen geratheu,
sijh entsetzen" und us-gaisjan „erschrecken, von sinnen
bringen" in Verbindung zu bringen gesucht, und das thut
z. b. auch Diefenbach in seinem gothischen Wörterbuch
(11, 39*^), der freilich so gut wie nie etymologische Schwie-
rigkeiten rein und sicher zu lös^u weifs. Kann auch die
mögiichkeit eines formellen Zusammenhanges unseres g^ist
mit den angezogenen Wörtern von vornherein gewifs nicht
geleugnet werden, so fehlt dneh jeder natOrliohe hegrifl-
licbe Zusammenhang, wie er bei etyniologischen darlegungen
alle/<:eit das wesentlichere stfick bilden mul's. Auch Wei-
gaud kömmt auf denselben äul'^^eren Zusammenhang. Er
erklärt kurz, geist ^entsproCs derselben wurzel wie der und
die geisel", und bemerkt unte;- dem männlichgeschlech-
tigen geisel „ursprtlDglich wohl geschlagener", was doch
nichts weniger als erwiesen ist, luiter dem weiblichen
geisel, dai's dies von einem verlorenen gothischen wurzel-
verbum geisan „stofsen, hauen, schlagen" stamme, von
dem dann auch die oben aiigefOhrten beiden gothischen
Wörter herkommen sollen. Die gegebenen Zusammen-
stellungen beruhen auf combinationen Jakob Grimm8(gramm.
II, 4H), die nur durch äufsere anklänge geleitet sind, denen
aber sonst aller sichere boden fehlt.
Das wort geist ist ebeu ein noch durchau.s uuerklär-
etymologische mitueiltta^Sr
305
te8, seine bedeutungseiitwickelung ist von niemandeoi klar
nachgewiesen, wir wissen, dafs ea in den älteren dialekten,
im althochdeutschen, alts&ciieischen, angelsächsischen, we-
sentlich dieselbe bedentiing hatte, wie bei uns, iiud darüber
reichen wir noch nicht biaaus. In bezug auf das üul'sere
des Wortes wäre vor allem hervorzuheben, dafs seine ältest
erreichbare deutsche also gothisehe form gaista- lauten
würde, in der man ein passiv -participielles sutfix ta zu
verniuthen geneigt sein wird.
Mit unserni gäh ren, das sein r allerdings an die stelle
eines älteren Zischlautes treten liel's, wie es dfnu im mittel-
liocbdeutschen noch jesen (oder geseu), im althoch-
deutschen (Gra£P I, 611) jesan (oder gesan) lautet, kann
unser geist schon deshalb nicht zusammenhängen, weil
in ihm ein innerer i- vokal, dort aber ein a als grundvocal
erscheint. Die weiter zurückliegende Verwandtschaft des
Wortes hat, während mark in dieser beziehuug früher auf
ganz falsche fährte gerathen war, unseres wissens zuerst
Kuhn in dieser seiner Zeitschrift (II, 137) aufgedeckt: er
stellt unser gähren zum griechischen ^iw {aus i^into, jintu)
„ich koche, ich siede'' und mit ihm zum altindischen jas,
dessen sinohche gruodbedeutuog ^sprudeln (von siedender
flüssigkeit), schäum auswRrfen** allerdings nur noch in ver-
einzelten alten stellen nachgewiesen ist und insbesondere
in dem participiellen mit dem präfix prä verbundenen
prä-jasta- „überwallend".
Mit gäbrcn kann wiederum unser garstig durch-
aus nicht zusammenhängen, da sein inneres i vor unmittel-
bar folgendem ziscblaut nicht wohl selbst aus dem ziscblaut
entstanden sein kann, sondern ursprünglich sein mui's. Ea
schliefst sich an ein mittelhochdeutsches garst „ranziger,
stinkender geschmack oder gerucfa ^ und das mit diesem
gleichbedeutende von Graff (IV, 2(i5) beigebrachte althoch>
deutsche gersti, das sich nicht mit Sicherheit weiter zu-
pQckverfolgen läl'at. Ea mag die vermuthung ausgesprochen
sein, dai's es an das altindiscfae gbra „riechen, beriechen ":
gighrati „er riecht" sich irgendwie anschliefst.
Zeiuchr. f. rgl. sprachf. XX. 4. 20
306
Leo Mever
2. kraok. klein.
Während wir im Grimm'sclien Wörterbuch überall und
in den neueren heften fast immer no«h iu erhöhtem grade
die auiserordentliche reichhaltigkeit und den Dberaus grnlReo
umfang, in dem das frühere leben jedes einzelnen Wortes
innerhalb des gesammten deutsthen Sprachgebietes darge-
stellt üu werden pflegt^ zu bewundern haben, sehen wir,
was über die grenze des eigentlich deutschen hiuausreicht,
in der regei unverhältnirsmälsig kurz abgcthan. Und doch
darf man behaupten, dals zur sicheren darstellung der ge-
sammten entwicklung eines wertes, wenn uns gelingt es
in eiae verwandte spräche zu verfolgen, diel's fast immer
von viel grölserer Wichtigkeit ist, als seine prüfung durch
alle näher liegenden diaJekte. Der sichere auabau eines
hauses bleibt unoiöglich, wenn nicht sein grund zuverlässig
uud fest gelegt ist^ das gilt auch hier.
Zu diesen betrachtungpn hat uns wieder der so über-
aus reichhaltige artikel über das wort krank veranlalat.
Die gegebene geschichte des Wortes deutet über das deutsche
eigentlich gar nicht hinaus, und ebenso heilst es bei VVei-
gand unter krank: „dunkler herkund''.
Und bis iu das altindische läfst sich unser wort krank
zurOckverfolgen uud damit eröflhet sich eine weite aussieht.
Es stimmt völlig Qberein mit dem altindischeo gargära-
„zerfetzt, löcherig, gespalten, geschlagen", dann auch «ge-
brechlich, abgelebt, zerfallen, morsch*', lauter bedeulungen,
die den älteren unseres krank, wie „kraftlos, gelähmt,
schwach'' unmittelbar nahe stehen In bezug aber auf das
formelle verbältnifs von gargära- und krank ist an zweier-
lei Wortumbildung zu erinnern, die ähulich auch in andera
deutschen Wörtern entgegentritt. Ganz wie z. b. das got.
vakan „wachen'' sich unmittelbar an das altind. gägar
j,wachen'*: gägärti „er wacht" anschliefst, deeseo r alfi
in die gesammte bildung der deutschen starken verba durch-
aus störend eingreifendes element ganz abgeworfen wurde,
ging auch das zweite, nicht etwa suflixale, sunderu wirk-
lieb wurzelhafte r jenes altindiscben adjectivs verloren und
«t^ologische luitthoilnngra.
30T
es gestaltete sich nun das deutsche wort, als oh es einem ge-
wöhnlichen deutschen starken verbum (krinka — krank —
krunkum) angehören könne. Sein innerer nasal aber,
das andere beachtenswerthe, ist wohl kaum als eigentlich
präsentisfher aufzufassen, sondern wird mit demjenigen
übereinstimmen, der hie und da in sogenannten iotensivformen
zum vorscbeio kommt, wie ihn zu besprechen in meiner
gothischen spräche (208) hei hetrachtuiig von tandjan
„anzflnden" und zugehörigen Wörtern Veranlassung war. Als
intensivbiidung aber ergiebt sich jenes altind. gargära-gan7.
deutlich; es entstand durch wiederholnog aus der wurzel-
tbrm gar „gebrechlich werden, in verfall konimen, sich
abnutxen, morsch werden, altern": gärati, girjati oder
gfrjate „er wird gebrechlich", dessen particip ^Irnä-
„gebrechlich, morsch, alt" ist, und au das sich z. b. noch
anschliel'sen ^aranä- „hinfällig, alt", garjis- „gebrechlich-
keit, alter*' u. a.
An die hetrachtung des wertes krank schlielsen wir
die unseres klein noch an. Dafür wird als ursprüngliche
hedeutung bei Weigand sowohl als im Grimmischen Wör-
terbuch in mehr als unwahrscheinlicher weise „glänzend"
aufgestellt, weil im althochdeutschen (GraflFIV, 5f)9), wo
es mit subtiHs, gracihs, minutus, tenuis, exiguus, parvus,
sagax, versutus, argutns übersetzt wird, ihm ein einstiges
mal auch nitens gegenübersteht.
Die älteren formen, insbesondere das ahd. chleini
oder kleini, zeigen, dafs im gothischen ein klainja- ent-
sprechen würde. Darin aber ist nicht blofs das j ein
suffixales, sondern auch das n niui's es ursprünglich sein,
wie in meiner gothischen spräche, deren hauptanfgabe mit
darin bestand, für die Scheidung von suffixalen und wurzel-
haften lauten bestimmtere gesetze zu gewinnen, in mehr als
einer richtung deutlich gemacht i&t. So sind gothische
formen wie gamainja- „gemein", hrainja- „rein" und
andre, die ich im 297. abschnitt zusammenstellte, zunächst
EU vergleichen. An eben demselben orte ist aus dem alt-
indischen värenja- „ erwählenswerth, erwünscht" von
var „wählen" vergleichend herbeigezogen und nach Benfeys
20*
308
Leo Mever
gramm. (§. 902) können durch die hier hervortretende suf-
fixform enja- in den vedeu überhaupt die sogenannten pas-
siven fiiturparticipia gebildet werden, deren §. 904 als bei-
spiele angeführt werden: mienja- „wQnscbenswertb, erstre-
benswerth", von vag „wünschen": vagmi „ich wünsche";
idf^nja- „aörufenswerth , preisenawerth", von id „anrufen,
preisen": ide, „ich rufe an"; klrt^nja- „uennenswerth^
rühmenswertb" von kJrtajati „er erwähnt, er rühmt" u.a.
So können wir als dem deutschen klainja- entsprechend
ein altiüdisches grenja- oder gar enja vermuthen, das
als auch dem oben genannten gar „gebrechlich werden,
morsch werden" entsprungen zunächst bedtntet haben mag
„gebrechlich, zerbrechlich, morsch" oder genauer wohl
„was zerbrochen oder zerrieben werden soll", da die sinn-
liche grundbedeutung des angeführten altiudischen Zeitworts
-zerreiben" zu sein acheint.
3- Gothisches naiv.
Markos VI, 19 den worten tj d'i 'liocoÖtcci; ti'ti](e¥
avrcö gegenüber geben alle älteren ausgaben der gothiscbeo
bibelübersetKUDg i{) so herodianai svor imma. Auch
von der Gabelen tz und Loebr; haben so im texte behalten,
in der zugefügten annierkung erklären sie indefs, die lesart
sei ohne zweifei verderbt, und man müsse, wie schon von
früheren herausgebern vermuthet worden sei, herodias
saisvor lesen. Darnach haben sie dann auch im Wörter-
buch ein sonst nicht nachgewiesenes sveran „nachstellen'*,
das sie mit dem ags. syrvau zusammenstellen, aufgeAihrt,
das dann auch wieder in der grammatik §. 126 als in der
flexion mit tekan „anrühren" übereinstimmend seine stelle
gefunden hat. An der überlieferten lesart hatte schon
Benzel anstots genommen, doch aber nicht sich getraut
saisvor zu lesen, wenn es ihm auch richtiger geschienen
hatte, und er war auch in zweifei, ob er als infinitiv dann
svarjan oder svaran in der bedeutung „zürnen" oder
^nachstellen" annehmen sollte, doch mehr für das letztere
gewesen. Lje hat herodias saisvor leeen wollen und
ttymologteche inittheilungen.
309
STeraQ für den infinftiv halten. Es war recht verunglückt,
wenn Zahn zu deai bemerkte, schicklicher und gramma-
tischer spi allerdings daa von Lye aufgestellte, am aller-
spraeb ähnlichsten scheine ibna aber doch der infinitiv
Bvirau zu sein.
Am meisten mufste in der Überlieferung die form
bcrodianai bedenken erregen, die doch alles überbot,
was sonst an Veränderungen der zn gründe liegenden eigen-
nanien in der gothischen bibelübersetziiug vorkömmt. So
lag, da der Gotbe eine ganze reihe von mit zweilautigem
ai reduplicirenden verheo hat, die vermuthung eines perfects
saisvor gewils nah. Immerhin aber blieb doch die Ver-
änderung eines n in s in der sonst so fehlerarmen silber-
bandscbrift sehr bedenklich. Maismann meinte den über-
lieferten ;!Qgen etwas näher zu bleiben, wenn er vaisvor
schrieb, das er dann seltsam erklärte „wehe-schwur, ver-
derben schwur". In der abweichung von Vollmers hero-
diada usvor konnte man ihm allerdings voll beistimmen.
Als mafagebend mui'ste vor allen dingen gelten, was
Uppströms ausgäbe (Upsala 1854) an der bedenklichen
«teile XU bieten hatte. Aber da ergab sich aus ihr leider,
dafs das ganze capitel des Markos -evangeliums und also
auch sein 19. vers sieb auf einem der seit dem jähre 1834
vermii'sten zehn blätter der silberhandschrift befand, für die
Uppström auch nur auf die älteren ausgaben und abschriften
und auf die Sotberg'schen notizen angewiesen war. So viel
aber machte sein text doch deutlich, dafs in der handschrift
mit berodia eirie zeile schlols, man also dem gr. 'iiimdtug
gegenüber keine andere form zu verniuthen hatte. Das über-
lieferte naisvor suchte Uppström, der die Zusammen-
stellung des gemuthmal'sten got. sveran mit dem ags.
syrvan mit recht entschieden ablehnt, zu retten, indem
er es in zwei Wörter; naig vor zerschnitt, deren Über-
setzung er als calamitatem meditabatur giebt. Das
vor nämlich glaubte er auf ein als mit dem got. vars
„vorsichtig, behutsam'' zusammenhangend vermuthetes star-
kes verbum varan „cavere, caute agere" uud dann auch
„callide und astute agcrc, cogitare, meditari" zurückführen
810
Leo Meyer
ZU dörfen, das nais aber als ein Substantiv aufzufassen,
das mit dem uihd neiaen „verderben, bescbädigen, plagen"
in zusammenbang stehe luid mit den altu. ueiss ^verachtetf
gering gescljätzt* und oneiss „nicht verachtet, geehrt,
geachtet", öneisinn „nicht verachtet, geehrt". Dagegen
mochte man wohl seine bedenken haben.
Im jähre 1857 war Uppström so glücklich, die bis
dahin vermiisten blätter der silberhandschrift als Decem
codicis argentei rediviva folia (Upsala 1857) der gelehrten
weit in einer neuen ausgäbe überreichen zu können. Darin
gestaltete sicli nun der text an unserer stelle wesentlich
um; als text der bandschrift wird das xeilenachliei'sende he-
rodia bestätigt, dann aber als beginn der folgenden zeile
naiv imma gegeben. Wunderbar 1 anstatt des früheren
naiavor ein naiv; aber Uppström versichert, dafs so
durchaus deutlich in der bandschrift stehe und fügt hinzu,
dafs in naisvor, das also ursprünglich wirklich gestanden
hat, die buchstaben s, o und r abgeschabt, wenn auch nicht
ganz weggescbabt (raei^ prima manu, quamquam non erasis,
oder wie er gleich darauf sagt; imperfecte rasas) seien.
In dem so neugewonnenen naiv aber tritt uus ein Präteri-
tum entgegen, das in seinem ausgang völlig nbereinstimmt
mit ga-spaiv „er apie", Johannes IX, 6, und wie dieses
an den infinitiv spei van „speien^, sich an einen infinitiv
□ ei van anschliefsen muls. üppslröm hat diese form naiv
auch zu deuten versucht; er stellt sie zum altind. niv »fett
werden, dick werden", neben dem er auch ein kurzvocaliges
niv vermuthet, und glaubt aus dieser wurzel auch die bedeu-
tUDgen „aufwallen, aufbrausen (eflerve8cere),verdriefslich sein
(stomacbari)" entwickelt, wobei er dae plautische turget
mihi „ist ergrimmt gegeu mich" (Casinall, ,">, 17 und
Mostellaria in, 2, lO) nicht übel vergleicht. Auf denselben
Ursprung glaubt er das engl, newing „hefe" zurdckfilhreu
zu dürfen und weiter noch vielleicht auch die ags. nivol
(ny vol, neoTol, neöl) „vorwärts geneigt", das wohl zu-
nächst „auf dem bauche liegend" bezeichne, und neveseöffa
„Unterleib**, das wahrscheinlicher ventriculus (kleiner
elymoloipsche mittiiei]uDgeD.
311
bauch, magen ) bedeute, so dafe unter neve ^ bauch"
eigentlich „der dicke tbeil dea körpers" zu verstehen sei.
Ganz abgesehen von dem gegebenen deuteversuch
findet das perf'eot naiv und also ein verbuin n ei van „nach-
stellen, aufsätüig sein" treffendste und reichete bestäti-
gung im slavischen Sprachgebiet, Im altbulgiirischeD sind
die Worte Markos VI, 19 jj di 'JiptaSidg ivst^sv avTcji
Qbersetzt; irodija ze gnevaäe aq nani und Lukas XI,
53 ijp^ai'Tit. .. äui'öj^ h>i)rEii> (das verb tt'ij(ei}' kommt iu
gleicher bedeulnng sonst nicht im neuen bunde vor): na-
caäa,,. bedn^ gnevati &^ nanf. Die letztere stelle
läCat sich im gothisehen nicht vergleichen, da sie leider
zu den verlorenen gehört; Luther giebt hier: „fingen au...
hart auf ihn zu dringen", an der Markosstelle aber „Hero-
dias aber stellet ihm nach". Der Altbulgare übersetzt
also das gr. ivi^^if ^nachstellen" mit gnßvati s§, mit
dem er nach Miklosich sonst ÖQyii^tai'tac und /oläv ^zür-
nen ** oder yoyyi^uv „ranrren, unwillig sein" wiedergiebt.
Es gehört zu einer weitverzweigten wörterfamilie, aus der
wir weiter noch anführen gnSvn m. „zorn", gnevinü
„zornig", gnevistvo n. „zorn", gneviflivü und gn^-
vinivü „zornig", gneviti „reizen, erzürnen"; ferner die
russ. gnevü „zorn, grimm", gneviti „erzürnen", gnß-
vlivostl ,, geneigtheit zum zorne ", gn^vyi „zum zorne
geneigt", gnevnyi „zornig, ungünstig"; die serb. gnjev
m. „zorn", gnjevan „zornig", gnjeviti „zürnen", gnje-
vljiv „jähzornig"; das slov. gnev oder auch gnj<^v m.
„zorn"; das kroatische gnjev m. „zorn"; die poln. gniew
„zom", gniewa«^ „erzörneo", gniewa<5 si^ „sich är-
gern", gniewny oder gniewliwy „zornig, ärgerlich,
verdriei'elich", gniewanie „das bösemachen"; das slovak.
hn'ew „zorn"; die höhnr, hn^ w m. „zorn", hnewati„zornig
machen", hnewny ^zornig'*, hnewnik oder hnewos
„ein zorniger", hnewiwy oder hnewliwy „zornig, un-
willig"; die wend. hnew m. „zorn, grimm", hnlwac
„erzürnen", hnewaf „ärgerer, reizer", hnewny „zornig",
hnewnik „widereacber", Aus dem oberlausitziscbeD wird
312
Leo Mever
als zugehörig angeführt niw iiod new ^zorn". Darin ging
also der alte anlautende guttural vertoreji, den die slavischen
sprachen sonst sämmtlifh in den zugehörigen bildungen noch
zeigen, der aber auch früh im got. n ei van Terloren ge-
gangen sein mufs. Wir können unsere auäföhruug mit der
bemerkuag schliefsen, dafs wir ganz den nfimliehen iaut-
verluat in unser m uest anzunehmen haben, da sich dieses
unmittelbar anschlielst an das gleichbedeutende allbaktr.
gnczdo n. , rusa. gnezdo a. , poln. gniazdo, höhm.
hnizdo, wend. hnezdo, in denen eine spätere hinziifü-
gung des anlautenden kchlluutes unmöglich angenommen
werden kann.
4. Löschen.
Unser löschen oder, wie einige gern noch schreiben
wollen, leschen, das in seiner starken (er-losch, er-
-loschen) oder schwachen (löschte, gelöscht) flexion
noch immer den tiefbegriindeten unterschied zwischen zu
gründe liegendem und abgeleitetem oder causalem verb
deutlich bezeichnet, läist sich durch das mittelhochdeutsche
zurück noch bis ins althochdeutsche und auf der anderen
Seite auch bis ins altsächsische hinein verfolgen. In dem
letztgenannten dialekt begegnet uns das abgeleitete verb
mit dem praefix ä-, also ä-leskian, das in Verbindung
mit „glauben" (gilobhon vera 2505), „zuuge" (tungon
mJna vers 3373) und „sündeu" (snndiun vers 4'25H) nur
in der allgemeinen bedcutung des auslöschens, tilgens, ver-
nichtens, gebraucht ist. Sonst gilt das löschen in der regel
vom feuer oder sonst leuchtenden dingen. Für das «nab-
geleitete und noch ohne praeßx gebrauchte 1 eschen bat
das mittelhochdeutsche Wörterbuch nur den einen beleg dö
lasch oucb anderbalp der schal aus dem Parzival
{(82, 2), wo das verb also vom schall, vom lärm, vom
lauten rufen gebraucht ist, während das mhd. er-lescben
z. b. mit lieht, sunne, kerzen, koln sit'h verbindet
und das abgeleitete leschen aufser mit lieht z. b. auoh
mit viur unde gluot. Für das althochdeutsche weist
etymologische mittheilnngen.
313
Qraff (II, 280) das unabgeleitete I es kau auch nur in Ver-
bindung mit dem präfix ir- nach, daa abgeleitete leskjaa
auch ohne dassetbe.
Noch weiter zurück dürfen wir mit aller wahrecbein-
lic'bkeit ein unabgeleitctes got. Jiskao aufstellen, das sei-
ner bildung nach sich am nächsten zu priskan „dreschen"
stellt, von dem Korinther I, 9, 9 (priskandan) und Ti-
motheus I, 5, 18 (priskandin) das präsentiache particip
und aurserdem Lukas 3, 17 das abgeleitete ga-Jjraek
„dreschtenne" belegt ist. Darin aber haben wir ohne zweife]
einen ganz nahen verwandten des lateinischen terere „rei-
ben", das mehrfa«h auch gerade vooj dreschen des getreides
gebraucht wird, wie z. b. von Horaz (satire I, 1,45):
milia frumenti tua triverit area ceDtum und von
Varro (de re rustica 1,13): id secundum aream fa-
ciundum, ubi triturus sit frumentum. Da wir nun
mit einiger beetiuimtheit schon aussprechen können, dafs
indogermanische vcrbalgrundformen oder wurzeln nie auf"
die consonantenverbindung sk ausgegangen sind^ äo liegt
die vermuthung uumittelbar nahe, dafs im got. priskan
neben dein lat. terere das sk ursprflnglicb nichts ande-
res ist, als das so häuüge präsentische kenazeichen, wie
es z. b. im lat. crescere „wachsen*', griech. üvrjoxtiv
„sterben" und altind. gäMhati (zunächst für gaskati) „er
gebt" vorliegt. Das gleiche dürfen wir dann aber auch
annehmen in be^ugaufdas aufgestellte got. liekan „löschen,
erlöschen". Um seine entwickluugsgeschichte dann aber
noch weiter zu bestimmen , liegt wohl am nächsten, das
got. -linnan 7m vergleichen, daa nur ein einziges mal
(Lukas IX, 39) und zwar in der Verbindung mit af als
af-linnan vorkömmt und so die bedeutuug „aufhören,
ablassen" aufweist. Dals auch darin das nn ursprünglich
nur präsentiscbes zeichen ist , ist schon an andern orten
nachgewiesen, im übrigen aber schliefst es sich an das altind.
ar „verletzen, zerstören": raömi „ich verletze, ich zer-
störe", das griech. öÄiva&ai (aus ökvva&ai) „vergehen" und
das lat. ab-olere „vernichten, vertilgen". Eben dazu wird
man »ucli das got. liskan stellen dürfen. Und vielleicht
814
Benfev
darf man es mit dem griecb. ükixfo&ai „untergehen, um-
kommen" und ukixetv „verderben, vernichten", das sich
immittelbar an iW.vaftai anschltefst und vielleicht aus einem
volleren *c?.t.ffy.f.ai'f-ai, *t)May.nv durch auswerfung des Zisch-
lautes vor dem k entstand, geradezu för im grnnde iden-
tisch, halten.
Dorpat, im september f871. Leo Meyer.
Einige worte zu s. 72 dieses bandes.
Roth schliefst die mir erst gestern zugegangene an-
zeige meiner abhaudluug über die im aanskrit mit r an-
lautenden personaletidungen , in welcher er meine ansieht
über die vedischen verbalf'ormen rante und ranta als
irrig nachzuweisen sucht und, wie ich gern zugestehe, sehr
zweifelhaft macht, mit den worten: „Benfey's hypothese,
welche in ihrem ganzen umfang ?m beurtbeilen nicht meine
aufgäbe ist, wäre, wenn sie aich bestätigte, ein wesent-
licher gewinn für die erklärung der flexioo. Gerade der
scheinbarste theil der argumeutation, durch welche dieselbe
gestützt wird, dürfte freilich durch den eben gegebenen
nachweis hingefallen sein".
Da es die wesentliche aufgäbe jeuer abhandhiug ist,
die entstehung der mit r anlautenden pereonalendungen zu
erklären, so erlaube ich mir einige durch Roth 's anzeige
bedingte nachträgliehe worte.
Eine kurze betraubtung wird nämlich im stände sein,
zu zeigen, dal's die dort gegebene erklärung — selbst wenn
meine ansieht ober die verbalformen rante ranta irrig ist —
keineswegs hintällig wird, sondern auch dann noch auf
eben so viel Sicherheit, oder Wahrscheinlichkeit, anspruch
zu machen berechtigt ist, als z. b. die erklärung der bil-
dung des passivs durch Zusammensetzung mit formen des
verbum ja (oder, wie ich annehme, i), des futurum 11. und
der zusammengesetzten aoriste auf sani, aas, sat u. 8. w.
üiSam, sisva u. 8. w. durch Zusammensetzung mit for*
einige worte zu s. 73 dieses bände«.
515
meu des verbum a6, erklürungen, welche aHgemein als
sicher betratihtet und zu deu wichtigsten resultateu der
indogermauiscLcH spraohforechung gerechuet werdeu.
Die eigen tli che stütze meiner erklärnng jener euduii-
gen aus dem verbutu ar (r) bildet nämlich der umstand,
dal's dieses verbiira in derselben weise zum ausdruck neu-
tro-paeaivi scher Wendungen gebraucht wird, wie die verba
ja, i, gam und überhaupt verba, welche „sich bewegen,
gehen" bedeuten (vgl. §. 18 und '24 der abhandlung). Wie
iu folge davon durch Zusammensetzung mit ja oder, wie ich
filr die alten phasen der indogermanischen sprachen an-
nehme, i , die categorie d(-r verba neutra und passiva ge-
bildet wurde, so konnte dieselbe auch durch Zusammen-
setzung mit ar (r) geschehen (vgl. §. 19. 20 der abhand-
lungj.
Wenn nun meine aulil'assung der verbalformen raute,
raota richtig wäre, so würden die zu dieser Zusammen-
setzung verwendeten formen sich in der lebendigen spräche
erhalten haben. Das würde meiner erkiärung jener per-
sonalendungen einen bedeutenden vorzug vor den ange-
führten erklärungen aus ja (ij, as gewähren. Ist sie aber
unrichtig, so fällt zwar dieser vorzug weg; aber die erkiä-
rung wird, wie gesagt, keiuesweges dadurch hinfallig, son-
dern tritt nur auf dieselbe stufe zurück, auf weicher jene
erklärungen von verbalendungen durch ja (i) und as ste-
hen, d. b- die formen, aus denen diese endungen hervor-
gegangen sind, lassen sich nicht mehr iu der lebendigen
spräche nachweisen, wohl aber nach mehr oder weniger
umfassenden analogieu voraussetzen.
Auch -jaae, -jäte u. s. w als eudungen des passive
oder der i. conjugationsciasse erscheinen nicht in den le-
bendigen sprachen als verbalforinen des verbuma ja oder i,
und eben so wenig die eudungen des tut. IL -sjaini,
-sjasl u. 8, w. , oder die der aoriste -sara, -gas u. s. mv.
und -sisam, -siäva u. s. w. als verbalformen des ver-
bums as.
Wenn man dennoch -ja so, -jäte u. s.w. von ja ab-
leitet, so stützt mau diese erkiärung durch analogieu, wie
816
Birlinger
z. b. ti-stbä-si, ti-Sthä-ti von stbä, wo griech. iarr^s^
iarrjoi noch die ursprünglichere länge bewahrt hat; wenn
man sie von i ableitet, durch die aDalogie der 6. cunjuga-
tionsclasae: i-ä (wie z.b. rijä von ri für iirspr. ri-ä steht),
dann durch feslgewordeoe synizese ja; in ähnlicher weise
stützt man die annähme eines einstigen aoristes äsam,
äsas u. 8. w. von as durch die analogie der übrigen nur
durch auginent und die endungen -am, -as u. b. w. gebil-
deten aoriste, x. b. asiliana, die toq äsisam (fiir urspr.
äsisam) durch die der übrigen analog reduplicirteo, z. b.
Bgigam (für ursprüngliches ägagam, welches formal «=
Ebenso, und, bei der weit überwiegenden ausdehnung
der I. coQJugationsclasse, noch mit viel gröfserera recht,
dürfen wir annehmen, dafs das verbum ar (r) einst auch
der ersten conjugationsclasse folgte. Dann waren die or-
ganischen formen der 3. plur. praes. und imperf. ütman. be-
ziehungsweise ara.nte, äranta. Als endungen böfsten
diese in der Zusammensetzung ihre anlautenden vokale
völlig in derselben weise ein, wie das verbum as in -sjämi
(für asjümi), -sam für äsam, oder vielmehr nur asam,
da das augment in folge davon, dafs es dem mit dem
aorist von as zusammengesetzten verbum vorgesetzt ward,
für as selbst überflüssig wurde.
Göttingeu, den 26. mai 1871. Tb. Benfey.
Zur deutschen Wortforschung.
müch-, mauch-.
Im XIX. bände 8. 149 habe ich über müch-, mauoh-,
möucblin gesprochen. Ich kann aus alemannischem ge-
biete ßur- und Ortsnamen, mit müch- zusammengesetzt,
in gröfserer anzabl betbringen. Damit will ich durchaus
nicht sagen, als ob im f'ränkisch-mitteldeutBchen und frän-
kisch-uiederrheiniscben oder sogar niedersäcbsiscben lande
es nicht vorbanden gewesen wäre.
tat deutschen wortforschnng.
317
MOcbalieim (f. Mftclienheim, Weitihold alem.gramtn.
s.l^'2) 1392. Mone zeitschr. VIII, ."»2 in villa Mücbein
bei Schlieügen, Scbwarzwald; 11^12, Mone zeitschr. XV,
245. Dasselbe; „ftf der freyen inülliu zu Mücheii und
Schliengen«. 1522. Mone XVII, J22. iu villa dieta Ma-
chen 1536. Mone XVII, 234. — Am Mücherweg 1522.
ebead. 123, itemMöchis guot. Neueiizeller zinsrode] bei
Mone Zt. IX, 363. Mfichenhai-Ii oder Mücheiiturt-
bache Mooe zt. IX, 378. Mücbenturt im Albgau nicht
selten ala äurname a. a. o. Ein Müuhen, Muck heim
ON. Bern. Manchen alt Mücheiin bei Möllheim; zu
Auggen kommt a. 1478 ein Möehenwcg mit Müchental
vor. In Mone's badischer urgesch. 11, 115 steht die stelle:
„das bolz das man nemmet den Müchenhart". Mone über-
setzt es mit Sfbweinsweide! Das Mucbenland bei St.
BJasien zwischen dem Habs- und ßözberge ist ein alter
unheimlicher diebswinkel. — An der fräDkiscben grenze
(Vaihingen) erscheint a. 1390 Möchacker: dem Cuuz
Müchackern zu Horheim. Mone zt. V, 95 a. J299 be-
gegnet ein fränkiBches Mo u eben heim nebst Munzenbeim.
Mone zt. XI, 437. Ob Muggensturm bei Karlsruhe;
Muckenmad bei Craisheim; im Mockhen bei Escbacb,
der Mocbenlau, bei Schlierbach misTerstandenern müch-
zugehören, will ich nicht untersuchen, aber an führen.
Zu diesen orts- und flurnamen, denen wenige faroilien-
uamen sich anreiben, wozu der heutige oberschwfibieche
Mau eher und Meicbelbeck in Tirol und Baiern ge-
hört, kommen die namen für thiere und brote, sowie für
einzelne theile in haus und scheuer. 1) tbicre. Wacker-
nagel widmet in der zweiten aufläge seines buches „Voces
variae animantium" s. 93 dem worte mfthho, mähheimo
eine geistreiche anmerkung, wo er hätte erklärend aus dem
Vocab. S. Galli mnubeo^^latro beifügen können; ebenso
die bei Graff II, 655 angeführten mübhari, mühbilari
(sicarius) u.a. w. mühheimo, grille, und ahd. möhhan
=s kriechen legt W. dem alemanniechef) Hammemauch
und seinen entstellungen bei Stalder II, 16. 35 zu gründe.
Die bausgrille erscheint auch mit dem namen Mücha-
SIS
Birlinger
heim im Vocab. lat. theod. hs. no. 57 in Doaueschingen.
Vergl. dazu Diefenbaoli nov. glosi?. 198 a. Bei Frisius
(1556, 8") Dictionariolum 165b: ein möheiaipn, grylluB,
cicad». Bei Heiifslin (Ffirer-Gefsner) bl. 68a: „die gryllen
oder heirafichen auf dem väld oder in den beiiaFm".
Vergl. Diutisea 111,226: möhbeimo. Dieser uralte oame
lelit im alemannischen gebiete noch fort; bat er sich ja
im ncuhoehdpntschpn heimohen festgesetzt, was freilitih
kaum mehr jemand /,u erklären wüfste. Im Allgäo heilsen
sugar die schaben (aus denen mau Schwaben machte!) mä-
che len, gesprochen micbela: d'miohela sind mV iu's
belzle cho; sodann bezeichnen sie dort mit mf^cb gera-
dezu den Salamander. Im stral'sburgiaoben „gart der ge-
suiidheit* (Balthaser Beck) ende des 15. jahrh. steht:
Cieade W'erren oder beimen. Wir haben also hier den
nameu für den erdkrehs; Oberhaupt ist den nach diesem
wortstiimm benannten tbieren das unheimliche eigen: Sala-
mander, schaben, erdkrebse u. s. w. — Um Rotweil lebt
Hanamaichle, bei St. Blasien Hanamaucben; in Furt-
wangen (leumauka: durchaus nicht mehr verstanden
vom Volke, das sie gebraucht. Wenn Wackernagel a.a.O.
munk, murmelthier, Mücurüoa, frauenname bei denBur-
gundcn, mum, müschen, müwerf herziehen will, so mag
er es thun.
2) Für brote begegnet das diminutiv möuchlin,
möucbli. Neben strüblen, fastuacbtküchlein erscheinen
in Wolfacher Statuten möucbli n; „item am schurtag
(ascherraittwoch auch bei Cloaener) die möucbliu für anken,
brot und erbsen"; „die miichlein versuochen". Mone
zt. XX, 76. Lexer nihd. wb. 73: „anke oder raohelin est
pauis in vapore prodii mandidatus ", Voc. 1482. Diese
beispiele lassen sich unschwer vermehren. ~ Man verstand
aufgeduuseue hohle schmalzbackwerke darunter, Iliezu
steht Meichelbeck, der solche brote, die den bairischen
„Kirten^ allein echt eigen, backt. Daraus erhellt, dals die
frage Ludwig Steub's in s. obordeutscbeu familienuameu
(lS7ü) 8. 215 «ein Mäucbel- oder Mioheibacher?*' zu strei-
chen ist.
iMitichen Wortforschung.
319
3) Für örtlich keit CD. Wenn die kinder unreifes
obst zur reife briugeu wollen, legen sie ea in heu und
stroii, Bei es in der scheuer, oder sei es in bettstrohsäcken
oder gar in alte kleider im sehranke u. s. w. Diese örl-
lichkeit beifst verschieden, bald mauchtet (niüchietj
Wurnilingen; „a m. uiachen". Mauehert, rotweiler ge-
gcud; maugget, mangge, Biirgau, augsb. Schwaben.
Dazu maiiggeln, ein obstrtest mischen, ebenda; maug-
gennest. Im Kinzigthal, Haslach bat das h, ch wie in
ucht = fit ausfallen mflsäen ; sie haben mfitti, OflPen-
burg: „in d' miitti thiin". V^ergl. Anton, oberlaus, wb,
II, 11 (182f)).
Diese bedeiitung von verbergen, verheimlichen
hinsichtlich des obstes führt uhb zu der des verbergen«,
vermunkplns überhaupt und zwar hat manch ein, uiu-
cheln einen pessiiiiistischen eharakter angcnouiinen ; ver-
luüchler, vermüchla auf dem südliehen Sehwarzwald
allgemein; im aarauischen uiücbeu ^ verstohlene laute
von sich geben, vermaiikia, 'oeinmaukla {r.. b. etwas
in die tasche eskamotieren) am obern Nekar. Ifb möfste
hier alle Wörterbücher anführen; so häufig trifft man diese
bedeutnng. Was die natöritche folge des verbergeas an
einem sparsam durchlüfteten oder gegen luft abgeschlosse-
nen räume sein wird, liegt klar zu tage : die luft des ortes
riecht. Daher meucheln, meuchel, verdorbene luft,
und in folge dessen die fäulniftraerkmale, der pilüüberzug
an brot, fleisch u. s. w. Von unreinen leuten, von fsuileii-
dem fleische sagt man: meucheln. „Kerle, wie meuche-
lischt!" Wurralingen*).
Nehmen wir diese allgemein oberdeutstheu Wortbedeu-
tungen und halten sie zu unseini neuhocbdeutsclieu meu-
chel**), meuchelmord, meuchlings, meuchelei
u. 8. w., so kommen wir wiederum auf das verborgene
treiben, auf die heimliche, aus dem hinterhalt, dem
*) Ueber Debenfbrmen mit f in dieser bodeatung siebe Job. Schmidt
die Wurzel AK 3. 70 (vgl. auch diese zeitsdir XV, 452). Anm. d. red.
**) Vgl. den scböaeo artikel bei Weigand, wb. If, 1 55.
830
Birlinger, zur deutseben Wortforschung,
versteck verübte schwarze that hinaus, wobei im-
mer das versteck die hauptsacbe ist. GraflF II, 653 * ).
Ich mache hier auf das franz. moucbard, poltzeispitzel
aufmerksam, das keine andere heiinath hat.
Das gieht auch aufschluls über alle oben angeföhrteu
Wörter. Die fluroamen, ortsuamen sind durchaus wiakel-
plätze; die hausgrille, die am heim d. h. hinter dem ofen
sitzt, zirpt in den mauerritzen ; der erdkrebs wühlt unter-
irdisch, der Salamander verkriecht sich in den ecken der
pfOtzeu; die brote des namens sind innen aufgeblasen, sind
hohl; die obstorte sind stroh- und beulöcher; das sekun-
d&re olere kann nur einer böhlnng, einem abgescblosae-
neu achlechtluftigen Speicher entstammen; das gehört alles
zu einer sippe**), für die mau möglicherweise Verwandt-
schaft mit griech. «i'^oi,- annehmen darf, üeber den Wech-
sel von ch und k in manchen, muchen, mauggeu,
maucken, milch: milk (Forer), volksthümltcb, röuken:
röuchen u. s. w. sieb meine alem. spräche s. 1Ü9. Weia-
hold 8. 178.
*) Die liilduTig von müchil(-swert) entspricht |;f<iiau der \-o»
denchel fdQhbil, zeitachr. XIX, 160). Bedeutet tObhil alid. den mergulua
von tühhjaa (yoge], der selbttt untertaucht), »o ist m mit deucbel gleichen
Ursprungs. — Zu mugelar aieli Wackem. Germ. IV, 139.
**) Got. inuka- in mukamodci sanftnmtli gehurt zu ksl. mekuku
Jüh. Kühmidt in d. xeitachr. XIX, 274. Anm. d. red.
BODD.
A. Birlinger.
Pauli, beitrlge znr Utpinitchec lautlehre und etjrmolo^e,
Beiträge zur lateinischen iautlehre und
etymologie.
2. Die ableitung der verbalendungen aua hilfsverben und
die entstebuDg der lateiniscben e-declination. Angeschlos-
sen an die gleichnamige schrift von dr. H. Merguet.
Berlin, gebr. Bornträger. 1871.
Merguet hatte in seiaem gröfseren ncrke „die ent-
wickelung der lat. formbildung" und deren Vorläufer, dem
Programm über potui, beide von mir im XIX. bände die-
ser zeitachrift angezeigt, mehrere aneichten anfgeetellt, ge-
gen welche von verscbiedeneti Seiten, namentlich aber von
Coreaen , vFiderspruch erhoben wurde. Darauf hat er in
obigem schriftchen die streitigen punkte einer nochmaligen,
zum theii eingehenderen, besprechung unterworfen. Da
ich aelbat in jenen referaten mich in mehreren punkten
gegen Merguet erklärt hatte und auch jetzt noch die dort
auegesprochenen ausicbten hege, so benutze ich die gele-
genheit, im^ anschluls an das referat Ober Merguets jüngste
schrift dieselben ausführlicher zu begründen. Zuerst nun
hatte Merguet die hypothese von Bopp bestritten, dafs in
verbalendungen, wie lat. -bäm, -bö, -ui, griech. -^t/v, -r9jj.
GOfiai und ähnlichen die verbalwurzeln hhu, as, dba steck-
ten. Für die Boppsche hypothese sind Curtius ( berichte
der k. eäcbs. ges. d. wiss. 1870) und Corssen (ausspr. IP,
1025), desgl. die recensenten des litter. centralblatts {187Ü
no. 19) und des philol. anzeigers { 187('. heft ti) eingetre-
ten. Auch ich halte sie för richtig und will versuchen,
sie durch nochmalige erörterung zu stützeo. Die haupt-
aäcblichsten bedenken Merguets gegen diese ansieht sind
theoretischer natur, Er nimmt anstofs daran, dafs „seibst-
ständig flectirte Wörter mit unflectirten stammen" (abl. der
verbalend. 30} zusammengesetzt sein eoJllen. Abgesehen
davon, dafs häuäg genug aprioristische ansichten über
sprachliche dinge später durch bestimmte tlratsachen wi-
derlegt werden, wie beispielsweise früher die möglichkeit
eines imperativs der J. pers. bestritten worden ist, bis ihn
Zeitachr. f. vgl. Bprachf. XX. 6. 21
322
Paali
das sanski'it in schönster volletidTmg aufwies, uod dafs da-
her der umgekehrte weg sicherer scheiut, abgesehen da-
von, meine ich, d&l's selbst jener theoretische grund nicht
stichhaltig ist, oder vielmehr, daCs nur die anschanung ein
wenig geändert zu werden braucht^ um jenen grund weg-
fallen £U lassen.
Die ansieht, dafs auch unsere iudogennanisehen spra-
chen von der radiealen stufe durch die agglutinierende hin-
durch erst zur flectierenden herangereift seien, darf man
wohl als jetzt so ziemlich allgemein angenommen bezeich-
nen. Von ihr aus aber- lassen sich die fraglichen bildun-
gen verstehen. Ziehen wir zur vergleichung die noch heute
radicale chinesische spräche herbei, um aus ihr ein bild
unseres älteste» indogermanischen zustandcs zu gewinnen,
BO handelt es sich für uns hier hauptsächlich darum, wie
dieselbe die tempusunterschiede bezeichne. Endlicher (chi-
nesische granmi. 301 sqq.) lehrt darüber folgendes: « Die
dreifache vcrai-hiedenheit der zeit, in welcher die durch
das verbum ausgedrückte thätigkeit stattfindend gedacht
werden kann, wird in den meisten fallen aus dem zusam-
menhange des Satzes, oder aus der gegen wart bestiramter
zeitadverbien erkannt". Beispiele: kin gi 'iii „beute bin
ich wohl", 61 tce tsi „gestern war icli krank". Sonst
wird die vergangene und die zukünftige zeit durch gewisse
allgemeine zeitadverbien, durch einige holfszeitwörter, und
im Kuau-hoii [Mandarinendialckt] die vergangene zeit auch
durch siibjunctivpartikeln (verdunkelte Zeitwörter) bezeich-
net". Als solche verba führt er för den alten etil (Kü-
wen) dann tcang „experiri" und fcü „haben" zur bezeich-
nung der Vergangenheit, keng „ wollen " für die Zukunft,
als adverbien mehrere mit der bedeutung „schon, einst"
und für die Zukunft tsiang („alsbald?") auf. Der Man-
darinendialekt macht es ebenso, hat nur im einzelnen einige
andere ausdrücke. Uebertragen wir das auf das alte in-
dogermanische und berücksichtigen wir, dafs in den spä-
teren durchsichtigen tempusumschreibungen, wie skr. köra-
jÄii-kakära, Ifürajani-äsa, liöraJHm-babhüva, lat. amfilus sum,
Hutätus Uli, engl. I did love, für die Vergangenheit, skr.
beitrftg« snr UtehiiBchen Isutlebre und et^ologi«.
323
dätdsmi, lat. dormttum eö für die zukunft, die wurzeln kai
„machen", aa „sein", bhu „werden", dha „thun", i ^ge-
hen** zu solchen teiuporaluniscbreibungeii verwaudt werden,
80 dürfcD wir, abgesehen von dem falle, wo die tempua-
nnterschiede durch teinporaladverhien ausgedrückt sind,
wie etwa das augment eins war, als auBdrucksweieen jeuer
alten zeit uugefähr ansetzen; präsens: pat »fallen"; Präte-
ritum: pat kar, pat ae, pat dha; futurum: pat bhu, pat i.
Zur hezeichimng des subjects würden luin uoeb die per-
aonalpronomina dahinter treten, aber in selbstständiger
form, z. b. pat ae naa „ich gab". Hieraus können sich
nun drei verschiedene formen entwickeln. Erstens:
die beiden verbal wurzeln bilden schon in der radicalen
periode für das bewufstBein des sprechenden eine einbeit,
deren elemente er sich nicht mehr als getrennter bewul'st
ist, und so ist es im chinemsuhen (Steinthal, characteristik
s. 122), dann aber kann die später eintretende stammbil-
duog und flexion nur am ende der zweiten wurzel oder
genauer am ende des wurzelconapositums eintreten. Zwei-
tens: die Stammbildung tritt ein, als beide wurzeln, wenn
auch gewohnheitsmäisig mit einander verbunden, doch
noch als gesonderte gefühlt werden. Nun wird das be-
dürfnifs nach genauerer grammatischer bestimmung, wel-
ches eben der stammbilduug zxi gründe liegt, sich vorwie-
gend an der ersten, der epecielleren, wurzel geltend ma-
chen müssen, die sich zu gunsten eines präciseren aus-
drucks zu einem nomen agentis reep. actionis umgestaltet,
während die zweite, tenipusbezcichnende, wurzel entweder
unverändert bleiben, da sie ihrem zwecke ohnehin genügt,
oder gleichfalls sich zu einem stamme umwandeln kann.
Wie es also jetzt statt pat ma „fallen ich" etwa pata ma
„fallender ich" heifst, so statt pat bhu lua etwa pataja
bhu ma, oder auch pataja bhava (oder bhuja oder ähnlich)
ma. Dieselbe art der entstehung nimmt Mergnet fßr die
eigentlichen composita der noaiina (abl. d. verbalend. 32- 33)
an und fügt hinzu: „Sobald nun beim entstehen der
flexion die Wörter mit flesionsenduugen versehen wurden,
ifiuiste dies nicht cur bei deo einfachen, sondern auch bei
21'
324
Pauli
den znsamiiiRngesetzten stattfinden". Dasselbe ist aber bei
der Verbalflexion möglich: so gut die Casusbezeichnungen
an die compoDierten stamme treten, ao gut köDoen dies
modus- lind personalaftixe. Mergueta einwand, es sei nicht
abzusehen, welchen zweck z. b. in amäfu-äm das -fu- ha-
ben solle, da es doch in er-äm fehle, ohne dafs dessen im-
perfectbedeutung beeinträchtigt sei, scheint mir nicht stich-
haltig. Es lälst sich nämlich ohne weiteres (denn wenn
das bei wurzeln möglich ist, so auch bei stammen) be-
haupten, die beiden Stammelemente seien eben in foige ih-
res gewohnheitsmäfsigeii beisammeostehens bei eintritt der
flexion nicht mehr als getrennte gefühlt worden, sondern
als einheit, an die nun die neue tempusbezeichnung ange-
treten sei , gerade wie an die einfachen verbalstämme.
Dafa dann die Vergangenheit in amäfu-äm doppelt ausge-
drückt aciu würde, ist kein gegengrund für diese erklä-
rung. Die spräche drückt manches doppelt aus, wenn ihr
der einfache ausdruck nicht mehr genügend klar erscheint.
So heilst es jet/.t je donne, wo dem "Lateiner noch dönö
genügt, jetzt de Rome, wo früher Kömä hinreicht, jetzt
deshalb, ahd. mbd. noch l)los des. Drittensr In flec-
tiereuder zeit erhält der erste theil einer tempusumscbrei-
bung eine flectierte form, zu der eine ausgebildete verbal-
form hinzutritt. Das ist geschehen in kürajäu-kakära und
den andern oben genannten.
Die fraglichen lateinischen bildungen nun halte ich,
was ich im folgenden für die einzelnen nachzuweisen su-
chen werde, für bildungen jener zweiten art, so also, dafs
die composition der stamme der flexion voraufging. Ich
war früher anderer ansieht, wie ich sie in meinen verba
auf -uo 3:j gelegentlich der formen feceräm etc. ansge-
sproclien habe. Wenn Job. Schmidt in der zeitschr. f. d.
gymnasialw., neue folge I, 208 diese abweichung von der
lehre seines meisters Schleicher, der fecer-äm getrennt
hatte, während ich fec-eräm haben wollte, nicht anerken-
nen will, so gebe ich ihm jetzt darin völlig recht, aber
wie er sagen kann: „es ist dies nur ein streit um wortei,
denn factisch kommen beide erkifirungen auf dasselbe hin«!
beitrage zur lateinischen Itvtlehre und etymolDgie.
325
ans, beide sehen ja zwiechen dem alten peH'ectataniine und
den endungen die wurzel as ", das vermag ich nicht ein-
zuseheu. Ist denn die vergleichende Sprachforschung blofs
eine wortanatomie, wo es darauf aiikomtnt, lediglich die
heetandtheile der einzelnen formen aufzuweisen, ist sie üicht
vielmehr eine forschung nach der entwicklungsgeschichte
der bestehenden formen, darin dem Darwinismus gleichend,
dessen anhänger ja auch Schleicher war! Und giebt es
denn gar keine verschiedene periodeii in dieser entwick-
lungsgeschichte, enthält das schöae buch von Curtius y,/.vit
Chronologie der indogermaiiisfhen Sprachforschung" eitel
dunst und hirngespinstel Wenn das aber nicht der fall ist,
dann bestand auch zwischen Schleichers richtiger ansieht
und meiner falschen ein wesentlicher unterschied, und es
war zwischen uns nicht blofs ein streit um werte.
Wende ich mich jetzt von diesen principiellen ausein-
andersetzungen zu meiner eigentlichen aufgäbe, im einzel-
nen den näcbweis zu führen, dafg in aniäbäm etc. hdlfs-
verbalwurzeln stecken, so kommt es hier vor allem darauf
an, wenigstens eine dieser bildungen als proethnisch vor-
handen zu erweisen. Wäre das nicht möglieb, so würde
die Wahrscheinlichkeit, dafs diese formen vor der flectie-
rendeo zeit gebildet seien, entschieden verringert werden,
und es könnte der einwurf, dafs wir lediglich etlinische
bildungen, d. h. also aus flectierender zeit, vor uns hätten,
als ein sehr gewichtiger erhoben werden. Dann aber hätte
Merguet recht, der erste theil der zusammengesetzten form
müfste auch flectiert sein. Aber zum glücke läfet sich die
proethnieche existenz einer der zusammengesetzten formen
nachweisen. Scherer (gesch. d. d. spr. 202 ) hat dieselbe,
als mit der würze] dha „thun" gebildet, erschlossen und
aufser dem griech. aor. -^t/v, dem got. perf. -da, lit. imperf.
-davau ihr das lat. imperf. -bäm zugetheilt. Ehe ich diese
formen weiter untersuche, mufs ich anf den einwand Cor.s-
sens (ansspr. I', 817) eingehen, es sei nicht glaublich, dalij
-bäm, osk. -fäm aus einer andern wurzel stamme, als
das lat. fut. auf -bö und das osk. perf. auf -fed. Die
lautliche möglicbkeit an und fQr sich, dafs -bäm von
326
P*nli
wiirzf>l dha stamme, wird Coreseo nicht läugnen wollen.
Ferner wird er zugehen, dafs scheinhar gleich gebildet«
formen dennoch in Wirklichkeit oft nicht desselben nr-
sprunges sind. Mit recht leitet er selbst (krit. heitr. iR4)
abdcre, conderc, abscondere von wurzel dha, während er
z, b. ftir edere doch wohl wurzel dn „geben" zulassen
wird. Ebenso zerlegt er (a. o. 4r>3) prlvns in pri-vu-e,
dlvns hingegen wird er natürlich als div-ii-fi auffassen.
Desgleichen wird er zugeben, dafs nicht alle tempora der
lateiniscbeti conjugation gleichen Ursprunges sind, dafs
z. h. das perfectum auf -sl anderen Ursprunges ist, als das
auf -vi. Wenn so schon ein und dasselbe tempus sogar
verschiedene hülfsverba zeigt, was sollte uns hindern, in
verschiedeuen zeiten verschiedene hülfsverba anzuerkennen?
Verwendet doch das griechische gleichfalls wurzel dha
(-O-jji'] und as {-<nu) für verschiedene tempora unbekftm-
mert nebeneinander. Ein anderer einwand, den er früher
(a. o. 184) gcgSQ die ableitung von famulus aus wurzel
dha erhoben hat und der sich hier wiederholen liefse, ist
der, es habe sich bisher kein beispiel gefunden, wo ur-
sprüngliches dh einer und derselben wurzel im lateinischen
die beiden gestaltungen (d. h. also f, resp. b einer-, d an-
drerseits) nebeneinander erhalten hätte. Wenn das wahr
wäre, hätte Corsseii selbst mehrfach gegen diese seine
eigene regel gefehlt. So leitet er z. b. arbor einerseits,
arduus und Ardea andrerseits von wurzel ardh „wachsen**
fausspr. I*, 170), ebenso urbs, verbena (ibid.) neben rosa
für *vrod8a (ibid. 812) (wo ich, nebenbei, die ableitung
Grafsmanns, deutsche pflanzennamen no. 194 aus wurzel
vrad „biegsam sein" für lautlich und begrifflich besser
halte) von wurzel vardh „wachsen**. Ich denke, das sind
beispiele. Es wird also mit obiger regel wohl nicht so
weit her sein, oder besserj auch andere dürfen wohl, wenn
sie eben doch wahr sein soll, gegen sie fehlen. Endlich
liefse sich einwenden, wenn -bäm aus wurzel dha entstan-
den sein solle, so liege letztere in condebäm u. s. w. dop-
pelt vor. Dasselbe thäte aber die wurzel bhu im osk.
fufana. Wenn das aber angebt, so geht jenes auch. Bs
beitrüge zur inteiumchen liutlehre und etytnologie.
327
liegt demnach kein stichhaltiger grund gegen die herlei-
lung des -bäm von wiirzel dba vor.
Wenden wir uns jetzt wieder zur hetrachtinig der ein-
schläglichen tenipora, so finden wir den griech. aor. auf
•thjv stets bei den verhen auf -ff^w, •i'^o), -airw, -vvtDy
-fuw, -0£ü, -OTM, -10, sowie dem abgeleiteten auf -a/gw,
-AAw, -rtTw, -TTw (Bnttmann, ausf. gramm. I", 472), wäh-
rend die sogenannte zweite tempusbildung, also die ein-
fache, fast mir den primitiven zukommt fders,, schulgr ''
170). Ebenso finden wir das lateinische imperfettnra auf
-b5m vom priniitivstamrae sicher nur in da-bäm und osk.
fufans, die (ihrigen primitiven, wie fere-bäm, vole-häm,
eHe-bäm, tege-bära u. 8. w. zeigen deutlich genug, dafs eben
in dieser form nicht die blofse wurzel, sondern ein stamm
stecke, was der langen vocale wegen auch bei sta bann,
I-bam der fall sein kann. Genau ebenso liegt die sacbe
im gotischen, wo die btldnng auf -da nur den secundären
Verben stets zukommt, wie sokida, Labaida, salboda, fiiU-
noda; von primären folgen ihr nur diu präteritopräsentia
mahta, kunpa, panrfta, gadaursta, munda, skulda, ganauhta,
aifata, vissa, dauhta, moäta, ohta; diese formen sind aber
nur nothgedrungene neubildungen, weil eben das ältere Prä-
teritum zum präseus ward. Derselbe Vorgang im litaui-
schen. Im imperfectum tritt -davau an den zweiten stamm
(Schleicher, comp. '841), der sehr häufig der analogie der
abgeleiteten verba folgt (a. o. 790). Es ergiebt sich also
fQr alle vier sprachen, dafa die fraglichen bildungen vor-
wiegend den abgeleiteten verben zukommen, d. h. mit an-
dern Worten, dafs die betreffenden zusätze, in denen ich
also vorläufig die wnrüel dha annehme, nicht an die wür-
zet, sondern an stamme gefügt werden. Die wenigen ab-
weichungen erklären sich leicht aus einem Umsichgreifen
dieser formationen über ihr eigentliches gebiet.
Die Stämme, bei denen nun diese bildung sich zeigt,
sind namentlich bei den meisten griechischen verben noch
so deutlich nominalen Ursprunges, dafs es fftr die meisten
derselben einer weiteren Untersuchung gar nicht bedarf.
Nur die formen der verba auf -«w, -ew, -o'w nebst den
828
Pauli
lateinischen imperfecten auf -äbäm, -ebäm, -ibäm (älter ale
-iebäm Neue, formenl. n,3<ll), den gotischen auf -oda,
-aida, -ida sind specieller zu untersuchen, nm festzustellen,
welche gestalt dem stamme in ihnen ursprünglich zu-
komme.
Hier entsprechen nun die bilduogen auf lat, -ebam,
got. -aida am genausten den griechischen auf -eviftjv. Wie
in diesen einen uominalstamm auf -sv- = idg. 'au-, so
haben wir in jenen einen solchen auf -ai- vor uns. Wie
68 aber keine indogermanischen stamme auf -au-, sondern
nur solche auf -ava- giebt (diese erklärung ist mir ftlr die
dunkelen gr. -ei^- stamme noch die wahrscheinlichsle}, so
ist auch -ai- auf -aja- i^urückzufübren und der abfall des
letzten a gleicht dem des u in griechischen formen, wie
k-notxiX-&T}v neben notxtko-^
k-xad-ctfi-ffTiv neben xa&ctQo-j
k-fA.a),äy-&7jv neben uaXaxo- u. a.
oder in indischen, wie in Icaran-jämi von karana- u. a. Es
steckt demnach im lat. sede-bam (und den ebenso gebilde-
ten der lat. 3, conj.), got. f>ulai-da ein stamm sadaja-, resp.
talaja-, also formen von so sicher adjektivischem gepräge,
wie das griech. üixauig^ äovksiu,; u. b. w. sind. Wie aber
diese selbst noch wieder auf substantiva zurückgehen, so
dörfen auch jene unbedenklich auf substantiva sada-, tala-
zurfkkgeführt und -ja- als adjectivische ableitungsendung
gefafst werden. Diese kann nun aber nicht blofs an sub-
stantivstämme auf -a- treten, sondern ihrer natur nach an
alle andern auch. So z. b. würden aus den wurzeln hhug,
par sich die substantivstämme bbugja- {gr.tfvCa]^ parja
(gr. nüon) entwickeln, aus diesen die adjectiva bhugja-ja-,
parja-ja-, die, verkürzt zu bhugjai-, par-jai-, in den imper-
fecten fugie-bäm, -perie-bäm vorlägen ; -1-bäm hingegen ent-
steht, wenn der zu gründe liegende substantivstamm statt
mit -ja- mit -i- gebildet ist. So erhalten wir die reihe: Wur-
zel vas „kleiden", eubstantivstamm vasti- (vestis) „kleid*',
adjectivstamm vastija- „mit kleid versehen", verkürzt va-
stii-, contrahiert vasti-, davon vestt-bam (Neue, formenl.
beitrILge znr lateiajBchen lautlelire und etymologie.
329
n, 347). Da der vierten lat. conj. grofsentheils solche ur-
sprüngliche i- Stämme zu gründe liegen, so ist die that-
eache, daJ's arcfiaiatisch hier -l-fiäm häufig war (Nene
a. o,), mit obiger tbeorie im besten einklange. Der 3. conj.
auf -iö aber gehören ursprüngliche -ja- Stämme an und
deshalb findet sieb hier nie ein -I-häm, nur das vorauszu-
setzende -ie-bäm, welches später, über sein eigentliches
gebiet hinübergreifend, auch bei den i-stämmen herrschend
wurde. Aul'ser -ebäm, -iehäm, -ibäm haben wir eine vierte
form in -äbäm, got. -oda von den lateinischen verben auf
-äre, denen die gotischen auf -on entsprechen. Hier liegen
gleichfalls denominativa vor {Grafsmann, zeitscbr. XI, 100
sqq.), gebildet wie die der ersten art, indem die oskischen
formen auf -ait, -ai'et den aiisfüll eines j ffir das lateinische
und gotische erweieeu, desgleichen für die griech. formen auf
-^O'rjv. Sie unterscheiden sich aber von den formen auf -ebäm,
-aida dadurch , dafs das ursprünglich zu gründe liegende
nomen ein femininstamm auf -ä ist, es steht demnach z. b.
lat. pugnäbam für pugnä-ja fadj.) dha ma.
Ein anderer theil dieser bildiingen hat caiisative bedeu-
tung> Es sind dies hauptsächlich die griech. formen auf -uiu
(Grafsmann, zeitscbr. XI, 9f>), manche latein. auf -eö, wie
doceö, moneö, moveö, torreö, noeeö u. a. (a. o. 88),
eins auf -iö, söpiö (a. o. 89), einige auf -ö = -aö, wie
domo, die gotischen auf -ja, wie laisja. Grafsmann (a. o.)
bat, wie ich denke, nberzeugend nachgewiesen, dafs auch
in ihrem ersten theile nomina stecken, im zweiten theile
findet er die verbalwurzel i „gehen". Die zu gründe lie-
genden nominalstämme sind sämmtlich mit dem snffix -a
und Steigerung des wurzelvocale gebildet, z. b. idg. vaida-,
und sind der bedeutung nach als abstraota auf -un^ an-
zusetzen (cf. skr. vi^da- „wissung, wiesen" und viele an-
dre ). Diese annähme eines nominalstamines findet ihre
schönste bestätigung in dem -o- der griechischen formen
neben dem -e- der denominativen gruppe, so dafs also
z. b. in t'ivjUÖM „erzürne" (caus.J das nomen iVv^u „zorn"
steckt, während dagegen in üyi-ibj „zaudre" ein adj. öxrfio-
„zögernd" zu gründe liegt. Im gotisclicn ist dann der
330
Pauli
endvokal des Stammes wieder abgefalten, so dafs also z. b.
in tamja ein nomen dama- „zähmung" steckt. Wenden
wir uns nun wieder an das chineaisf'he und vergleichen
dessen cauaalbilduDg, so tinden wir (Endlicher, cbines. gr.
272), dals dort das caiisale durch hinziifftgung von hülfs-
zeitwörtem mit den bedeutungen „machen", „befehlen",
„veranlassen", „senden" gebildet wird. Uebertragen wir
das wieder auf die indogermanische wurzelperiode, so tiefse
sich neben vid „sehen" ein vid i „eebeo herangehen"
(adire, inire cf. Westergaard rad. sanacr, s. v. i) sehr
wohl annehmen. Dann wurde in der zweiten periode die
erste wurzel zum nominal stamm vaida, ao dafs nun vaida
i ma „ich mache sehen, ich zeige" heifst. Dafs daraus
ein causales vaidajämi in üectierender zeit entstehen konnte,
wird Merguet nicht läiignen wollen. Der unterschied die-
ser form von der denominativeii ist also der, dafs dort
ein adjectivstamra , hier ein mit i „gehen" componierter
substantivstamm zu gründe liegt. Da das lateinische keine
eigene causalform erhalten hat, sondern bald -eö, bald -iö,
bald -ö (= aö) anwendet, so ist hier schon eine miscbung
mit der ersten art eingetreten , von dt-r sieh übrigens das
griechische und gotische auch durchaus nicht frei erhalten
haben. Ea ist das im lateinischen wohl hauptsächlich da-
durch verursacht, dafs in der composition, und eine solche
liegt ja eben hier vor, die nominalstäname ihren auslaiit -o-
nicht rein erhalten, sondern zu -i- abschwächen, wodurch
eine Vermischung mit der ersten art, den denominativea
auf -iö und -eö, wesentlich erleichtert wurde.
Es ergiebt sich demnach für sämmtliche lateinisclie
imperfecta die roöglichkeit, ihren ersten theil aus un-
flectierten stammen herzuleiten, und es fragt sich
nur, in welcher geetalt die wurzel dha vorhanden ge-
wesen sei, bevor sie beim eintritt der flectierenden zeit
mit dem vorhergehenden stamme verschmolz, Betrachten
wir zunächst das lat. -bäm, so ist es gebildet wie eräm,
dies aber hat Schleicher mit recht auf eine gnmdform
asajämi zurückgeführt (comp.' 8(19). Es steht demnach
-bäm für dhaajämi. Dieselbe grundform setzt griech. ->frjv
b«itTKj;c zur UUinisctien Uutlchri und etymologie.
331
neben ijv „ich war" voraus, dieselbe auch got. da {d. h.
nur im sing.); ''*• Ja^a« hingegen erklärt sieh als dbava-
jämi. DarauB ersehen "wir, dafs auch die wurzel dha nicht
als nackte wurzel, sondern als stamni in die composition
trat und zwar in derselhen gestalt, wie der erste tbeil des
composituoiB. Denn wir haben zunächst dbaaja (reap.
dhavaja) ma, dhaaja (dhavaja) aber zerlegen sich in dhaa-ja
( dhava-ja) als adjective, dhaa aber (resp. dhava) in dha-a
(dha-va) als Substantive, ersteres gebildet wie z. b. skr,
pathe-äthaä- {Rv, V, ÖO, 3). Ebenso lassen sich die cau-
eativa alfl vaida ia ma „eebung gehender ich" deuten, so
daff) auch hier statt der reinen wurzel i ein nominalstamm
ia- als nomen ageatis erscheint.
Zum Schlüsse dieses absthnittes nun bemerke ich, um
ntil'sveratändnissen vorzubeugen, folgendes: Es liegt nur
völlig fern, obige erklärtingen für ein auch nur annähernd
sicheres resultat zu hatten, ea ist ebenso leicht möglich,
dafs sie völlig falsch sind, allein es war auch gar nicht
mein zweck, durch ins einzelne gehende Untersuchungen
ein als positiv feststehend zu bezeichnendes resultat zu
finden, sondern nur, im allgemeinen skizzierend, Merguet
gegenüber zu erweisen, dalis unter bestimmten hypotheti-
schen voräusset/,ung«n, nämlich der bypotbese der radica-
len und agglutinierenden Vorstufe auch für das indoger-
manische allerdinge eine erktärung der fraglichen formen
möglieb ist, und um hypotfaeseu kann es sich für so ent-
legene Zeiten stets nur bandeln, so gut wie in den. ja so
gern mit der Sprachwissenschaft verglichenen zweigen der
naturwissenschaften. Auf das resultat selbst lege ich kei-
nen werth, wenigstens nur in sofern, als sich ergiebt, dafs
die temporalbildung mit dem hülfsverb dha in die proeth-
niscbe zeit hineinreicht.
Ißt das aber der fall, so können die flbrigen latei-
nischen tempora entweder zu derselben zeit gebildet sein
und nur ihre reflese in den verwandten sprachen verloren
haben, oder sie können spätere bildungen nach der analo-
gie jener alten proethnischen sein. Welches von beiden
in Wirklichkeit der fall gewesen sei, ist hier uncrbeMicb,
332
m .^ Panli
da sie auf jede von beiden arten eine sichere erklärung
finden, Auf dae lat. fut auf -bö hier noch besonders ein-
zugehen, unterlasse ich, da aich diee in dem ersten theile
genau so verhält, wie das imperfectuni, während im zwei-
ten die Wurzel bhu statt dha steckt, wie ea scheint, als
-a-stacnm, denn -bö flectiert genau, wie vomö, und wie
dieä aus vama ma entsteht, so also jenes aus bhava ma
oder bhua ma. Dagegen erfordert das mannigfach abwei-
chende perfectum wieder eine etwas eingehendere betrach-
tung. Absehen will ich hier von dem auf -l gebildeten,
da dessen bildung bis jetzt so wenig aufgeklärt ist, dafs
die erörterung darüber hier uicht ßo nebenbei abgemacht
werden kann. Das perfectum auf -vi, umbr. -fei, osk. -f€d
(3. sing.) tritt unter denselben eracheinungen auf, wie das
imperfectum und futurum. Es entsprechen sich :
amäTl, amäbäm, amäbö ;
delevl, delebäm, delebö;
aervivi, servlbäm, servlbö;
und wir dürfen daher wohl fdr den ersten theil dieser
perfecta den gleichen Ursprung wie für den des imper-
fectums annehmen, der zweite aber muis in seinen perso-
nalendungen aus denselben gründen, wie das perfectum
auf -I, hier unerörtert bleiben. Ich finde nun in -vi die
Wurzel bhu, in derselben weise an einen adjectivstamm ge-
fügt, wie im imperfectum die wurzel dha. Damit steht
es durchaus nicht in Widerspruch, wenn ich (zeitschr.
XIX, 225) behauptet habe, es sei meines erachtens von
Merguet der beweis erbracht, dafs potui nicht aus pote
ful verschmolzen sei. Curtius (berichte der k. 8. ges. d.
wise, 1870. 26) hat diese meine ansieht nicht gelten las-
sen wollen, allein eine nochmalige durchsieht des von Mer-
guet in der programmabhandlung vorgeführten materials
zwingt mich, dabei stehen zu bleiben. Eben die Statistik
der einschläglichen formen läfst, wie mir scheint, nur die
eine auffassung zu: Zu dem aus potis sum verschmolze-
nen posBum sind die perfectzeiten nicht in gebrauch, nur
Terenz wagt es einmal, pote fuisset zu sagen; statt ihrer
erecheint stets ein einfaches potui, deaseo präsene im ob-
beitrüge zur lateinischea lantleTirfl und eCymologie.
333
kischen noch vfreiuzelt vorkommt, im lateiniachen aber
obsolet geworden ist. Daa ist atso gerade, als ob man
im deutschen sagte: ich bin gewillt (praee.) neben icb
wollte (praet.), alao etwas böcbst einfachee. Wenn Cur-
tiua dennoch sieb dagegen sträubt, eine ansiebt aufzuge-
ben, die auch mir lieb und geläufig geworden war, so Ver-
anlafst ihn dazu, wie mir scheint, eine gewisse scheu, eine
hauptstütze zu verlieren, auf welche Bopp seine ansieht,
-VI sei aus ful hervorgegangen, gegründet hatte. Aber
Mergnet selbst (abl. der verbalend. 26) giebt es zu und
benutzt es eben dann ftlr seine folgerungeD, dafs potui,
selbst wenn es aus pote ful erklärt würde, für formen wie
am&Tl u. ä. gar nicht beweisend sei. Daa ist auch rich-
tig. Selbst wenn potuI für pote ful stehen sollte, was
ich aber, wie gesagt, jetzt nicht mehr glauben kann, so
wäre ea doch so jungen Ursprunges, dafs es für das, wie
die oskisuh-umbriscben formen zeigen, schon altitaliscbe
perfect auf -vi weder pro noch contra zeugen könnte.
Chronologisch so entfernt liegende bildungen haben gegen-
seitig keinerlei beweiskraft für einander. Und das ist hier
ein glück, denn wir können jetzt getrost die erklärung
von poteü aus pote fui aufgeben, gestiltzt auf das statisti-
sche material von Merguet, ohne dafs dadurch, wie ich
schon früher (Kcitechr. XIX, 306) gesagt habe, für die
entstehung des lat. -vi, -ui irgend etwas präjudiciert sei.
Dafs ich für potuI trotzdem, wie für alle perfecta auf -vi,
-ui, eine composition mit bhu annehme, habe ich gleich-
falls schon gesagt (1. c), aber icb stelle ea eben jetzt mit
allen übrigen in eine reihe, und potui ist jetzt für mich
nichts anderes, als seciiT, monul, salui, d. h. ein gewöbn-
liches perfectum auf -ul. Wenn ich früher («eitscbr. XIX,
226) potuS von potlvl glaubte trennen zu müssen, so ist
88 mir bei erneuerter erwägung jetzt doch rathsamer, beide
formen für ideutisch nnd potivl als die ältere, potuT als
die jüngere auzusehn, da bei einem wurzelverb, wie potiö,
-ere ^ skr. patjate eins wäre, das perfect auf blofses -I
gebildet sein, also pötT lauten würde, wie es fi>dl, fugl,
fecl u, s. w. heifst, und icb überdies die auiiicbt Corssens
334
Panli
(ausspr II', 2. 2P>. 21), -ui sei aus -ävi, -gvl, -ivl in folge
der älteren betoniing der vorhergehenden wurzetsilbe ent-
Btanden^ entfichiedeii für die richtige halte. Es stellt dem-
nach pottvl dem vestIvT in eeiaer bildung ganz gleich, dies
aber wieder dem vesttbüm und, wie dies aus vastija dbaaja
hefvorgehn konnte, so jenes aus patija bhu {der norninal-
stamm des bhu bleibe för jetzt unentschieden). Der un-
terschied zwischen der Boppschen und meiner erkiärung
läuft also darauf hinaus, dafs Bopp die form potui in hi-
storischer zeit aus flectiertem potia und flectier-
tem ful, ich dagegen sie in vorhistorischer zeit aus
iinfJectiertem pataja und unf lectiertem bhu entste-
hen lasse, mit dem dann erst die personalendungen ver-
wuchsen. Die bestandtheile der form sind also nach bei-
den ansichten dieselben, der unterschied aber liegt in der
entstehungszeit.
Während für das imperfectum auf -bäm, das fut. auf
-bö und das perf. auf -vi eich der erste theil der mit
ihnen gebildeten formen als gleichgebildet herausstellte,
weichen die perfecta auf -sl wesentlich davon ab. Hier
ist daher eine eingehendere betrachtung nöthig. Es ist
nichts neues, dafs diese perfectformation fast ausschliefs-
lieh bei verbeii sich findet, die schon im präsens eine, sei
es natura, sei es positione, lange Wurzelsilbe haben. Der
ausnahmen gibt es wenige, etwa nur mansl (mäneo);
-lexl (-liciö), -spexi (-spTciö), coxl (eöqiiö), rexl (rego), texl
(tegö)^ vex! (vehö), traxi (trähö); -cussl (-cütiö), divisl
(divido); gesBl (gero) und das unklare pressl, also im gan-
zen 12. Daneben aber finden sich über 70, deren wur-
zelvokal im präsens lang ist. Innerhalb derselben aber
giebt es verschiedene deutlich wahrnehmbare gruppen,
und zwar folgende:
1) der vocal ist natura lang: haesi, clausl, saepsl; rlsl,
lüxl; auäsl, räsi, ccssi, rösi;
2) der vocal ist positione lang:
a) das präsens hat einen nasalen: planxl, sanxl; linxl,
▼inxl; junxl;
beitrilge zur laCeinischeo Itiiilchre und otymologie,
335
b) das prfisens ist dur*!h n verstärkt: vulsl (vellö för
*volnö); tempsl (teinnö);
c) das präseas ist durch t verstärkt: flexi; misl;
d) die vcurzel hat doppelten endconsonanten : alsl,
arsi, carpsi.
Hierbei drängt sic^h nun sofort eine Wahrnehmung auh
Während das perfectum auf blofses -i sich in der regel
an die lilofse wurzel fftgt, liegt hier bei dem auf -sl stets
der präsensstamm zu gründe. Das zeigt sich namentlich
deutlich bei der gruppe 2a, wenn man 2, b. pepigl tnit
planxl vergleicht, aber auch in 2b und 2c hat man vulsi
aus *voln-8l, tempsl ans *temn-Bl, tem-sT, flexi aus *flect-si
zu erklären. Der beweis hierfür wird durch die entspre-
chenden supina gefülirt, die ja flexum, vulsum heifsen,
während sie bei den blofsen auslauten c, resp. I (statt et,
reep. II für In) in der regel auf -tum enden uud dies nicht
in -sum wandeln, z. b. coctum, düctumj cultuai, saltum
u. 8. w, (cf. Grafsmann, zeitschr. XI, 'il); freilich heifst es
tcmptum, nicht teinpstim, wie man danach erwarten sollte.
Dieser zu gruiiie liegende präsensstamm aber enthält im
lateinischen {überhaupt in der ganzen ersten Boppschen
bauptconjugation der indogerm. sprachen), wie schon Stein-
thal (character. 291) eo genial durchgeführt hat, stets ein
nomen agentis. Während also pepigl sich direct aus der
wnrzel pag (pakj ableitet, geht plauxl durch den noroinal-
stamm plang- (ptango-) hindurch, dieser aber steht in folge
proethnischer metathese nach wohl ziemlich allgemeiner
annähme für plaguo und dies wäre ein participialstamm
von Wurzel plag (plak), wodurch sich unsere no, 2 a und b
als in vorhistorischer zeit identisch herausstellen. Fflr 2c
ergiebt eich aber auf demselben wege ein participialstamm
auf -to-, der ja auch sonst, z. b im sanskrit, dem auf -no-
genau zur seite steht. Die bildung des perfectums auf -sl
fllr die grnppen 2a. b. c stellt sich somit als in ihrem er-
sten tbeile einen unflectierten nominal -(participial-)
slamnv enthaltend heraus. Wir gewinnen also hier ein
ähnliches reaultat, wie hei dem imperfectum auf -bäm, und
wenn wir dort wnrzel dha finden durften, so haben wir
S36
Pauli
hier wurzel as, deren atammbildung wieder unerörtert
bleibe. Das perfectum auf -sl, in die agglutinierende pe-
riode zurückübersetzt, würde also z. b. für junxl, flexi lau-
ten jugna as, bhrakta as, woran daan die bia jetzt noch
nicht zur genüge erklärten perfectendungen als flexion ge-
fügt wurden. Nun werden auch die übrigen bildungen
klar. Neben den eigentlicben participien alg uomina agen-
tis kennt das indogermanische eine andre art nomina
agentis, gebildet durch bJolses -a- (für daa sanskrit vergl.
Bopp, ki. gramm.* 379). Diese finde ich ip den verben
der gruppe 2d wieder, so dafs also z. b. serpsi aus sarpa
as entsteht. Die kurzvocaligen könnten gleichen Ursprun-
ges sein, da diese nomina agentis meist ohne vocalsteige-
ruug gebildet werden, falls nicht etwa in ihnen, was auch
möglich acheint, daa -sl sein ursprüngliches gebiet über-
schritten und jene perfecta daher ursprünglich m&nl (oder
manul); -lecl, -speci, cöqui, regi, tegl, vebi, träbl; -cütl,
dirldl; geri gelautet hätten. Es ist aber für die gruppe
2d noch ein anderer Ursprung möglich, der für gruppe 1
nothwendig wird. Da, wie bereits gesagt, die nomina
agentis, wenigstens von consonantiach scblieJseuden wur-
zeln, fast stets ohne vocalsteigeruog gebildet worden, so
können die verba unter 1 , die allesammt gesteigerte vo-
cale enthalten, dieses Ursprungs nicht sein. In ihnen
fiteckt, meiner ansieht nach, das nomen actionis auf -a-
(Bopp I. c. 381), vor dem der wurzelvocal gesteigert wird.
Dies nomen actionis stände dann etwa locativisch (natür-
lich ohne die überhaupt noch nicht vorhandene locativ-
endung), wodurch sich ungefähr derselbe ainn, wie beino
nomen agentis ergäbe. Es wäre demnach dixl aus daika
as „(in) sagung sein " entstanden. Dasselbe könnte auch
für gruppe 2d angenommen werden, weil die positiona-
länge in ihnen die natur des vorhergehenden vocals nicht
sicher bestimmen läfst. Die perfecta der kurzvocaligen
wären dann aber mirsbräuchlich entstanden und ständen in
diesem falle statt der älteren oben aufgeführten formen
auf blofses -l. Damit hätten auch die perfecta auf ~äl ihre
erklärung gefunden, deren voritalische existenz durch die
leitrSge zur lateinischen Ittntlehre und etymologie.
337
rechendeu celtisclieu bildungen (Zeufs-Ebel, gr. cell
4til Bqq.) eivvif'scn wird.
Fasse ich kurz uuq noch einmal das resiiltat meiner
Untersuchung zuaammen, so ist das wesentliche ergebnifs,
worauf es hier allein ankommt, diesr Die fraglichen tem-
jjusbildinigeii sind bereits in proethnischor zeit vor ausbii-
duiig der flexiou entstanden. Sie bestehen aus zwei un-
Qectierten stänimen, die iu dieser form verschmolzen und
an welche eich dann in flectierender zeit die flexionsen-
dnngen anfügten.
Es ist also, meiner ansieht nach, kein grund gegen
die erklärung der fragücheu tempusbiidungen aus hüfsver-
ben vorhanden. „Doch selbst wenn ich diesem negativen
resultate des verf. bßietimmen könnte, der positiven auf-
stelluug desselben kann ich mich nicht auscbliefseu '^. So
schrieb ich iu der receusion des gröfserou werkes von Mcr-
guet (zeitschr. XIX, 300 j, und das mufa ich auch jetzt
wiederholeu. Freilich legt Merguet, wie er mir brieflich
mitgetheilt hat, auf diese „hauchverdiohtnngstheorie", wie
sie Coreeen nennt, keinen grofsen werth, das negative re-
Bultat sei ihm die hauptsache ; aber, da er sie in der klci-
nereo schrift (s. 39) abermals zu stützen sucht, so mufs
ich meine gründe gegen dieselbe ausführlicher darlegen.
Zunächst giebt Mergiiet selbst zu, na(;h sonstiger art wäre
die beseitigung des durch antritt vocalieeli anlautender en-
dungen an vocalisch iiuslautende stamme entstehenden hia-
tus durch coutraction zu erwarten gewesen. „Die spräche
konnte aber in diesem falle dieselbe zu vermeiden dadurch
veraulal'st werden, dafs durch eine solche coatraction hier
der weaentHcli auf dem eiidungsvocal beruhende character
der form verdunkelt wäre". Das bietet der spräche sonst
in allen klar liegenden fällen keiu hindernifs für die con-
traction. Im griechischen wird sowohl der indicativ rt-
«ao,H«)', wie der conjunctiv TiftcioiftEv gleichuiäfsig zu ri/tw-
iiav contrahiert, obwolil dadurch die Unterscheidung der
modi verloren geht; desgleichen tritt der ältere gen. plur.
fem. uya&tttiii' später stets contrahiert als äya&m' auf, ob-
wohl dadurch der unterschied der geacblechter verwischt
Zeitichr. f. vgl. spraohf. XX. 6. 22
3a&
Pauli
wird; ebenso giebt nAoo^ und nXoovg gleichmäfsig nlove,
rjxoa wird dem nominativ jy;^cu gleich, es fällt also durch
die coütraction die tmterscbeiduug der casus fort; die zn-
saininenKiehuug eudlicli von yJaai (du.) und xioace (pliir )
zu y.i^u tilgt die diflFerenz, der iiumeri. Daa sind also alles
föUe, wie sie Merguet im äuge hat, und alle beeeitigen
Hiatus diircb coutraotioii, obwohl dadurch „der wesentlich
auf dem enduugsvocal beruhende charactcr der form ver^
dunkelt" wird. Und das geschieht nicht blol's im griechi-
schen, dem eine gewisse iieigung zur coütraction nicht ab-
zusprechen ist, das lateinische verfährt in klar liegenden
fallen genau ebenso. So ist amäö zu amö Kusammengezo-
gen, obwohl es dadurch der 3. conjugation gleich wird;
statt des dativs der 4. decl. auf -ul wird häufig zusam-
mengezogenes -ü gesprochen (Neiie^ formenl. I, 3tit>) und
so der dati%' dem ablativ gleich; auf dieselbe weise ist in
dem -IS des dat. abl. plur. die Unterscheidung der geschlech-
ter verloren gegangen, die in dem -äs für -fiis (nur noch
in dem deväs corniscäs des corp. inscr. I. no. 81 4) und
dem -eis flQr -ois früher möglich war und sich so leicht
hätte erhalten lassen. Da» alles sind völlig sichere lS,lle
fiir beseitigung des hiatus durch coütraction; für beseiti-
gung desselben durch consonanteneiuschub werden auch
wohl hin und wieder beispiele angeführt, aber sie sind
entweder ganz unsicher oder anders aufzufassen. Einige
solcher lalle hat Bopp in der sanskritischen declination
finden wollen, z. b. in dem verhalten des neutr. dätr neben
dem masc. datr, wo ersterea verschiedene casus, als
dfitfnä, dütfne, dütrnas, dätfni; dätnil, dätinüs; dätr'ni mit
n neben den masc. formen dütni, dütre, dätüs, dfltäri;
dätaräu, dätrös; dtUiiras, dätf'n ohne n bildet, ebenso in
dem j von piviijfu u. ä. formen. Allein unsere kenntnifs
von der ältesten geetalt der casusformen des indogermani-
schen ist noch so unsicher, dafs jeuer Boppschen erklä-
ruog mit vollem rechte der einwaud, das n sei ur.sprüng-
lich, entgegengehalten werden kann, wie z. b. Scherer
(gesch. d. d. spr. 205) ansdriicklicli behauptet, dies n be-
ruhe auf einem nebonstamme. Keinesfalls lassen sich wei-
beitrSge zur lateiniKchen lautlehrc und etymologte.
S39
tergehende schlösse auf jenes d oder j bauen. Dai'e man
im französischen cet ami, mon amie, parla-t-il neben oe
roi, raa soeiir, 11 parlu sagt, beweist gleichfalls nichts, denn
alle jene consouantisch auslautenden fornien sind die älte-
ren (mon für meam, wie ujasc. mon für meuni), die vor
dem Yocal ihren auslaut bewahrten, der sonst abäel. Das
ist aber eine wesentlich andre eracheiuung, als der von
Merguet behauptete hiatushindernde einachnb. Die einzige
thatsache, die vielleicht wirklich sich eo erklärt, ist die
in Frankreich nach Ploetz allgemein geltende ausspräche
der redensart entre quatre yeux als quatre-zieux, allein
auch hier können die pluralendungen in deiix, trois das
ihnen zunächst Hegende quatre in ihre analogie gezogen
haben, wie ja auch das x in deux neben lat. duo erat neu-
bildung ist, und der grund ftSr jenes gesprochene 8 wSre
dann eben kein lautlicher, sondern es läge eine, wenn auch
falsche, phiralneubildung vor. Aus allen diesen thataachen
ergiebt sich, dai's Mergiiets annähme, der hiatus könne im
bestimmten falle statt durch contraction durch Uauchein-
schub beseitigt werden, grade In den schlagendsten fällen
sich nicht bewährt, sondern die contraction auch hier das
einzige mittel bleibt. Auch die von Merguet selbst (for-
menb. 205, abl. der verbalend. 40) zur stütze seiner ansieht
beigebrachten beispisle vermag ich nicht als solche anzu-
erkennen. Dals in den formen, wie mortuva, iimbr. sub-
ocavu, das v aus dem u heraus sieb entwickelt haben
könne, giebt Merguet selbst zu. Dahin gehören aber auch
die formen Trovum, audivunt, osk. tribarakavum, die er
gesondert aufführt. Das lat, v hat aber eine noch grössere
Verwandtschaft zum o als zum u, was z. b. aus formen
wie vortö für vertu, noch mehr aber aus dem langen er-
halteu des o nach v in servoa u, ä. zu ersehen ist. Es
fallen daher auch die beispiclc lat. vivolenta, ital. vivola,
Giovanni unter diese kategorie. Wie aber v zu ii, o, so
verhält sich j zu i, e. Es ist also auch in Tejodosio,
Tejodoto das j nicht zur Vermeidung des hiatus eingescho*
beu, sondern aus dem e entwickelt. Den aus dem grie-
chischen entnommenen formen kann aus einem doppelten
22*
340
Pftnli
gründe keine Beweiskraft zugestanden werden. Einmal
nämlich giebt Merguet selbst zu, das in ihnen sich zei-
gende V könne möglicherweise aus dem ^ entstanden sein.
Formen aber, die mehrfache erklärungen zulassen, beweisen
weder pro noch contra. Sodann aber ist es eine bekannte
erecheioung, dafs fremdwörter im volksmunde überaus
häufig verunstaltet werden und zwar nach keiner bestimm-
ten regel. Darnach verlieren denn die formen Ägesilavi,
Archelavos, Menelavos, Nicolavos, Prothesilavo, Danavia,
Danavoiii, Oinomavos, averta, musivum, Argivi^ oliva (falls
es entlehnt ist; wo nicht, so ist auch got. alev nicht ent-«
lehnt und dann das v ursprünglich), archivum, Achivi,
Larisaevus, Bohetyus, dihacoous ihre beweiskraft, und es
bleiben von Merguets beispielen nur lat, Janujariano, afigi-
nigenus, grugem, Trobis, veteranebis, umbr. stabu, voUohom,
osk. sakabiter übrig. Aber selbst von diesen sind noch
die drei ersten unsicher, denn im volksmunde findet sich
die erscheinung nicht selten, dafa der anlant zweier silben
einander gleichgemacht wird. So sagt man lat. liX\wm fdr
gr. Xiigiov, ital, Luglio (spr. Luljo] fiir lat. Julius (als mo-
nat), vielleicht lat. coyuö, q'uingiie für poquö, pinque, sicher
wieder skr. pvafiuras für sva^uraa und sonst, und so schei-
nen mir auch Janujariano, aliäriniffenus, ^^rugem, vielleicht
auch die oben schon anders erklärten ripolentus, ital. f?i-
cola entstanden zu sein. Es bleiben demnach nur zwei
lateinische, zwei umbrische und ein oskisches beispiel übrig,
wo sich für das b keine andre erklarung bietet, als die
von Merguet. Es ist aber, wohl bemerkt, nur das h,
welches auf italischem gebiete so uach weisbar ist, kein v
und kein j. Die erhärtung des hauches, wie sie Merguet
dann femer annimmt, liegt allerdings fiQr das vuigärlatei-
nische in einigen fällen vor. Keine Verhärtung aber, son-
dern eine lautschwächung ist es, wenn retnigeudum, sub-
tragere, nigil geschrieben ist, denn hier folgt das inlau-
*onde h nur dem alten zuge zur Umwandlung in g, die
.tiva fortis wird zur explosiva icnis und das ist
wächung. Wirkliche hauchverdichtung oder -ver-
oder wie mflii es sonst nennen will, liegt nur
beitrage zur lateiniaehen liutlahre und etjrraolog^e.
341
vor, wenn mihi zu micbi, mixi (x = ch), oihil zu nichil,
nicil, nikilo sich gestaltet. Aber auch daraug lassen sich
keine folgeriingen ziehen, denn erstens bandelt es sich in
diesen beiden fällen um ein etymologisch begründetes h,
nicht um den blofsen biatushindernden einschub, sodann
haben wir vulgärformen vor uns, und der bomo ruaticus,
wenn es gilt, mündlich oder schriftlich sich als gebildeten
mann zu zeigen, liebt es, die laute zu outrieren. Die dem
kleinen börgerstande entsprossene stettiner gouvernaute,
die als kind ^jott, jejeben" sprach, sagt, wenn sie gebil-
det spricht, „kott, kekeben". Der Hannoveraner aus dem
Volke, wenn er mit dem Altpreul'sen spricht und ihm ge-
genüber sich der ausspräche des st als öt glaubt befleifsi-
gen zu miissen, sagt nun nicht blofs „stuhl, ötehn", son-
dern auch „pistole, Gustav". Während das hiesige volk
statt ä stets ä spricht, wandeln die feinen damen, um
das ä zu vermeiden, das ä in das andre extrem, sie spre-
chen äv Das lat. h neigte zur elision, namentlich im volks-
munde (Corssen, ausspr. I*, 109). Wollte nun der bomo
rusticus sich dem fernhalten, so outrierte er eben den laut
und sprach und schrieb uichil , nicil. Aus sämratlichen
beispielen, die Merguet beibringt, ergiebt sich also nur,
dals 1 ) ganz vereinzelt im hiatua sich ein h entwickelt,
und dafs 2) in der vulgärsprache zuweilen ein echtes h
zu ch und k outriert erscheint. Daraus folgt aber für die
weit-, weitab gelegene zeit, in welche die entstehung der
lateinischen flexion fällt, auch nicht das mindeste. Die
fälle endlich, wie euguaugelia, guaetare und dgl. gehören
gar nicht hieher, denn hier ist u der coneonant. Dal's aus
consonanten sich parasitische nebenconsonanten entwickeln,
ist freilich häufig genug, beweist aber für den vorliegenden
fall gleichfalls nichts.
Es findet somit die aueicbt Merguets, die consonanten
der tempussuffixe -bäm, -bö u. s. w. hätten sieh aus hia-
tushinderndem einschub verdichtet, von keiner seite her
eine stutze.
Ein zweiter hauptpunkt, der mir eine beaprechuug zu
verdienen scheint, ist die bildung der Superlative. Merguet
842
Panit
(formeiib. 127) hatte -issimo- au9 -istimo entstehen lassen
und dies io -ista-mo- zerlegt unter der annähme, -mo- Bei
erst später au das ältere -isto- = skr, -istlia-, haktr. -ista-,
gr, -töTo-, got. -ista- angetreten. Dieser erklärung hatte
ich mich in der recenaion fzeitschr. XIX, 306) angeschlos-
sen, während Corssen (aiisspr. IP, 1022) die richtigkeit
derselben bestritten bat. Ich halte auch jetzt noch Mer-
gnets ansieht für die richtige. Die gründe, die mich dazu
bestimmen, sind folgende. Die form -ista- des superlativ-
suffixes ist eben durch jene oben angeführten reflexe als
proethnisch erwiesen (cf. 8chffeieher comp.* 488). Als er-
wiesen für jene zeit darf man aufserdeni das suffix -ma-
(ibid 491) und das auffix -ta-ma- (ibid. 4911) ansehen, wäh-
rend für die comparative -jans (ibid. 479), -ra- und -ta-ra-
(ibid. 485) als alttndogermanisch sich ergeben. Dagegen ist
-istimo- nicht proethnisch, sondern erst jüngeren Ursprungs,
wie alle die comparative und Superlative mit gehäuften
sufBxen, aufser -ta-ra- und -ta-ma. Es könnte aber an
und für sich doppelt erklärt werden, einmal als aus -isto-
-mo-, zweitens als aus -is tomo- entstanden. Die Super-
lative auf -ista- gehören aufs engste zu den comparativen
auf -Jans-, aus denen sogar ihr erster thril entstanden ist,
wie Bopp, Corssen und auch ich annehmen (Merguet
spricht sich nicht darüber aus). So stehen im sanskrit,
haktriachen, griechischen, germanischen beide Suffixe regel-
mäfsig hei denselben Wörtern neben einander. Ferner ge-
hen -ra- und -ma- band in band, was besonders im latei-
nischen gerade sich deutlich zeigt, wenn man sich an in-
fe-ru-8, infi-mu-s; eupe-ru-s neben 'supi-mu-s (sum-mus)
erinnert. Die dritte gruppe bilden die Suffixe -ta-ra- und
-ta-ma-, im lateinischen in ex-te-ru-s, ex-ti-mu-s; in-t-rä,
in-ti-mu-s; ci-t-rä, ci-ti-mn-s; ul-t-nT, ul-ti-mu-s erhalten.
Wie sich nun später aus den proethnisoh überkommenen
formen ioferus, superus, exterus, inträ, citrä, ultra neue
comparative durch anhängung eine.s zweiten coinparutiv-
sufBxes, nämlich -iös-, bildeten, so haben sich, meiner an-
sieht nach, aus den proethnisch überkommenen superlati-
beitrage znr lateinischen liinllehre nnd etymologie.
343
ven auf -isto-, welches neben dem eomparativ auf -iös-
mit zwingender nothweiidigkeit auch im lateinischen einst
vorhanden gewesen sein miifs, durch anhängung des zwei-
ten Buperlativsuffixes -mo- die neuen Superlative auf -issimo-
gebildet. Denn wie es im sauäkrit mähljan, mäbiätbas, im
zend mazistö, griech. /<tCwj', (iiyiOTog^ got. mais, maists
heifat, eo miiJs es auch zu irgend einer zeit ein altitali-
sches magiös, magistos gegeben haben. Eine spur dieser
bildung sieht Merguet mit Corssen (zeitschr. III, 268) in
demfidusta: ea quae maximae fidei erant des Festns. Das
n statt i erklärt sich ans der älteren gestalt des compara-
tivsuffixes leicht. Schweizer (elem.- und formenl. der lat.
spräche l':2) hält auch das suffix von arista „ähre" fdr
superlativisch, desgleichen Corsaen (zeitschr. III, 285 sq.)
das von juxtä, praestö, und ans den gentilnamen der Ari-
stii, Äpustii und Antistii möchte ich die Superlative aristos
„der anhänglichste" (zu skr. arjä; gr. äoiaroi^ hat wohl _^-
zu anfang), apustos „der entlegenste (cf, gr. ('cnio^Y und
antistos „der vorderste" erschüefsen, ähnlich wie die Post-
umii sich von postumus „der letzte" ableiten. Wie nun
aus ex-tero- sich ex-ter-iös bildete, so aus *mag-isto- ein
*mag-i8to-mo-, welche lauiform in dem alten solliatimus
vorliegt. Sodann aber ging dies -istomo- in -issumo-,
-issimo- über und wurde in dieser form das allgemein göl-
tige Suffix des lateinischen Superlativ. So weit bin ich
also mit Merguet so ziemlich einer aneicht. Hier komnat
nun aber ein pnukt, in welchem ich von ihm wieder auf
das wesentlichste glaube abweichen zu müssen. Es betrifft
die bildung der Superlative auf -errimo- und -illimo-, in
denen das zweite r resp. 1 entstanden sein soll, um nach
der eingetretenen Verschiebung des hochtons die neube-
tonte silbe durch positionsiänge zur tragung des hochtones
geeigneter zu machen (formenb. 129). Wenn diese erschei-
uung an und für sich im lateinischen auch nicht zu läug-
nen sein mag, so halte ich sie doch hier für nicht vor-
handen. Fast alle adjectiva, die hier vorliegen, sind -o-
und -i-stämmc, was Merguet (a. o. 128) selbst hervorhebt.
S44
Fkali
Die für diese Btämme aber aonat angewandte superlativ-
endung ist -iasimo-, und ps ist daher von vorn herein an-
zunehmen , dals sie allen o- und i -stammen eigen gewe-
sen sei. Diese annähme wCirde man nur dann als falsch
aufzugeben haben, wenn ihr lautliche Schwierigkeiten oder
sonstige gegeugrunde in den weg träten. Die aber sind liier
nicht vorhanden. Es ergiebt sieh aus der vergleiehuiig des
ganskrit, wo der ton mit wenigen ausnahmen auf der ersten
silbe, und des griechischen, wo er stets auf der drittletzten
liegt, d.h. so weit nach vorn, als es das griech. überhaupt noch
gestattet, dals die überkommeue betonnng des lateinischen
gleichfalls die der ersten silbe gewesen sein mufs. Es hiefs
demnach 'magistos, 'öcistos, wie es skr. mähisthas, apiätbas,
gr. ßayiarog, wzttfroi,' hiefs, und wie sich nun aus nnigistu-
luos, öcistumos durch die raittelstufe inägissumos, öcissu-
moa ein maxunios, maximus und oxime bildete (so auch
Merguet a. o. f2D), indem der tieftonige vocal vor dem
BS ausfiel, so entstand auch aus celcristumoa, simtlistumos
durch die mittelstufe celeris&nmos (erhalten in dem eele-
rissimus des Ennius und Matius bei Neue, fbrnienl. II, 74),
similiäsumus (cf. utilissimus) nach ausfall des tieftnnigen
vocals vor dem 83 ein 'celersimue, 'similsimus. Diese for-
men aber assimilierten sich zu celerriraus, eimillimuß, wie
*ter8a, 'torseö (beide zu skr. trs „sitire", deutsch durst,
dQrre), 'terseö (skr. tras „zittern") etc. zu terra, torreö,
terreö und wie 'colsum (deutsch hals) zu collum. (Neben-
bei gesagt, halte ich auch ftlr ferre, velle an der Entste-
hung aus ferse, velse fest gegen Merguet form enb. 248,
wovon nachher.) Diese, wie ich eben sehe, auch schon
von CurtiuB an Schleicher (comp.* 262) brieflich ausge-
sprochene ansieht halte ich für die allein zulässige, weil
wir nur so für den lateinischen Superlativ, abgesehen von
den proethniscb überkommenen formen auf -mo- und -tomo-,
eine einheitliche bildung gewinnen. Denn es bleiben ans
jetzt nur noch die formen supremus, extremus u, ä. zu er-
klären übrig. Dafs es, den altüberkommenen formen sum-
mua, extimus gegenüber, ueiibilduQgen sind, so gut wie
beltrilge zur lateinischen UuÜehr« und etymologie.
345
superiör, extcriör für den cnmpjirativ, liegt auf der hand.
Wi
ih
den veralteten und
nicht mehr als solchen gefühlt<?n comparativstamm supero-,
extero- anlehnpn, so auch die Superlative. Wie sich an
dicBeti stumm das gewöhnliche -iör i'ügtc, so im aupcrlativ
das gewöhnliche -issimus. Es entstünden also formen, wie
'superissimus, 'exterissimiis. Daraus konnten einmal siiper-
riinua (erhalten von grainmatikern bei Neue, formenl. II, 7ü),
*exterrimn8 hervorgeiin, aber auch mit nochmaligem au8-
fall des tieftonigen vocals *8iipermM9, *extermu9 nnd hier-
aus mit metathese supretnus, extremus, wie für *cer-vi
(von oer-no), *ßper-vi (sper-no) mit metathese crevi, sprevi
gesagt wird. Es liegt also auch hier das compouierte
SLiffix -isto-mo- zu gründe. Diese erklärung scheint mir
der von Merguet (formeiib. 126) aus alten locativeii *snprai,
*extrai vorzuziehn, da ich nicht glaube, dafs casusformon
comparal ionsfähig sind. Wenn Merguet (a, o.) den grund
zu wissen verlangt, weshalb gerade in zwei specielleu fäl-
len «bei -erriniuB metathese eingetreten sei, sonst nicht, so
läfst sich ein solcher grund allerdings nicht angeben, so
wenig, wie dafür, dafs es z. b. major mit ausfall des g,
aber magis mit erhatteueiu heifst, dafs in letzterem das u,
in minus dagegen das i ausgefallen ist. Es gcheci eben
ftberhaupt in der spräche nicht alle gleichen bildungen
lautlich denselben weg. Es ist jetzt nur noch die forma-
tion von dexter, sinister, magister und minister ins angc
zu fassen, Hier theile ich ganz die aiiffassiing Corssens,
dafs, mit ausnähme natürlich von dexter, falls es = gr.
ÜE^tTE^iOti und nicht etwa aus dexister zusammengezogen
ist, was auch möglich scheint, doppelte comparativsuftixe
vorliegen, und hier trenne ich also siu-ie-ter, mag-is-ter,
min-is-ter. Und wie in dex-timu-s neben dex-ter das siiffix
-timo- zur anwendung kam, so bildete sich auch siuis-
-timu-8, bleibt aber auch so und wandelt sich nicht in
sinissimua, wie lev-isti-mu-s in leviesimus. Die lateinische
comparation hat also, um meine ansieht noch einmal kurz
zusammenzufassen, folgenden gang genommen: Ucberkom'
S46
Pauli
men sind drei euflSxpaare: 1 ) -ro-j -mo- (superus, sum-
inus); 2) -tero-, -tomo- (exterus, extimus); 3) -iös-, -isto-
{majör, 'magistos); neubildungen durch abermalige Steige-
rung sind; I) -isto-mo-, -isaumo- (regehuäfaig statt -isto-);
2) -r-iös-, -r-iesumo- (euperiör, euprenins); 3) -ter-iös-, ter-
-iseumos- (cxteriör, estremiis); 4) is-ttro-, is-tomo- (sinister,
sinistimus, magister, minister).
Als anhang zu diesem theil behandle icb die bildung
der Infinitive esse, ferre, velle , deren ich oben schon bei-
läufig erwähnte. Morgiiet ( formenb. 248) siebt nämlich in
ihnen reflexe der vediacben infinitive auf e. Als haupt-
grnnd gegen die Boppache ansieht, dafs sie mit -se gebil-
det und rr, 11 durch assimilatiou aus rs, Is entstanden
seien, führt er an, dafs die laiitverbindungen rs und Is der
spräche sonst bequem, also zu ihrer Beseitigung durch as-
einiilation kein grund vorhanden sei. Freilich finden sieh
im lateinischen genug rs und Is, aber es finden sich eben-
sogut sichere beispiele für die assimilation , die ich oben
angegeben habe. Das wäre also kein grund, esse, ferre,
velle nicht aus 'esese, resp. 'edesc, *ferese, 'velese entste-
hen zu lassen. Für letztere auffassung giebt es aber posi-
tive grönde, die sie sehr wahrscheinlich machen. Denn da
das lateinische sonst ein -ere = ved. -ase besitzt und jene
formen esse, ferre, velle sich den lateinischen lautgesetzen
nach richtig daraus ableiten lassen, so scheint es mir vor-
zuziehen, diese formen von den andern nicht zu trennen.
Nun aber sind lat. edö, ferö, volö von -a-stämmen gebil-
det, so gut wie z. b. cadö, gerö, colö, und dafs sie das
schon proethnisch waren, beweisen got. ita; skr. bhärämi,
gr. f/v-'i,<ti, got, baira; ved, varämi {z. h. Rv. 1, 140. 13, sonst
allerdings gewöhnlich vrnomi). Da aber alle übrigen -a-
stämme im lateinischen ihren infinitiv auf -ere bilden, so
ist das auch iür edö, ferö, volö von vorn herein überaus
wahrscheinlich, und wir hätten demnach ein *ede8€, *fere8e,
*volese oder älter *velese anzusetzen (denn das o kommt
nur auf rechnuiig des v und 1), Nun ist es aber weiter
eine bekannte erscheinuug, dal's das lateinische seine tief-
'lieitTllge zur lateinUnhen lautlehre ncd etjrmologie.
347
tonigeu vocale gern elidiert, wo nach der eljeion sich leicht
spreolihare oder leicht assimilierbare consonantoDgrnppcn
ergeben. Das geschieht z. b. in doetiim zunächst für do-
citiim, oarnis für *earinis, autiimmis für *aatinnenus, au-
dacter für 'audaciter, vehemeuter für *vehemcntiter, hortor
für *horitor ii. v. a. Assimilation ist danebeo eingetreten
in hürnänuB für *huminriniis, 'hiimiiänus, "humuiänns, farris
(v. far) für 'farisis {got. bariz-eins „von gerste bereitet"),
sigilkim für *8i'rinulum, puella für "puerula, summus für
•supimus u. V. a. Ea ist also unbedenklich, denselben Vor-
gang für obige drei Infinitive anzunehmen. Der eiuwurf,
weshalb aber gerade hier elision und attraction eingetreten
seien, in caderc, gerere, colere und allen übrigen abei'
nicht, licfse sich schon durch den oben aufgestellten satz
erledigen, dafs nicht alle gleichen bildungen lautlich den-
selben weg gehn, allein hier glaube ich allerdingR einen
bestimmten grund angeben zu können. Zuvor aber führe
ich 7A\ seiner illuatration ein durchsichtiges beispiel aus
dem deiitschen au. Es heilst ahd. haben „haben" und
laben „laben", davon kommen praee. 2- sg. habes, labee,
3. sg. habet, labet, imperf. habeta, labeta, und jetzt sagen
wir hast, hat, hatte, alier labst, labt, labte. Woher der
unterschied? Daher, dafis haben hOlfszeitwort, d. h. von
häufiger anwenduug geworden ist, iabeu nicht. Das in
diesem beispiel liegende gesctz zeigt sich auch in allen
andern sprachen oft genug; Häutig gebrauchte formen nei-
gen zur Verkürzung und üusarauienziehung. Dies gesetz
hat die drei ihrer bedeutung nach so vulgären verba des
„wollens (reines hülfsverb, wie habenj, essens, tragcns"
sich unterworfen und daher heilst es vult, vultis, velle;
est, estis, esse; fers, fert, fertis, ferre für *volit, 'volitis,
'velese; *edit, *editis, *edeee; 'feris, *ferit, 'feritis, 'ferese.
Ebenso ist suich esse „sein" aus 'esese entstanden, wenn
letzteres auch vielleicht erst neubildung des lateinischen
nach analogie der andern war und proetlinisch die wnrzel
as als -a-stanim, wie es scheint, nicht vorhanden war.
Und wie ich das -ere erkläre? Nicht, wie Merguet (a, 0.249)
848
Pauli
als aoristendung, sondern in conservativer weise, wie z. b.
Sclilcicher u. a,, als casus einer abstractbildung auf -as,
wie das ved. -use. AUe iufinitivenduDgen sind casusen-
dungen abstracter nominft, das scheint mir, namentlich auf
grund der so überaua klaren vedischen iufinitive, aber
auch X. b. des lateinischen supiniims, imumstöreliche that-
sache. Aber es giebt im lateinischen sonst, sagt Merguet
(a. 0.) infinitive, gebildet auf blofses -e, wie die entspre-
chenden vedischen. Das mag immerhin sein, was ich hier
nicht untersuchen will, und die annähme L. Meyers, dafs
dicier aus diuerier gekürzt sei, scheint mir allerdings un-
haltbar, aber es liegt eben lautlich ffir beide esse, ferre,
velle nicht der geringste grund vor, sie von den infiniti-
ven auf -ere zu trennen. Die möglichkeit von Mer-
guets erklärung bestreite ich nicht, aber ihre Wahr-
scheinlichkeit.
Der letzte punkt der Merguetschen schrift, den ich
hier besprechen will, ist die entstehung der -e-dcclina-
tion. Merguet setzt als grundform der uominativendung
ein -iäs voraus, aus der sieb sowohl -ia der ersten, als
-ies der fünfltRn entwickelt hätte (abl. d. verbalend. s.
It) sqq.)) während Corssen nach Bopps vorgange als grund-
form -iä festhält und in dem s der fünften einen durch
analogie der eudung -es in der dritten hervorgerufenen un-
iirsprünglicheu zusatz sieht. Wenn wir vorläufig von famöe,
plebös , fides, dies, quiea, spea absehen, so finden wir in
der fünften declination drei ganz bestimmte, gesonderte
bildungen, nämlich 1) primäre substantiva auf -ies, als
ef-fig-ies (wurzel dhigh „fingere"), per-uic-ies (wurzel nak
„interire^), prö-sic-ies (wurzel sak „secare"), ac-ies (wur-
zel ak „acutum esse''), fac-ies (wurzel in facio), spec-ies
(wurzel apak „videre"), ser-ies (wurzel sar „serere"), rab-
-ies (wurzel rabh „temere agere" Westerg.), al-luv-ies
(wurzel in luo); 2) secundäre substantiva auf -ies, als
fallftc-ies (von fallfix), barbar-ies (von barbarus), macer-ies
(von maccr), mficer-ies (mit raäcerare von einem *mäcer),
miser-ies (von miser), mater-ies (zu skr. mätär m, Zimmer-
mann pb. wb.), wahrscheinlich auch luxur-ies; 3) secun-
beitrkgfi zur lateVniacben lactlehr« nnd etymologie.
däre substantiva auf -ties, als molIi-ti6a (von moUis),
avfiri-ties (von avärus) und viele andere. Da nuu alle diese
drei bildungen in gleicher fuuktion auch auf -ia nach der
erstPQ vorhanden sind und überdies beide formen oft bei
denselben Wörtern neben einander hergehen (JNene, forraenl.
I, 382 sqq.), so ist 1) nicht zu bezweifeln, dafs beide ge-
stalten der drei sufBxe nur lautliche differenzierungen
sind, worin auch Corssen und Mergnet fibereiustimmen; da
aber ferner die zahl dieser auf -iCs endenden nouiina die
auf blofses -es ausgehenden so sehr überwiegt, dafs von
letzteren mit Sicherheit nur fanies, plebcs, fides vorhanden
Bind — denn spea ist bekanntlich gekürüt und gehört ur-
sprünglich gar nicht hierher, res aber, als dem skr. ras
gleich, ebenfalls nicht — so ergiebt sich 2) dafe der grund-
stock der 5. declination allerdings, wie Merguet gegen
Corssen behauptet, die Wörter sind, die ein i vor der en-
dung haben und als gruud für das aus -ä sich entwickelnde
-e läfat sich dann allerdings eine assimilutiou durch das i
vermuthen. Wir haben uns demnach die bildungen der
verwandten sprachen anzusehen, die den obigen drei Jatei-
nischeu entsprechen- Ale entsprechende bildungen hat nun
Grafamann die griechischen auf -jk, die indischen auf -I
nachgewiesen (zeitschr. XI, 28 sqq.). Liefse eich nun er-
weisen, dafe diese bildungen proethnisch die uominativen-
dung 8 gehabt hätten, dann wäre Merguets ansieht ge-
rechtfertigt und nur noch zu untersuchen, weshalb fames,
plebüs, fides, die auf blofses -es endigen, sich der analogie
derer auf -ies angeschlossen hätteu. Merguet (abl. d. ver-
balend. 11) stützt sich anf die -i-stämme des aanskrit, von
denen ein nominativ auf -is vorhanden sei. Das ist aller-
dings richtig, aber sehr cum grano salis aufzufassen und
anzuwenden. Die zahl der Wörter, in denen das im sans-
krit aiilässig ist, ist eine äufserat geringe (s, Benfey, kl.
akr.-gramm. 304. 310), daneben ist, wie Benfey ausdrück-
lich bemerkt, die form ohne s in gebrauch, wenigstens bei
den vedischen Wörtern (nur in einigen nachvedischen ist
daß -s fest geblieben), und deshalb falst Benfey selbst a. o.
das -s als^blofs nach der analrgie anderer stäiume ange-
350
Pauli
treten. Wenn er trotzdeui andern orta (or. und occ. I, 298)
diesem -s, wo es an das fein.-suffix -tri getreten sein soll,
schon proethnigchen Ursprung einräimit, so geschieht dies
nur seiner theorie zu liebe, dal's die griechiscben bildurigeu
auf 'T()iti-, sowie die lateinischen auf -tric- unmittelbar
aus jenem supponierteu -tris hervorgegangen seien, grün-
det sich aber auf keine bestimmten thatsachea. Der uo-
niinati? gnäs vollends in der stelle Rv. IV, 9, 4 ist sehr"
unsicher, es kann eben so gut guä gelesen werden, und
Mplbst die leeart des padapätha gnä: ist uiüht absolut bewei-
send, denn auch dieser text irrt oft genug (Bollensen, or.
und occ. II, AG^). Delbrück, d. zeitschr. XX, 217 sq.). Es
ist demnach der thatbestand des sanskrit der, dafa allerdings,
aber ausschlief such bei den bildungen auf -I, nicht auf -u,
in der vedenzeit einzelne Wörter ein -a annehmen kön-
nen, welches in späterer zeit bei einigen fest haftet. Das
aber ist auch der ganze thatbestand, weder die eutspre-
i*hendeu griechischen, noch altslawischen, noch litauischen,
noch deutschen bildungen (s. hei Schleicher comp,' 5'28sqq.)
zeigen jemals das -s. Ich kann darnach nicht umhin, die
ältere Benfeysche ansieht, das -s sei in jenen indischen
formen nach analogie andrer stamme (z. b. der einsilbigen
auf -I, derer auf -i, auf -u u. ä.) erst später angetreten,
iQr die richtige und eine proetbnische endung -iäa för
nicht erwiesen zu halten. Es fragt sich demnach also,
woher dieses -s gekommen sei, Die ansieht Corssens, daJ's
aufser den Wörtern auf -ies eine unabhängige e-declination
vorhanden gewesen sei, halte ich nach Merguets ausfflh-
rungen (namentlich forraenb. 22) für durchaus unerwiesen,
da zwischen den drei dort uufgefüiirten declinatiousiiber-
gängen die verbindenden glieder fehlen, Falls man indefs
die entstehung der -e-declination in die zeit der älteren
latinität verlegt, ist eine solche hypothese auch gar nicht
nuthig. Vergleichen wir die endnngen der älteren zeit,
wie sie sich für die -ü-, -ie-, -i-decliiiation und das alte
proethuische erbatück res gestalten, so haben wir:
beitrüge znr lateinischen lantlehre und etymologie. 351
-&-
-16-
-1-
sing.:
re-
nom. -ä
-*ie
-is
res (skr. ras)
gen. -äis, -aes
-'ieis, -ies
1) -es«)
'reis (skr. räjäs)
dat. ai, -ae
-iei, -ie
-e»)
rel, re (skr. räj^)
acc. -am
-iem
-im
*rem (skr. rdjam)
abl. -a
-ie
-e,-ei,'
plnr. :
-I re(8kr. räji od. räjas?)
nom. -äs *)
-ies
-es
res (skr. räjas)
gen. -äsüm
-iesüm
-iüm
*rgam (skr. räjäm)
dat. abl. -äbus
-iebus
^ -ibus
rebus (skr. räbhjäs)
acc. -äs
-ies
-es
res (skr. räjds)
Wie sofort der augenschein ergiebt, bat sich die °de-
clination des -iä durch den lautlichen fibergang zu -ie sehr
wesentlich der -i-declination genähert. Differierende endun-
gen sind nur ^-ie neben -is, -i€m neben -im, -iesüm neben
-iüm, -iebus neben -ibus. Könnte nun nachgewiesen wer-
den, dafs bei notorischen -ie- stammen sich -i-endungen
und umgekehrt fänden, so wäre damit erwiesen, dafs zwi-
schen beiden declinationen zu irgend einer zeit die klare
Scheidung im volksmunde nicht mehr vorhanden gewesen
wäre. Nun aber finden wir 1 ) dafs viele notorische -i -
Stämme im nom. sing, -es statt -is zeigen (sedes u. dgl.),
dafs ferner der acc. sing, derselben meist -em statt -im
zeigt; 2) dafs von ie-stämmen sich stets der nom. sg. -ies
statt -ie findet, dafs neben dem gen. plur. auf -ierum auch
der auf -ieum gebildet wurde (Neue, formenl. I, 392).
Diese Vorgänge fasse ich so, dafs eben jene mischung ein-
getreten sei. „Das auslautende -s hat seit alter zeit einen
überaus schwachen klang gehabt", sagt Corssen (ausspr.
1% 285), und formen, wie militare, simile als masc. sind
uns überliefert (Bficheler, lat. decl. 8). Dadurch nähert
sich altes *acie (für aciä) und *sede (für *sedis) noch mehr.
') Neue, formenl. I, 390. ') wegen Salutes, parenteis im Corp.
inacr. I. no. 49. 1009. ^) ibid. vielfach e und ei. *) BUcheler, lat.
decl. 17.
S52
Pauli
Später nun, als man das -s wieder zu schreiben anfing, war
die coafuDdierung bereits geschehen und man sehrieb nun (und
sprach hinterher dann auch ) acies mit ungebfihrhcheni s,
sedes mit uugehüiulicher länge. Die vocale des acc. sg. haben
sich stihon früh gekürzt in folge der schwachen ausspräche
des m (Corssen, ausspr. I', 265 u. f.J. Daher ist -am zu
-am, -iem zu -iem gewordtiti und diesem -iem hat sich
nun wieder das ursprüngliche -im der i-decl, zu -em as-
similiert. Aus ursprßnglicbem *reüm ist rerum geworden
nach analogie der ie-stäinuie, das -ium der i- stamme hat
aber jene wieder dahin beeinflufst, dafs sie das r auswer-
fen und -ieum bilden können. •
Das sind tbatsachen, die das ineinanderschwanken der
-ie- und -i-stämme hinlänglich beweisen. Dadurch finden
namentlich die beiden gleich wunderbaren endungen -ies der
ftinften und -da der dritten eine ungezwungene erklärung,
denn die bis dahin geltende annähme, dafs sedee ein -as-
stamm und der genetir sedis aus sedesis zusammengezogen
sei, vermag ich mit den sonstigen thatsachen, dafs -esis
zu -eris (generis in der decl., emeris in der conjug.) wird,
nicht in einklang zu bringen. Nun bedarf es auch der
annähme Merguets (abl. d. verbalend. 12) gar nicht mehr,
dafs in famea, plebes ein i ausgefallen sei. Denn als erst
die mischung beider stamme eingetreten war, konnten sehr
leicht, als später wieder beim Übergänge zur festnormier-
ten Schriftsprache die formen reflectiereud gesondert oder,
vielleicht genauer, eine besondere fünfte declination aus
der dritten ausgesondert wurde, stamme in die fünfte de-
clination gerathen, die ursprünglich der dritten angehör-
ten. Angebahnt wurde das durch res, welches ursprüng-
lich wie die stamme 8u-, gru-, bou- als vocalischer stamm
der dritten folgen sollte. Durch die gestaltnng des
alten -ä- zu -e- ist aber die flexion desselben der der
-ie- Stämme so nahe gebracht, dafs es nur des schon oben
erwähnten Umschlages von *reüm zu r(?rum bedurfte, um
dieselbe vollkommen zu machen. Dadurch wurde man
irregeführt und verleitet, nicht -ie-, sondern blofscs -e- als
cliaracter der declination und auch Wörter, wie faraes,
beitrüge tut lateinwchen InuÜehre und ctymologie.
pleb63 als ihr zugehörig aufzufassen, die ureprOnglich i-
stäinme waren. Befördert wurde diese confusioD zunächst
durch die nominative auf -es, sodann diadurch , dafs das
-i- der endung -ies einmal sehr schwach gelautet haben
mufs, wie aus der von Corsseu gewifs richtig erklärten
stelle des Paul, faees antiqiii dicebant ut fides hervorgeht.
Zuletxt gehea dann auch einige coDsouaiitische stamme,
gleichfalls durch den nom. sing, auf -ies venuilafst, in die
-ie-doclination Qber, so dies (etamm dives-) uud quies
(stamm quiet-), endlich nach vertust des inlautenden r,
auch spSs.
Die entwickelung der lateinischen fiUiften declination
ist also, meine ansieht noch einmal kurz zusammeugefalst,
folgende: 1) Obergatig des -iä zu -iö, veranlafst durch das
i, aber nur in substantivischen bildungen; 2) confundie-
rung der -lö- stamme und der sehr übntich flectierten -i-
stämme und gegenseitige beeinäussung der declinations-
endungen (-ies der fünften, -es der dritten); 3) sonderung
beider declinationen für die Schriftsprache mit einigen mifa-
griffeii in folge jener confundiernng (a. rßs; b. fames, pliS-
bfes, fides); 4) übertritt einiger consonantstämme mit dem
nom. sing, auf -ies und -es in die fßnfte declin. (a. dies,
quies; b. spSs).
Das sind die hauptpunkte in Merguets letzter kleiner
Bchrift, in denen ich, sei es ganz, sei es zum tbeil, von
seinen ansichton glaube abweichen zu mOsscD.
Mflnden, den 26. juli 1871.
Dr. Carl Pauli.
Allerlei.
1.
Die europäischen verba kal hehlen, kal heben und
kal schlagen.
Die nähere Verwandtschaft, der europäischen sprachen
unseres Stammes gegenüber dea Ariern zeigt sich nirgends
Zeitsckr. f. vgl. sprachf. XX. 6. 23
354
Fitk
deutlicher als iu der gemeinsamen eiitwickliing des 1-laats,
welcher, wie Schleieher längst erkannt, der indogermani-
schea Ursprache, ja seihst der gcmeitisam arischeo periode
— der itido-iranischen Spracheinheit — durchaus abzuspre-
chen ist, da die älteren iranischen sprachen überall kein I
zeigen, das älteste sanskrit iro vedadialect nur sehr geringe
ansätzc zur eutwicklung dieses laute, meist jedoch nur ue-
ben formen mit dem älteren r darbietet. So zeigen die
verba kal hehlen, kal heben und kal schlagen auf euro-
päischem bodeu durchaus das 1 im auslaut, wäliread ihre
reüexe auf arischem bodeu unter kar und vielleicht auch
skar aufzusuchen sind.
1) kal hehlen ist nur im latein und deutsch reicher
entfaltet. Es gehört hierher lat, oc-culere verbergen, ver-
hehlen, mit der alten Schreibung quol wie in oquoltöd =
occulto des S. C. de Bacchanalibus- Zu dieser wurzelform
quol = col gehört unbedingt col-ör, alt col-ös färbe als
bedeckung, Überzug. Die reine form cal ist in cal-im, alt
ftVr clam, verborgen, heimlich, erhalten; mit Schwächung
des anlauts zu g in gal-ea heim und gal-eru-s mutze,
kappe, womit ahd. hutla (für hulja) kopfbedeckung in der
bedeutuQg stimmt. Endlich stammt celare verhehlen von
einem nomen celo-, welches mit vocaldehnuug aus demsel-
ben stamme cal- gebildet ist, und dem ahd. häla f. tegmen
entspricht, das sich freilich zunächst an die deutsche ab-
lautsreihe hilao bal faälum lehnt. Ob liit. cella für c€la
oder cel-na steht, ist wohl nicht zu ermitteln, jedenfalls
gehört es demselben stamme an.
Im deutschen entspricht dem lat. -culere hehlen das
starke verb hilan hal hälum hulana- hehlen, bergen, das
im nieder- und hochdeutschen nachzuweisen ist und als
gemeinsam germanisch gelten darf. Die bedeutsamsten
ableitungen sind hilma- heim, das im ags. beim noch die
allgemeine bedeutung schötzer zeigt, halja f. hölle, todes-
göttin (die hehlende: an. hei g. heljar f. Hei ^ gotb. halja
hölle) ferner an. hal-r = ags. bäle manu, eigentlich wie
as, belidh = uhd. Held der (in waffen) gehüllte, behelmte,
endlich ahd. häla f. httlle und hala- eigentlich verborgen,
4
4
»Uertei. 355
sclilüpfcnd, dann mit etwas kühner Übertragung suLlüpfrig,
glatt. Alid, häli =: inlid. baele hat beide bedeutungeo,
sowolil verhohlen als schlüpfrig, an. hall (^ Lä.I-a-s) heil'st
blofs schlüpfrig, glatt. Auf die ablautsform hui dee part.
geheu hiila- nbd. hohl, das mit lat. cavus, caula und xf/j/o-t,"
nicht zu verbiuden ist, und huljan hüllen, davon bulietra n.
hülle, und hulja ^ ahd. hnlla kopftuch ^ nhd. hülle.
Dieser reichen entftdtong des verba im deutschen gegen-
Ober änden sich kaum spuren deseelben im litualaviwhen;
Ttelleitiht nur im tit. szalnia~3 = ksl. älcoiii heim, day man
von dem deutschen worte nicht abtrennen kann*). — Fra-
gen wir nach dem Ursprünge dieses europäischen verbs
kal hehlen, so unterliegt es wohl keinem zweifei, dal's es
eich aus der ig. wur;sel skar =: skr. kar kirati und zwar
jn der bedentung beschütten, bedecken entwickelt habe,
welche im aanskrit recht wohl nachuzweisen ist, vgl. k. b.
ekr. kälu dunkel mit y.rß-tÖ flleck, lat. cäl-Igon finstcrnifs;
allein jedenfalls hat sich aus diesem viel weitschicIitigereD
skar, kar auf europäischem boden unser kal kalati in die-
ser form und mit verengter bedeutung so fest herausge-
bildet, dals es noch jetzt aus den reQexen im lutein und
deutschen wiedergewonnen werden kann.
2) kal beben ist am besten im iatein und litauischen
erhalten. Es lebt als verb -cetlere in ante-cellere sieb
hervorheben, ex-cellere sich heraushebca, prae-cellere sich
hervorhebeu, im part. cel-su-s erhaben. Auf den reinen
stamm cal scheint callu-s, callu-m schwicle zu gehen, das
wohl einfach „erhebung" bedeutet und für cal-nu-s stehen
wird; vgl. lit. kal-na-s berg. Von callu-a ist callere Schwie-
len haben = erfahren sein in etwas abgeleitet; es liegt
ilarin eine ftlr ein bauernvolk , wie die alten Italiker und
Römer waren, ganz nahe liegende sinneaübertragung. Auf
die form eol geht col-Ii-s, wohl = col-ai-s hügel, colu-
-men, cul-men erhebung ^ an. holmi (d, i. hulman-) m.
holm, colu-mna säule und auch wohl culmu-s ^ y.ä'Actfio-g
*) Nach Job. Sehmiilt Beitr. z. vgl. spr. V, 467 ist Slemu ein l«hnwort
ans dem deiitechen. Anin. d. red.
23*
■
350
Fick
=: ksl. slama ^ deutsch Imlma- Imlrn. Im griecbiscben
ist unser verb als solches untergegangen, an ableitungeo
gehören sicher dazu nur xuhu-vü-:,' hügel und xäkauo-e
halm; doch könnte mini /.vKo-v augenlied samnit lat. ci-
liu-m, 8uper-ciliii-m und ksl. celo stirn hierherzieben. Im
litauischen ist kal als verb erhalten in keliu kel-ti heben,
tragen, zurichten (fest), begeben (tliat), part. kelta-s {=■ lat.
celsus) erhoben, isz-kelta-a erhaben Tcrgl. lat. excelsu-s,
kelti-s rcflex. sich erheben. An ableitungen gehören dazn
kil-ua-s und kil-nu-s erhaben, isz-kyla erhebuug, isz-kilu-s
erhaben, kel-ma-s bauiustunipf und endlich vom reiuea
stamme kal kal-na-s berg *).
Aus diesen Zusammenstellungen ergiebt sich mit Si-
cherheit, dafs üur zeit der aufiösung der europäischen
sprach- und Volkseinheit ein verb kal heben bestand, part.
kal-ta = lat. cel-sn-s = lit. kel-ta-s gehoben mit den ab-
leitungen kaluian ^ lat. culmen ^ an. hölmi (für hulman-)
höhn und kaliua ^ >{«Aa/<ög ^ culmu-s -^ ksl. slama =
deutsch balma- halm. — An welche ig. wurzel kal heben
anzulehnen sei, ist dnnkel; das im späteren sanskrit auf-
tretende kal kalajati treiben, antreiben, betreiben; tragen,
beben, halten kann vielleicht den weg zeigen.
3) kal schlagen, stofsen, brechen; biegen.
Dieses verb erscheint im griechischen als ;rAo, wel-
ches, wie die kflrze des n zeigt, durch blol'se Umstellung
aus -/.al entstanden ist und dieses demnach repräsentirt.
Der reine stamm -/.la erscheint nur im part. aor. >c>la-ff,
sonst tritt das erweiterte thema xAag ein wie in hiXad-tsa^
ix'/.cefT-ßi]V, xi-/.'/.(.e(i-ftai. Die bedeiitung anlangend, ist es
von Wichtigkeit fflr die folgende Untersuchung hier gleich
zu betonen, dafs xläo) besonders vom abbrecben von zwei-
gen, blätterji u. s. w. gebraucht wird, sowie dafs xtxlaafii-
vü^ auch „gebrocbeu" soviel als gebogen, gekrümmt be-
deutet. Ableitungen vom reinen stamme x?m sind ■Aä-So-g
zweig, y.l'^-ft((T schofs und xh-'n' m. schofs, letzteres lür
*) lieber altgallische verwatirtte dieser nnrr.cl vorgl. man Beitr. r- vgl.
B|>r. V, 97 f. Arim. d. red.
alk-rlci.
357
;t?>a-or, alle iu dem sinne voii xkrc zweige, blälter brechen;
endlich i'.}.a-iiauij~ii gebrochen, kraftlos bei Hesych, von
mir früher unrichtig zw skr. pratn gestellt, von Leskien
mit recht dieaer wurzel zufrewiesen. Das Biiftix fta^u ent-
spricht genau dem skr. mara z. h. in ad mara gefrälsig
TOD ad essen. — Im tatein ist kal schlagen ebenfalls als
verb erhalten in j^icr-ccllere culi ciilsum durchschlagen,
durchbrechen , dutchstolsen und re-cellere zurü^'kbiegen,
sich Kurfickbiegen , dessen bedeutuug uns nicht befremdeu
kann, dn. ja auch xkäw brechen ^ Liege», krümmen hcifst.
Durch d abgeleitet, wie y.lä-äo-i,; ist cla-de-a uiederlage
tilr cal-de-s, wodurch sich die länge des ä erklärt. Eben-
falls ist unistelJung anüunehmcn iu clä-va für cal-va keulc,
das von Pauli sehr ansprechend zu unserer wiirzel gestellt
wird. Sicher gehört zu ihr cul-fro m. mcsser mit dem
suPQx tro, welches das wcrkxcug be/.eichiiet und im latein
auch in arä,-ter neben arfi-tru-m männliebes geschlecht zeigt,
cul-tro ist denjnach werkxeug zun» -cellere hauen, wie lit.
kal-ta-B Schnitzmesser, mcissel von kal-ti hauen stammt.
Die gleichsetzuiig von cidter mit dem skr. kartar-i uiesscr,
schccrc ist aufnugebcn; dieses stamnil von kart schneiden,
welches im lat, cre-na rinne, einschnitt als cret- erscheint,
und ebenso in den übrigen europäischen sprachen sein r
bewahrt. Im titauischeu hat sich kal geupalteu in die for-
men kal und kul, die aber in dt-r bedcutung wenig diffc-
riren. kalu k.Tl-ti heil'st schlagen, meist speciell hännucrii,
schmieden, per-kalLi durchiiauen, durchschlagen vgl. per-
ccUere, das part. kal-ta-s geschlagen, gehämmert ist gleich
lat. (per)-culsu9, kal-ta-s meilscl erinnert an cul-ter. Wei-
tere ableitnugen sind kal-vi-s schuiicd und kala-ila litiu-
klotz. Das mit kal-ti ursprünglich identische kulin kuE-ti
heifst ebenfalls echtagcn, wird jedoch meist vom dreschen,
aber auch vom schlagen der wasche gebraucht. Daiier
kulika-s drescher, kul-y-s (= kul-ja-s) bund strob, kid-tuve
waschbkuel, waschholz. Das slavisclic bietet unsre wurzei
in ksl. kol-j^ kla-ti pungere, nsl. kala ti fiudere, ksl. koli-
-tva mactatio, also in der bedeutung stechen, spulten,
schlachten (= zerhauen). Das deutsche endlich hat nicht
SäS
Fick
das verb bewahrt, soiideni mir einige ableitiingen deseeU
ben aitfzuwoiseii. Es sind diese:
hrl-di- f. kämpf (an. hildr f. Bellona, propliuiii ^ as.
bitdi-, ags. bildi-, ahd. Hild- in oigennamcD und biltja f.
kämpf), regelmäfsiges abßtract dnrcb di = ig. ti von bil
sss: europ. kal, ferner die ableitungen mit t = ursprQng-
licbem d, die bei unserm verb uralt beliebt waren: hal-ta-
lahm (goth. halt-a- = an. baltr = abd. balz) eigentlich
„gebrochen, gebrechlich" uud hulta n. boJz (an. as. holt
^ ahd. bolz n.). FJies unser holz ist identisch mit dem
ksl. klada f. ballten, block, holz, identisch auch mit xAadp-c;,
dessen stamm verb zA«, wie wir oben sahen, ganz beson-
ders vom abbrechen der zweige und blätter gebraucht
wurde. — Bis jetzt haben wir die reflpxe von kal in den
nordeuropäiscbeii sprachen nur in der bedeutimg „schla-
gen, brechen'* aufgesucht, es gilt jetzt auch diejenigen auf-
zufinden, in denen kal im sinne von „biegen" erscheint,
wie in KtxXa<Jttkvoii gebogen, lat. re-cellcre ,,!',nrückbiegen'*.
Es sind diese: ksl. po-klo-nii m. Verbeugung = lit. pa-
-klana-s dass,, pa-klanu-s ehrerbietig, kla-na-s suropf, pfütze
(eigentlich Senkung, wie erhellt ansj klani-s io ra. niedrige
stelle im acker, welche formen alle auf ein altes particip
kla-na gebogen zurückgehen. Daneben bestand wohl einst
das particip auf ta, also kat-ta, im gleichen sinne; auf die-
ses gebt das deutsche hul-tha (goth. hultha- = ahd. hold)
hold, dessen gnindbedeutung ^geneigt" ist , sowie deutsch
hal-da geneigt, abhängig (an. hallr, ags. heald, ahd. bald
geneigt, vorwärts geneigt) mit seiner familie.
Kesultat: Es bestand bei dem europäischen einheit-
lichen Volke ein verbum kal schlagen, stolaeo, brecbeo
und (brechen =J biegen, part. kalta, abicitung kalda ab-
gebrochenes holz (/cAtifVo-t; = ksl. klada = deutsch hulta
bolzj. Dies europäische kal ist aus ig. kar hervorgegan-
gen, und es iinden sich in den arischen sprachen genug
verba, an die man es anknüpfen kann, allein in dieser sei-
ner form kal und in dieser seiner individuellen bedeutung:
schlagen und brechen und biegen und besonders holz bre-
chen ist P6 doch wieder als eine von den europäischen
alUrli'
359
Indogentiant'ii wJihreiit) ilirer sprdchuißlicil vullxogene uni-
und Dcubildiiag anziiäehcn.
Zum verBtändnifs des griecblsclieu pitssivaonsts aui -öiju.
Duls in t'h/i'^ J'tji u. 8. w. , wodurch im griechischen
der sogenannte erste aorist des passivs gebildet wird, der
alte indogermanische aorist von ite lii^ = ig. dliä thun
(diese hedeutuag ist überall üu gründe zu legen, wo dhfi.
tempusbildend verwendet wird) vorliege, ist so augenfällig,
daTs es wohl nie verkannt worden ist. Mit hülfe dieses
i'/j)i', i'/^/t,- u. 8. w. und des skr. a-dhäoi, dhas, dhnt u. s. w.
lälst sich die flexion dieses, der grundsprache angchöri-
gen aorista vollständig wiederherstellen. Macht somit die
form gar keine Schwierigkeit, so erregt desto mehr beden-
ken, wie denn diese ziisatuuiensetzung mit iftiv that im
griechischen zur bezeichuung eines passivtempus dienen
konute. Nehmen wir z. b. j-du-r9-i/, so mOiste dies, nach
der bedeiitung seiner elemento wörtlieh übersetzt, heiCscn:
that geben = g^b, in Wirklichkeit aber bat es denn sinn:
wurde gegeben. Die lösuug dieser Schwierigkeit liegt nahe
genug. Es hat sich nämlich im griechischen der zwar
nicht durchgreifende, aber weitverbreitete brauch entwickelt,
dafs, während das präsensthema activen oder causalen sinn
hat, der starke aorist {und das sogenannte zweite perfect)
neutrale oder reflexive bedeutung zeigt. Ein nahe liegen-
des beispiel möge hier genügen, Das präsenstbema iara-
heilst Stelleu, der dazu gehörige starke aorist Ü-aTtjv stellte
mich oder staud. Hierbei ist es ganz gleichgültig, ob das
ig. sta in der Ursprache oder einer sonstigen vorperiode
stehen oder stellen hieJis; genug im griechischen hat diese
vertheilung der bedeutungen auf die verschiedenen tempus-
stämnvc statt uüd zwar ist diese vertheilung in einzelnen
fallen eine uralte, bereits graecoitalische, wie aus lat. si-
stere steilen (in composilis allerdings stehen) erhellt, das
aus dem präsensthema sista = ioTit entstanden ist. Wen-
den wir das gesagte auf unseni fall an, so konnte ganz
analog der starke aorist von Ti&T]fit thue die bedeutung
aDnelimeQ: that sich. Sonach heifst iöoü^t} tbat sich ge-
ben i= sab siob. Wie leicht aber das reflexiv zum aus-
druck des passivs verwendet werden kann, ist ja bekannt,
ich erinnere an das lateinische r-pasaiv, welches durchaus
nichts ist als ein altea reflexiv, entstanden durch anfQgiing
des allgemeiDen reflexivpronomens se an die activformen
des verbs. Aber der nächste und zwingendste beweis, dafs
&IIV ursprönglich als reflexiv oder medial zu denken sei,
liegt in dem dieser bildung zugehörigen passivfutur auf
&t'icofi(u, wo daa regelrechte medialfutur von ifi] zum
ausdruck des passivfuturums dient. Wie Öo-ß'r^OiTai, wört-
lich bedeutet: wird sich geben thun, aber zur bezeich-
nuDg des „wird gegeben werden** dient, ebenso heifst
i-äö-i'iij seinen elcnienteu nach: that sich geben, bedeutet
aber „wurde gegeben", wie Überhaupt bei einer gewissen
lebbafligkeit des denkens das paseivrcrhältnifs durchaus
als ein reflexives gedacht werden kann, und bei den Grie-
chen durchaus ursprünglich als solches gedacht ist. Da-
her erklärt sich z. b. die Verwendung von vnu beim pas-
siv. Der Grieche denkt den satz: „der stein wird vom
manno gewälzt" in folgender gestalt: „der stein wälzt sich
uuter dem manne (d. i. unter seiner einwirkung)". Doch
würde die weitere Verfolgung dieses gesichtspunctes hier
zu weit führen.
Goth. stikis becber.
Das goth. stikia in. becber = ahd. stechal m. ist mei-
nes Wissens noch nicht genfigend gedeutet, obgleich man
das wort aus dem deutschen selbst völlig erklären kann.
Es stimmt lautlich vollständig fiberein mit ags. sticel =
ahd. stichil == rahd. Stichel m. = nhd. Stichel in grab-
-stichel, das eine regelrechte bildung von stechen ^ goth.
stikan stak ist, und im lat. sii-lu-s filr stig-lu-s Stachel eine
genaue parallele hat. Mit diesem urdeutschen stikia sti-
ebe! ist das goth, stikia- becher ganz dasselbe wort. Den
allerliü.
3G1
beweis bierfür bcfert das attnordische. Hier nämlich be-
deutet Btikil-1 lu. die äurserste spitze eines borncs und
zwar besonders des trinkbornes. So sehen wir den gan-
zen weg, auf dem stikia zur bedeutung becher kam, deut-
lich vor äugen: zuuäcbst Stachel, spitze Oberhaupt wie
lat. sti-lu-s, dann hornspitze, dann spitze des trinkborQS,
dieses selbst und endlich jedes trinkgeföfe. Der beweis
der identität von stikla stichcl und stikla becher läfst sich
noch verstärken durch das nordische stctt f basis poculi,
stettar-ker (-ker ^ goth. kasa- n.) trinkbecher. Stett steht
für steh-ti, stih-ti und ist ebenfalls von stikan stechen ab-
zuleiten; lautlich entspricht genau ffr/^t-g das stechen.
Wir sehen also in stett, dafs auch eine andere ableitung
von stechen die specielle bedeutung; spitze des bechers,
becherfulfl angenommen hat. — Aus dem deutschen ist
stikla früh ins litauische imd slavische eingedrungen: vgl.
lit. 8tikla-s m., ksl. stiklo n. glas. — Möglicherweise ist
ein stigra spitz, spitze schon für die ig. Ursprache anzu-
setzen: dem lat. sti-lu-s (stig-lu-a) und deutschen stikla
entspricht zend. tighra spitz, tigbri m. pfeil von arisch tig
tig = ig. stig.
Lat. cippus ^ (Ty.oinog.
Lat. cippus bezeichnet ursprünglich jeden pfabl; so
heifst bei Caesar cippi eine art verscbanzung aus pfählen,
anderswo bezeichnet cippus den grenzpfahl, meist jedoch
die Säule, die auf dem grabe verstorbener errichtet wird.
Die bessere Schreibung scheint cipus, wenigstens werden
so neben Cippus, Cippius die eigennamen Cipus, Cipius
geschrieben, die zu unserm cippus sich verhalten wie Sei-
piön- zu scipiön- stab. Mit scipiön- bat unser wort sicher
gleiche ableitung, nämlicb von scip :^ (ixifinroj aufstäm-
men, eine nebenform zu scap ^ ßxtjnTu», wie auch im skr.
ksip d. i. skip neben ksap d. i. skap liegt. Lautlich ent-
spricht dem lat. cipus demnach ganz genau (TxvtTKjg, von
Hesych erklärt als ein holz, an dessen voreprOngen {i^oxai)
3ß2
Fick
die topfe aufgehängt wurileii. Da lat. t regelrechte Ver-
tretung von griecb. o* ist (vergl. vTnii-ui oirog), so dOrfen
wir auf gruud der gleiohsetziing von t-lpus und axulTiOi^
ein graecoitalisches skaipo oder skeipo pfähl ansetzen ne^
beu skipön oder skipiön stab.
Nachträglich sehe ich, dnl^ die crklärung bei Hesjch
etwas anders lautet, als eben gesagt; ich setze sie deshalb
hierlier: m.omoq' j) i^^o)^ii rwv |t/Awr, iip üv tlaiv oi xi-
QauQi. Inimerhiii bleibt fQr axotno die hedeutung stütze
und 9chc>int mir das obige resultat durch den Wortlaut des
hesjchischen glossems eben nicht gefährdet. (Wegen des
pp in cippus verweise ich auf die treffliche abhaudlung
von Pauli, d. zeitschr. XVIII, 1 ff.).
0.
Das europäische verb ekrü haueu, echueideu (haut) (ein-
dringen, erforschen in ableitungen), lat. scrüta n. pl.,
■yQVTij = an. skrüd, ags. ecrild n.; ;fpKi'a», j^pw'g;
YQVfiia^ orumena, YQV.
Lat. scrüta n. pl. trödelwaare, als identisch mit yQvrt}
gleicher bedeutung erkannt, ist nicht blos ein graecoitaJi-
Bches, sondern bereits der europäischen grundsprache an-
gehöriges wort, denn es findet sich ganz genau entspre-
chend im deutschen wieder. An. skrfiO' n, heii'st schmuck,
putz, eigentlich ist jedoch die hedeutung weitschichtiger,
und Egilssoii Obersetzt es demnach res mobiles cujusque
generis; ihm entspricht im ags. scrüd u. vestitus, vesti-
mentuDi. Nun könnte mau zwar annehmen, der alte han-
delsverkehr der Germanen mit den römischen provinzen
habe ihnen mit dem gegenstände, den scrutis, womit ro-
mische kaufteute unsre vorfahren antührten, auch die be-
nennuDg gebracht; dem widerspricht jedocli der umstand,
dafs skrftda im deutschen die allerschöuste ableitung hat.
Es gehört nämlich offenbar zu ahd. scrötan screot (grund-
form wäre skraudan skaiskraud) hauen, schneiden, zuschnei-
den (kleid), mhd. auch sich schroten sich eindrängen in,
stemmen, ftf schroten aufladcu (fässer), nhd. schroten mit
iillerlei.
363
dem starken pari ge-sehroten , daher (ahd. scrötari) inhd.
Schröter Schneider, kOper und der nhd. eigenuame Schrö-
ter, Schröder, Sehrader. Weiterhin steJIt sich hierher ahd.
Bcrutan, ecrodön imd scrut-il-ön erforschen, durchforschen,
vg]. scrotaa eindringen in , zunächst von ahd. ecrod scru-
tatio. Irrthüinlich nahm ich frtther an, scrodön sei aus
lat. scrutfiri, womit es sich in der bedeutung so auffällig
deckt, entlehüt; Corsseu sah bereits (auaspr. I*, 3öl) dafs
hier ursprüngliche Verwandtschaft vorliege. Doch darf
man auch ecrodön und scrutäri nicht geradezu identifici-
ren: ahd. scrodön ist denominativ. von scrod, grundforni
skrüda, lat. acrütäri mufs dagegen wohl als ableitung von
scrüta gefafst werden. Die wurzel ist übrigens nicht skrut,
sondern skru, woraus das deutsche verb skrau-dan erst
derivirt ist, wie etandan von sta und andere. Zu dieser
Wurzel skru, als gemeinsam europäisch erwiesen durch die
angeffthrten bildungen, gehören min ygav-u versehre fflr
(fxoav-jüj, ferner an. skrä f. haut, feil, regelrecht ftlr j^krava
= ;fflo/-cf, XQV taut, ferner lat. scrö-tu-m hodensack und
ecrau-tu-m ledersack, scrüt-illu-s magensfickchen (Corssen
a. a. o.), ja, wenn wir die bedeutung des an. skröi5 schmuck
erwägen, höchst wahrscheinlich auch xi'Vß'^-i^ (för c>y.QVT-jo)
gold, das sich, wie mir jetzt scheint, nicht wohl mit den
zu WZ. ghar gehörigen Wörtern fflr gold, gelb conibiniren
Ififst, weil diese in den europäischen sprachen durchweg
1, nicht r zeigen. — Zur selben wurzel gehören, wie die
bedeutungen zeigen, yovuia- ayytluv^ axivoi^t'/Xi} Hesycfa.
und lat. crume-na f. geldsäckchen , das am halse hängt,
beide also: beutel, woraus ein graecoitalisches skrumä oder
skrumeja beutel zu erschliefsen ist. — Für die Vertretung
von ursprünglichem skr durch yjy im griechischen genüge
es an x^sfin-tEOifai sich räuspern gegenüber dem lit.
skrep-tei pl. auswurf, schleim im halse zu erinnern.
Es ergiebt sich also, dafs die Europäer als einheit-
liches Volk eiu verb skru bauen, schneiden (besonders feil,
leder) besalsen, das auch in eigenthümlich übertragener
weise verwendet wurde, um das „einschneidende" eiudria-
gen, erforschen zu beüeichnen. Von diesem waren die bil-
3G4
Fick
düngen skr&ta trödel, scluiittwaare iitid skrava f. haut (an.
ekrä ^ XQ^if" liaiit) bereits gemacht, als die Europäer
sich schieden ; die Graecottuliker haben ein nomen skru-ma
oder Bkrn-me-jä beutel (aus ledcr geachDitten) daraus ge-
bildet. Die anlehnniig dieses europ. verbs skru an das
ig. skar zerscLoeidcD macht kciue Schwierigkeit; es steht
dazu wie z, b. europ. tru = T()v-m ^ ksL tru-ti aufreilicu
zu europ. tar terere reiben und andere*).
6.
Ksh kasilT = lit. koSuIy-s husten, lozee- = At;^««,
pTÄeuo = nriativoi'.
Die Vurzel käs husten ist bekanntlich im lit. kos-ti
als verb erhalteu, iui deutschen und slavischen nur durch
die ableitungen: urdeutseh hvös-tati- und ksl. kiiBili m. lui-
steu vertreten. Dies slawische nort lindet sich nun ganz
genau entsprechend wieder im lit. kosulja- husten, beide
gehen auf eiue gruudform käsulja- zurück. Um die Wand-
lung von s in ä im slaviechen worte zu erklären, mulä
man woh! anuchnien, daJs vor dem suflfixanlaut sich ein
im alavisuhen so überaus beliebtes j eingedrängt, also
käs-j-uija, da man doch an der völligen identität von
kosulja- und kaöilja- nicht wird xweifetn können. Eine
ähnliche bekleidung des vocalischeu sulfixanlauts haben
wir in lozes-, der basis von loÄes-Tno schoofs, gebildet
durch antritt des sufiBxes as an die wurzel leg, wovoo
z. b. sjjlogö consors tori ^ äXuxn^. Durch verschlag
von j vor as entstand log-j-cs und daraus lozes, welches,
von dieser aöcction des sul'fixaiilauts abgesehen, doch ganz
genau mit i-i^og stimmt. Dasselbe vortreten eines unor-
^^^f ♦) Da die -wnrzel ekrü in yui<-tr; = lat. scrB-ta in der form y(ir ^T-
V scheint, dtlrien. wir auch •■yi' ein bisclien, ganz wenig daaa ziehen, c» heifsl
H demnach: schniteel, und ist, wie Clcmm in Curtius Studien richtig hervor-
H hebt, von yiiv zur bezeichnnng des kleinslcn lautK zunächst zn scheiden.
H Ob nicht aber auch j'^h' lunck, ^'^j/^vj und lut. gruiidin auf ein« grundforni
B skru weisen? vergl. ahd. (scrowazjan) scrowozen, scrouzeii jjarrirc, gannire.
I Duch lassen eich yftv und grundire auch zu ig. g»r tönen, vgl. lat. grn-8
■ kranich, stellea.
sllerlo
3ß5
ganiscbeii j erkenne ich in pTseno n. graupcn, äXffcra, wel-
ches fOr pis-j-eno steht und laut fOr laut mit 7iTi<javo-v,
nTifSavt] graupen ötimmt, so dafs es imbedenklieh scheint
ein europäisches pisana graupen anzunehmen, abzuleiten
von pis pinsere.
T.
Ksl. ;izlu band ^ an. al f. band.
Genau wie das deutsche wort aal anguilla ans einer
grnndform anghla entstanden ist, geht das an. äl g. alar
pl. ä]ar f. band, riemeu auf eine grundfbrm augh-la von
angh schnüren zurück. Dies erhellt aus kal. qxlü v-qzlü
-band, feeael, sü-v^slo n. fessel, u-v<;slo n. diadeni von v^z-^j
v§8-ti schnüren, binden. Die reinste form dieser reflexc
bietet qz-lTi dar, daraus mit dem beliebten verschlag von
V v£{z-lii, mit vocalschwächung v^zlu, endlich mit s für z
vor 1, wie in vea-lo remus von vez vehere, v<;8lo. Auf
grund dieser ziisammenstelluug darf man slnvodcutschcs
anghla band ansetzen ; basia ist die ig. wurzel angh angere,
wovon z. b. äy^övt] strick.
Alid. -chnät f. erkenntnifs ^ ksl. znati f. ;= yvüiGi-g^
skr. ^niiti f. erkenntnifs.
Das abstract auf -li von ig. gnä erkennen läfst sich
auch im deutschen nachweisen; ahd. chnati- in ur chnät f.
agnitio von ir-chnäan agnoscere entspricht dem ksl. /uatT
z. b. in po-zuati f. erkenntnifs, weiterhin dem griechischen
yvviöt-q und dem skr. -gi'iäti z. b. in pra-gnäti erkenntnils.
9.
Slavodeutsch snink gleiten, schmiegen, schlüpfen.
Ein zunächst auf das slavodeutsche gebiet zu beschrän-
kendes altes verb smuk gleiten, schmiegen, schlflpfen ge-
winnen wir durch die zuaammenatclhing folgender Wörter:
3G6
FicU
lit. smiinku eiuuk-ti gleiteu, aligleiteu, j.-smukti hineinglei-
ten, hiueiukriechen, iaz- smukti herausgleiten, entschlüpfen,
mi-smukti herabgleiten, su-gamkti zusammensinken, zusam-
mentallen, abmagern, smuk-szt iuterjection, wenn etwas
abgleitet. Im slavischen: ksl. smucq (^ emauk-JQ) sroticati
kriechen, SQiy(':q stj smykati sg kriechen, gleiten, schlüpfen.
dazu smyku in, die saite (Hber die der bogen „gleitet");
endlich im deutaehen gehört hierher das starke verb an.
emjüga Bmaug amiigum smogiuo kriechen, mhd. smiegen
Smog ge-smogen hineingleiten lassen reflex. sich schmiegen,
biegen, drücken, nhd. schmiegen, das seine alte starke
flexion eingebäfst hat. Zu diesem auf slavodeutschem ge-
biete gut nachzuweisenden verb könnte man versucht sein,
{tv/ß-:; (für ßiwxt)) zu stellen, wenn nnr sonstige spuren
unsres smuk scbmiegeu in den südeuropäischen sprachen
nachzuweisen wären. Dai's smuk aus älterem smak ent-
standen, wird deutlich aus ksl. smokü m. schlänge, smak
selbst aber ist alte erweiterung von sma und ist nichts
anders als das griech, ß^ii/j^-tn streichen, wischen, welches
durch antritt von k aus dem gleichbedeutenden sma in
Gfici-iü entstanden ist.
10.
Slavodeutseh mu waschen, schwemmen.
Das ig. inu miv, wozu skr. mü-tra nrin =s zeod. mü-
-thra unreinigkeit und ui^-curw besudle, erscheint als mu
im slavodeutschea in der bedeutung schwenimen, waschen.
Es gehören hierzu lit. mau-dau, raaudyti untertauchen,
baden, schwemmen, maudyti-s sich baden, altprenls. rafi
waschen in au-mü-sna-n acc. die abwaschung (mit der prae-
position au ^ ig. ava und suffix sna, wie im goth. filu-sna
menge von filu viel), ksl. my-j^ my-ti waschen, schwem-
men, po-my-J5 f. pl. eluvies. Im germanischen scheint das
verb auf das nordische beschränkt: oa gehören dazu an.
ma mä-Öa abwischen, abwaschen (würde goth. mavön oder
maujan, vergl. an. strii = goth. straujan, heifsen), mor g.
mö>8 pI. mö-ar in. sumpf, moor, das zufällig an unser
367
,11100^ anklingt. In Wahrheit steht mö-r für maui-9 (wie
souue fQr sauil (goth.) sonoe), maui-s aber ist mau-ja-s;
endlich noch mö-'d'a (d. i. maui-Ö'an) f. grol'eer fliils, ström;
erddampf, diinat.
11.
Slarodeutsch garb krümmen, zusammeoKieben.
Das altpreufs. grabi-s (V.) berg, in Ortsnamen garb-s,
also grundform garba, heilst eigentlich biiekel, rücken, wie
aus dem slavischen reflexe des wert» erbellt. Es ist dies
ksL grnbii buckel, rücken; krampf; sarg. In der bedea-
tung sarg entspricht es dem litauischen graba-s sarg, das
mit dem deutschen grab nichts y.a tbun hat. Wenn wir
die drei verschiedenen bedeutungen von grübü ilberdeiiken,
60 wird klar, dafs sie alle aus dem sinne: krümmung, Wöl-
bung hervorgegangen sind. Das verb, von dem das wort
stammt, kann nur garb lauten, dieses finden wir in der
regelrecht verschobenen form im ahd. chrimphan chrampf
zusammenziehen. Davon stammt chramph = nhd. krampf,
vgl. ksl. grübü krampf, abd. chramph adj. gekrümmt. Ohno
nasal finden wir die würze! deutsch krap in ahd. crapho,
chrapho, nihd. krapfe m. haken, klammer, sowie in dem
gleichlautenden chrapho, mhd. krapfe, nbd. krapfen ni. klei-
nes fettgebäck, welches wir Niederdeutschen kräppel, kröp-
pel, fett-kröppel nennen, sogenannt, weil es in bakenforni
gebacken wird. Bedenkt man, dafs chrimphan auch von
dem, was schrumpflich sich zusammenzieht, gesagt wird,
so wird klar, dafs auch lit. grub-ti vor kälte verachrum-
pfen, verklammeu, mit der ableitung grubti-s (schrumpf-
licht =) höckerig, rauh vom wege hierher gehört. Das
wort garb krimpfen scheint auf die deutschen und slavo-
litauiachen sprachen beschränkt zu sein.
12.
av&-evTrjg, avif-ivrixög und Iftt. sons, soDticus.
Zum lat. sons, sonticus, von Clemm in Curtius Stu-
dien III, 328 einer eingehenden erörterung unterzogen,
3€S
Fick
glaube ich eine parallelforra im griechisebeu nacliweisen
zu kötmea. Wie Clemm a. a. o. nachweist, bezeichnet sons
sehleclitweg den thäter einer strafbaren tliat und so den
schuldigen, sout-icu-s dagegen heiist einfach „wirksam,
einwirkend", speciell hindernd einwirkend auf gerichtliche
oder staatliche actionen. Hieraus geht mit grölstcr deut-
lichkcit hervor, dafe eont- eigentlich „tbuend, bewirkend"
bedeutet haben mufa. Diese selbe bedeutung konintt nun
aber dem griech. iiTtt- in av{}-kvT^-ii zu. avff-ivTr^i heifst
selbst- oder alleinurheber, meist einer unthat,, speciell eines
mordes, daher mörder, in der späteren zeit entwickelt sich
aus dem begriffe „selbst-, alleinurheber" sehr leicht die
bedeutung „selbst-herracher" als der aas sich selbst, auf
kein fremdes geheiCs handelt. Bei unbefangener betrach-
tUDg ergiebt sich also för sont- und ivra- genau derselbe
sinn: thäer, Urheber irgend welcher, meist einer bösen
that*). Die lautliche difi'erenz zwischen beiden worten be-
steht in dem e und o des Stammvokals und dem -rn und
-t des anlauts. Nach der allgemeinen lantregel ist, wo e
und o sich im griechischen und latein in sonst identischen
Wörtern gegenüber stehen, e das primäre, also wäre hier
grundform eent- oder (nimmt man lat. sont- dem ivra-
gemäfs als abstumpfung von sonta-) senta- Urheber, thäter.
So ist ja auch das lat. secundärsuffix -et aus eta entstan-
den, wie die vergleichung von equet-, älet- u. B. w. mit
iTinoTH^ oizirij-g, tfv'Atrij-g u, s. w. zeigt. Dersefben fa-
milie wie unser -senta gehört, wie Clemm darthut, das
deutsche sQnde an, dessen grundform als sunthja- anzu-
setzen ist, feiner goth. sunja f. grund (und so Wahrheit,
was aber nicht grundbedeutung, wie erhellt aus) sunjon
sich rechtfertigen (suiijoni- rechtferttgung) ; as. sunoea, abd.
sunna st. f. rcchtsgöltiges hinderuils vor gericht zu er-
scheinen (vgl. die causa sontical), an. syn g. synjar f. ver-
*) Ob ai>&-iynxö(i uod sonticits in der Juriatisclien spräche der spl^
teren Zeiten ähnlich vorwondet worden sind, ist mir nicht zu ermitteln gc-
Inngcn, trotzdem herr prof. Benft-y mit der liebenawürdigotcn Zuvorkommen-
heit sich der mlllie einer oachforschuDg iinterzogea, wofUr ich ihm öOentlich
meinen dank abzustatten mich gedrungen fUhle.
«nerieV.
Weigerung, verneinnng (begründung ac. des "Widerspruche).
Bei aiii'merksainer erwägiiQg der scheinbar so weit difl'eri-
rcnden bodeutungen des gertnanischen worts suoja- in den
verschiedenen deutschen dialecten wird man den einfachen
grundsinn desselben „gniud, wirksame Ursache" nicht ver-
kennen können.
1 Ob nun Clemm mit der herleitung von as sein, part.
sant das wahre trifft, ist wohl zweifelhaft; mir scheint es
zum ig. verb sau ea sinere zu gehören, vergl. «end. han
banaiti zulassen, lat. sinere. Man mufe das ,,laseen'' frei-
lieh nicht so matt fassen, wie es meist in sinere liegt,
sondern als „veranlassen, grund, Ursache sein von — ".
Von san ist graecoitalisch sen-ta regelmäfsige bildung
durch das den thäter bezeichnende sufßx -ta, das sich ja
auch im hiteiu nachweisen läfst, wie z. b. in pansa e^
pand-ta brcitfufs von panderc ausbreiten.
I Göttingen, den 3 juli 1871. A. Fick.
üeber den namen Jltlaayog.
Ueber uamen und Ursprung der Pelasger haben be-
reits die gelehrtesten und scharfsinnigsten männer Unter-
suchungen angestellt, ohne zu einem auch nur irgendwie
genügenden und sicheren rcsultate zu gelangen. Der grund
davon scheint vornehmlich darin zu liegen, da(s man im-
mer von der gestalt des namens, wie er uns jetzt vorliegt,
ausgegangen ist, und zu wenig geforscht bat, ob nicht ir-
gend eine spur einer älteren form desselben namens in
den iSndern Europas sich findet, welche vorzugsweise und
von allen als pelasgiscb anerkannt wurden} sodann, ob die-
ser name sich nicht in beziehung setzen läfst mit dem ein-
heimischen namen der indischen und iranischen stamme,
der sich ja doch auch erst nach der trennung von den
europäischen gliedern des indogermanischen volkes gebil-
Zeit-(chr. f. vergl. «pruclif. XX. 5. 24
870
riachel
det hat. Nachstehende zeilea sollen beides in möglichster
ktlrze versuchen.
Schon im alterthume waren die ineinungen, ob die Pe-
lasger barbaren seien oder nicht , getheilt. Für Hellenen
erklären sie z. b. Dionys. Halic. I, 12 und Aeschyl. Suppl.
V. 877 verglichen mit v. 879 ed. Hermann, cfr. Etymolog.
magn. 8. v. Tot^äUxBi; p. 768; für barbaren dagegen halten
sie Herodot I, f)7. 58 und Slrabo VII, p.321. Strabo, des-
sen glatibwürdigkeit immer noch viel zu hoch gestellt wird,
bringt für seine ansieht keine strikten beweise vor, uiid
wenn er VII, p. 328 aus der lebensweise der prieeter in Do-
dona ihr barbareuthiim folgero will, so zeigt dies nur seine
urtheilslosigkeit. Herodot aber hat sich besonders durch
die spräche der Kreatoniaten und Plakianer zu seiner an-
sieht bestimmen lassen. Wenn wir nun auch nicht mit
Niebuhr röm. geseh. I, 93 Krestou aus dem texte gänzlich
entfernen wollen, wogegen doch das gleich folgende, batid-
achriftlich gesicherte K^fjaTuvif/Tcti spricht, so sind wir,
meine ich, doch viel eher berechtigt, Kreston und Plakia
für barbarische Städte zu erklären, als von ihnen einen
ecblufs auf die Pelasger zu machen, zumal Thucydides
IV, 109 offenbar die Kreatoniaten von den Pelaagern schei-
det. Dafür spricht auch, dafs in Plakia der kult der Ky-
bele, einer ursprünglich durchaus asiatisch- barbarischen
gottbeit besonders angesehen war, so dafa Kybele sogar
JtfSvf^i'ii'ij fllay.iavi] benannt wurde (Preller gr. mythol
I, 512 mit anm. 2). Dazu kommt, dafs noch zur zeit des
Miltiades Pelasger in Lomnos safsen (Herodot VI, 137);
von einer barbarischen spräche derselben aber findet sich
keine spur, vielmehr wird Lemnos in dem fricdensinstru-
ment bei Xenoph. Hellen. V, 1, 31 ausdrücklich unter die
'L7.hjViös^ TToAeib" gezählt. Wenn wir nun erwägen, dafs
die hauptstämme der Hellenen für Pelasger gelten, wie
die lonicr Herodot VII^ 94, die Aeoler VII, 95, die At-
tiker VIII, 44, vor allen die Arkader (worüber gleich mehr)
u. s. w.; ferner, dafs ein so nationales heittgthum wie das
zu Dodona schon bei Flomer als pelasgisch gilt, dafs so
durchaus hellenische götter wie Athene und Hermes vor-
über den namen Uilaityiiq.
371
Rugsweise ab pelasgische gottheiteo genannt werde», dafs
Hephästos auf dem pelaagischcn Lemnos seine lieblings-
stätte hatte, — dann niflsBeQ wir gesteben, dafs es eine
in der weltgeschicbte ganz unerliörte und unerklärliche er-
sclieinung wäre, wenn ein volb, das obendrein oft als das
vertriebene geschildert wird, auf ein anderes ihnn gar nicht
verwandtes einen solchen einfliifs hätte ausCiben können,
zugleich aber selbst von diesem so schnell und so spurlos
beseitigt worden wäre. So dürfen wir, glaube ich, das
indogennanentbum der Pelasger nicht mit H. Kern (Zeit-
schrift VII, 273) als sehr problematisch, sondern als völlig
sicher betrachten. Wie wenig wir überhaupt auf die nach-
richten der alten in dieser frage zu geben haben, beweist
z. b. Herodot I, 57. II, 51, der die Pelasger zu späteren
ffi'voixai der lonier in Attika macht, während es doch
nach den Untersuchungen von Wachsmuth ( rhein. mus.
1868- p. 170 ff.) keinen zweifei leidet, dafs gerade das um-
gekehrte das richtige ist. Man vergleiche auch Herodot
II, 52 die erzähl ung von den göttern der Pelasger, die
doch offenbar höchst irrthümlich und falsch ist (cf. Breal
Hercule et Cacua p. (i). Daher darf man auch nicht ein-
wenden, dafs Homer Odyss. VIII, 294 die Sintier auf
Lemnos ctyQioffwvovg nennt, sie also für barbaren erklärt,
mithin das oben Ober Lemnos bemerkte unrichtig sei. Die
alten erklären sie fftr Thraker, also auch für barbaren,
obwohl in Thracien auch zahlreich Pelasger genannt wer-
den- Das beste ist, sie mit Preller griech. mythol. I, I4llf,
für rein mythische gestalten zu halten, die also aus dem
kreise unserer Untersuchung wegzulassen sind.
Haben wir nun ein recht gewonnen, in dem namen
der Pelasger einen indogermanischen zu vermuthen, so
fragt es sich zunächst, wie seine älteste form lautete.
Diese war nun meiner ansieht nach parasja aus paras
„weiter", „jenseits" und wurzel js. „gehen", also: „die
weiterziehenden", „die nach jenseits seil, des meeres
ziehenden". Zunächst die form, ßenfey in der cinlei-
tung zum Sämaveda p. LIII — LVI (vgl, bes. p. LIV und
LV) zeigt, dafs „die scheu vor dem hiatus im sanskrit ur-
24*
S72
Pischel
sprünglich keineswegs so grofg war, wie man nach den
späteren gesetzen der spräche glaiibpn möchte, und dafs
viele Wörter, welch« im späteren siuiskrit die liquida mit
folgendein vokal haben, ursprürigiii'h statt der liquida den
entsprecbendfn vokal hatten" (vergl. vollst, saiiskritgraujm.
p. 11). Bekanntlich bleibt im lligvcda vor vokalen an
stelle von j gewöhnlich i stehen. Somit haben wir als
älteste form unseres wertes richtiger parasia anzusetzen,
denn nachdem die wtirzel ja einmal angetreten war, sind
wir berechtigt, sie ebenso wie das suffix ja zu behandeln,
welches vielleicht mit ihr identiscli ist; wenigstens erklä-
ren sich seine liauptbedeiitiiogen, die der beziehung auf
das Subjekt und die der angehörigkeit dauu ebenso unge-
zwungen , als wenn wir es mit Beufey ( vollst, gramni.
p. 242 Lern,) als das pronoinen relativum fassen. Es wäre
also parasja ganz nach aiialogie von Ichandasja, srötasja,
urasja, pajaeja, ögasja, vajasja etc. gebildet, worüber man
auch Beufey „über die entstchung und Verwendung der
im eaaskrit mit r anlautenden personalendungen" p. 24 ff.
(bes, p. 25) Göttingen 1870 nachschlage. Will man jedoch
bei dem compositum eine derartige analogie nicht zuge-
ben, sondern fordert man paröja, so möchte ich nur daran
erinnern , dafs ja die wohllautsregeln erst auf spcciell in-
dischem bodeu entstanden sind, ebenso wie die palatalen
und cerebralen laute u. a. , dafs selbst im Rigveda sich
Schwankungen fiiiden, wie duvöju neben dem regelmäf'sigen
duvasju von duvasj (Benfey vollst, grannn. §. 236 bem.),
ferner dafs, da die älteste ausspräche parasia war, eine
form wie parasja selbst im klassischen sanskrit nichts un-
erhörtes gewesen wäre, da sie der analogie des sufBxes Ja
folgte, nachdem die Zusammensetzung aus dem bewnfst-
sein entschwunden war (cf, Beufey über entstehung etc.
p. 32 anm. 50). So erscheint mir die form an und fßr
sich gesichert; sie wird es aber noch mehr, wenn wir uns
unter den sitzen der Pelasger iu Europa etwas näher um-
sehen.
Keine länder werden so ausschliefslich und so allge-
mein als pelasgisch anerkannt als Arkadien und Thessa-
UIkt <K>n uamen IJtlaayoi,
373
licii, vor allen Arkadiou. Uie Ark<idcr gelten stets als
autüchtboueii. Herodot VIJI, 73 : uixiit de rip' /hhmuv-
rifüüv ti'h'sa inicc. Thvrojv 3t za fth ävo, ctiirö^d-ova
it'ii'Ta, y.aTa X'^P^i'^ i'äovTcti }>vv, rij xai tu nriXai oixsov^
LlQxäöii^ TS xai Kiit'uvQioi. cf. 11, 17(). Paiisauias V, 1, 1 :
yii'i] Sb oixii IhXonövviiOuv Uoxäötii ^ikv avTü^ö'üvea xcti
'j-Ixaioi. cf. §. 2. Thuoyd. I, 2; ^iciXiaza de r^ta' ;'»7s t]
<'t()i6Tij «ei räq fiEraßuhä^^ Tiöv o'cxijt6(>mv tl^^^'t V '^^ ''*'•'
QeGaakia Xfxkov^üvi} /.tu Batwiia fhXoTHit'vrfitov re t«
TtoXka nh)v 'yf()XaÖirti;. Die Arkader selbst liielteu sieb
für älter als den mond Stephan. Byz. s. v. 'y/(jx{t<)in. Prel-
ler gricwli. mytho]. I, tJU mit anm. 4. Die Ältesten bewob-
ner Arkadiens aber und, da sie eben ovx ti,ai'ctnT(h'T£is
waren, somit auch die der klassischen zeit waren Pe-
lasger. Pausan. VIII, 1, 4: ^I^aßl ()f '.luxciöeiS Wi" fhkaayog
yü'üiTO iv rij j'ij ttijwto^. Ilerodot I, I4Ü: ..'/oxriöe^ fls-
?.a<3yui u. B. w., ja Arkadien soll sogar einst IhXadyict ge-
lieifsen haben. Pansan, VIII, 1, 6': ntlceayov fU ßarnXii'-
ovTu^ ywiaticit xat rij '/''^Q'^ IltXuayiftv tfieüiv uimttit. cf.
VIH, 4, 1, und nach Ephoroe bei Slrabo V, p. 221 sollen die
Pelasger fiberbanpt aus Arkadien «rekoinmcn sein. Neben
llilar>}in finden sieb aber auch aiidrre namen für Arka-
dien, und einer derselben ist lla^QfxfU'a. Steph. Byz. s. v.
liiixctüüc fx'/.iji'hj f>£ xai llruumriitt xai yIvxa(ßvU( etc.
idem s.v. flciitoaaict' ttoXic; l-Jfixatiia^' /.kxhtTai nno llcto-
Qaauv ivoii tmv ylvxdovo^ iraidivv, Xäfja^ Öi xridfia Jle-
i.aayov iv TiQtÖTfp ;^pf<j'*xwi' oi/Toig' „flikaßyu^ llQEffroQoi;
jraig tov ^L'xßdatw tuv l^{)yov fitToixicag i^ ylQyovt^ eig
TtjV an' ixeivov fikv tüte JleXuoyiai', vartQuv öi '^-ioxctöiav
x?,t]i'hi(Tav i^aciXevaev iri] dxoamfVTS xai 7TÜ?,ti> IlaoQctdiav
ixTiOi^. Nixävu){f ti* Ilctftßaßiav ffijaiv alTtjv xsx?S;cflai
Ötci Tijv y/vxdovog sig tüv J'ia nci()ca'of.iia}>. Setzen wir
hier nun statt des nach falscher analogie geschlossenen
tlno ila^Qctauv das richtige Itaofiaaiov * ), so ergebon sich
J IrtQtntrStog und llfluaync, als eine, natürlich mytliiscbo
person; denn nach Stephanos grCndet Ua{>{)n<nug die Stadt
*) Man denke an den namen des berühmten malen llaq(jiaiO%.
374
Piachcl
flaooaGfcc, nacli Cbarax aber Ih'kaöyug^ imd wie wäre
man wohl darauf verfallen, den fltlanyoii die Stadt, die
er selbst gründete und offenbar nach seinem namen be-
nannte, fIet(/oaaia nennen zu lassen, wenn nicbt eben sein
eigentlicher und wahrer name IIctQQctatog gewesen wäre?
Damit stelle man nun Äpollodoroa II, 1 zusammen: JStußiis
öi xat Jiog, ji üQWTij yviiaixi Zevg Ov^tJj i/^*;'»/, ^aii^ Aq-
yoQ i'/ivero' tüs dt ..'iitovaikao^ (fi/ai xat IIs?.aay6g^ tt(f'
ov xX^ifilvai Tovg Tt^v nskoTiovvtjGov oixovvTag JJelanyovg,
Hatoöug öi Tov lhXaf>y6v avröyd-ovti (ftjdtv iii'cu. Trotz
der grofsen Verwirrung aller dieser angaben, läfst sich in
ihnen doch schwerlich ein uralter kern Terkenncn. Charax
ist der einzige, der Areetor zum vater des Pelaagos macht.
Ich vermuthe, dafs vielmehr zu lesen ist: /h?.nay6g '£x-
ßdßov jiatii Tov jJqf.Giogug tov '!i-Jüyov etc., dafs man also
den Pelasgos direkt zu einem söhne, nicht eukel, des Ek-
hasos gemacht hat, obwohl ja beide in der that ganz ideo'
tisch sind, denn Iltkaayög = fjaoctaiog wäre nichts an-
deres als "h'y.ßaaog, der „ausziehende" von ixßaircu, eine
neue sttitze meiner erklärung des wertes IltXaayog. Wie
nun fast bei jedem gotte der griechischen mythologie eine
bestimmte seite seines wesens als „söhn** oder „tochter"
oder jjliebling" abgezweigt wurde, indem man gerade diese
eigenschaft des gottes individualisirtc und hypostasirte
(Helios und Phaeton, Selene und Pandia, Artemis und
Kallisto, Apollo und Aaklepios etc.), so mag es auch hier
ähnlich gewesen sein mit "L'xßaßog und Ih'/MGyüg, sei es,
dafs eine dunkele erinnerung der wahren bedeutung des
Wortes nctQfxüiog = exßddog im bewufstsein des treu an
seinen sitten und Qberlieferuiigeu festhaltenden volkes der
ßaXai>t](fäyüi L'l()xaäig sich erhielt, sei es, dafe Volkslieder
das andenken au eine frühere heimath wach hielten. Ich
habe es bisher gleichsam als selbstverständlich angenom*
men, dafs aus skr. j sich griech. y entwickeln konnte (der
Wechsel von q in A bedarf doch kaum der erwähnung) und
in der that ist dies auch meine feste Überzeugung nach
den gewichtigen grtlnden, die Curtius zeitschr. VI, 231 fi".
Grundz. d. gr. etym. p. 540 ff. vorgebracht hat. cf. Leo
Ubar den Daiiica liflaityn(;.
373
yer zeitscbr, VII, 17 u. a. Ein solcher öbergang acheini
iriir besonders iinbcdeiiklirh nach Zischlauten, da der Sibi-
lant dem folgenden weichen buchgtaben unwillkQrlich etwas
von seiner härte mittheilt, um bo unbedenklicher hier, wo
wir es mit einem eigennamen 7.u thuu haben, der bestän-
dig im munde des volkes lebte. — Wenn nun also bei
Stephanos Byzantios "Exßacog, i. e. wie wir sahen Pelasgos,
enkel des Ärgos genannt wird, wenn Akiisilaos sie zu
brOdern stempelte, wenn Aeschylos suppl. 237 ed. Herrn.
als vater des Pehisgos den llakalxiffnv nennt und den Pe-
lasgos zum könig von Argos mav*ht, wenn also flskatsyug^
'^Qyog und HaXar/^ÖMV in so nahe und enge beröhrung
gebracht werden, so glaube ich nicht zu kühn zu sein,
wenn icli darin eine uralte den Griechen selbst längst un-
verständliche traditioii sehe und bei 'llQyoq an die äijäs
<lenke, so dafs sich wie IIa(idatoi; und Ihkanyög auch
■'V^iOi,' (Steph. Byz. s. v. '^oioi) und "Ji>yo^ zur seitc stän-
den, wobei ich nicht im entferntesten daran denke, etwa
den namen des landes yJ^yog, also das yiftyvg der Pelasger
— übrigens eine treue spur ihrer Wanderungen — auf diese
weise etymologisch zu erklären, sondern nur für die my-
thologische tradition bei Apollodoroa diese crklärnng for-
dern uiöclite. Gerade 'Ufjyug mag zu der schnellen Um-
wandlung des namens !^J^io^ beigetragen haben, wie die
Griecheu gewila nur an Argos dachten, wovon Stephanos
ein beweis ist. Sehr richtig bemerkt üreal (Ilcrciile et
Cacus p. 14): la facilite avec laquelle les peuples oublieul
leurs origines sera toujours un sujet d'etonnement. Lee
anciens mots les einbarassent autuut qne les vieux uionu-
uientB et les vieilles coutumes; ne ponvant ni les compren-
dre, ui les oublier, toutes les explications qui en rendent
compte leur semblent bonnes. Es verdient jedenfalls die
grolste beachtung, dafs gerade der erste söhn der Niobe,
des ersten sterblichen weibes, zu dem sich Zeus gesellt,
Argos genannt wird. Die sage von der Niobe weist uns
nach Asien zurQck, wie Preller griech. niythol. 11, 382
sagt: „wie die fabel vom Pelops früh nach dem Pelopon-
nes verpflanzt wurde, so die von der Niobe nach Theben,
376
Piachel
doch ist die wahre heimat von bßid«t) der Sipylos uud
Kleiuasieu". Damit stimnit^ dafs noch bei Homer Pelasger
in Kleiiiasieu in eben jenen gegenden sitKCD. Wäre, was
ich so eben auseinaudergefietzt habe, richtig, 6o wflrde sich
daraus von selbst ergeben, was schon H. Kern zeitscbr,
YIl, 273 vermuthet hat, dafs Hellenen uiul Arier noch
lÄJQger zusamniengebhehen sind, als din übrigen indoger-
manischea stamme mit ihren asiatiGcheD brüdern, und wQrde
dadurch die freilich etwas zu modificirende anaicht Lott-
ner's aeitschr. VII, 18 fi. cf. bes. p. 193 eine neue stütze
erhalten. — Äeechylos nennt, wie wir sahen, den vater
des Pelasgos Ilalcüyßwv „altland'*. Dies hat nun aller-
dings, meiner ansieht nach, eine ganz andere bedeutung,
ab ihm Pott zeitschr. VI, 121 geben will, näiiilich die,
dais die Pdasger in Gricchenlund niuht uranaässig waren,
sondern aus einem anderen „alten lande ^ dahin gezogen
sind. Dur(;h diese beziehung zu dem „alten lande" ge-
winnt meine etymologie eine neue Etfitze. Trotzdem dal'e
Böhtlingk und Koth schon 1852 die ursprüngliche bedeu-
tung von arja, Sr|a nacbgewieäen haben, und trotzdem
daia Curtius in seinen grundzügen der griech. etymologie
auf die Wichtigkeit dieses nachweises aufmerksam gemacht
hat, findet man doch immer noch allgemein die ärjäs frisch
weg als die „edlen", „ glänzenden ** erklärt. Die gruudbe-
deutuug ist nun aber die „treuen", die „anhänglichen",
und zwar wohl nicht l»los wie B.-R. s. v. annehmen, „die
den göttern des btammes treuen", sondern vor allem „die
dem lande der väter, „„dem alten laude"" treuen*. Da-
mit steht nun im vortrefflichen gogensatz, dafs die, welche
das alte land verlassen, sich paraajas nennen, „die weiter,
die nach jenseits ziehenden *^ und keineswegs im wider-
spräche, dafs die Pelasger bekanntlich bei Homer noch
in Kleinasien und Kreta sitzen, wilbrend er doch nach II.
II, 608 — freilich das verdächtige zweite buch! — schon
TIaQctaait/ in Arkadien kannte; denn er kennt ebenso schon
den Zbv^ nshcoyixoi; in Dodona, und es folgt daraus nur,
dafs die Pelasger nicht zusammen uud gemeinschaftlich
weiter gezogen sind, sondern dafs einzehic abtheilungen
über ilen numen niiatryiii;-
377
rennten uml zurQokblieben, während die haupt-
müsse immer nach vorwärts weiter zog. Dies boweisen
auch die thessaliachen Pelasger, um von allen tlbrigen vor-
läiifi;^ abzuselven. Doch ich muJs noch einmal auf Arka-
dien zurückkomuieii. Wenn allgemein anerkannt ist, dafe
gerade späte Schriftsteller oft die ältesten sagen und Über-
lieferungen bewahren, da aie als conapilatoren auf ältere
gute, jetzt verlorene schrifteteller zurückgehenj so ist dies
besonders auch von den lateinischen diehtern des Zeital-
ters des Angustus anzunelimeu, die nicht nur selbät eifrig
und unverdrossen sammelten, sondern auch Griechen für
sich sammeln liefseu. Schon seit Euniwa nun (Niebnhr
röm. geach. I, 42) und vor allem im augusteischen Zeitalter
nennen die dichter die Griechen schlechthin Pelasgi, was
ein neuer nicht völlig zu verwerfender beweis ftir das hel-
lenenthum der Pelasger ist; in eben jener zeit wird Ar-
kadien wieder Parrhasia genannt und Parrhaeis, Parrha-
sius ist = arkadisch, v. Forcellini b. v. s. v. und die her-
ausgeber z. Ovid Metamorphos. 11, 460. VIII, 315, so dafs
sich schlielsen läfst, dafs der älteste und ursprüngliche
uame Arkadiens llafiaaßia war. Uebrigens kann mau zur
erkiärung dieses wortes auch die unsinnige deutung des
Nicanor (oben p. 378) benutzen, wenn mau daraus schlielsen
will, dal's Arkadien einst auch //a{ißanitt hiel's, offenbar
eine ähnliche erinnerung wie Lxßa(fi/^. Was endlich das
doppelte q in Ilannäaun betrifft, so halte ich es für rein
graphisch, vielleicht durch den einflufs der dichter, denen
eine kurze silbc nicht in deu vers pafste, auch in die ge-
wöhnliche Schriftsprache übergegangen. Halbvokale sind
ja der Verdopplung überhaupt am fähigsten, möglich auch,
dafs sich in handschrifteu und inschriftea die Schreibung
mit einem p nachweisen läfst. Thucyd. II, 22, wo die be-
sten handschrifteu Tla^äaiut, (der vatican. nenaGtui) haben,
•wage ich nicht als beweis herbeizuziehen, da gleich dar-
auf JIvQaaiDt folgt, und sonst llnm'tntoi in Thessalien
nicht genannt werden, so sehr man sie dort erwarten sollte;
daher dürfte es gerathen sein, mit Classen ffafjtiaioi hier
zu streichen.
378
PischLl
Bio Gcbwanken der Landsuhriften findet eich nun auch
in Ueoatßoi neben Th(}()aißoi. Jhfjcaßoi findet sich 11.
11,749, und so haben gute handschriften des Thucydides
und der cod. Vratisl. des Stephanos Byzantios ; /hi/Qaißoi
ist die gebräuchliche form. Die einzig richtige Schreibart,
wenigstens die echte, ist lliuaißoi. Auch Thessalien nüm-
liüh galt für einen hauptsitz der Pelasger; schon Homer
11. II, üSl erwähnt dort ein t fsXaayixuv l'lgyog', man ver-
gleiche Herod. 1, 57. Diouys. Habe. I, 17 u. 8. w. ; auch
später hiels ja noch eine landschuflt Thessaliens Pelasgio-
tis. Auch hier aber finden wir einen uanien, der sich
durch seine oomposition als älter erweist, als der name
IleXctayui in dieser gestalt, nämlich das eben erwähnte
Ihfjaißoi. Tiioct bezeichuet nichts anders als »das jensei-
tige land"} cf. Hermann z. Ae§chyl. Suppl. v. 249, der
Euatathioa ad II. p. 306, 23: ns^« ^«o t} yi] xarä yliZairav
citirt. }Ii(jctißoi also sind „die nach dem jenseitigen laude
gehenden ", indem nsQai locativ zu mpnr und der zweite
bestandtheil des compositums die in ßaivia vorliegende
Wurzel ist ; analog ist — abgesehen von x^ftaitvinjg, udol-
ttogog etc. — ^«(.iaintttiq gebildet, in welchem der locativ
wie in ntnaißui die ricbtung „wohin" ausdrückt, wie ja
auch im sanskrit der locativ als erstes glied eines compo-
situms häufig ist. cf. Benfey vollst, gr. §. ö21 bem. und
ausn. II. llEQcußiit und Ifaocinioi i. e. fleXceßyoi sind also
ihrer bedeutuug nach identisch. Dafs die Pcrrhaeber aber
Pctasger waren, darüber sehe mau Strabo IX, 439 — 442,
capitel die höchst interessant sind, deren nähere bcleuch-
tuug jedoch aufser den boreich dieser arbeit lallt. An
mehreren stellen z. h. I, 61. IX, 439 nennt Strabo die
Perrhaeber fuiaväarai „ fremd linge", „ ankömnilinge ". ■ —
Eine analogie zu meiner deutung des namens /hXaayoi
bietet der name der Juden: z^iiar, was mit Gesenius von
135 „jenseitiges land " abzuleiten ist, so dafs also C^in:?
„ die jenseitigen ** bedeutet. In Palästina selbst wurde ja
die landschaft östlich vom Jordan Peraea genannt, und
auch sonst findet sich dies als name von laudschaften und
Städten, negalog und i) moaia „das jenseitige land" aber
Se^e^nftmOT tliXaayoi;.
379
^
sind nichts anderes als 7ii(jciatoi und nsoania für nctoä-
ato^ und naQaa'ta (resp. nuoäajos und na^cioja] nach den
regeln, die Grafsiriann zeitschr. XI, 26 entwickelt hat, der
freilich (p. 22) einen Obergang von j in y nicht zuzuge-
stehen Btheint.
Als endresultat ergiebt sich also:
1 ) die einzelnen stamme des späterhin Flekadyai be-
nannten Volkes wanderten nicht gleichmafsig und vereint
weiter, hatten aber alle ein ziel; „das jenseitige land".
2) Die bauptmasse führte den namen parasjas im ge-
gensatz zu den im „alten" lande zurückbleibenden ärjas.
Parasjas verwandelte sich früh in Ihkaayös und dieser
name wurde der herrschende und auf alle stämnae tiber-
tragen, während sich die alten namen nur in bestimoiten
gegenden erhielten *).
3) Die Pelaeger, VFeit entfrrnt barbarcn zu sein, sind
vielmehr die ältesten repräaentanten des hellenischen volkes.
Breslau. Richard Fische I.
Die lieimat des indogermanisch ea iirvolkes.
Nachdem man, verleitet durch die innige Verwandt-
schaft des Sanskrit, den ursitz der Indogermanen eine zeit
lang irrig in Indien selbst gesucht, hat man ihn später
in Ccntralbochasien, westlich vom Belurtag und Mustag,
östlich von den Eranern angenommen. Vgl. Pott indoger-
manischer sprach stamm a. 20, Lassen indische alterthums-
kunde b. öllfl., J. Grimm g&sch. d, d. spr. 162, Momm-
sen 8. 31 u. v, a. Jedeefatls sind alle bedeutenden forscher
trotz der Verschiedenheit der einzelnen ansichten einmüthig
und zweifellos immer bei Asien stehen geblieben, oft
•) Darauf weisen auch solche nachrichtcn hin, wie die bei Herodot
VlJl, 44, dafa die Atliener ab Pclaag>)r K^iaraoi , die Jonicr Ihlaayoi
Alytalite {VII, 94) bicfeen, und zuaammeaatellungcn wie 'Avxäini IJtXaayot
I, 146.
380
Iluefcr
stillschweigeuJ, doch fürwahr uächt ohne guten griinil,
denn: ex Oriente lux, in Asien spielt unsere älteste ge-
schichte, hier war die statte der frühesten bildung und
Weisheit, Asien galt ja allgemein als der älteste cnltursitz,
als die wiege des meDscheiigeschlechtes.
Aber so fest steht bei dem ruhelosen treiben und
drängen der heutigen Wissenschaft kaum ein satz, dafs
nicht gelegentlich an ihm gerCittclt, er nicht wenn auch
nur versuchsweise und gleichsam zur abwechslung einmal
auch umgekehrt und auf den köpf gestellt werden sollte.
Kein wunder ilafs jener „asiatischen hypothese" gegenüber
neuerdings sogar behauptet worden, die hetmat des in-
dogermanischen urvolkes sei ganz und gar nicht Asieo^
soudern lediglieh — Europa.
Dieser überraecheude, kürzlich noch unerhörte satz
ist zuerst, soviel wir wissen, von dem nicht unbekanuteu
Engländer R. G. Latham in zwei Schriften über die
Stämme des russischen reichs und ober vergleichende grani-
matik 18ö4 und 1862 ausgesprochen. Er warf die wun-
derliche frttge auf: hat das Sanskrit Indien von Europa
aus erreicht oder erreichten dag litauische, sUivische, latei-
nische, griechische und deutsche Europa von Indien aus?
Er vermil'st, was bei seiner frageetejlung nicht befremden
kann, die beweise für eins wie das andere, aber er beruft
sich auf die innige bertihrunji zwischen sauskrit und litaui-
Bchem und hält es für wahrscheinlich, den ureitz aller
verwandten glieder unseres sitiunneis östlich oder südöst-
lich des litauischen etwa in Podolien oder Wolhynien an-
^unebnien. Vgl. L. Geiger zur entwickelungsgescbichte der
menschhoit, Stuttgart 1871, s. 119.
Der einfall des herrn Latham wäre woiil unbeachtet
und ohne wirkuug vorübergegangen, wenn nicht iiizwisuhen
andere gelehrte eine ähnliche behauptnng aufgestellt hät-
ten, zuerst Th. Benfey in der vorrede zu Ficks indog.
wtb. Göttingen IStiB 8. IX. Er meint, die für die oin-
wandcrung aus Asien geltend gemachten gründe lieruhteu
auf alten „mit unserer früheren bildung uns eingeprägten,
in nichts zerfalleudeu vorurtheilen", der ursit?. wäru
dio licimat des indogcrmanisclicn uivolkcs.
381
bei weitem eher Europa, wobei er, genauere beweise
sieb vorbehaltend, zunächst nur den uaistanil betont, dafs
sich nicht die spur eines uroanaeDS fQr Jöwea, tiger und
kaineel finde und dafs andererseits geologischen Untersu-
chungen zufolge Europa seit undenklichen zelten von uien-
scheu bewohnt gewesen aein soll.
Während wir uns noch der hoffnung hiugaben, Ben-
fey werde, da sein beweis ansblieb, vielleicht längst ande-
res ainnes geworden sein, ßberrasehte uns kürzlicii nach
flüchtigen andentungeu in seinen früheren werken Laziir
Geigers besondere, unserem gegenstände gewidmete ab-
handlung in seinem oben genannten opus postuninm no. VI
8, 113 — 150 und später sind dann auch andere, namentlich
Spiegel eranische alterthumskiinde ?, 42G fl , im Ausland
1871 no. 24 s. 55311. und J. G. Cuuo forschungen auf
dem gebiete der alten Völkerkunde s. 21 auf die Untersu-
chung derselben frage eingegangen.
Der geistreiche und gelehrte Geiger spricht ea s. IIS
unumwunden und mit dürren worten als seine Oberzeugung
aus, dafs die Urheimat der Indogermaneu in Deutsch-
land, insbesondere im mittleren und westlichen
zu suchen sei, ja er glaubt diese annähme durch eine ganze
reihe von grüuden zur gröfsten bestimmtheit erheben zu
können, während seiHes erachtcns iür die bisher geltende
bypotbese die beweise gänzlich fehlen,
Er beruft sich vor allem auf die physiologisdie er-
scheinuug, den lichten typus blonder haare und blauer
äugen, der sich am reinsten bei den Germanen zeige und
eben sie zumeist als autochtbouen erscheinen lasse, und
folgert dann weiter aus dem vorliegondcti wort- und ge-
dankenschatze , indem er die verwandten ausdrücke für
bäume und getraidefrOchte, die waidpflanze*), klimatische
Verhältnisse, die Jahreszeiten, thiere aller art, das meer,
salz u. a. mehr oder minder eingehend in betracht zieht,
anderes aber für eine spätere abiuuidlung verspart, wie
*) Ueber «Jen namen de» bcknnntcn fÄrbekrniiteR und seine berührnnR
mit lauTtf, vilruni ii. s. w. vcrgl, i'i. n. lln — 141.
382
Iloefcr
der verf. diese arbeit denn überhaupt wohl nicht als fertig
und abgeschlossen angesehen iiat.
Au Europa, näher au das nördliche Deutschland und
den nordwesten Frankreichs denkt dann auch Cnno, weil
er nur hier die in Asien vermifste, för die aufnuihme sei-
ner dekaden von raillionen ludogermanen geeignete ört-
lichkeit findet und sich, nicht „eo rund und klar und nett''
wie bisher geschehen, über Spaltung und Verhältnisse der
indogermanischen sprachen Vorstellungen bildet, bei denen
ihm doch um köpf und busen wohl selbst mitunter bange
wird. Das deutsche z. b. war ihm, soweit wir zurfttkden-
ken können, wie das keltische und italische ^cine spräche
für sich". Wie sie dann unter sich und mit dem Sanskrit
verwandt seien, begreift er natürlich nicht, ohne eiu wun-
der anzunehmen u. s. w. Vergl. s. 73 — 74.
An der örtlichen beschaffenheit Asiens*) nimmt end-
lich auch Spiegel anstofs, welcher das gewicht der gründe
für Europa zugibt, Europa als ursitz möglich findet, flbri-
gens aber beide hypothesen für unerwiesen hält und die
ganze frage nach dem uriande somit bis jetzt als ungelöst
betrachtet.
Man kann eins und das andere dieser bedenken willig
zugeben, aber man braucht fürwahr nicht die ganze be-
weisftlhrung anzuerkennen oder gar die Vorstellung zn
theilen, welche in Asien land sucht, um 30 oder 50 mil-
lionen von ludogerraauen zu beherbergen und wieder wer
weifs wie viele dekaden millionen verlangt, um die alte
bcvulkerung Europas zu vernichten und in sich aufgeben
zu machen.
Die zu gunsteu Europas angeführten gründe sind Kum
gröfsten theile aufserst hinfällig und angreifbar, und wie
mifslich und schwachfüfsig namentlich die auf rein spracb-
licbem gebiete liegenden sind, hat Geiger selbst schla-
gend an mira, mare und der daraus gefolgerten bekannt-
*) Er denkt dabei zunilchet an die hochebcne Pamer, „die (crrasso der
weit", Lassen s. 20, dio ihm ungoeignot aclietnC „ein noch kindlicbcs urvolk
zur geaittung faeranzubilden*.
di« h«iraatb des indogermanischen Dirolkas.
383
jhaft der Indogermanen mit dem meere dargethaii. Un-
eerc kenntnirs der Ursprache ist viel 7.u uiivolbtändig und
wird stets uosicher und mangelhaft bleiben. Wer will
z. b. den ursprünglichen Inhalt von bhflrga, bharga und
die damit bezeichnete bauinart bo genau bestimmen, dafa
dadurch das Vorhandensein der heutigen birke erwiesen
wird? und weiter, wer darf mit grund behaupten, dafa
wenn namen der thiere später auseinander gehe«, die letz-
teren selbst darum dem urvolke unbekannt gewesen sein
müssen, da doch unzählige Wörter, hier erhalten, dort ver-
loren gegangen sein werden. Zusammenstellungen und ver-
gleichuQgen, wie sie neulich Fick versucht hat, sind ge-
wifs sehr nützlich, um den thatsäehlichen d. h. späteren
bestand zu öbei'blicken, sie gestatten ohne zweifei auch
Schlüsse auf die Ursprache, aber nimmermehr Schlüsse der
angedeuteten art.
Und ist es denn endlich wahr, dafe die beweise für die
asiatische heimath, weil man sie bisher nicht brauchte,
noch verlangte, noch vermifste, darum wirklich fehlen?
Ist denn, abgesehen von allem anderen, auch das zufall
und leeres vorurtheil, dafa die der Ursprache zunächst ste-
hende reinste und ursprünglichste form der spräche in
nächster nähe des gewiis verständig erschlossenen ursitzcs
erhalten ist? Das ist an sich wenig wahrscheinlich, ja zum
theil geradezu unmöglich, undenkbar, dal's Inder und Era-
ner so lange, als nothwendig augenomuien werden mufs,
ein Volk geblieben, dal's ihre sprachen, Sanskrit und Zend,
die höchste reinbeit und Vollkommenheit bewahrt haben
sollten, wenn sie sich zuerst vom mütterlichen stocke ab-
gezweigt und die weiteste Wanderung von Europa oder
selbst Deutschland aus bis in die späteren sitze durchge-
macht hätten. Diese zwar nicht ganz übersehene, aber
wohl zu leicht abgefertigte und keineswegs beseitigte that-
sache ist, wie uns scheint, allein von entscheidendem ge-
wichte, sie steht tonangebend zn oberst, sie bestimmt alle
weitere hypothese, die berufung auf die kaum vcrgleich-
licben Verhältnisse des litauischen oder isländischen ficht
sie nicht au. Bei der aller laut- imd Sprachgeschichte,
Iloefer, die heimat des indogerinanischen arvolkea.
wie wir meinen, ins geeicht schlagenden voranssctzung der
abstaminung aus Europa mfil'ste man Sanskrit und Zend
billig auf der stufe erwarten, welche bei der bisherigen
annähme so natürlich das keltische einnimmt, die Zerrüt-
tung des letzteren bliebe mehr als räthselhaft und die Ger-
manen, die Jahrtausende wohl gar in ihren ursprOnglicben
Wohnsitzen gehockt und geschlafen hätten, würden anch
wohl einige Verlegenheit bereiten. Dazu käme, dafs bei
dieser neuen auffassung Ton Verwandtschaft des indoger-
manischen mit dem semitischen, welche manche leugnen*),
mit vorsichtiger bescbränkung aber die meisteu for8Cher
bekanntlich annehmen, natürlich gar nicht mehr die rede
sein könnte.
Wir können uns Oberhaupt von den durch die neae
hypothese bedingten Verhältnissen kein befriedigendes bild
entwerfen, sie führt zur gewaltsamsten Umkehr bisheriger
anschanuugen, ohne dafs uns ihre Verfechter allseitig auf-
zuklären und zu beruhigen schon im stände wären. Aber
einmal auf die bahn gebracht wird sie vermutblich, Zweifel
aufregend und nebel ausbreitend, eiue weile fbrtspukon,
um demnächst gleich manchem luftgebilde unserer tage in
der stille ku verfliefsen.
Zu weitcrem eingehen in die sache ist zur zeit keine
Veranlassung, aber sie einmal zur Sprache zu bringen schien
angemessen, denn es handelt sich um ein Umsturz werk von
möglicher weise erschtltternder wirkimg, ühpr welches jeder
forscher mit sich ins klare zu kommen sticheu muls, um
es zu stützen oder zn bekämpfen. Dabei ist aufrichtig zn
bedauern, dal's ihr tapferster Vorkämpfer, der trotz man-
cher Wunderlichkeiten hoclibegabte, an sprachlichem und
kidtiirgesi.'hichtliehem wissen überaus reiche L. Geiger,
mit dem ich über wichtige fragen seit früher zeit gloicli
denke, uns durcli unzeitigen tod leider schon entrissen ist.
*) So kllrzlich norh Friedrich MuUer, dessen ablinndlang «indo^rmn»
nisch und .seiniLi.idi" jedoch wenig mehr aln das frühe ausoinandergelica bei-
iliir zn befreijiiMi Hchcirrt, das oliuehin »atUam bekannt ist.
Greifswatd, im august 1871. A. Hoefer.
Rtrlinger, zur deutschen Wortforschung.
385
Zur deutschen Wortforschung.
1. scltlaicbeii, verschlaichcn.
scb wache verbiim schlaicheu, mundartlich
scliloacha (ivi ^ oa) beiist im alemaiiDiscbcn gebiete
verkaufen, austauschen, besonders gebrauchen es die
heuberger bauern vom arrondieren ihrer gtitcr. Hat x. b.
einer am Kapf ein stück land, das er gegen ein anderes,
am gegenüber liegenden berge dem nachbar hier abtritt,
so dafs beide ihr gut auf einer stelle beisammen haben,
eo beifst das scblaicben. Das subst. der schlaich,
„schloach, 'n sohl, macha" ist ebenso häufig. Das we-
hinger pfarrurbar aus dem ende des 17. jahrh. hat die
stellen: „ein Jaucbert jenet dem Stettbacb ist ver-
echlaicbt um ein Jauchert da und da". Die belege sind
sehr ;!afalreicli darin. In Baiersbronn kennt man es eben-
falls in unserem verstände; im alcm. binterwald „dean hat
man gachlaicbt" bei streit- und raufhändeln. Interes-
sant ist das Zeugnis in zoUerischen und fürstenbergischen
Urkunden. Laut Moi>. Zoll. I, 208 ad 13t!8, 7. jnli stellen
die gebrQder graf Friedrich und Ostertag zu Zolr eine
Urkunde ans, betreffend auetauscb leibeigener: „daz wir
bald ainmuotclich ains rechten schlaich s rebt imd red-
lich gegeben haben unsern aignen mann ". „daz wir reht
und redlich gewihselt, gescb laicht uud geben haben —
wibseln und scfalaicken also mit in mit diesem brief.
a.a.O. 1,432 ad 1393. In dem Ffirstenbergischen gölt-
buche hs. (1488): „soll ich VI malter körn, band wir mit
im geschlaicht".
Besoldus I, 1026 führt schleicbbrief auf, das uns
pafst: literae mauuraissoriae, über das gestellt quod per-
mutatione alienatur (Freigius).
Ich fand weder bei Graflf VI, 785 noch im mittel-
hocbd. wörterb. IP, 398b, noch bei Schmeller und Schmid
eine hiehergehörige notiz. Hat unser Schleichhandel
vielleicht vordem, ehe er schmugglerbandel ward, zu
schlaich, schlaichen gehört?
ZeitBclir. f. vgl. sprachf. XX. 6. 25
Birlingek-
2. scblaiken.
Wackernagel nennt in Haupts zeitschr. II, 556 ein
alcnaaniiifichcs schleikeü, ein von suchen hergeleitetes
factitivum, im ainne des hochdeutschen „schleifen^
schleppen". Heute trifl't man es im Schwarzwald sehr
oft; so hörte ich in Aha bei Freudenstadt achloigga,
schloika (äi = oi neben oa); ge schloigga d. h. bäume
schleppen, ziehen, g*nz genau was kegen, kegglen ale-
mannisch besagt und was Hildebrand im d. wb. so schön
ausführt. In Rochhok alcm. kinderlied s. 201 steht das
rSthsel :
's goht durch de wald diifse
und Bcbleiki ebbia leabigs ufse?
(Haar und Kamm).
In Heiifslins vogclbuch 131a: „so der fiisan die stimeu
erhört, suhlcickt er sich nach und nach heimlich hin-
weg". „So scblciekt das ledig mänalin einem andern
sein weihlin umbhar". BI. 241a. — Ich führe absichtlich
«ine anzahl beispiele vor. Dieth. Kellers keyserbuch, wie
icbs der ktirze halber in der alemannischen spräche nannte;,
bat folgende stellen: „seiner totechlegeren fürnemen was,
dafs sy woltend den todtnen cörpel in die Tib^r schlei-
cken" 8. 3. „Pisonem hat sie mit dem rechten umbber^
gescbleickt und jo dahin bracht" s. 68. „Der rat hat
sich defe erkennt, das sein cörpel solte mit einem backen
geschleikt werden" e. 180. „Und schleickt er die Cor-
niiiciam uuibher" s. 188. „Sein cörpel ist im Circo Maximo
iiit änderst umhergeschleickt, als ob er ein todter hund
were" s. 221. „Haben jn mitten durch die zu dem
Iftger gescbleickt" s. 241. »Die hat er mit seines weibs
rhat über offnen markt scbleicken lafsen" s. 341 und
noch oft.
Schmellcr HI, 432 führt schlaicken an und verweist
auf Stalder; in Baiern hat sich das subst. schloack,
langsame unreinliche Weibsperson, schlaoiperin aleuiau-
niseb, als volksthümlich erhalten; in München allgemein
Üblich.
zur deutschen wortforscliung.
3S7
3. aohlaitzcn.
Scblaitzen (vgl. Schmellcr 111,458) bedeutet zer-
rcifscn, zerspalten, zernichten (scindere), inhd, scindere
aleizen. Bei Diefenbach Nov. GIosb. ITnb: sleizuoga,
fissura. Die mittheilungfiu der antiquarischen gesellschaft
in Zürich IV, 45 bieten: „sc h leitztend den turn bis
auf den grund" s. 279 und oft. „Die land verscLleitzen
uod verwüsten". Keyserbuch von Keller 398- Die chronik
der Edlibacher (antiq. ges.): „als nun die eignos«en dz hüs
Griflensee gar und ganz zurachleitzt hatteod*'. — Forcrs
thierbuch: „ee dann die Stadt von uagestüme des meere
und der wasser verflözt und geschleift war" s. 108a.
So ainer ir nest zerschleitzt and umbkerL Heurslin
215 b. ^ In Letscbs constanzer chronik bei Moae quellens.
II, 52b (1527): „verbrennt, verberget, zerscblaizt, ge-
pJOadert" 53b. ad 1529: „dau er warlich das edel frucht-
bar banger- und osterlaut ob sibenzig meil weit und brait
geschlaizf u. s. w. Jos. Maaler 5IGa: zerschlei tzen,
vasiare, demolire; die altär zerschlei tzen, zerscbleit-
zung, zerscbleitzer a. a-o. ^ Dazu gehört in der alten
Lindauer flöfserordnung 15. IB.jahrfa. schlaitzscbindel:
„von 10 burdin schlaizschindetn 1 fl."
In den sägemühleu auf alemannischem gebiete ist das
«übst, der scblaitzen noch echt votksQblicIi.
4. ballen, abbauen u. 6. w.
Diese ausdrücke kehren in Rotweiler und Lindauer
Statuten oft wieder. Ich babe in der eprache dos llotweiler
stadtr. I, 70a und II, 358 belege aus dem etadtrechte und
anderen Schriftwerken angeführt. Vom 16. jabrh. ab er-
scheint Weinbauer, früher weinbaigler, wie beide re-
dactionen des stadtrechts haben. Sie sind, wie der Obern-
dorfer urkundliche name „winerlöber'* besagt, unter-
geordnete umgeldbeamte.
Die Lindauer umgeldordnung 16. 17. jahrh. hat: „so
einer wein abschlaheu will, so sol er beschicken den
weinrUeffer, daz er das fafs anzapfe und den geschwornen
25*
S88
Birliiigpr
ungellmeistcr dals rr das fiil's verpitechiorc und nbbaile
und die bauen sol der uiDgt^ltineister mit dem bindel au-
binden und oben stempffcn, datint die eicber dieselben l'afs
«•kennen mögen".
„Und so einer wein zuschlagen will, sol er das iiit
allein thun; auch mit dem vafs kein verendruug vömcb-
men; der gescbworne nmgeltineister habe dann dasselbig
fafs abbauet und so das vafs nit Gbor das halbtbail lär
ist, sol der umgeltmaister bei seinem ayd das nrogelt
S*;hatzen und macbeu uud damit das pittschaft widerumb
ab demselbigcn fafs thnn, die bauen zerbrechen und den
ausgeschenkten wein verzeichnen" u. s. w.
„Wann aber sollicher wein iilier den halbenthail aufs-
gangen wäre, alsdann soll das fals durch den unigeltmei-
eter abermalen abgebaut uud das umgelt geschätzt wer-
den" a. a. o. „ Der weiarflefier sol gar nicht weinrüefieü
noch anzapfen; der umgeltmeister sei dann vorhin dabei
gegenwärtig, dafs er das vafs abbaue oder verpitschire"
u. 8. w. „Den wein unvcrpitscbiert, auch unabgebailt
und ungerüefl" ustragen" a. a. o.
„Auf dem land, heilst es in eineui erlafs, darf kein
wein ausgescheukt werden: der liauptman jetziger zeit Abra-
ham BronbiJk zu Eschach hab dann denselben wein zuvor
abbaiJt, geachäzt imd angezäpfft."
Grimm wb. I, 1379: securi caedere, incidere, ebenso
IrJTS. Baygeln, prüfeu, üfsireu, taxare, censere, reputarc
Vet. Voc. 1482 bei Frisch I, 4Öa.
Bailer, taglöhner ( bajulua bei Frisch a.a.O.?). Bei
Pict. 67a: beylen (die) tnlea, teseeni, ircn.i, beylele,
talcohi Ebenso Frisiiis: heilen ^ kerbholz. Nach Du
Cange-Henachel VI, 492 ist ein Stäbchen, ein kerbholz dar-
unter zu verstetiGn ; das weiubaileu hängt am ende auch
mit einem Stäbchen des weinviaierers zusammen.
Grimm sagt a.a.O.: „zumal aber galt heilen, an-
bei len, abheilen für das untersuchen der filfser, prflfen,
wie viel wein oder hier ein fafs in sich halte, wie viel der
wirt in keller gelegt habe, zur bestimmung des umgclds,
der tranksteuer".
hung.
380
Mit bfil geliort es nicht zuBamuieu; die scIiriHwerke
habet! ai durchaus; sotlann das ältere baiglen setzt eiu
j voraus, ßayler stimmt efier, wie ii;h in d. zeitaclir. XJX,
150 bemerkt habe, zu bajularius, was die sicherste ab-
leituug seiu dürfte; überdies eutstammeß alle den wein an-
langenden Wörter mehr oder minder der fremde, die ihn
gcpflanüt und gfibracht hat.
Nur eiu umstand könnte diese erklärung abschwäcbcu.
kin der spräche der echiflfahrer ist paile, peifc eine
(marke, den wasseiistand zu bemerken kerbe, pegel eben-
falls. Davon die entsprechenden Zeitwörter.
5. ab, praep.
Dttfe die Oberdeutscben, besonders die Schwaben und
Alemannen, bei der alten praeposition verbleiben, wenn es
Zeitwörter des gehens, springens, fallens, erschreckens, ent-
setzeus, grauscns, wunderus sind, mit der sie verbunden
wird, hat das DWb. I, 7 und Schmeller P, 11 schon ge-
sagt. Ich habe im augab. wb- 7 eine reihe bcisptele luit-
getheilt, die sich unendlich vermehren liefseQ. Allein einer
Verwendung des ab bei den zeitwörtcru des trinkens, wo-
Kir früher „von" vorkömmt (vgl. vom essen DWb. III,
11(j4. Ci), hat mau nur wenig auimcrksamkeit geschenkt.
Scjbmeller 1. c, hat eine stelle. Ich füge hier aus einer
bs, 15. jahrh. B. folgende Zeugnisse bei: „und er sol täg-
lich trinken ab raten und liibstechen". „und sol trinken
ab velt kionel und wermüt und epichsamen*'. „und sol
trinken ab suibincn bluomen". „und ensol nit frowen ha-
ben vüd so! man trinken ab vigensaftt und eppichsaniej]*.
„in tlem ogsten so sol man nit küle essen noch kW^h noch
pappeleu und all poleygen trinken'', „im hömonat ist guot
nüchlorlitig cphc genossen und ab salbinen getrunken",
„ab tosten ist guot getrunken" u. s. w. „im dritten berpst
sol man ab zimmet trinken". Einen aiifgurs, absud, trin-
ken kann hier nicht gemeint sein, wo dann ah örtlich
wäre, wie Tobler wb, 2 meint. Daneben bietet dieselbe
handschrift den genitiv und accusativ.
S90
Birlinger
Vgl. Tobler 2b rio. 2: ab chriesi, ab brübeerblacka
trinka.
Die noch ganz volksthüuilichen abbiatz abbiatz!
Kuf des fL'storduers bei pfingstaufzügen, fastnachtsfherzen,
wenn sich das volk in den weg stellt. „Ab platz, ab
platz mit weib und kind, der kaiser kommt mit seinem
ganzen regioient". Sieh mein volkst. II, 14ä. Ab statt,
ab statt! ist bei Riedlingen, Saulgau zu bause = hio-
wegl äwSggl äweggl was das volk nicht mehr versteht;
es hat aber doch daneben ab weg, abweag! jenes vom
alten enweg; dieäes mit ab gebildet, ab'm hals h6, et-
was, ist noch sehr üblich, man kann a fraid ä'd'r hö, all-
gemein, ab'ni Scbwäzwald ebenso, I, 173. Rotweil.
Btadtr. I, 38 a.
abbi ist = abbin j je näher der Schweiz, desto
mehr spricht der Schwarzwälder -i; sonst abbe; fibbar-
abbi, Wurmlingen. Tuttlingen.
6. aberziJ, = correspondierendes grenzzeichen.
Zu den belegen einer mehr bildlichen bedeutung im
DWb. I, 35 seien hier aus dem Wuteachtal zwischen Stüb-
lingen und Thiengcn folgende beispiele von des wertes
ursprünglicher bedeutung gefügt.
Das Sttihlinger bannbuch hs. 17. IB.jahrh.: „erstlichea
bey dem Eggstein, welcher drey Bahn schajdet — stehet
dermahlen ein alter bbauener stein mit der jahrzal 1665,
von dorten zue einem aberzihl im Schlaitheimer bahn"
u. 8. w. „Zu dem aberzihl un die Schlaitheimer hal-
den". „zu eiuem gewissen aberzil". „Ein alter behauener
gesessener stein — stehet an der strafs dessen aberzil
das bilclhaue im StQehlinger bahn. Also hat man wegen
ab gang dessen steins ein aberzihl genommen gegen
Schieitheim zu: eine Wasserfalle". Ein schriftstöck v.Scblait-
heim datiert 20. oct. 1802: verzeichnus von den neugesetz-
ten ab er ziel er zwischen dem StQhlinger und Schlaithei-
mer bau als: no. 12: von dem markstein grad hinüber Ober
die Wuttach gegen die Schleitheimer halden ist ein aber-
zur bergmonnasprachc.
391
ziel gesetzt worden — ist von dein marksteiD bis dahin
mit ruthen und schnür gemessen worden: 50 r. 9 seh. 5 zoll.
No. 13 ist ein aherzihi über der Wuttach gegen der
Schlaitheimcr baldcn zwiecben Alex. Wanner und Jacob
Stammen Feld gesetzt worden, ist bis zu dem markstein
24 ruteo. "iHo. 16 Ein markstein zu diesem ist eine buch
rechts an der Halden vor ein aberzil angenommen wor-
den u. s. w."
In einer alom. Schilderung des letzten gerichts druck
c. 1470: n^nd dann gesetzt uff brennend [liäl den tüfeln zu
eim aberzil ".
Bonn. A. Birlinger.
Zur bergmannssprache.
Froner. Frone. Frontbeile. Frouberge.
Ich bringe hier uus Braeserts und Achenbachs zeit'
Schrift für das bcrgweseu bd.Xl sehr alte belege, die ältesten
bekannten, zu scheinbar bekannten Wörtern; aber auch aus
dem vortrefflichen zweiten, urkundlichen theile des Treuk-
le 'sehen aufsatzes, der noch ungedruckt ist, sind mehrere
neae stellen entnommen. Die belege zu fron ehe rg
sind sehr alt und ganz unbekannt, unsern wörtcrbFichern
völlig fremd; eben weil diese ausdrücke auf die ältesten
formen der belchnungen ziiröckzuführcn dind, suchen wir
sie schon beim alten Ägricolu vergebens. Die arbeit
Trenkle's ist für den Schwarzwaldbergbau des mittel-
alters sehr reichhaltig und wird dem ausgezeichneten neuen
deutselieu bergwörterbuch von H. Veith, Breslau, Korn
1870 manche nachtrage bieten.
Urkunde 8. dez, 1347. Wir tlanneman Snewelin,
ritter, burgcrmaister zu Friburg und Johans zcm Pfluoge,
oberster zunftmaister da, schidleute in der mis seile so
der edel herru grave Cünrat au Friburg, eiusitc und die
frooer zu dem grinde gemeinlich andersite sainent
BirliDger
hatten tuoD kutid — wan der trooer briet' seit, das sQ ot'
jeder leiti zwQschent der Obelen brugge und scheidegge
als die BDesleifina gant, 6 fron berge haben Eönt; da han
wir gemacht dafs die frooer das alles zwQschen etc. ^r
die vorgenanten fron er zu dem göche vcrgchent och,
das uns die vorgenanten fron er zu der bach gericht und
gewert bant — so hant wir die vorgenanten fron er zu
dem goch gebetten (1353. 3. okt.). Ad 1372: das sie
zun uff vien Eyden Eyden rietendt ondt seitendt wie man
dry fronberg oder einen bandtschlag behaben. Ad 1401:
die fron er soud auch dieselben froneberge bestellen und
behaben mit einem redelichen büwc. Die fron er send
werffen an allen fürzug, were och da wir reinan verloben
bettend. Von 1438 gibt es eine Todtnauer froner-
ordnung. Daselbst: item aach sol dehain froner siu
teile des bergwerks uffgeaben, wan in des schribers band
und mit allen ergangenen und versesseneu wflrfen dem
schriber zu gebende. — sollen sweren gelerte ayde liplicb
ze gott und den heiligen vorab der berscbaft und darnach
der froner nuze und fromen ze fürdernde und schaden ze
wendende.
Froner, genossenschaften und gewerkstätten, wel-
che von den landesberrn mit den eilherbergen gegen eine
abgäbe belehnt wurden oder, genauer gesagt, auf die dauer
der ergiebigkeit des betriebes selbige iu pacht nahmen, sie
waren im 14. jabrh. in Basel, Breieacb, Neuenburg und
Freiburg Magistri argeulifodinarum, welche in erster
zeit mit ihren gesellen d. h. gleichberechtigten theilneh-
mern die berglehen in bau nahmen — den geselleubau
trieben — oder aber als gewerkechaften sich constituirten,
wobei auch fremde theihiehmer an gewinn und zubuTse
nach Verhältnis ihrer einlagen theil nahmen.
Frone berge sind einfache leben (demensa), de-
ren mehrere einen handschlag ausmachen; x.h, hat jeder
handschlag 4 froneberge. Wir — Egene (grave) künden
allen — das wir han vorlGhen in dem tal ze Tottenowe
zo dem alten Tottenstein drie froneberge . . . N. N. und
allen iren gesellen, die iezunt da teil mit inen hant oder
zw bergmanoBspraelie.
noch da teil gcwinncnt — lunb den drisigosten pfenntng
fiiir allü rebt vn siiilcn öcb der berge ir wer st iin sal-
lent uns die fron er e da füren ufi zugen zwein jsenine
teil anc allen unser schaden un einen saiuestag suUen wir
da haben u. s. w. 1309. (Graf Egon v, Freiburg und Kon-
rad 6. sohu). Wir sullen öcb die fron er e da scbirnieii
vor gewtilt und vor unreht; — die froner sullent 6ch diso
dric froucbcrge mit einem buwe behabcn; leagin si dar-
über müsig drie tage uii sehs woohen, so sint si uns lidig,
es gescbehe denne von gefrüste oder von gehei oder von
iirluge H. 9. w. — und harüber zu einem oflFenen steten
Urkunde bän wir den fronern diaeo brief geben u. s. w.
Arcbiv des kl. St. BKs. Ebenso 1327 eine Urkunde,
welcbe scbon ei für i hat. (Abt Wernher v. St. Trudbert).
Wenne einest in dem jare und einem sanabstag för den
chrschatz u. s. w. wir leihen jne euch zu denselbeu
fronebergen weg und steg, waaser und holz, wune und
weide etc. Ad 1331: das wir haben verhhen vier fro-
neberge zu dem ncwen Molsberge umb den ain luid
drissigisteu pfenning und umb einen sambstag idliche»
wenn wir den nemen wenn einest in dem jar und umb
einen sambstag für erschatz — die sollen dieselben
froneberge behahen mit einem bauwe etc.
1335. 6. april. Allen, die disen brief aehent oder bö-
rent lesen, künden wir die froner zer dritten frone der
man da sprichet ze des echuoler fron, Heinrich der
Vatter, Claus Absolon, Hans der Beler, burger v. Friburg
und die froner gemeinlich dal's wir drie froneberge zer
dritten frone haben verliihen recht und redeliobe den
fronern ze kungins fron und ze der baaenfrou u. s. w.
Archiv d. stadt Freiburg. Vor dem jähre 1370 werden als
im betriebe befindlich in Todtuau folgende froneberge
genannt. Die F. im Oberriederthaie 1,103. 1343; die 3 f.
zum Todtenstein 1309; die 12 f. bei der Scbindelhalden
1322; die 3 f. genannt Schnlersfron., früher die Ha-
senfron 1329; die i2 f bei der Übeln Brügge bis zur
Scheidegge im Oberriederthaie 1343; die ü f. der Kolers-
xrad Anroefron 1332—39; die 3 f. der Schnlersfron 1335;
394
Gerland
die 15 f. geaannt die Küngius oder IlaäenfroD (später
gewerk z. baohe) 1331- 1339. 1344; die Nöilinsfron
und die DieBselrautbfroo bei der Halde 1343. Trenkle
bei Bi-assert 11, 208. Mone zeitscbr. 11, 439. 12, 371.
19, 1)3. 13, 337. 19, 9. 222. 223. 226. 227. 13, 106.
336-7.
Prontheile. Abgaben an den kliensherrn sind die so-
genannten eisernen frontbeile, welche ilür den lehena-
herrn obne seine kosten d, h. frei 7.u bauen sind, 211. Isinin
fronteile sind solcbe etc. bleibend als jandesherrl. reservat
dem lebeusherrn zufielen und kostenfrei für ihn gebaut
werden mui'sten, 212. Der coufirmationsbrief kaiser Maxi-
uiiltaus vom 7. juli 1512 §. II. Oesterreicb erhält die
2 isenin fronteile v, öO, 2 frouteile erbätt das MQd-
ster iu Freiburg, 215.
Bonn. A. Birliuger.
Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neaere zeit. Keuotcr band.
Geschichta tier gonnauijchfiu pliUologio vorziigsweiso iu Deutauhlund
von Kudolf von Räumer.
Auf veranlassuiiii; und nvit untcrslUtxung seiner majcBtiil des Kö-
nigs von Bayern Maximilian IL hcrausgcgcheu durch die hisstorische
commission bei der königl. academie der wisseuEcbaflen. XI, 743 ss.
8. München, Oldenbourg 1870.
Von ganz beBonderem Interesse ist die geschiebte sol-
cher wisseuBcbaften , welche nicht blos als beitrag zu un-
serem wissen, nicht blos als entwickclung rein theoreti-
scher gedaukenkrcise anzusebcu sind, sondern hinüber rei-
chen ins praktische leben, dort feste wurzeln treiben und
so zugleich auch in ihrem innersten weaen das bild eines
frischen und reichen Volkslebens spiegeln. Zu diesen Wis-
senschaften gehört iu erster reihe die germanische philo-
logie und die ebenso schwierige als beiieidenswerthe auf-
gäbe, ihre geschichte zu schreiben, bat herr Kudolf von
Raumer übernommen. Dals nun ein manu, welcher selbst
einen grofsen theil der entwickelung dieser eigentlich doch
AtlMl^.
sehr jungen wissen Schaft mit durchlebt hat, dessen uamc
im kreis der germanistischen Studien zu den geachtetsten
gehört, dafs das buch eines solchen mannes ein treffliches
und bedeutendes buch ist, das versteht sich von selbst;
und ebenso auch, dafa solch ein buch zugleich für weitere
kreise bedeutung hat, da ja die geschichte des wissens
von uDsern vaterländischen dingen jeden interessiert und
die wärme und milde, mit welcher das ganze geschrieben
ist, die einfache und schlichte dabei aber feine und si-
chere daratelluQg auf niemanden ihren wohlthuenden ein-
flufs verfehlen kann. Natürlich kommen auch minder in-
teressante stellen, wo die iiamen der mitarbeiter (wie kaum
anders möglich) wie mit besen zusammengekehrt werden;
allein diese überschlagen sich leicht und die Charakteristik
der einzelnen hauptpersonen, auch solcher nur zweites
rauges, ist im hohen grade meisterhaft, wofür zum beweis
und beispiel wir nur auf die ganz vortreffliche Schilderung
Adelungs, seiner Studien und Wirkungen hinweisen. Auch
mufs diese Zeitschrift mit ganz besonderer genngthuung
die richtige Würdigung hervorbeben, mit welcher der ein-
flufs dargestellt ist, den Bopp und Oberhaupt die sprach-
vergteichenden und sanskritstudien auf die germanistische
philologie hatten und haben.
Ist nun Raumers buch als gelchrtengeschichte vortreff-
lich, so liegt doch auch gerade hierin ein hauptmangel
des Werkes. Wir werden zu sehr aus einer studierstube
in die andere geführt, dadurch aber zersplittert und ver-
kleinert sich die betrachtung, wir sehen nur einzelne män-
ner und der grofse zusammenbang, in welchem sie mit
ihrer zeit stehen, der grofsartige zug, welcher sie häufig
untereinander verbindet, kooimt nicht zu seiner vollen lei-
tenden bedeutung. Daher geschieht auch den grol'scn Strö-
mungen innerhalb der Studien selber nicht die volle ge-
rechtigkeit; wie denu herr von Kaumer alle gcgensätze
und Streitigkeiten unter den Germauiisten selbst, von de-
nen doch auch wie von aller weit nicht eben selten ge-
sagt werden konnte:
die stritent starke stürme.
39fi
Giii'knd
ia merkwürdig abgeschwächter darstelliing mehr andeutet
als vorfahrt. Mit unrecht, wie uns scheint. Auch der
eti'eit ist oft sehr charakteristlgch, man tilgt keine fehden
durch stillschweigen und der liistoriker vor allem muis
auch von ihnen herichten.
Und dann ferner. So sehr richtig horr von Kaumer
tlher Klnpstock, Herder und andere dichter unserer glauz-
Keit urtheilt, so erfreulich es ist, auch Wielauden, den
Oliergebührlich zu verachten jetzt vielfach uiodesaehc ist,
sehr anerkennenswerth hervorgehoben zu finden: ebenso
wenig können wir mit dem Verfasser in dem, was er über
Goethe sagt und über Schiller ■ — nicht sagt, einverstanden
sein. Zwar rühmt er Goethes deutsche Jugend und den
Goetz, den Faust und was dahin gehört, wie ja auch diese
gedieht e fflr die germanistische philologie von unmittel-
barer Wichtigkeit sind durch die reiche antiquarische litc-
ratur, weiche sich z. b. an den Paust anschliefst. Später
aber weii's Raumer eigentlich jiur von Goethes abweudung
von diesen jugendbestrebungen zu berichten (290, 293),
die er seltsam genug auch darin sieht, dafs Goethe bis-
weilen seine eigenen früheren arbeiten possen und dcrgl.,
die Iphigenie verteufelt human (worin er vom dramatischen
Staudpunkt ganz recht hat) genannt habe u. 8. w. Als ob
nicht auch schon andere dichter ihre verso ludicra und
puerorum ludos genannt hätten, ohne damit auch nur vod
fern denselben zu nahe treten zu wollen. Wer möchte,
wie herr von Kaumer thut (20!!), jene bcmerknng in der
italienischen reise von kanzonden heiligen und tabakspfei-
fensäulcn der gothischen zierweise wnhl „höhnische Schmä-
hungen der vaterlämlisehen mfister" nennen, zumal Goethe
in der sacho (unbefangen betrachtet) entschieden recht hat.
Uebcrhaupt kommt der dichter schleeht weg. Während
8. 321 von der kläglichen rolle gesprochen wird, welche
er von 1806—13 gespielt haben soll, von seiner Stimmung,
weiche, wenn sie das deutsche volk gethcilt hätte, das
französisclie joch zu einem dauernden gemacht haben würde
— vielmehr unigekehit, wären die Deutschon münner ge-
wesen, wie Goethe, das joch wäre nie gekommen — so
anzeige. ^397
wird TOD dem interesse, was Goethe doch auch damals
an der alteinbeimischen literatnr hatte imd worüber viel
mehr gesagt werden konnte, nnr im rfickblick (493) gere-
det. An diese klägliche rolle glauben wir übrigens, bei-
läu6g gesagt, überhaupt nicht, weil wir der meinung sind,
dafs man nicht alles nach uns und unserem Zeitgeist beur-
theilen darf, am wenigsten wenn man historisch urtheilen
will, denn der historiker mufs sein objekt wie der naturfor-
scher streng und nur objektiv betrachten; weil ferner Goethe
die agirenden beiden der zeit in der nähe sah und wufste
und erkannte (man vergleiche die sprüche in reimen und
prosa), was von ihnen zu erwarten sei, wie es ja schon die
nächst folgenden jähre mit schrecken gleichfalls sahen;
weil die grofse masse des Volkes auch damals von un-
glaublicher Stumpfheit und dumpfheit war — man lese,
was die gleichzeitigen untergeordneten, aber gerade des-
halb viel gelesenen Schriftsteller auch 1813 für zeug schrie-
ben, man bedenke, woher die möglichkeit der reaction der
zwanziger jähre kam; weil andererseits halbschierigkeiten,
wie sie auch den besseren der strebenden so vielfach an-
hafteten, einen geist wie Goethe ganz besonders widerlich
sein mufsten, gerade weil sie die gute sache nun auch
herabzogen; weil der dichter von „Epimcnides erwachen*
gewifs ein herz für die sache haben mufste; weil —
Doch wir wollten nur beiläufig reden. Auch was Goethe
sonst für die deutschen Studien that durch auregung nach allen
Seiten hin, wollen wir nicht weiter erwähnen, wenn gleich
Raumer ganz davon schweigt. Denn wichtiger und oflfen
gesagt bedenklicher erscheint es uns, dafs Schiller nur
ganz nebensächlich einigemal erwähnt wird; und da doch
andere (Fichte, Arndt) hauptsächlich wegen der belebung,
welche der deutsche sinn durch sie empfieng (s. 314), ge-
nannt werden, so mufste doch vor allem und in ganz be-
sonders strahlendem licht Schiller hervorgehoben werden,
dessen einziger Teil (um von den übrigen stücken gar
nicht zu reden) mehr hierfür gewirkt hat, als die werke
aller der kleineren gleichzeitigen Schriftsteller zusammen-
genommen. Auch mufsten seine ästhetischen abhandlungen
398
Gorlan<l
tiefer gewürdigt werden; nicht, dai's sie die romantiker an-
geregt haben (295)» gibt ihnen ffir die germanistieclie phi-
lologie ihre bedetitun^ri sondern dal's sie nach vielen seilen
hin die tiefsten und fruchtbarsten gesichtsimnlito „grund-
legend" eröffneten, wie ?.. b. der anfsatz Über naive und
sentimentale poesie, wenn gleich derselbe in seinen grofsen
ideen durchauä noch nicht erschöpfl ist.
Wie herr von Räumer nun diese abwendung von
Schiller mit den roraautikern und auch mit dem roman-
tiker unter den Sprachforschern, mit Jak. Grimm, tbeilt, so
werden diese Oberhaupt mit einer ausfCihrhcbkeit und an-
erkennung besprochen, die unseres bedönkens noch viel zu
weit geht, während die schwächen derselben nicht recht
gewürdigt werden, ihr oft absichtliches aufsuchen des un-
bedeutenden, ihr häufiges protegireu des halben und form-
losen und vor allem das polemische, oft sogar hämische
verbuken gegen unsere geistesheroen , mit dem sich vor
allen die Schlegel beschimpften: und diese schwächen und
fehler sind doch für die spätere zeit und ihre Wissenschaft
»o ungemein wichtig geworden, ja in ihren folgen bis auf
den heutigen tag noch nicht Oberwunden.
Allein das wichtigste, was wir gegen die darstellung
Raumers einzuwenden haben, ist folgendes. Die geschichtc
der germanischen philologie ist, nicht blos in Deutschland,
zugleich die geschichte der beschäftignng mit den heimi-
schen, den vaterländischen dingen; sie hat also nothwen-
dig einen ganü engen zusaniinenhang mit dem politischen
leben der Völker, ja vielfach finden wir gerade hier den
warmen herzachlug dieser philologie, ihre innerste seelc
und manche erscheinungen sind nur von hier aus zu er-
klären. So vor allem die warme liebe, ja die leidenschnft-
lichkeit, mit der diese Studien betrieben werden, der ra-
sche anklang, die Verbreitung und Unterstützung, welche
sie bei der grofsen menge des volkes finden, was herr von
Rauiner nur an einzehien stellen andeutend erwähnt, ihr
plötzlicher aufschwung in bestimmten Zeiträumen, wo im-
mer auch das politische leben vorwärts rückte. Hier wur-
zeln z. b. die Phantastereien früherer nordischer gelehrter,
hier aber auch wenigstens zum grofsen tbeil Rasks oppo-
anzeige.
399
sition gftgen Jak. Grimm, so ilafs, was der gelehrte in un-
seren äugen verliert, wir dem patrioten zu gut schreiben
inüBsen. So hat denn auch die geschichtsforschung selbst
den gröJsten cliiflufs auf die gcrmauistik (wie umgekehrt
diese auf jene) gehabt, was herr von ßaumer um so eher
erwähnen mul'ste, als gerade das bcrfihmte werk seines
oheims Friedrich von Raumer, die geschichte der Hoben-
staufen, nach dieser seile unendlich anregend wirkte. Wie
sehr dasselbe und Stenzels fränkische kaiser und anderes
der art auch die gennaiiiatischen Studien förderten, das
hat rec. nicht blos an sich (denn einer ist keiner), sondern
an einer reichen zahl von Jugend- und Studiengefährten
selbst erfahren. Und so waren auch gar viele der Ger-
manisten aus patriotisch -politischem interesse zu diesen
Studien gebracht. So schon der spätere Zeitgenosse Fi-
scharts (welchen letzteren man ungern unerwähnt sieht),
Goldast, 80 Hickes, der göttinger hainbund und dann vor
allen die grofaen gelehrten der neueren zeit. Sie bilden
— ein seltener fall in der gelehrtengeschichte — zugleich
ein stdck der politischen geschichte Deutschlands, die be-
deutendsten von ihnen sind fast alle — die Grimms, üh-
land, Gervinus, Mor. Haupt, Hofimann von Fallerslebon,
Mafsmann, Vilmar am ende seines lebens — zugleich mär-
tyrer ihrer politischen Oberzeugung gewesen, welche ganz
untrennbar verwachsen war mit ihren germanistischen Stu-
dien, welche hinausstrebte ius leben, wo sie massenhaft
gesinnungsgenossen fand und wie ein ferment auf fast alle
gebildeten wirkte. Waren doch die bedeutendsten der eben
genannten bei der Volkserhebung von 1848 betheiligt und
safsen in dem parlament, welches zuerst die kaiserkrone
wieder emporhob und eben dem fürstengescblechte anbot,
welches sie jetzt aus fürstlicher band angenommen hat.
Man pflegt jetzt ebenso dankbar wie geoial jene zeit die
zeit der träume zu nennen; und doch, wie wQrde auch nur
ein theil jenes gewaltigen hauches, jener schöpferischen
begeisterung , wenn fr heute wehen wollte, — auch die
beutige germanistik beleben und erheben!
Dieser gewaltige hintergrund, von dem auf die ein-
zelnen gelehrten ein ganz anderes licht strahlt, iat zwar
400
Fick, mUcclIe.
nicht gauz öbergaQgen; andeutungen findeu sieb, aber sie
sind vereinzelt und stellen das ganze nicht als ganzes und
also nicht für die unkundigen deutlich und lebendig dar.
Das hat ja nun der hochgeehrte herr vcrfadser ebenso gut
und besser gesehen, als der, welcher das buch hier nur reeeu-
siert, es zu schreiben aber wohlweislich unterlassen hiltte.
Allein rec. konnte keinen grund auflindeu, der ihm irgend
Bticbbaltig diesen mangel erklären mochte. Deshalb er-
wähnt er ihn mit um so gröfserem bedauern, als wir, wenn
er nicht vorhanden wäre, ein ganz einziges buch in dieser
wisgenschaftsgeschichte haben würden, die sich auch so
nur mit innerster beweguug, stellenweise fast wie ein
gedieht liest, ein buch, wie es nur in Deutsehland ge-
Bchrieben werden konnte, da sein grofser inbalt nur in
Deutschland möglich war, diese innige tiefe durchdringung
von Wissenschaft und ideal, dieses ehrliche ringen nach
Verwirklichung des wissenschaftlieh angeschauten, dies be-
geisterte aufgehen mit dem ganzen leben und sein in der
einen herrlichen idee.
rialle, nov. 1871. Georg Gerland.
Lat. cicatrix narbe.
Skr. kaUa m. heilst haupthaar; narbe; l>and. Es stammt
von kali, kalUte, im dhp, auch kaiilt, kat'iltate binden; da-
her denn: band, haupthaar (aufgebundenes), endlich narbe
als binduug der klaffenden wundränder. Nun wird das skr.
kali kante ftindcn auf europäischem bodeu reflectirt durch
das lit. kink-au, kink-yti anbinden, anschirrcu (pferde) und
lat. cing-ere, gürten. Leider ist in meinem Wörterbuch
lat. cingorc noch unter ein fingirtes kagh gesetzt, welches
einfach zu streichen ist. cing-ere steht vielmehr nach aus-
weis der lit. und skr. paraUelcD für cinc-ere. Scheiden wir
den uusal aus, der von dem praesensthema aus die ganze
flexioü des verbs durchdrungen, wie in jüngere, wz. jug,
so bleibt als wahre grundgestalt cic übrig. Von cie hat
es nun eine ableituug cico- narbe = skr. kaka gegeben,
davon ist ein verb gebildet eicä-re vernarben, hiervon cicfi-
-trix die vernarbende, nämlich: wunde, was soviel ist al8_
-narbe" und so entstand cicätrix narbe.
Göttingeu.
Fick.
Förstemann, assimilatlon im deuUchen.
401
Assimilation im deutschen.
Was in der natur die gravitation, das ist in der
spräche die itäBimilation, das beranüiebeD, erfassen und Kiim
theil vernichten des schwächeren durch das stärkere, Wäh-
rend aber die schwere in der natur ein unverbrochliches
geaetz ist, spricht sich in der spräche nur eine neigung
zur assimilatlon aus, welche neigung allerdings zuweilen
so stark ist, dals sie in einzelnen fallen förmlich zum ge-
setz wird.
Man kann den begriff der assimiJation sehr weit fas-
sen. Dann gehört im reiche der vocale dahin die bilduug
von diphthongen aus awei einzelnen vocalen; eben so der
Umlaut, von dem man ein3e]ne erscheinungen auch epen-
these, andere brechung genannt hat. Im gebiete der con-
Bonanten ist das wort assimilatlon von jeher besonders ge-
läufig gewesen j näheres im folgenden. In der Wortbildung,
sowol der Zusammensetzung als der ableitung, gravitiren
die seltneren bildungeu zu den häuflgeren hin und gehen in
ihnen zahlreich auf. Aber auch im gebiete der flexion
werden die unwichtigeren casus durch die wiebtigeren und
häufigeren assimilirt und dadurch dem untergange eutge-
gengeföhrtj die conjugation kennt dieselben erscheiiuingen
bei den tempora und modi. Und in der geachichte der
bedeutungen wird sich ein grofaer theil der erscheinungen
leicht als eine begriffsassimilation fassen lassen. In dem-
jenigen vorgange, welchen ich Volksetymologie genannt
habe, tritt diese assimilation der begriffe ja deutlich genug
hervor. Die alte freiheit und mannigfaltigkeit der aceen-
tuation geht in der spräche verloren, indem eine gewisse
bauptmclodie die anderen in sich verschlingt. Wie sich in
der Syntax die fügungen der sätee einander assimiliren,
lehrt gleich ein einfacher blick auf die schon aus der
schule bekannten fälle der griechischen attraction. Ja selbst
im höchsten gebiete der spräche, im etil und der aus-
drucksweise der gebildeten und gelehrten, ist der assimi-
lirende einöufs der grofsen geister auf die untergeordneten
Zeitachr. f. vgl. aprachf. XX. 6. 26
Fdrstemann
bekannt genug; für gewisse stilgattungen und redefärbiin-
geri lälst sieb förmlich eine geietesgenealogie der echrift-
steller aufstelleu, welche die betrefiende gattung iu ihren
werken zur erecbeinung brachteu.
Im folgenden aber wollen wir keineswegs so hoch »nd
weit fliegen; wir bleiben iu unserem germanischen Sprach-
gebiete und betrachten hier uur die consouantenasaimila-
tion, und auch von dieser nicht die sogenannte unvollstän-
dige art, wo der eine laut sich nur dem andern quantitativ
oder qualitativ auühDlicht, sondern nur die vollständige, wo^H
der eine laut dem zweiten völlig gleich wird. Was sich ^\
auf diesem gebiete mittheilen lälst, wird nicht viel einzelne i
neue thatsachen liefern; wohl aber dOrflen die beiden ge-^|
siclitspunkte neu sein, unter die wir die ganze fülle von
erscheiuungen zu ordnen suchen. Der eine dieser beiden
gesicbtapunkte ist der statistische, der andere der bist
rische.
Vorauszuschicken habe iuh zwei fälle, die ich im fol-
genden ganz übergehe.
Unter dem ersten falle verstehe ich den sogenannten
ausfall eines consonanten vor einem anderen, z, b. den Ober-
gang von altB. und ags. nd' in blofses i); hier könnte man
zweifeln, ob das n durch den vorhergehenden vocal (einen
nasalvocal als Zwischenstufe gedacht) oder durch den fol-
genden consonanten verschlangen wird; letzteres wäre eine
wahre, nur nicht in der schrift ausgedrückte aseimilation;
im allgemeinen nehme i<7h, schon wegen der oft bemerk-
baren affectiou des vorangehenden vocals, den ersteren
Vorgang an.
Der zweite fall ist die so zu sagen selbstverständliche
assimilatiou, welche gleich von aufaug au ointreten niutste,
wo die getrennte ausspräche der beiden coDsonanten phy-
siologisch unmöglich ist. Ich meine damit die Verbindun-
gen pb, td, kg und chh, in denen der vorangehende stär-
kere laut den gleichartigen schwächeren ganz unterdrücke
mnfs. Beispiele: 1) ph ; pp, wie in nhd. staub b es e
oder raub bürg (wo ja das erste b tenuis ist); 2) td : tt^
so iu den alts. präteriteu gröttun, sattun aus grotidun
assimilation im deuUcben.
loft
setiduD, ebenso in schwedischeu wie satte, hvatte
aus Batde, hvatde. In unserem nbd. bist du, hast du
JaBSen wir diese assimilation nur pbonetiscb, nicht grapliiscb
eintreten. In niederdeutschem munde kann man, als wäre
es ein wort, ein wohlklingendes arwietta (viersylbig, mit
accent auf dem e) hürca, entstanden aus als wie et da
(sicut illud); 3) kg : kk, z. b. in nbd. rüokgang, trink-
geld in allen den mundarten, die nicht jang oder jetd
sprechen; 4) ebb : cb, wie in ahd, Rich-hart oder
lieh- hämo, in denen gewii's, sobald die synkope einge-
treten war, die getrennte articulation beider laute aufhören
mufste.
' Diese fälle also bei seite gelassen gehn wir zur sta-
tistischen betrachtnng der germaniscben assimilation
über, die kurz abgemacht werden kann.
Im ganzen habe ich mir bisher 71 falle vf>u assimila-
tion in unserem Sprachgebiete notirt und ich hoffe damit
nicht weit von der Vollständigkeit entfernt zu sein. Al-
phabetisch verzeichnet sind sie folgende:
bj : bb
bk
: kk
mf
: mm
rl : rr
bl : 11
hl
: 11
mj
: mm
rn ; nn
dj : dd
hm
: mm
mn
: mm
rn : rr
dl : 11
bn
: nn
mp
: pp
rs : rr
dm : mm
hr
: rr
nd
: nn
ra : sa
5d : dd
he
: SS
QÖ-
: nn
8J : S8
Öl : 11
bt
: tt
°j
: nn
sm : mm
ffr : rr
hth
: tbtb
nk
: kk
an : nn
ds : BS
kj
: kk
nl
: U
sr : rr
art : tt
kv
: kk
nm
: mm
sr : SS
Q : ff
Id
: 11
nr
; nn
st : SB
fm : mm
Iff
: 11
□a
: nn
SV : BS
ft : tt
Ij
: 11
nt
: tt
tj : tt
gj : gg
Ik
: 11
nv
: nn
tl : 11
bb : bb
In
: 11
i»g
: hn
tn : nn
hd : dd
Ir
: II
rd
: dd
ts : SB
hf : ff
Iv
: 11
rj
: rr
z) : zz.
^S ' gg
mb
: mm
rk
: kk
26
404
FSrstemann
Nun zerfällt aber alle aasimilation in eine vorwärts'
und eine rückwärts wirkende. Unter jener ersten verstehe
icb (denn nicbt alle eprachforscber sind hier im spracbge-
braucbe einig) den sieg eines cousonanteu über einen an-
deren, der ihm im worte folgt; unter der zweiten den sieg
über einen im worte vorhergehenden. Mir ist also der
deutsche umlaut und die brcchung eine vocaliscbe rück-
wärts wirkende assimilation. Die vorwärts wirkende be-
zeichne icb mit einem aus der matbematik entlehnten,
jedoch etwas anders als dort angewandten zeichen durch
<, die rückwärts wirkende durch ^. Jene entsteht be-
kanntlich aus einer trägheit der Sprachorgane, die den ein-
mal hervorgebrachten laut festhalten, diese aus der flüch-
tigkeit des geistee, welcher sich nicht die mühe giebt einen
ersten laut vor dem zweiten zu articuliren, sondern zum
zweiten sofort hinüber fliegt
Von den oben verzeichneten 71 fallen gehören 33 der
<:-kla88e, 38 der ^-klasse an.
Jene 33 sind in alphabetischer Ordnung folgende:
bj :
; bb
Ij : 11
mn : mm
rj
: rr
dj =
dd
Ik : 11
□d : nu
rn
: rr
fj =
ff
1q : 11
ntf : DQ
rs
: rr
gj •
gg
Ir : 11
nj : nn
8j
: SB
fej =
kk
Iv : 11
nr t nn
sr ;
: SB
kv:
kk
mb : mm
ns : nn
8t ;
: SS
Id :
li
mf : mm
nv ; nn
8V :
: SS
lä":
11
mj : mm
ng : iin
tj =
tt
zj : zz.
Es erscheinen hier 13 consonanten als sieger, nänolich
bdfgklmnnrstz, dagegen 12 als besiegte,
nämlich bdfffgjknrstv. Die neun consonanten
bdfgknrat können also sowol einen folgenden be-
siegen als von einem vorhergehenden besiegt werden, 1 m
n z sind stets sieger über einen folgenden consonanten,
Ö* j V werden immer durch einen vorhergebenden besiegt.
Die stärksten sieger sind 1 (über sieben consonaoteo,
d ff j k n r v) und n (über sechs, d ff j r s v), das heilst,
von diesen beiden lauten gebt das germanische organ am
Assimilation im deutccheo.
fiongernsten zur articiilation eines anderen conaonanten aber.
Das in aiegt Über vier conaonanten (b f j n), das s gleich-
falls aber vier (j r t v), das r über drei (j n s), das k
Ober zwei (j v), das n blofs über einen (g), und b d f g
t z gleichfalls nur über einen, der stets ein j ist.
Der am meisten von einem vorhergehenden conaonan-
ten besiegte laut ist das j; es wird von zwölf verechiede-
nen lauten verschlungen (b d f g k I m n r s t z), d. h.
das germanische organ geht von einem andern consonan-
ten am ungernsten zur articulation eines j Aber. Von vier
lauten wird besiegt das v (von k 1 n s), von je dreien
das n (1 m r) und das r (1 n s), von zwei lauten das Ü
(In), das d (1 n) und das s (n r), von j.e einem das b (m),
f (m), g (n), k (1) und t (s).
Unter den 13 siegern sind fünf momentane und acht
dauerlaute, unter den 12 besiegten dieselben fünf momen-
tanen und sieben dauerlaute; diese eigenschaflen sind also
für aieg oder niederlage gleichgültig.
Von der form >■ finden wir dagegen in den germa-
nischen sprachen folgende 38 fälle:
bl :
11
bb
: bb
ht : tt
m
: nn
dl :
II
hd
: dd
hth : tbtb
rs
: 86
dm :
mm
hf
: fiF
mp : pp
sm
: mm
ffd :
dd
hg
•• gg
nk : kk
sn
: nn
ff! :
11
bk
: kk
nl : 11
er
: rr
ffr :
rr
bl
: 11
nm : mm
tl
: 11
ffs :
SB
hm
: mm
nt : tt
tn
: nn
fft :
tt
bn
: nn
rd : dd
ts
: SS
fm :
mm
hr
: rr
rk : kk
ft :
tt
bs
: 88
rl : 11
Auch bei dieser form erscheinen, wie bei der ersten,
13 conaonanten als sieger, nämlich bdfgklmnpr
s t th, dagegen nur 10 als besiegte, nämhch b d ff f h
m n r 8 t.
Die acht consonanten b d f m n r a t können also
sowol einen vorhergehenden besiegen ata von einem fol-
genden besiegt werden, g k 1 p tb sind stets sieger über
406
Förstemann
einen vorhergehen den coosonanteu, ö" und h werden immer
durch einen folgenden besiegt.
Als der stärkste siegcr zeigt sich auch hier wiederum,
wie schon oben, das 1; es verschlingt nicht weniger als
sieben vorhergebende consonanten (b d ö h n r t); d. h.
das germanische organ fliegt mit besonderer verliebe über
einen consonanten zu einem folgenden 1 bin; das I, wel-
ches man bekanutJich dem Inutsysteme des ungetheilten
indogermanischen noch kaum zuschreiben darf, ist von die-
sem Standpunkte aus der liebliugslaut des germanischen
geworden. Das m siegt über fiinf vorhergehende conso-
nanten (d f h n s), das s über vier (d* h r t), eben so das
t (d' f h n), desgleichen das n (h r s t), das d über drei
(?r h r), das k über drei (h n r), eben so das r (a" h s),
das p nur über das ra; endlich das b, f, g und th gleich-
falls nur über einen laut, der stets das h ist. S
Der am meisten von einem folgenden consonanten be-
siegte laut ist das h; es wird von zwölf verschiedenen
lauten verschlungen (bdfgkimnrstth); d. h. ■
das germanische organ fliegt über ein h mit gewisser Ver-
achtung zu einem folgenden consonanten hinweg; h vor
einem consonanten nimmt eine eben solche pariastell ung^f
ein wie j nach einem consonanten (s. oben). Von fünf"
folgenden conaonanten (d 1 r e tf wird das ö" verschlun-
gen, eben so von fünf (d 1 n k s) das r; von vier (k 1 m t)
das n; von dreien (m n r) das s, eben ao von dreien (1 n s)
das t; von zweien (1 m) das d, ebeo eo von zweien (m t)
das f; von einem (p) das m, eben eo von einem (1)
das b. H
unter den 13 siegern sind sechs momentane und sie- ^
ben dauerlaute, unter den 10 besiegten drei momentane
und sieben dauerlaute; momentane consonanten werden also
selten durch einen folgenden laut versohlungen.
Hier werfen wir noch die frage auf: kann innerhalb j
der germanischen sprachen ein und dieselbe consonanten- ^|
gruppe sowol nach der klasse <! als nach der klassc >- >
bebandelt werden? Vergleicht man die 33 fälle der ersten
mit den 38 der zweiten klasse, so finden sich allerdings
dsslmilAtion im ileutsehea.
407
in beideo Verzeichnissen drei gruppen, nämlich rn, rs und
sr. Es gilt also <^rn : rr eben so wie >ru ; nn; des-
gleichen -«Trs : rr eben eo wie j>r8 : es; endlich <r8r ; es
eben so wie >»8r : rr. Die laute r und s sind also am
leichtesten geneigt ineinander zu verfliefsen, unter umstän-
den ist jeder von beiden fähig den andern zu verschlingen.
So weit meine bemerkungen vom statistischen ge-
aii'htspunkte aus; man sieht, dafs ich damit an meine in
den beiden ersten bänden dieser Zeitschrift enthaltenen
lautstatistischen aufsätze seit lauger zeit wieder einmal
anknüpfe.
Die Statistik aber ist eine dienerin der gescbicbte,
und so steigen wir denn nun zum historischen Stand-
punkte hinauf und sortiren jene 71 im eingange erwähnten
asäituiiationsformeln nach der zeit und dem orte ihres Vor-
kommens auf unserem Sprachgebiete.
Ganz jenseits aller germanischen spräche und deshalb
unter meinen 71 formoln nicht aufgenommen scheint ein
ganz vereinzelter fall sk : kk zu liegen; ich meine skr.
makslkri, tat. musca, gegen altsl. mucha, ir. muc, abd.
mucca, unser möcke. Hier steht also das slavisohe und
keltische auf der deutschen seite.
Dem zunächst stelle ich die forme] sm : mm. In
einem sehr wich'^igen falle verliert sich hier der erste con-
sonant schon in der alavo- germanischen periode^ nämlich
iu dem demente sma der pronominalen declination. Vgl.
goth. thamma aus 'tasma = altsl. tomu, tit. tamui; eben
80 steht es bei hvamma, imma, himma u. s. w. Desglei-
chen bei den adjectiven, goth. godamma bono, lit. dat.
geräna (alt gerämui) bono, lit. locat. gerame in bono; altsl.
dat. dobrumu. Das einfache m im lituslavischen ist also
hier nur graphisch für mm. Vgl. beitrage V, 438. Auf
eigentlich deutschem gebiete scheint diese assimilation nur
eingetreten zu sein in skr. asmi, griech. iafn\ lit. esmi, ur-
deutsch *immi^ goth. im; unabhängig davon steht derselbe
Vorgang im altir. am. Dies ist aber auch wol der einzige
ganz sichere fall; vgl. zeitschr. IV, 41 1.
Noch drei andere, sehr gut zu einander stimmende
408
Förstern BDU
und dadurch auf dieselbe Sprachperiode hinweisende fälle
von asBimilatioa scheinen dem alturdcutscbeu ( man vergl.
meinen aufsatz alt-, mittel-, neu-urdeutsch in bd. XVIII,
161 ff. d. zeitschr.) schon zugeschrieben werden zu müssen,
nämlich nv : nn, Iv : II, In : 11, sämmtlich nur mit betbei-
ligung durativer laute, sämmtlich der forme! <r angehörig.
Für den ersten dieser fälle, nv ; nn, dürften folgende
beispiele erwähnt werden, wozu man zeitschr. IV, 94, 409
und XIV, 320 vergleiche; 'Manvus, welches für den taci-
teischen Manous als grundform anzusetzen scheint, obwol
ich nicht glaube, dafs hier das suftix -vat anziuiehmen ist;
ferner "kinvua, das, wenn man griech. yevvst ^^r. hanus
erwägt, dem goth. kinnus zu gründe liegt; *rinvan, goth.
rinnan, vgl, skr. rnvämi oder rnömi; *vinvan, goth. viunan,
skr. vanvämi oder vanömi; *ginvan, goth. du-ginnan, skr.
hinvämi oder hinömi; *thunvi, ahd. dunni, scheint aus lat.
tenuis, griech. ravvj^, skr. tanus zu scbliefsen. So mögen
noch andere nn aus derselben assimilation zu erklären sein;
räthselhaft aber ist vor allem suuna sol, wo das bei Graff
angeführte eumna auf mn, das altsl. slimice auf In, das
skr. suvaua auf vn führt; was mag davon das richtige
sein?
Der zweite fall, Iv : 11, liegt vielleicht vor in der ur-
deutschen form *galva, ahd. galla, gnech.'yj/li}^ möglicher-
weise lat. fei ; in *kolva, ahn. kollr caput, lit, galwa, alt-
preuffi. giawo, altsl. glava; endlich in 'filva, goth. fill, lat.
peius, lit pleve.
Hiebe! möchte ich gelegentlich bemerken, dafs viel-
leicht noch ein paar andere fälle von assimilationen eines
v an einen vorhergehenden consonanten in zukunft werden
anzunehmen sein, welche unter den obigen 71 fällen noch
gar nicht begriffen sind; sie sind bis jetzt noch in mehr
als einer beziehung zweifelhaft. Man vergleiche nämlich
lit. wirwas (seil), altpr. wirbe, altsl. vrübi: altn. virr(draht);
lit. britwa (messer), altsl, britva: altn. bredda; altsl. lichva
m das diesem letzten
leiga;
jrwägf
beispiele nahe stehende goth. leihvan (leihen): altn. IIa, ahd.
und
lih
an.
asstmilation im deutschen.
409
Drittens In : 11; daftlr sind beispiele *f«lna8, goth.
ftiils, lat. plenus, lit. pilnas, skr. pürna; dann "vulna, goth.
vulla und lat. villus gegen lit. vilna, altsK vlüna, skr. arn&;
ferner 'vilna, abd. wella imda, lit. wilnis; dann Ht. kalnas:
ahn. ball (collis); endlicb lit. kulnisr altn. bsll (cals). Man
vergleiche hier zeitschr. IV, 412, woraus sich vielleiclit
noch einige beispiele ergeben.
Sämmtliche besprochene fälle gehören allen germani-
schen sprachen gemeinsam an; ich zweifle nicht, dafs sie
schon vor deren trennuiig eingetreten sind. Ob diesel-
ben aasimilationen noch später in den getrennten sprachen
vorkommen, ist nicht gewils; ich habe mir keine beispiele
dafür notirt, doch will ich ihr vorkommen etwa in einzel-
nen volksmundarten keineswegs in abrede stellen.
Nach ausscheidung des gothiscben, über das wir spä-
ter werden zu reden haben, blieb als gemeinsame spräche
nach meiner ansieht das mittelurdeutsche übrig; wir wer-
den uns der einführung dieses begriffs (und so mancher
anderen) in die Sprachwissenschaft nicbt deshalb entziebco
können, weil wir kein Schriftstück in dieser spräche be-
sitzen, oder gar deshalb, weil das diese spräche redende
Volk überhaupt wol nicht geschrieben hat. Neue während
dieser zeit eingetretene assimilationen lassen sich kaum
nachweisen; zwar ist es thatsache, dafs alle zu goth. thair-
Ban, thaursjan u. s. w. gehörenden formen im altn., alid.,
ags. u. s. w. blofses rr aufweisen, aufser wo das s durch
folgendes t (nhd, durst u. a. w.) geschützt wurde, aber
dieser fall von assimilation ist erstens ein aufserordentlich
natürlicher (s. oben) und zweitens tritt er in den ge-
trennten sprachen in weit späteren perioden noch öfters
ein (s. unten), so dafs dieses zusammenstimmen nur auf
einer gleicbfalls sehr natürlichen gleich mäfsigen entwicke-
lung der getrennten sprachen beruhen mag. — Die nei-
gung, ein j dem vorhergehenden cousonanten zu assimili-
ren {s- weiter unten), mag schon in dieser periode, wenn
auch in sehr unbestimmter weise, sichtbar oder vielmehr
hörbar gewesen sein.
Dem ueuurdeutscheu, d. h. der nacb ausscbeidnng des
410
Föratemaiui
Dordischen zweiges übrig bleibenden spräche, weifs ich
kaum falle von assiinilationen zuzuschreiben, doch bezweifle
ich kaum, dais sich dergleichen in zukanft noch werden
auffinden lassen.
Aus dem neuurdcutecben schied sich das hocbdeateche
als letzter grofser zweig aus und es bleibt nun als die fort-
setznog des eigentlichen Stammes nur das sächsische übrig.
Auch ihm können wir vor seiner tbeilung noch keine ge-
meinsamen fälle Ton assimilationen zuschreiben, und das
ist eben so wenig wunderbar als bei den urdeutschen pe-
rioden, denn jene theilung liegt in einer so frühen zeit,
dafs wir uns die spräche noch ziemlieh frei von Verweich-
lichung, und eine solche ist doch immerhin jede assimila-
tion, vorstellen müssen. Und zumal das germanische konnte,
wie ich schon in den ersten bänden dieser Zeitschrift be-
sprochen habe, lange einen sehr starken knochenbau von
consonanten ertragen.
Wir gehen deshalb zu denjenigen fällen von assimila-
tion über, welche den einzelnen der von einander getrenn-
ten sprachen besonders charakteristisch sind.
Als den vorzugsweise dem gothischeji eigenen f^]
betrachte ich die aseimilation des bei partikeln öfters aus-
lautenden h an den anlautsconsonanten des folgenden worts.
Folgendes sind die einzelnen falle:
hb : bb. jahbiudia : jabbiudis, jah brusts : jabbrusts.
hd : dd. jah du : jaddu.
hg : gg. jah gabairaidau : jaggabalraidau, jah galaith
: jaggalaitb.
hk : kk. nub kannt - nukkannt.
hl : II. dub leitilai : dujleitilai, jah liban : jalliban,
jah laggoi ; jallaggei.
hm ; mm. jah muudotb : jammundotb.
hr : rr. jah ragin : jarragin.
htb : tbth. vasuh tban : vasuththan, sumaib than :
sumaithtban, iiiuh this : inutbthis, duh the : dutbthe, jah
than : jathtban, nih than : niththan, jah thairh : jatbthairh,
jah the : jaththe.
Für alle diese fälle weifs ich aufserhalb des gothischen
assimilation im deutschen.
Teein beiapie]; mir für hn : un und ha : ss werde ich auch
ungothische beispiele beibringen und bewahre mir deshalb
diese beiden gnippen bis weiter unten; für noch zwei an-
dere gruppen, hf : ff und ht ; tt, weifs ich sogar kein
gothisches, sondern nur andere beispiele.
Na«h alle dem bleibt nur noch ein eiuziger rein go-
thischer fall übrig, nämlich kv : kk, nur belegt in dem
aus alavischera smokva assimilirten fremdworte emakka,
ganz einzeln stehend, da sonst das gothische ein inlauten-
des kv (qu) durchaus nicht scheut.
Wir kommen nun zu dem zweiten von der gemein-
samen spräche getrennten zweige, dem altnordischen. In
bezug auf assimilation macht grade das altnordische einen
nichts weniger als alterthümlichen eindruck; es ist hierin
die am meisten verwitterte aller deutschen sprachen. Fol-
gendes sind die speciell nordischen fälle:
Dem nordiscbeu geradezu charakteristisch ist der nber-
gang eines nasals in eine folgende tenuis, also mp : pp,
nt : tt und nk (d. h. ük) : kk. Zunächst beispiele für die
einzelnen Vorgänge.
mp : pp. Ags. cempa : altn. kappi (pugil), ahd.
stamphön : altn, stappa (calcitrare). Mau vergleiche auch
im altnordischen selbst svampr spong'ia neben sveppr fun-
gu?. Altschwedische beispiele bei Rydqvist Svenska spräkets
lagar bd. IV (Stockholm 1868), s. 339. Im schwedischen
stubb, stubba, stubbig, die zu unserm stumpf gehören,
erweicht sich das pp nach dänischer art zu bb.
nt : tt ist aufserordentlich häufig. So ist fattr (zu-
rückgebeugt) aus fantr, brattr (steil) ans brantr entstanden,
vöttr (handschuh) bat sein n noch bis heute im franz.
gant; man vergleiche ferner möttull mantel, tuttugu zwan-
zig. Von binda, hrinda (stofse), vinda heifsen die präte-
rita batt, hratt, vatt, die Imperative bitt, hritt, vitt. So-
gar der stamm einiger pronomina schmilzt mit dem neu-
tralen -t auf diese weise zusammen in hitt illud, mitt
meum, thitt tuum, sitt suum, eitt unum, während bei den
gewöhnlichen adjectiven das nt unangetastet bleibt (hreint
purum, brünt fulvum, lint Jene). Mitunter wird statt des
412
Fdr^tamann
assimilirteQ tt einfaches t gcechrieben wie in vetr winter,
oder hit für das eben genannte pronomen hitt, so auch
meistens im neutrum des partiuips, z. b. tamit dotni-
tnm. Ueber manche altschwedische falle spricht Rydqvist
IV, 341 f.
Eben so häufig ist nk : kk. Man yergl. ahd. anchal
; altn. ökull, ökli taluB, ahd. franca : altn. frakka hasta,
eben so den namen Franco : :tltn. Frakkar, ahd. skrank :
ahn. skrökkr frans, schwed. und dän. manke : altn. makki
juba equiua, ahd. danch : altti. thökk gratiae (thakka gra-
tiüs agere), abd. bank : altn. bekkr scamnum, ags. gehlen-
ced tortus : altn, htekkr catena, sogar das lat. anoora :
altn. akkeri; ferner abd. dunchal : altn. dökkr obecurus,
goth. drigka : altn. drekka bibere. Endlich präterita wie
(eck, geck (fing, ging).
So bekannt die erscbeinung dieser drei assimilationen
ist, so wird sich doch eine genauere Untersuchung dersel-
ben verlohnen. Man weils ja, dafs sie nicht nothwen-
dig eintritt; Grimm führt an verschiedenen stellen von
gramm. P manche formen an, welche noch die assimila-
tion entbehren. Mau weifs femer, dafs die neueren nor-
dischen sprachen oft noch die unassimilirte form zeigen,
wie z. b. das oben angeführte schwed. und dän. manke,
ferner schwed. und dän. bänk scamnum, schwed. länk, dän.
länke catena, eben so schwed. ankare, dän. anker, während
in anderen fällen diese sprachen der altn. assimilation fol-
gen. Das neuisläödiache hat erst in jüngerer zeit sein
thenkja denken aus dem dänischen aufgenommen für altn.
thekkja. Ferner habe ich in dieser zeitschr. XIX, 354
darauf hingewiesen, dafs wir denselben assimilationen auch
im litauischen begegnen. Kurz, alles dieses mul's uns dazu
auffordern, der erscheinung noch weiter nachzugeha; er-
weist sie sich etwa als dialektisch? das könnte zu wich-
tigen ergebnissen führen.
Diesen drei fällen müssen wir zunächst anreihen das
eigentbümliche altnordische nn aus näT, wo die Schwankung
zwischen assimilirten formen und der ausstofsung des n
nach angelsächsischer weise im altnordischen ganz gewöhn-
BnimilAtion im d«ntaobeii.
lieh ist, während das schwedische dafür zuweilen, das
dänische gewöbulich noch nd hat und damit beide alt-
nordische formen an aJtertbCanlicbkeit fibcrtrifft. Wir wol-
len, um das ganze verhältnifs anscbanticb zu machen, zu-
erst, vom altnordischen abgesehn, solche formen hersetzen,
die noch beide consonantea unversehrt erbalten, dauo
solche, die das n aueatolsen, drittens solche, die das assi-
milirte nn aufweisen, endlich aber sehn, wie sich zu alle
dem das altnordische verhält.
Goth. finthan, ahd. und ags. findan, dän. finde, —
scbwed. Sana, altn, fiuua.
Ahd. siiidön, — ags. siöjan (proficisci), — altn. siuna,
fehlt Bchwed. und dän,
Ahd. seindan (schinden), dän. skind (feil), — scbwed.
skinn, altn. skiun.
Däu. Band (verus), — alts. und ags. soff, — scbwed,
sann, — altn. aaunr neben saör.
Goth. anthar, ahd. andar, dän. anden, — ags. offer,
alts. üö'ar, — scbwed. andra neben annan, altn. annar.
Goth. kunths, ahd. knnd, dän. kündbar, — ags. cftff, —
scbwed. kuunig, — altn. kunnr neben kuffr.
Lat. unda, ahd. undja, — ags. yff, — altn. unnr ne-
ben uör.
Goth. sviuths, abd. swind, — ags. sviff, — altn. evinnr
neben sviffr.
Goth. mantbs, ahd. mund, dän. mund, — ags. mftö', —
scbwed. mun, — altn. munnr neben muffr.
Abd. sundar, — ags. süör, scbwed, södre, dän. syd, —
altn. suQur neben suÖV,
Selten findet sich im altnordischen die assimilation
nd : nn, wie in band tand : bann lann, gewöhnlich bleibt
nd, doch wollen wir diesen fall erst unten näher erwägen.
Auch bei dem eben angeführten schwanken zwischen
nö" : nn und nö" : tf tritt uns die oben angeregte und noch
nicht ausreichend beantwortete frage nach dem verhältnifs
beider formen zn einander entgegen, zumal da sich weder
nn aus 6' noch letzteres aus ersterem sprachlich deuten
läfst, Liegen auch hier Verschiedenheiten bestimmter dia-
414
lekte zu gruade? gehört das 9 der firflheren (dänischen),
das nn der späteren ( got bischen oder schwedischen ) eio-
wandemng in Scandinarien an? Man vei^l. hier Rjdqvist
IV, 288.
Wiederum eine ganz dem nordischen eigentbQmlicbe
lassimilation ist nr .* nn im auslaate, also unterdrQcktm?
des mascaliaeu nominatirzeicbeDs; beispiele sind altn. steinn,
BTeinn^ seinn, eiginn, minn (meus), tbinn (tuus), sinn (suu«),
hinn (ille), bann (is), einn (unos); dabin geboren ancb die
starken pari, praet. Bei karzsilbigen bleibt das r öfters^
z. b. vinr. Doch nicht blofs das nominative r wird vor-
' hergebendem u so assimilirt, sondern das geschieht mit
diesem consonanten auch sonst öAers, z. b. sciuo (lucet)
oder beinni aus beiuri (certior).
Das umgekehrte rn, welches sonst im deutschen (s.
unten j die neigung hat sich zu rr zu assimiliren, wird in
einigen nordschwedischen oiundarten so wie im gotbländi-
scben öfters zu nn, z. b. dalekarliscb jenn, byenn, jenne,
kinna, onn, konn, qvänn, aikonn fQr schwedisch jem, bjöm,
hjeme, kema, born, kern, quam, ekorn; noch mehr bei-
spiele bei Rydqvist IV, 347.
Ganz vereinzelt in den deutschen sprachen steht mir
der fall mf : mm im altn. fimm quinque, scbwed. und
dün. fem.
Ganz gewöhnlich ist im altnordischen, und nur in
diesem, die assimilalion \tS : II. Man vergl. gotb. hultbs :
altn. bollr (gratus), bylli (gratiaj; gotb. baltbs : altn. ballr
(Talidus); gotb. gulth : altu. gull (aurum); gotb. vultbus :
altn. Ullr; gotb. viltheis : altn. villr (ferus) ; gotb. altheis :
altn. elli (vetus), woneben freilich auch aldr und öld be-
steht j ahd. bald : altu. ballr (procüvis); abd. sälida : altn.
Bsell (felicitas). Wie wir oben das alte nd im altnordi-
schen meistens unaselmilirt fanden, so pflegt auch das alte
Id zu bleiben. Und wie wir niS : nn im dänischen und
schwedischen noch nicht so weit vorgescbritten fanden wie
im altnordischen, so ist l'd' in den beiden neueren nordi-
schen sprachen sogar ganz unversehrt geblieben (d. b. in
asnmilation iai dentscben.
415
der form Id); jenen aesimilirtcn formen entspricht schwed.
und dän. ladd, guld, vild, aucb dän. bald (saxum).
Ganz genau entsprechend dem obigen nr : nn finden
wir nun auch ein nordisches Ir : It und zwar in unzähli-
gen beispielen; das assimilirte r ist meistens das zeichen
des nominalivg, seltener das der 3- pers. sing. So wird
heilr : beill (saivus), haelr : hffili (calx pedis), stolr : atoll
(sella), gamalr : gamall (vetus), iökulr : iöicull (glacies),
kelr : kdl (alget); andere beispiele bei Grimm gramm. I
(1822), s. t>51. Bei geminirtem I bleibt das r, z. b. illr
malus, zuweilen aber auch bei einfachem, z. b. dalr vallis,
elr alit. Das altschwediecbe läfst Ir gewöhnlich unverletzt
und schiebt nur zuweilen ein euphonisches d dazwischen
(z. b. gen, plur. fuldra, aldra).
Ferner ist hier zu erwähnen rs : ss, doch nur in ein-
zelneu gen. sing., z. b. näss funeris, ofuss ignis Üuvii, buss
filii aus nars, ofnrs, bürg; foss Cataracta wird in einigen
Stelleu ftir fors gelesen.
Wiederum echt nordisch ist rd (goth. zd, ahd. rt) :
dd. Ich gebe als beispieie ags. ord, mhd, ort : altn, oddr
cuspis gladii; goth. bozd : altn. hoddr thesaurus; ags. brord,
ahd. hrort .• altn. broddr sagitta; goth. razda : altn. rödd
vox; noch andere t^Ue findet man bei Grimm granim. I
(1822), a. 319. An dieser assimilation nehmen die neii-
Qordischen sprachen übrigens theil, wie schwed. udd, dän.
odde und brodde zeigen; sie scheint also älter zu sein als
einige der oben erwähnten. Zu bemerken ist noch, dafs
altes rd im altnordischen als rd' erscbeiot.
Sehen zeigt sich ein rk : kk; vergl. z. b. ags. deorc
niger : altn. döckr, stöcka erescere für störka, raiocka te-
nuare für miorka. So Grimm gramm. I (1822), 9.309,
doch ist mir der ganze fall etwas zweifelhaft.
Ganz vereinzelt ist sv : ss im altn. hasva neben höss
(oinereus); eben so vereinzelt sn : nn im goth. razn : altn.
rann (donaus), vielleicht durch eiu dazwischen stehendes
*rarn erklärlich.
Auch noch in einem sehr häufigen falle zeigt sich das
nordische verwitterter als alle anderen gernianiscLeu spra*
416
FöntemAnn
eben, ich meine ht : tt (mit voca!verlängerang), Beispiele:
alto, nätt, Dott (nacht), mättr (macht), slAttr (schlacht),
atta (acht), rettr (recht), letti (leichtigkeit), slöttr (schlicht),
vettr (wicht), sott (sucbt), dottir (tochter), gnött (genüge),
thütti (golh. tbahtus gewissen). In biartr (ahd. beraht)
u. 8, w. wird nur ein t geschrieben, eben so in apetr
(specht, Bchwed. Bpett, dän. apset). In eetti sextue ist so-
gar vor der assimitation das s ausgestossen. An dieser
assimilation nimmt auch das schwedische und dänische
theil. Von söka (suchen) heifst es in den altschwediscben
gesetzeu sötte, sotter, sott neben sökt. Man vergl. ferner
Bchwed. natt (nox), ätta (octo), ätt (geuue), lett (levis), dän.
nat, otte, let, datter. Doch gilt dagegen (durch deutschen
einflufs?) achwed. makt (macht), akta (achten), rigta (rich-
ten), dän. magt, agt, rigtig.
Ein ft : tt begegnet im alto. sättr (sanft), desgleichen
im dän. atter, altschwed. attir (gegen altn, aptr, altschwed.
efter).
Ein dl : 11 tritt im attnordiBchen Bellen und tadelns-
werth auf, so miarli : milli (inter); ahd. fridila : frilla (ama-
sia): brädliga : brälliga (cito). So auch scbwed. frilla,
bröllop (nuptiae, 7m altn. brüdr). Kjdqvist lY, 345 hat
noch mehr beispiele.
Dem entspricht ÖTr : rr im goth. hvathar : altn, hvärr
(uter).
Auch vor t schwindet S, und zwar im neutrum der
adjectiva, glatt, gott, blitt etc.
Ein tu : nn kenne ich nur im dän. dronniug regina,
altn. und schwed. drottning.
Endlich mag noch erwähnt werden bl : II im goth.
ubils : altn. illr; docb beruht hier das 11 wol eher auf einem
zunächst vorhergehenden fl.
So sind also 21 fälle von assimtlationen (5 bis J aller
oben im germanischen aufgezählten) als dem nordischen
zweige unseres Sprachgebietes eigenthümlich aufgefun-
den worden, nämlich 6 von der form <!: Iff : 11, Ir : II,
mf : mm, atf : un, nr : nn, bv : bs, und 15 von der form
>-: rd : dd, nk : kk, rk : kk, bl : 11, dTl : 11, sn : nn.
BBsitnilation im deutsctiGn.
417
rn : an, tn : nn, mp
ht : tt, nt : tt. Dazi
PP:
Ö'r : rr, rs : 88, i3rt : tt, ft : tt.
ird noch unten mancher fall kom-
men, der dem altnordiachen mit den anderen germanischen
Bprachen gemeinsam ist.
Ganz andere iet daa bild, welches uns der lioch-
deutsche zweig liefert; nur wenige fälle von assitnilationen
sind ihm eigenthöralich und auch diese wenigen kommen
bis auf einen nur in sehr vereinzelten beispielen vor,
Dieser eine fall ist mn : uim; jenes mn ist thcils ur-
sprünglich theils aus noch älterem hn entetanden. Letz-
teres ist der fall im goth. stibna (vox), wofür althochdeutsch
nur gtimna und stimma, mhd. und nlid. nur stimme gilt;
schwed. stämma ist neu und vielleicht durch deutschen ein-
flufs umgewandelt. Eben so erscheint das im gothischen
vorauszusetzende 'atabn truncus im althochdeutschen nur
als stam (thema stamm). Denselben gang gemacht bat,
jedoch zu späterer zeit, das ahd. braban corvus, welches
wir ja noch häufig in dieser gestalt finden, während hramn,
hramm (im nom. gewöhnlich hram) ja besonders in den
eigennamen vorkommt. Diesen drei beispielen kann ich
drei andere entgegensetzen, in denen das mn ursprünglich
ist, nämlich erstens ahd. samanon (colligere), wofür mhd.
samneu und selten sammen erscheint, zweitens ahd. namn-
jan (nominare), woneben schon früh ein nammjan und dann
in weiterer entartung sogar ein nannjan auftritt, und end-
lich das aus dem lat. damnare heriibergenommene verdam-
men, welches im mittelhochdeutschen meistens noch echter
verdamnen geschrieben wird. Aufserbalb des hochdeut-
schen kann hier angeführt werden, dafs man schwed.
nämnde (nannte) achreibt, aber nämde spricht (Rydqvist
I, 57).
Viel neuer ist Ik : 11 in dem nbd. marschall, mhd.
marsch alc, eben so in unserem geneschall (siniscalc), wäh-
rend das einfache schalk auch im neuhochdeutschen unas-
similirt bleibt und überhaupt uns sonst das Ik in keiner
weise widerstrebt.
Ein ganz vereinzeltes ns : nn führt Schleicher aus der
Zeitschr. f. Tgl. sprachf. XX. 6. 27
418
Forste tnann
neuhochdeutschen Daundart von Sonneberg an, nämlicb
uuner für unser.
Im vierten, sächaiscben zweige unserer spräche ist
zwar an assimilatioueu kein mangel, doch suchen wir ver-
geblich nach solchen fällen, die diesem zweige eigen-
t hü m lieh wären; es sei denn etwa die unten zu erwäh-
nende asaiinilation in stern Stella. Ich führe hier nur
ganz vereinzeltes an:
fm : mm im ags. vlfiuann neben vlmraann, vitnaiann,
vemman, woraus engl, woman.
tfd : dd im altsächsischen praeteritum cudda aus cud'da
von cuÖTjan.
Nicht gerechnet habe ich ags. atigräp ; engl, stirrup
(Stegreif), da hier wol Volksetymologie zu gründe Hegt,
Alle die nun noch nicht besprocheneu falle von assi-
milation gehören nicht einem einzeloen der vier germani-
schen spracbzweige an, sondern lassen sich in mehreren
derselben nachweisen, jedoch so, dafs der eintritt dieser
erscheiuuDg nicht etwa vor der trennung dieser sprach-
zweige, sondern erst nach dieser trennung in jedem der
zweige selbständig erfolgt ist. Assimilation ist eben ein
so natürlicher Vorgang im spracbleben, dafs man sich
bei ihr mehr noch als bei anderen erscbeinungen hüten
nHÜs, aus der Qberein&timmung in zwei sprachen auf den
frühen eintritt des Vorgangs zu sehliefsen,
Der wichtigste aller dieser fälle, oder vielmehr eine
ganze klasse von zusammengehörigen fallen, ist die assimi-
lation des j au einen vorhergehenden cousonanten, na-
mentlich des j der schwachen conjugation an den letzten
cousonanten des verbalstammes. Dieses j , welches wir in
der ersten schwachen conjugation des gothischeu noch re-
gelmäfsig erhalten sehen, scheint in den beiden anderen con-
jugationen während der urdeutschen periode \intergegangen
zu sein, nicht früher, da wir es namentlich im litauischen
noch ganz unversehrt finden, während es allerdings z. b.
das lateinische und das griechische schon bis auf geringe
spuren vertilgt haben. Im deutschen schwindet auch jenes
gothische j sowol im nordisckeu als iui hocli deutscheu und
assimilation im deutschen.
419
und sSchsischen zweige diircbgängig, aber sehr allmählich
und gewöhnlich erst nach einer deutlichen periode des
Schwankens, von welcher auch die besonders im angebach-
sischen und altsächsischen nicht selten Torkommenden mitt-
leren formen mit ea för j a zeugöifs geben. Der ganze
Vorgang ist aber nicht etwa auf die ach wachen verba be-
schränkt und darf daher in der grammatik nicht bei die-
sen, sondern er muCs in der lautlehre behandelt werden,
da nominalformen mit derselben lautfolge daran gleichfalls
theil nehmen. Ich führe nun im folgenden die ein/.elnen
fälle in alphabetischer reihe an und gebe bei jedem eiue
anzahl von beiapielen eowol von der unassimilirten als von
der assimilirten form, selbstverständlich ohne irgend ein
streben nach Vollständigkeit, die bei dieser fülle geradezu
unmöglich wäre.
bj : bb (streng ahd. pp). ünassimilirt : goth. daubjan,
draibjan, drobjan, hleibjan, laibjan, laubjan, sibja, stnbjus,
vaibjanj ahd. gawerpian, gilaubiu; alts. sibbja, godiiwelibiu
(iüstrum.); ags. onsvefjan. Mittelform: crippea bei Tatiau.
Ässimilirt: altn. kemban; ahd. truoban, gilauban, sibba,
stubbi, antswebban, gotawebbi, mit Übergang iu andere
conjugationen tribön, libenj ags. cemban, onsvebban, sibb.
Nach langen vocalen und nach mehreren coDSonantea
wird, wie man sieht, die aBsimilation graphisch nicht dar-
gestellt.
dj : dd. Der lateinische stamm medio erscheint im
gothiscben reiner als midja, das altsächsiacbe hat noch un-
aasimilirt an middian dag, uudar middiun u. s.w.,
im altn. miör (für midr) ist das j noch bewahrt vor den
mit a und u beginnenden caausenduugen, dagegen ags. äs-
similirt midd, ahd. mitti. Sonstige formen ohne assimila-
tion: goth. aandjan, andjan, baidjaa, blindjan, braidjan,
fodjan, freidjan, hardjan und manche andere; schwed. kedja;
ahd. chundiu, wirdiu, redjön, redja; alts. sendian, bedian,
beldian, brcdiau, ledian, nodian, wendian, awardian, andwor-
diao, endjön; ags. endjan, blindjan, heardjan, lendjau, neäd-
jan, cviddjan, vandjan. Mittelform: ahd. undeom (dat. pl.).
Ässimilirt: altn. seada, euda, lenda, vcnda; ahd. seuten,
27*
420
PGrstemann
endon, toden, zundeo; alt», eudön; ags. sendan, btedan,
bildan, brsedan, dedan, fedan, gyrdao, breddan, byrdan
und viele andere.
fj : ff. Uaassiniilirt: goth. hafjaD; ags. dcäfjaQ, ]of-
jan, reüfjao. Aasimiürt : altn. deyfa, dreifa, hlifa, leifa, leyfa,
lofa, raufa; ahd. hcffan, seffan, slaiifan , wuofan, cbenifan,
snerfan, toufen; ags. drasfaji, drßfan, Isefan, gelefan.
gj : gg. Unassimilirt: goth. agjan, ogjan, audagjan,
augjan, hugjau, lagjan, evögjan, vargjan; ahn. oegja,
beygja, fegja, hlaegja, byggja, leggja, rcegja; alts. ogjan,
huggian, leggjao, thiggjan, wrogjaD; ags. egjao, eävjan,
hagjan, hygjan, virgjan. Mittellbrm : alts. seggean; ags.
egean, eädigean, bßgeau, secgean, vregean. Assimilirt:
altii. haga; abd. hagan, hugan (für baggau, buggao); ags.
hyegan, lecgan, secgan, tbicgan, began, egan, vregan,
svcgan.
kj : kk, UnaBsimilirt: goth. draggkjan^ kukjan, sok-
jan , vakjan, vrakjan; alta. merkja, soekja, vekja, rekja;
ahd. chruckia (Grraff IV, 591), ruckie u. 8. w- (Graff IV,
U49), weckiu (Graff I, 676), hunekian (ebend. I, 658);
alta, MÖkiau; ags. mearcjan, vacjan. Mittelform: ags. dren-
ceao, secean. Assimilirt; ahd. diccao, seiikan, stenchaa,
wecban, auoehan, brucca (poDs); ags. reccan, veccan, vrec-
cao, tbeccan, sencan, secan.
Ij : 11 (wie Bcbon griech. ßällta, akko^ai, ftällov
u. 8. w.). Unassimilirt: goth. aljan, bauljan, dailjan, fuUjao,
galljan, haljäi), hailjan, huljan, meljan, mikiljan, malvjan,
nagljan, saljan, sauljan, valjan, Ttljan; altti. eljan, bylja,
dveija, Heljar (gen.), hyija, telja, velja, myija, krelja; ahd.
heljau, teiliu, belliu, seljn; alts. ellien, deljan, dueljan, fcll-
jan, fiilljäD, hellja, heljau, heljau, tellian, quelljan; ags.
eljan, dveljaii, fulljan, heljan, miceljan, nägljan, syljaa,
cveljan. Mittelform: abd. willeo; alta. cllean, fellean, hul-
lean, willeo; ags. ellean. Assimilirt: altn. dcila, fella, fylla,
Btilla, gaila, beilla, mala, sola, mikla, uegla: ahd. ellan,
teiian, twelaa, fellan, bella, hellan, heilan, buUan, ttallan,
quellan, aellan, stellan, stillan, wellan, zellan; alts. hv-Ian;
ags. eilen, dvelluu, diulan, fellan, fyllan, gaslan, hell, ha^-
assimilation hn denC»;hen.
421
lao, aellan, teüan, stillan. Die letzten spuren des unassi-
milirten Ij verschwinden erst im dänischen, tnittelhoch-
deutscben und englischen, hier sogar mit ausstofsung cim s
dazwischen etebenden coDsonanten in engl, follow aus ags.
fblgjan.
mj : mm. Unassimilirt: goth. dammjan, domjan, gram-
jaOj saiQJao, sniumjan, vammjan, altn. gremja, lemja, semja;
ahd. frumjan, traumjao, tuoniju; alts. döiniaa, rümian ; aga.
gremjan, lemjan. Asaimilirt: altn. dasma, geyma, lima,
ryma; -dän. Ixinme; ahd. frumman, greman, goumcn, limen,
rftmen neben rumman; ags. fremman, demman, vemman,
deman, geman, gymao, liinan, ryman.
nj : DD. Unassimilirt; goth. brannjan, brunjoj gairn-
jan, haunjan, hrainjan, ibnjan, kannjan, laiiganjan, rabnjan,
rannjan, saitijan, stainjan, taiknjan, veujan; altn. brynja,
tbenja, venja; ahd. brunja, denjan, nemniuj lougani«, wä-
niu; ags. cui^jan, geornjan, efenjan, leänjan, legnjauj recn-
jan, sänjan , täcenjan, venjan, theujan, Ässimilirt: altn.
breniia, girna, jafna, kenna, kynna, laiina, meina, reikna,
renna, eeina, ekeina, takna, vfena; abd. brennan^ brunna,
bönan, breinnan, chenaan, meinan, rennan, sceinan, dennan,
zeinna; ags. brennan, henan, hynan, brjenan, cynSCan, lyg-
nan, maenan, rennan, scsenan, atsenan, v^nan. In fani,
kuni, munan (verg). ahd. fbnui, kunni, minna) mag sogar
schon ausnahnisweise das gothische die ertüDerung an eine
frühere asfeimilation aufgegeben haben.
rj : rr. Unassimilirt: goth. fahrjan, farjan, merjan,
skeirjau, varjao; altn.: byrja, ferja, spyrja, verja; ahd.
burjan, derien etc. (Graff V, 438), ferien (Graff III, 587),
berie (GrafF IV, 984), hrorjan, cherio {Graff IV, 466), ner-
jan, rörja, auerjan, werjan; alts. burjan, förjan, hrorjan,
marjan, nerjan; ags. byrjan, faegerjan, ferjan, feorrjan,
nerjan, spyrjan, varjan. Ässimilirt: altn. fegra, firra, fbra,
hr^ra, la;ra, miera, skira, steyra; ahd. burran, föran,
hruoran, keran (cherren), nerren, rörra, sciaran, storran,
werren; ags. fyrran, feran, hreran, Iwran, msran, steran.
Bei diesem falle ist es merkwürdig, dafs das j mehrfach
deutliche versuche macht, sich dadurch vor dem unter-
422
Forst emnnti
gange zu retten, dafs es die härtere und selbständigere
gestalt eines g annimmt, so sthon alid. acerigin fraudare
(Graff VI, 533); neben das ags. herjan vastare tritt ein
hergjan, welches freilich im englischen dem assimilirten
harrow weichen mufs (anders ags. morgen : morjen : engl.
morrow). Am hartnäckigsten ist dieser kämpf des j in
zwei Substantiven; neben das ahd. ferjo naiita tritt mehr-
fach ein verigo und im mittelhochdeutschen steht eben so
verje neben verge; desgleichen wird sich wol im althoch-
dentfichen neben acarjo eenturio etc. ein scarigo finden;
mittelhochdeutsch ist acherje neben schcrge gebräuchlich;
im neuhochdeutschen siegt sogar, obwol beide wörtcr nicht
recht lebendig sind, die form ferge und scherge.
sj : 88. Unassimilirt; goth. drausjan, kausjan, laisjan,
knussjan, lausjan, uasjan, niuhsjan, raisjan, veisjan, dane-
ben tritt auch zj auf in hazjan und besonders nach r (was
fast an slaviaches ir erinnert) in airzjan, marzjan (vgl. das
subst. fairzna). Ahd. möeju (Graff II, 872); alts. lösjan;
ags. healsjan, misajan, neösjan, visjan. Assimilirt: altn.
halsa, missa, nyaa, reiaa; ahd. chunsaan, missan, wissan;
ags. cnyssan, missan, neösan.
tj : tt. Unassimilirt: goth. atjan, bairbtjan, botjan,
faurhtjan, flautjan^ hveitjan, laistjan, latja», liuhtjaa, mat-
jan, mötjan, naitjan, natjan, qvistjan , raihtjan, skaftjan,
veitjan; altn. hvetja, letja; ahd. der ortsname {in — ) Mittiu,
die rerbalformen biiiu, ambahtiu, hlütiu, miltiu, sentiu;
alts. forbtjau, liuhtjan, rihtjan, thurstjan; ags. beorhtjan^
forhtjan, hvitjan, letjan, metjan. Assimilirt: altn. jata, letta,
mata, maeta, retta, reita, skipta, thjrsta, velta, vtta; abd.
beitan, bittan, breitan (auch breittan), forhtan, fuattan,
hertan , leistan, liuhtan, chuistan, rthtan, scuttan, wattan,
antwurtan; ags. betan, hvettau , Isestan, lettan, libtan,
leohtan, metan, naetan, rihtan, sciftan, thyrstan, veltan,
vitan.
zj : zz, natürlich nur althochdexitsch. Hier kommen
noch vereinzelte unassimilirte formen vor wie buozziu und
sezziu, sonst nur assimilirte wie biiazzan, fluzzan, ncizzan,
nezzan. sezzan, welzan.
asaimilation im deutacben.
423
I
Man sieht, dafs bei allen diesen aseitnilationen des ]
die allgemeine regel, nach welcher nach langen sylben die
geminatioü als unausaprechbar nicht geaohriehen wird,
mehrfache ausnahmen erfahrt, theile in conservativem sinne,
80 dafs selbst nach langer sylbe der consonant doppelt
geachrieben wird, theils in progressistischer weiee, die oft
auch naoh kurzer sylbe nur den einfachen consonanten
schreibt: es ist hier wirklich nur von orthographischen
eigenheiten, nicht von eprachlichen Vorgängen die rede.
Grimm gramm. I (1822) macht für die einzelnen sprachen
hierüber mehrfache bemerkungen, über altn. s. 922 f., ahd.
869 ff., alts. 892, agB. WS ff.
Alle nun noch übrigen falle von aseimilationen, welche
mehreren deutschen sprachen geraeineam sind, möchte ich
einigermafaen nach der häufigkeit oder Seltenheit ihres vor-
kommeus ordnen.
Da ist ein besonders wichtiger fall Id : 11; er ist im
nordischen und niederdeutschen zweige zu hause. Beson-
dere tritt der Vorgang im schwedischen ein; vergl. altn.
halda (tenere), falda (plieare), sjaldan (raro), kaldr (firigi-
dus), kveld (vesperj, mold (terra) zu schwed. hälla, falla,
sällan, kallr, qvell, muH. Doch geschieht dies keineswegs
durchgreifend, vielmehr bleiben manche Id im schwedi-
schen, einige sogar altertbQinlicber als im altnordischen.
Selten assimilirt hier das dänische, wie in beller potius,
meistens bleibt Id wie in holde und kold; ja das dänische
führt auch ganz unorganisch das Id (eben so wie nd) ein,
wo das d gar keine historische berechtigung hat. In nie-
derdeutschen mundartcn ist 11 für Id sehr häufig, z. b.
boll (bald), hoUcn (halten), bollern (vergl. hochd. poltern),
gellen (gelten). Das hochdeutsche hat dagegen durchaus
keine neigung zu dieser assimiiation; und wenn auch ein
ahd. notigistallo überliefert ist, ho heifst es doch im mittel-
hochdeutschen wieder nötgeetalde.
Die forniel hs : ee ist wesentlich niederdeutsch, kommt
jedoch auch in den anderen drei sprachstämmen vor. Im
altsächsischen ist hs noch unangetastet, wahs cera, wahsan
crescere, obso bos, sehs sex, doch schreibt die jfingere
454
Förstemami
handßchrift der Freckenhorster rolle schon ses. Das angel-
sächsische schreibt six, leax (salmo), veax (cera), doch
begegnet auch hier neben tliihsl, thixl schon ein thisl
(temo). Auch das altfriesische bat noch wax, waxa, sex.
Bis in das heutige englisch bleibt das x in si;;, fox, wax,
box (dacba, deicheel, lachs, wachsen sind verloreti). Aber
diesseits des meeres wird jetzt überall assirailirt, schon
mittelniederl. in wassen, sesse, was (cera), das (meles), wies
(erevit), tos (vulpea) a. s.^., im neuniederdeutschen findet
man wol überall fo&s, oss, lass, sees, dissel, Sassen und
dergleichen. Aber Wlssel (Weichsel) gehört nicht hieher,
vielmehr ist die hochdeutsche form erst nach falscher ana-
logie der eben genannten Wörter aus der niederdeutschen,
die dem poln. Wisla nahe steht, gebildet worden. Viel
vereinzelter ist der Vorgang im gothischen, nordischen und
hochdeutschen sprachzweige. Gothisch beschränkt er sich
auf den fall, wo auslautendes enklitisches -h vor anlauten-
des 8 tritt und schlielst sich also an eine fülle von er-
scheinungeu au, die schon oben erwähnt wurden, also jah
sunjos, nih sijai, jah eaei : jassunjos, oissijai, jassaei; dalfi
uDgatass zu tekan gehört, wie Grimm in der vorrede zu
Schulzes glossar meint, ist doch sehr ungewifs. Aus dem
nordischen »weige weifs ich nur das schwed. bössa (pyxis)
anzuführen, was wol durch niederdeutschen einflufs erklärt
werden mul's, sonst gilt schwed. x (sex, vax, las), desglei-
chen im dänischen. Wenn sich im mittelhochdeutschen
vereinzelt reime finden wie sehse : weese (ecivit)^« was (fuit)
: vaa (eapillus), gras (gramen) : aas (cultcr), so ist das
niederdeutscher einflufs. Gegen alle hochdeutsche lautregel
sagen wir im nhd. gleissen und gleisaner aus mhd. geliche-
sen und gelichsena3re, indem wir das wort volksetymolo-
gisch au das ganz verschiedene gleissen := glinzen an-
knüpfen. Ganz vereinzelt steht der name Spessart aus
Spehteehart.
Wesentlich hochdeutsch ist mb (oder mp) : mm. Schon
althochdeutsch heifat es swam (wie auch schon goth.
svamms), aber mittelhochdeutsch tritt wieder echteres ewamp
hervor, eben so stumm, wofür mhd. noch stump; ahd.
Rüsitnilation im deut'ichen.
hnmbal gilt nebon bummal, impi neben imme. Mhd ist
die form ambeht neben ammet überliefert, der geu. slimbes
neben dem nom. sliin. Aber zur vollen regel wird diese
assimilation erst im nhd. : mbd. lamp, kamp, ambebt,
wambe, swarop, imbe, zimber, nmbe, kriimb, kumber,
tanip, humbel, eimber : nhd. lamni, kämm, amt, wamme,
schwamm, imme, zimmer, um, krumm, knmmer, dumin,
hiimmel, eimer, letzteres mit einem m des langen vocals
wegen. Eben so babeu wir schon mniederl. lammes (a;^ni),
omme (circa), dommen (stultiim), doch daneben dompheit
und dompelike. Desgleichen schwankt das dänische in
kämmen (pecten) und lammet (agnus) aus altn. kambr und
lamb; dagegen heilst es noch svamp (fungus). Ganz re-
gellos iat das schwedische, wo es noch svamp, embete,
vämb, timber, cmbar, doch schon lamm, kam^ om, knim,
bekymmer, dura, bumla heifst. Merkwürdig ist das gothi-
ache schon erwähnte svamms. Das älteste beispiel ist wol
das gemeindeutsche amme gegenüber dem skr. ambü.
Das st ist eine jedenfalls sehr leichte und überall sehr
beliebte consonantenverbindung ; geht sie doch schon im
urdeutschen aus tt, tbt, dt hervor. Um so mehr zieht es
an, die vereinzelten fälle zusammenzustellen, in denen st : ss
sich zeigt (wie dieser Übergang auch im altirischen vor-
kommt). Schon im gothischen geht das praeteritum vissa
aus vista hervor und die nominalbildungen gaviss und
mithTissei sind nur durch ein t-suffix zu erklären. Eben
so ist anaqvissi von qvithan durch die mittelstufen *qvithti)
*qvisti zu denten; von standan müssen wir ein substanti-
vum *standti, 'stasti als Vorläufer von afstass und iisstass
aunchmen. Nach langem vocal bleibt jedoch st in mosta
(ider vaist. Gerade diese beiden verba zeigen auch in an-
deren deutscheu sprachen assimilation; im althochdeutschen
heifst es muosa (mit einem s dea uo wegen), selten niuo-
sta; eben so wissa, wessa, neben wista, westa; mhd. muose
neben muoste, wisse wesse neben wiste weste. Ags. moste,
niöstun, aber viate neben vissc. Altnordisch fehlt mot, aber
veit hat im praeter, vissa. Aufser diesen fällen ist st : ss
im germanischen ganz vereinzelt; ich erinnere an Iat,
426
F5r6temann
ostium, lit. osta : altn. öss (fliifsmöndung), bo wie an mhd.
kiüitsam : liissam.
3s : s& öndet sitili in ags. bliOTsjan nehen blissjan gau-
dere und liöTs neben lisa gratia. In altschwedischen hand-
Bchriften liest man guss für giiths, miesumare för mitbsu-
inars u. s. w. Altnord, hlafis, altschwed. las onus steht
wahrscheinlich für hlaths von hlaOa.
Ganz ähnlich geht ts in ss über in aga. bletsjan ne-
ben blessjan benedicere. Im schwedischen schreibt man
Ints (für lätsa), spricht aber gewöhnlich läss (Rydqviet I,
117), desgleichen wird fältskär (feldacheer), inatsäck
(scbnappsack) in der gewöhnliehen spräche faJlskär, mas-
aäck auBgesprochen und so noch in einigen anderen fallen.
Die Seeleute desselben nieeres streben gewöhnlich nach
einer anzahl gemeinsamer ausdrücke (lingua franoa) und
wie die schwedischen raatrosen statt bätsman, bätshake
stets bäseman, bassbake sagen, so habe ich die deutschen
an der Danziger küsle^nie anders als bössmann, bosshaken
aussprechen gehört.
Merkwürdig ist der fall rs : rr. Altes rs ist im all-
gemeinen (wenn auch freilich alto. foss für fors vorkommt)
völlig unbeanstandet in unsern sprachen; man verfolge
z. b. das wort ferse (calx) oder ars (anus) durch dieselben.
Nun giebt es aber drei wortstärame, bei welchen alle devit-
schen sprachen mit ausnähme des gothischen in der nei-
gung iiliereinstimmeu, eine asaimilation des rs zu rr ein-
treten zu lassen. Man erwäge: 1) goth. airzei (substant.),
dagegen ahd. irri, alts. irro, ags. eorre, irre, mniederl. erre,
vielleicht auch altn. erring (kämpf, auffallend ähnlich un-
serem deutschen irrung); 2) goth. thaursus (aridus) gegen
altn. thurr, ahd. durri, alte, thurri, ags. thyrre; 3) goth.
marzjan (impedire) gegen ahd. marrjan, alts. merrian, ags.
merran, mniederl. merreti. Dafg vor t-suffixen das alte s
bleibt wie in allen den formen, die zu unserm durst sitis
gehören oder im altfries. irst iratus, kann ja nicht auffal-
len. Gern würde man den ganzen Vorgang dem mittelur-
deutschen zuschreiben, wenn nicht das ags. irejan (iraect)
hinderte, in dem doch schwerlich ein lautlicher einfluls des
■BCitnilation Im deutschen.
lateinischen wortes angenommen worden kann. Ganz an-
ders steht ea mit dem goth. vairs ppjor, bei dem das alte
comparattvBtiffix sich festhält im ahd. wirs, alts. wirso, age.
vyrs, engl, worse; nur das altn. verr (schwed. und dän.
värre) lälst auch hier eoioer Vorliebe für auslautendes r
freien lauf. Wie aher, wenn daa freilich starke ahd. ver-
bum werraD, alts. werran, nhd. wirren hieb er gehörte? Die
älteste bedeutuDg wäre dann verschlechtern, beschädigen,
die asaimilation so wie die starke conjugation würde pich
dann aua dem vergessen des Ursprungs erklären; gothisch
wäre etwa ein schwaches *vairzjan zu vermuthen.
Für den fall rn : rr kommt (da schwed. ekorre für
ikurni auf Volksetymologie zu beruhen scheiot) eigentlich
nur unser wort stern in betracht. Damit steht es so,
dafs der gothische und nordische sprachzweig hier nur un-
asBimilirte formen haben (goth. stairno, altn. stiarna, schwed.
stjerna, dän, stjerne), der sächsische mir assimilirte (alts.
sterro, aga. steorra, altfriea. stera, mndl. sterre). Im hoc'h-
deutschen tritt ein schwanken ein, ahd. sterno und mhd.
Sterne sind regel, ahd. sterro und mhd. sterre sind aus-
nähme; im neuhochdeutschen siegt die echtere form. Sollte
sich bei diesem sterro und sterre niederdeutscher einflufa
nachweisen lassen? fiür das ahd. sterro ist Otfrid die haupt-
quelle; ich habe schon an andern stellen (z. b. zeitschr.
XVI, 324; XVII, 72; vgl. auch meine Ortsnamen s. 234)
auf merkwfirdige sprachliche beziehungeu zwischen Sach-
sen und Elsafs hingewiesen. Ganz anders steht die aache
bei dem auf etern reimenden fern, wo von assirailation
kaum die rede ist. Hier ist rr die regel, also goth. fairra,
ahn. liari, ahd. ferro, alts. fer, ags. feorr, altfries. fer, mniedl.
verre, engl. far. Im mittelhochdeutschen tritt achwanken
ein, gewöhnlich heifst es verre, selten verne. Wie ist es
?A\ deuten, dafs dieses rn gleichmäfaig im nhd. fern, im
achwed. fjerran, im dän. fjern siegt?
Alle fihrigen fälle lassen sich ganz kurz abmachen.
nl : IL Die elfzahl ist unasaimilirt im goth., ahd.,
mhd., ags. (ainlif, einief, endleofan), assimilirt im altn.
(ellifu), altschwcd. (lullivu), neusohwed. (ellofva), dän.(elteve),
438
Förstemaon
alts. (ellevan, eleveii) und nhd, (elf). Im mnl. kommen
asaiaiilatioDea vor wie banlioc {extorris) : ballinc, maiilie :
mallic. Niederdeutseber einfluis mag es auch sein, weon
im Reiobart mehrmals külliiic ( propinrjuiis ) für kiinnelinc,
künelinc gelesen wird. Vielleicht erweist sich auch ein
solcher darin, dafs eich neben zwinelinc, zwinlinc (gemi-
nus) im mittelhochdeutschen ein zwillinc geltend macht,
welches im neuhochdeutschen siegt. Im schwed. mullögh
(handfafs), welches einem altu. mundlaug entsprechen würde,
ist die entartiiug noch stärker.
nd : nn ist im altnordischen vereinzelt, wo wir selten
bann und lann für band und land lesen; schwedisch und
dänisch haben hieran keinen theil, letzteres begünstigt so-
gar unorganisches tid; doch hört man in der freieren
schwed. Umgangssprache manches nn, wo die sohrift noch
nd zeigt. Auffallendes schwanken zeigt sich in unserem
Worte pfeunig; das altn. penningr, alts, penning sind stets
assimilirt; nm althochdeutschen gilt phending, pfentinc ne-
ben phenning, im angelsächsischen pending neben penning.
In neuhochdeutschen und niederdeutschen mundarten sind
formen wie kinuer, wunner, unner, wenncn, brannwin ganz
gewöhnlich.
rl : II wiederum vereinzelt im altnordiechen, wo selten
jall (aobilie), kall (senex) und valla (vis) für das gewöhn-
liche jarl karl varla vorkommt, Schwed. und altdän. bar-
last heilst neudän. bailast (neben baglast), nhd. ballast, in
Grimms wörterb, ohne weitere erörterung, Ganz einzeln
steht bei Otfrid fillorane statt firlorane.
sr : rr tritt in einzelnen falten bei der goth. praepo-
sition US ein, "usruns : urruns, 'usreisan : urreisan, *U8
riqviza : ur riqviza. Im altnordischen gehört hieher orr
(nosterj; vielleicht ist es nordischer einflufs, dafs im angel-
sächsischen neben user ein iire tritt. Wenn im althoch-
deutschen vou deser ( hie ) schon mehrere formen mit rr
(namentlich bei Notker, s, Graff) eintreten, die dann im
mittelhochdeutschen ganz gewöhnlich sind, so liegt hier
wol nicht assimilation vor, sondern Übergang des s zu r^
ehe der folgende vocal ausfiel.
agsimiUtion im dtutscbeu,
429
sr : 88, das gegenbild des vorigen Falles, haben wir
z. b. im altn. äsr : ass, eben so im altn, gsss, lyse, myss,
im aga. pron. possess. iiaree : usses, uerum : ussam.
dm : mm im ahd. madmunti neben mammunti; eben
so sagen schwedische dialekte memme für med mig.
um : mm ganz einzeln beim negativen iin-, so ahd.
umme?, j mhd. ummiioze, umniuot, mnl. ummare. In neu-
hochdentschen muudarten zeigen sich öfters formen wie
kammer, sommer (kann man, sollen wir).
dl : 11 im dänischen Jyltand (JOtland, schwed. Jut-
land); so anch althochdeutsch bei Notker gruntsedilon :
gruntsellun.
Ganz ähnlich tl : 11 im schwed. und dän. lille (par-
vus) aus altn. litli und ahd. bei laidor guotlihhin (gloria),
bei Kero cuotlthhi, dagegen bei Otfrid guallicbi, Notker
und Willeram guollichl.
hf : ff im aga. heäfore, engt, heifer (vaccula), wonebeu
noch ags. heäbfore gilt. Das mhd, höchvart wird erst neu-
hochdeutsch zu hoffahrt.
hn : nn im goth. jah ni : janni, zu den vielen schon
oben angeführten fällen des assirailirten auslautenden b ge-
hörig; doch scheint dieser fall auch in neueren mundar-
ten vorzukommen, wenigstens wird zeitschr. XIII, 283 ein
berlinisches uonnich für noch nicht erwilhnt.
An den schlufs setze ich noch einen fall, der nur in
der ausspräche, nicht in der schrift eintritt und der des-
halb aus schriftHchen quellen nicht zu ersehen, sondern nur
in der gesprochenen spräche zu hören ist. Ich meine den
libergang des g nach gutturalem n (n) in ein ü. Statt
bringen, singen, klingen sprechen wir brinen, einen, klihen,
aber ich glaube muudarten gehört zu haben, wo wirklich
die erstgenannte form gesprochen wird. Noch ungleich-
mäfsiger ist die ausspräche da, wo dieser taut auslautet;
ich spreche enk (angustus), klaük (sonus), aber viele Deut-
sche sagen en, klan; im englischen wird nach letzterer
weise song, thing u. s. w. aon, thin gesprochen. Vom mit-
telhochdeutschen darf man wol noch die getrennte aus-
spräche beider laute selbst im inlaute als regel annehmen,
430
FSratenmuD
aber überhaupt entziehn sieb, wie gesagt, die nicht mehr
lebenden mundarten hier gäDxlicL der beobachtung.
So weit diese Übersicht über die assimilatioii in den
gerraanisehea sprachen. Ein höheres interesse wdrde sie
gewinuen, wenn jemand einen anderen spracbßtamm, etwa
den romanischen oder slavischen, in ganz paralleler weise
behandelte, und dazu will ich hiemit anreguug gegeben
haben.
Dresden, november 1871. E. Förstemann.
x\ltdeiitsche namen aus Spanien.
Herr prof. E. Hübner hat seinen vielen Verdiensten
um die lateinischen iuscbriften aus Spanien ein neues aDd
wesentliches hinzugefügt durch das eben erschienene werk
„Inscriptiones Hispaniae Christianae. Berolini 187 J. 4."
Das buch enthält die christlichen Inschriften, welche nach
dem plane des grofsen Berliner iuschriftenwcrkes von die-
sem auszuschlielaen waren. Da(s die ausgäbe selbst eine
vortrefi'liche ist, braucbt nicht besonders hervorgehoben zu
werden ; die vorrede so wie die regiater enthalten aulser-
dem eine fülle des belehrendsten Stoffes. Das buch ist es
werth auch von einer seite augesehen zu werdeo, die deoa
herausgeber ferner lag; ich meine von der seite und mit
dem äuge des Germanisten. Denn es enthält, eine nicht
geringe anzahl zum theil durch ihr hohes alter doppelt
anziehender deutscher, besonders westgothischer personen-
namen, die hier zusammengestellt und kurz besprochen wer-
den mögen.
Die meisten dieser namen sind uns freilich schon an-
derweit bekannt; ihre sprachliche Wichtigkeit beschränkt
sich daher im wesentlichen auf das gebiet der lautverhält-
nisse. Diese bisher schon bekannten namen sind aber
folgende :
Eigcani (genit.), anno ß9l, n. 172. Westgothenkönig,
regiert ü87— 7Ü1. Vgl. mein namenbuch 1, 12.
altdeutsch« namen aus Spanien.
Agüa, zeit uobestimmt, n. 190. Unbekauute person,
namenbucb I, 22.
Aigo, zeit unbestimmt) d. 190. Unbekittiute |jereoii,
nunienb. I, 1 1.
EUecane (abl,), a. 893, n. 2GL Biacbof von Saragossa,
schon uamenh. I, 372 in der schlecliteii Schreibung EJecoa
erwäbat, gebort uun sicher zu uameub. I, Li3 unter die
form Alico.
Argimiro (abl.), a. 893, n. 261. Bischof von Lamego,
schon Qanienb. I, 125 ervpähnt
Adefonsus a. 778 (o. 247), a. 874 (n. 252), a. 875
(q. 253), a. 878 (ü. 249), unbestimmte zeit (n. 255, 262);
geriet. Adepbonsi a. 929 (n. 250, 257) abl. Adefonso unbe-
stimmte zeit (q. 259), Alfonsua (n.242, sec. H), dotsh iat die
inschrift erst sec. 13 oder 14 geschrieben). Gemeint sind
die asturiscbea könige A. 1 (739 — 757); II (783 — 791 );
III(86{J— 910); IV (925-931). Vgl. namenb.I, 133; desgl.
namenb. I, 145. Man sieht , wie das erste dement dieses
namens erst allmählich iü das gewöhnlichere Adal- über-
geht und damit die form Alfoas vorbereitet wird.
Bacauda a. Ö3ll, n. lüO, ein bischof. Ich führe den
wahrscheinlich gallischen namen nur deshalb au, weil er
nameub. I, 201 aufnähme gefunden hat.
Belesari (geu.) a. GG2 (o. '9Ö), uubekauute persoa. Vgl.
namenb. I, 221; durch unsere inschrift wird die ansieht ge-
stärkt, daiß der name Belisar deutsch sei.
Eburinus d. 81, unbekannte zeit und pereon, namenb.
I, 361.
Ervigius Getarum res a. 716? (ii. 23a). Dieser Go-
thenköuig regiert 680 — 687 ; nameub. I, 633.
Froila sec. 10, a. 910, a. 922 (u. 232, 256, 274). Der
könig Fr. I von Asturieu regiert 757 — 768, Fr. II stirbt
875, Fr. lU regiert 924 — 925; hier ist wot immer der
letzte gemeint. Ein auderer Froila aus unbekannter zeit
u. 190. Vgl. nameub. I, 414.
Gamius und Gamio, zeit unbekannt, u. 190, unbekannte
personen; namenb. 1, 466.
Ciaclus a. 962 (u. 224), unbekannt. Vergl. namenb.
FSrstemanii
I, 519. Es ist wol ein deutscher Gisil gemeint; der ein-
Bchub des c ist bei den auf dieses wort ausgehenden
nümen ganz gewöhnlich, in dem einfachen naoien er-
scheint dieser einschub hier zum ersten male.
GundebebiuB sec. 7, n. 64, unbekannt. Die form mQlste
wol Gundelebiua heil'sen und stimmt dann zu dem hoch-
deutschen Kundleip namenb. I, 566.
Gundisalvi . , (nom.}j unbestimmte zeit und person, viel-
leicht ein bifichof. Gundiaalius, unbestimmte zeit, bischof
(o. 260, 271). Vgl. namenb. I, 568. Zweifelhaft bleibt, ob
der letzte theil lateinisch ist.
Hilduara s. unten.
Kudesindo (abl.) a. 893, 958 (n. 261, 231), beide male
ein bischof, yielleiebt derselbe; namenb. I, 740.
Huuiruc, unbekannte zeit und person, n. 190. Der
vierte bucbstabe, in der inachriflt von auffallender form, ist
unsicher; namenb. I, 760 findet sich ein Hunroc, vielleicht
ist indessen das häufigere Ilunric (namenb. 1,761) anzu-
nehmen.
Erminigildi regis a. 573, n. 76, Westgothenkönig, stirbt
a. 585. Hermenegiid a. 943 (n. 229), unbekaunt, Erme-
negildo a. 980 (n. 244), ein abt. Vgl. namenb. I, 798.
Ermengon . . . (fem. gen,) a. 624, n. 138, unbekannt;
namenb. I, 798,
Chindasvinthua sec. 7 (n. 24); svindi sec. 7
(n. 175); der Westgothenkönig Ch. [641—652); vgl. namenb.
I, 309.
Levvina oder Leubina a. 920 (n. 243 ), unbekannt;
namenb. I, 850.
Liuvigildus a. 573 (n. 76); dieser Westgothenkönig
regiert seit 569; namenb. 1,852.
Modefredi (gen.) sec. 7 oder 8 (q. 55), unbekannt;
namenb. I, 934.
Oppilaui (gen. msc.) a. 642 (n. 123), unbekannt, na-
menb. I, 971.
Kanimirus a. 850 (n. 248), a. 876 (n. 254), zeit unbe-
kannt (n. 265). Ramirus a. 929 (n. 250, 257), Ramiro
(nom.) a.980 (n. 244). Könige von Asturien, R. I 842—850,
BUdtutache nnmen aua Spanien.
R. II 931—950, R. ni, 966—981. Vgl. namenb. I, 1031.
Die unterdrückuQg der zweiten eilbe tritt also um das
jähr 900 eia.
Ramilfo (abl.) a. 893 (n. 261), biechof von Astorga;
nameob. I, 1031.
Reccaretti (Flavii R— regis) a. 587 (n. 155), Recca-
redi regis a. 594 (n. 115); könig Reccared (regiert a. 586
bis 601). Reccaredo (abl.) a. 893 (n. 261), episc. Lucensie.
Eeccaredo (nom.) a. 206, zeit und person unbekannt. Vgl.
ttamenb. I, 1049.
ReccesvinthoB res a. 661 (n. 143), sec. 7 (n. 159), Rec-
ciay a, 655? (n. 175), Eecoiavinti regis a. 650 (o. 170),
Westgothenkönig [regiert 649 — 672). Reccisvinthua diac.
a. 643 (n. 120). Reswentus n. 190, unbekannte zeit und
peraou. Recesfidi 8. unten. Vgl. uamenb. I, 1050.
Zerimundo, unbekannte zeit und person (n. 190). Viel-
leicht derselbe name wie Siseraund, namenb. I, 1109.
Sisibuti (gen.) a. 614 (ii. 171); Westgothenkönig 612-
bis 621; vgl. namenb. I, 1109.
Sisnando (abl.) a. 893, 980 (n. 261, 244), beide male
ein bischof, doch vielleicht zwei verschiedene; vgl. namenb.
I, 1109.
Sonnica sec. 7 (n. 160) unbekannt, namenb. I, 1128.
Sinticio s. unten.
Sintila (rase.) a. 890 (n. 236), unbekannt, namenb. I,
1104. Doch ist der anlautende consonant sehr auffallend
gebildet; sollte Viiitila zu lesen sein, so wäre d^ name
zu den im folgenden zusammengestellten neuen gehörig.
Svinthilanus res sec, 7 (n. 161), Svinthile regis a. 627
(n. 119, vielleicht unecht). Westgothenkönig, regiert 621
bis 631. Vgl. naraeub. I, 1137.
Teudefredi (gen.) unbekannte zeit (n. 132), Teodefredi
(gen.) a. 890 (n, 28ö), beide male eine unbekannte person;
vgl. namenb. I, 1171.
Teodemirus oder Teudirairug a. 662 (n. 54), unbekannt,
namenb. I, 1 183-
Veremnndn (sie) rex a. 485 (n. 135), ein unbekannter
köaig. Virmundua a. 986 (n. 240), Veremundi (gen.) a. 993
Zeitschr. f. vgl. eprachf. XX. 6. 28
434
FSrstainiiin
und 1039 (n. 267, 258). Zwei könige, 982 — 999 und
1028-1037; vgl. namenb. I, 1261.
Witiza (mBC.) a. 890 (n. 285), unbekannt; namenb.
I, 1281.
Widigelus, ?,eit und persoD unbekannt, n. 190. Ent-
weder für Widigiselua, ¥gl. namenb. I, 1286, oder für Wi-
digail und in diesem falle ein bisher unbekannter name.
Wittiriei (gen.) a. 577? (o. 115), könig von 603 — 610;
vgl, namenb. I, 1288.
Wifredi (gen.) comitis a. 914 (n. 286), unbekannt; vgl.
namenb. I, 1295.
Wiilulftis &. 562 (n. 121), unbekannt; vergl. namenb.
I, 1314.
Quinigia a. 662 (n. 31) unbekannt. Ist entweder aus
Winica zu deuten, namenb. I, 1316, oder aus Winigisa, in
letzterem falle neu.
Gulfinus a. 562 (u. 58), unbekannt, namenb. I, 1343.
Es gebort nicht hieher, weiter die lautverhältnisse zu
betrachten, für welche die bisher angefdhrten namen uns
belehrung bieten; das muis im zusammeahange mit den
andern uns aus Spanien bekannten germanischen namen
geschehen,
Weit wichtiger ist es, dafs unsere iaschriften unser
bisher bekanntes namensystem abermals um mehrere uea
gefundene glieder willkommen bereichern. Der kürze we-
gen fasse ich den begriff dieser neuen namen etwas zu
weit, indem ich darunter solche namen verstehe, die in
meinem namenbucbe noch fehlen. Es sind folgende:
Amanavindu (nom.) a. 829 (n. 215), ein mönch. Er
fügt sich sehr schön zu namenb. I, 78.
Bracari , unbestimmte üeit und person, n. 193. Falls
der anlaut organisch ist, möchte man dieses Bracari (aus
Brae-hari) zu Braehio (namenb. I, 280), steht er aber un-
organisch für V—, so hätte mau darin das schon aus
namenb. I, 1337 bekannte Wrachar.
Fafila u. 739 (n. 149) ist der sonst schon bekannte
astunsche könig Favila (regiert wahrscheinlich 737 — 739),
der namcDb. I, 403 fehlt.
altdautsclte nkinen ans SpanicD.
435
Froilioba a. 739 (n. 149), frau des königs Favila, fögt
sieh jetzt zu seinem masc. Fraiiileob, nameub, I, 41G.
Geloyra a. 8ß2 (n. 2.i0), Geloyrae (gen.) a. 1Ü39 (n.258),
beide male die frau des konigs Ordonius II (sec. 9). Setzt
wol ein organischeres Gailovera voraus, das namenb. I, 460
seine stelle findeu uud neben die bekannten Leudovera,
Sislvera u. s. w. treten würde. Unser Geloyra ist wol das
spätere Elvira. Bei dieser gelegenbeit erwähne ich bei-
läufig, dafs auch wol die älteste Ximene iu unseren in-
schriiten vorkommt; es ist die Scemena, frau des königs
Adefons III (a. SUG— 910), welcbe n. 249, 252, 253, 259
begegnet. Der name ist schwerlich deutsch, eher baskiach,
sie stamuit aus Navarra und ihr vater, den die spaniscbeD
historiker Garcias Iniguez nennen, sieht auch nicht deutsch
aus. Eine unbekannte Sceraena findet sich a. 910 (n. 25ü).
Gisand a. 920 (n. 2-J3 ), unbekannt. Der name fügt
sich zu namenb. I, 517 und wird einst zu einer sicheren
"beurtheilimg der noch immer nicht genügend erklärten na-
nien auf -and beitraTOu.
Guodiliu(va?), abl. masc, a. 594 ( n. 115), unbekannt,
stellt sich jetzt zu dem aus namenb. I, 567 schon bekann-
ten fem, Guüdileuba.
Marispalla fem., a, 4*^5 (n. 135), unbekannt. Ist der
erste tbeil deutsch, so filgt sich der name gut zu namenb.
I, 9 1 1 ; der zweite theil freilich läfst sich bis jetzt noch
iu keiner weise als deutsch erweisen, doch verdient diese
form schon ihres hohen alters wegen weitere beachtung.
Nunlo, cognomcnto Öcemena a. 910 (n. 256), unbe-
kannt; die form findet sich jetzt zu den namenb. I, 968
erwähnten masciilinen Nunni, Nunno und Nunnil hinzu.
Auffallend ist dieses späte beispiel von bewahrung der go-
thischen femininendiing -o.
Silo sec. 8 (n. 145), fürst von Asturien (stirbt a. 783),
fehlt noch namenb. I, 1102, wo er zu den Zusammensetzun-
gen Silhard und Siliheri tritt.
Zerezindo dux? a. 578 (n. 91), unbekaiint, setzt ein
organischeres Scresiud voraus, das sieh zu den namenb.
I, 1108 f. angefahrten formen Sirobald, Siriaud, Sirigo,
28*
Föratemiino
Siriuald und zu dem obigen Zerimiindo fflgt, von denen
es doch noch zweifelhaft ist, ob sie zum stamme SIS ge-
hören.
Svintbiliuba (fem.) a. 6tJG (u- 20), unbekannt; eine
schöne bereicherung zu namenb. I, 1139.
Quistricia (fem.) a. 708 (n. 96) unbekannt; ergänzt die
namenb. I, 1278 angeführte namengruppe.
Ferner treten zu diesen neuen namen vielleicht noch
ein Widigail, ein Vintila und eine Winigiaa, die ich scLoii
oben im ersten Verzeichnisse erwähnte.
Bis hicher habe ich mir die nähere besprechung voa
vier inachriften verspart, die bedeutende Schwierigkeiten
darbieten und bei denen ich mir erlaube eine neue erklä-
rung vorzuichlagea.
Zuerst die grol'se grabiaschrlft n. 2 aus dem jähre 632.
Uns gehen nur die ersten vier Zeilen derselben an, die ich
nach dem meisterhaften facsimile hier in gewöhnlicher ma-
juskel mit auflösung der wenigen ligaturcn hersetze:
SINTICIO FAMVLVSDEI
COGNOMENTODEIDOMVM
PATERNOTRAENSLINEAGETARVM
HVICRVDITVMVLOIACENS
Hühner liest hier so: Sinticio famulus dei cognomento
del domnm paterno, traens linea(ni) Getanim, huic rudi
tumulo jaceus.
Dazu macht er folgende bomerkung: „Uaereo in no-
mine et origine viri illius csplicandis, nam si non cor-
rupta, saue valde obscura sunt qiiae de iis proferuntur.
Nam si Sinticionera (i. e. Syntychionem) pntamus cogno-
mento paterno fuisse insignitum dei domum quasi
signo aliquo, paene coacti sumus domum vocabulum pu-
tare prave scriptum esse pro donum, ut cognomen evadat
simile talium qiialia sunt Adeodatas et reliqua ejus ge-
neris Africana. Restant non minus insolenter dicta traens
lineam Getarum, pro origiuera ducene a Getis et
huic pro hoc rudi tumulo jacens".
Nimmt man zu alledem noch hinzu, dafs dieses be-
scheidene rudifi tumuluB ganz ungewöhnlich und bei
altdeuUctie namen lUi Spanien.
437
einer so sorgfältig ausgeführten inscbrift doppelt unpassead
iBt, so sieht man, dafs hier ein ganzes nest von 8cbwierig-
keiten vorliegt, denen abhülfe gescbaflFt werden mufs.
Und das scheint mir möglich zu seio, wenn man nur an-
ders interpungirt und in einem falle zwei wÖrter von Hüh-
ners lesuDg in eins Kusatnmenziebt. Ich lese also ohne
oin^ri bncliytaben zu ändern so:
Sinticio, faniulus dei,
Cognoinento dei domum,
Paterno traene linea Getarum
Huicrudi, tumulo jacens.
Die bauptsacbe ist, wie man sieht, der neue oame
Huicrud, den ich auf ein genauer geschriebeneß Wigahrotb
zurückfahre, d. h. kämpf berühmt. Dieser namc scheint
mir unbedenklich, denn mit dem ersten theile Wig- be-
ginnende und mit dem zweiten theile -hroth schliefsende
namen weist ja unser namenscbatz zahlreich auf, und die
umgekehrte bildung Hrodwig ist ein ganz gewöhnlicher
name, den ich nameiib. I, 743 mit zahlreichen beispielen
belegt habe. Die form Huicrud fällt gar nicht auf; die
Verstärkung des deutschen anlautenden V ist ja auf west-
gothischem wie auf westfränkischem und langobardischem
gebiete ganz gewöhnlich, der vocal der letzten silbe ist
gleichfalls gäng und gäbe und begegnet z. b. in dem oben
angeführten Rudisind. Höchstens wäre ich gern das aus-
lautende i von Huicrud! los, das mir zu altsächsiach aus-
sieht; es steht auf der inscbrift als kleiner strich in dem.
vorhergebenden D; ist es vielleicht blofs ein fehler des
Steins? oder bat der Steinmetz vor tumulo noch die prae-
positiou in anbringen wollen? oder soll Huicrudi ein auf
coguomeuto paterno sich beziehender ablativ sein?
Dieses Huicrud war also ein coguomentum paternum
(d. h. vom vater oder nach der väter weise gegeben) und
dieses paternum wird näher erklärt trans linea(m) Ge-
tarum, d. h. nach der rege! der Gothen, oder nach der
gen^plogie der Gothen; über die bedeutungsgeschichte von
linea vgl. Du Cauge. Oder ist liuea hier uageuau filr hu-
488
VÖTitetaauu
gna geschrieben? es ist fflr iiDsero zweck ganz gleicbgOT
tig, welche dieser deutuiigeQ die richtige ist. DaSa
trans frQhe seiue alte bedeutung verloren, ist bekannt.
Der barbarische name lluicrud macht sich aber in
einer frommen inschrift nicht gut; deshalb wird er vorher
ins lateinische übersetzt und zwar (etwa nach art des
bekannten abtes Smaragdus) entweder absichtlich oder un-
absichtlich falsch übersetzt. Denn Huicrud klang dem
Westgotben etwa wie ein ulfilaniscbes Veihahrotj veihs
heilig kann aber recht gut durch deus Übersetzt werden,
wie es ja im altn. Ve geradezu diesen sinn hat, und hröt
tectum sehen wir z. b. gleich in der ersten stelle (Matth.
VIII, 8) ganz in der bedeutung von domus eben so wie
das griech. artyr)^ das es übersetzt.
Also kurz gesagt heifst es in der inschrift: Sinticio
mit dem beinamen gottesbaus, auf gothiscb Huicrud. Un-
wichtiger ist es zu wissen, ob dieses Sinticio wirklich ein
griechisches Syntychio oder nicht vielmehr ein gotbiscbes
Sinthika (vgl. Sindicho namenb. I, 1104) ist, mit eingescho-
benem i in dem suffLxc wie etwa in den obigen formen
Quinigia und Quistricia.
Die zweite zu besprechende inschrift ist n. 97 und
stanjint aus dem ö. oder 6. Jahrhundert. Sie lautet so:
RE CES
FI DI
QAICO
Hübner bemerkt dazu: „Descripsi, neque vero intel-
lexi; nam de reces(8it) non est cogitandum". Doch bald,
nachdem dieses gedruckt war, ist der herausgeber einen
grofsen schritt in der deutung weiter gekommen, denn vor-
rede s. VII erwähnt er schon Recesfidi als gothischen na-
men. Gothisch wird er nun wol nicht sein; denu die nor-
disch-sächsische ausstoisung des n vor th kanuten die Go-
then nicht, aber germanisch ist es sicher, vielleicht euevisch
oder vandalisch. Sicher liegt hier der bekannte name Rec-
cisvinth vor, wenn auch hier als name einer unbekannten
person; das f ist unorganisch wie das zweite von Fafila.
altdeutsch« namen aus Spaiiien.
4S9
Die Inschrift ist mit ganz eigeDthämlicben soost oicbt
gebräuchlichea verzieriingen umgeben und durchzogen; es
scheint eine iu die mauer eines bauwerks eiogelassene tafel
gewesen zu sein, mit ibr zugleich haben sich mehrere zie-
gel dieses bauwerks gefunden, versehen mit cbristlicheo
zeichen.
Was kann nun das wort QAICO sein? als name wäre
er neu und würde sieb auch zu keiner schon bekannten
namengruppe fügen. Kein gothischea wort liegt näher als
vaihjö kämpf. Also etwa „des Keccisvith kämpf. Das
könnte das älteste deutsche kampfes- und siegesdenkmal
sein, bis jetzt noch allein stehend, in zukunft vielleicht zu
seines gleichen gereiht. Auf welchen kämpf mag das
gehen? Das wagen wir nicht zu vermuthen. Allerdings ist
dort, wo die inschrift sich befindet (Ossuna zwischen Se-
villa und Malaga), oder wenigstens nicht weit davon, in
der nähe des flusses Xenil, um das jähr 440 ein glänzen-
der sieg des Snevenkönigs Rechila, der mit Reccisvinth
nahe namenverwaudschafl hat, über den römischen befehls-
haber Andevotus erfochten; aber wer will darauf unsere
inschrift bauen?
Ich komme nun zu einer weit jüngeren, aus dem jähre
985 herrührenden inschrift (n. 231)< Da lautet die erste
zeile :
DEGET HIC : : HYMATVM ILDVAKE CNTSE SCM
CORPVS
was Hübner so transscribirt:
Deget hie humatum — Ilduarec(e)nt6e? sanotum corpus.
Ich mufs nun meine Überzeugung dahin aussprechen^
dafs durch die hiuzuziehung der auf Uduare folgeuden
buchstabengruppe zu diesem namen ein utimöglicbes na-
mengebilde geschaöeu wird. Es bandelt sich auch hier
um eine bekannte person, die Ilduara, mutter des heiligen
Rudestnd, welche wahrschoinlich a. 94'3 starb. Zugleich
füge ich hinzu, dafs bereits die Acta sanctorum im ersten
bände des märz (s. 105 der neuen ausgäbe) diese inschrift
besprechen; sie lesen Ilduare confessae. Diese leeart
halte ich nun oicht für die richtige, doch bringt gerade
Föntemann, altdeutsche namen ana Spanien.
jene steile der Acta sanctonim auf einen anderen Vor-
schlag. Dort wird nämlich erzählt, dafs diese Hilduara
aus asturiBchem königsgeschlecht abstamnie; ihre vorfahren
werden comitea, sie selbst comitissa genannt. Und die-
ses wort comitissa, vielleicht ßchou in einer dem spani-
schen mehr augenäberten form coutissa möchte ich am
liebsten in jener buchstabengriippe sehen; ich sehe nicht,
was dem sprachlich oder sachlich entgegenstände.
Merkwürdiger weise gilt es auch bei der vierten In-
schrift, das trugbild einer Hilduarensa zu verscheuchen.
Beide inscbriften bangen in nichts zusammen; jene stammte
aus dem äufsersten nordwesten Spaniens, diese (n. 92)
ganz aus dem eüden, jene aus dem zehnten Jahrhundert,
diese aus dem Jahre 504. Sie steht auf dem an beiden
selten beschriebenen decksteine eines sarcophags, der anno
1625 gefunden sein soll. Es lautet dort
HILDVARENS
FAMVLA DEI etc.
Die lesung beruht nur auf der autorität von Bobor-
quea anales de Moron (1638); ob die inachrift noch Jetzt
irgendwo vorhanden ist, kann ich aus Hübners mittheilun-
gen nicht ersehen; ob ihre echtheit so ganz feststeht, mö-
gen andere entscheiden. Bis auf weiteres möchte ich vor-
schlagen Hilduarena zu lesen mit jener unorganischen
aber so häufig vorkommenden durch die schwache decli-
nation veraniafsten erweiterung.
Wir bleiben also in beiden inschriften bei dem be-
kannten alten namen Hildiwara stehen, den ich namenb.
I, 681 belegt habe; er findet sich unter anderem schon
a. 523 bei Marini (papiri diplomatici n. 85), wo eine Hil-
de vara der kirche zu Ravenna eine Schenkung macht.
Ich Bchliefse mit dem aufrichtigsten danke an berrn
prof- Hühner für seine wichtigen und gehaltvollen mit-
theilungen.
Dresden, den 12. dec. 1871. E. Förstemann.
Savelaberg, uinbriiche vrortdotltungen.
Umbrische wortdeutungen.
1. Vatuva,
Die vorachrift Vatüva ferine fetu taf. Ia,13,22. Ib,
3.5, welche oft wiederkehrt und zwar einigemal mit wechaeln-
den formen, wie vatuvu ferime*} fetu Ib, 25, zwei-
mal mit feitu la, 4. 111,31, mit neuumbr.pIuraleaduDg o
in naiuo Via, 57. VIb, 1. 19. 43. VII a, 4, auch mit yer-
schreibungen vatra statt vatuva 111,31 und. ȧiwe statt
vatuo VIb, 45, hat sich uns aus Cato de re rusiica eut-
hüllt. Zur kuchenbereitung, schreibt er c. 7G, soll man
aus 2 pfund speltgraupen (alica) uod. 4 pfund mehl (farina)
kräpfel machen (id utrumque tracta facito). Diese werden
danu mit öl bestrich^ und gebraten (panno oleo uncto
tangito et circumtergeto unguitoque ubi tracta eruut. Fo-
cum, ubi coquas, calfacito bene), zuletzt iu den grofsern
kucben, die unterläge, einzeln eingesetzt (tracta singula in
totum Bolum . . ponito). Solche tracta, deren vergleichung
mit den thüriugiBchen kräpfeln von Gefsner herrührt **J,
heifsen bei den Griechen xanvoitiia, wie Atbenaios III,
p- 113 D. uns mittbeJIt: xaTXVQtöia xak,QVfiaifa TQcexra. Ka-
TTVQog aber bedeutet „trocken, gedörrt, torridus, aridus"
z. b. bei Aristoteles Probl, 21, 3, wo von äXiVQa und al-
(fita die rede ist, und stammt von y.ctnvEiv „blasen, hau-
chen", wie man ja wirklich getreide und obst auf darren
zum trocknen in die luft legte***). Ebenso gibt es im
aanskrit ein vom begriff „blasen" Lergdeitetes wort für
„trocken": vä-na^ particip von der wurzel vü „wehen",
eigentlich also „geblasen, gehaucht", dann „trocken, ein-
getrocknet", und im neutrum speciell „eingetrocknete
frucbt". Von derselben wurzel vä, von welcher noch son»
♦) Der laiilwandel von n in m wird im nächsten bände in «einem
ganzen umfange nachgewiesen werden. Einstweilen vgl. Bhein. raus. XXVI,
8. ISO. 131.
••) Hier in Aachen beatebt ein adj. krapp d. h. „hart gebacken" iu
der Volkssprache and krUppchere (pl.) „hart in batter gebacliene wcifs-
brodstttcke von kleinster Würfel forjn" werden in «appen genossen.
*•*) Tpcwtol ri iwf avxwY iftvn-n^n, not^ä lö nq^aivitv' tjyovi' tönoi;-,
ir&a jtjgaiintiai* uvia. Hesychios.
stige clcrivata; skr. vä-ta-e, griech. äfij-Ttjg, lat. und
goth. nasaliert veii-tu-s und vin-d-s hier zu beachten sind,
leiten wir das umbrische neulruin va-tu ab, welches ge-
bildet ist wie lat. ar-tu „gelenk", pltir. ar-tua bei Plauius
Men. V, 2, 102, tes'tu „irdene scLüssel**, pl. tes-ta (Neue
I, 359), OS-SU „knochen", pl. os-sua (Neue I, 358), und er-
klären in der art, wie ar-tu von wz. ar„ fljgen* etwas „ge-
flDgtes, ein geleok oder glied* bezeichnete, so das von wz.
va gebildete va-tu als etwas „gehauchtes, durch blasen
getrücknetes'' und speuiell in den utnbriscben tafeln als
„getrocknete, hart gcbackene kräpfet". Die in den oben
citierten stellen so oft wiederholte Vorschrift: vatuva
ferine fetu bedeutet also: tracta in farina facito.^ Auch
das lat. tractum scheint nicht sowolil vom verbum trah-ere,
unter welches es Freund stellt, für welche ableitung es
aber aufser der blofs scbeinbareo äuJ'sern ähulichkeit an
allem und jedem antafs fehlt, als vielmehr von einer Wur-
zel trag „trocknen" zu stammen, von welcher das ge-
wöhnliche verbum terg-ere „abtrocknen" nur eine Umstel-
lung sein dürfte, wie sie bei vocalen in Verbindung mit r
nicht selten ist: crS^vi cre-tum, spre-vi sprc-ttim, strä-vi
$trä-tum, iri-ni neben cer-no sper-no ster-no ter-ni, repo
fOr *srepo gegenüber serpo {Corssen, ausspr. 1% 455). Im
griechischen ist die wurzel rccoy erst kürzlich von Röscher
in den „Studien" (herausgegeben von G. Curtius) 1,2,115
in dem mouatsnamen Tagyrjhüi oder (:ia(>Y7]hoc^, den er
„dörrmonat* (n. jabrb. bd. CI (1870) 8.455) erklärt, ent-
deckt worden, und daraus die Umstellung TQay als Ober-
gangsforra z\i xmyui bei IIe.«iychio8 und XQ'iYV »<iörre,
fruchtreifc " (mit dem häufigen Übergang von a in v,
G. Curtius grundz." 667) gefolgert worden; endlich gehört
noch zur verwandten sippe lith. trökss-tu, altnord, thurka
„1) exsiccare 2) abstergere" und ahd. trukanjan „trocknen".
2. Fikla.
Die etymologie und bedeutung von fikla ermitteln
wir aus folgenden anhaltspuukteu. Von Varro's deutnn-
gen 1.1, VII, 44: „Liba, quod libaudi causa fiunt> Ficto-
i
^
umbrische wortdentung«!).
443
res dicti a fingendis libia" ist die letztere unzweifelhaft
richtig. Wenn nnn die kiichenbäcker der priester fictores*)
eigentlich „bildiier, former" hiefsen, so konnte der opfer-
kucben ab ihr gebilde oder geformtes gewil's fikia ge-
nannt werden. Entsprechende ableitungen derselben wür-
ze! sind im lateinischen ßgura „gebilde, gestalt", ßgulus
„tü[>fer", figlinum „irdenes gescbirr". Dafs im umbr. fikla
der auslaut der wurzel fig zu k verhärtet ist, nicht
blofa im altiimbrischen, wo uns gar kein g begegnet, son-
dern auch im ueuumbr. ßcla, dieCs thut der vergleichung
keinen eintrag; denn wie neben der häufigen Schreibung
Grabovie auf derselben späten tafel Via ein parmal Cra-
bovie V. 27. 37, neben öiterm angla Via 1. 3. 5. 6 nebet
angfaf v. 5 auch anclar v. 16 und ancla v. 18 sich findet
und wie veslicatu VIb, 16. VII a,8. 23. 24. 36 dem lat. vesti-
gare gegenübersteht, so dürfen wir umbr. fikla oder urepr.
*fikula mit gleicher Sicherheit dem lat ßgulus gegenüberstel-
len. Nun erscheint ferner fikla meist in Verbindung mit
Btru^la, einer art von kuchen, die lat. strues heilst und etwa
^aufsatz" bedeutet"), nämlich auf taf. IIa, 18. 29.41. Via,
59. VIb, 4. 23. VII a, 8.42.54, seltener in anderer Verbindung
auf taf. Via, 56. VIb, 2. 20. 44. 46. Vlla, 4. Bei den Rö-
mern ist strues immer begleitet von einem ähnlichen ge-
bäck, fertum oder ferctum , welches bei Paulus exe. Festi
p. 85 als kuchen erklärt wird: „Perctum genua libi di-
ctum, quod crebrius ad sacra ferebatur, nee sine strue,
altero genere libi, quae qui affercbant, struferctarii ap-
pellabantnr. Cato empfiehlt de re rust. o. 134, 2 vor
der ernte die strues für Janus, das fertum für Jupiter j
beim Umgang um den acker 141, 4 strues und fertum zu-
eammen für Mars, und so sind strues und fertum immer
verbunden, wie bei Gellius X, 15, 14, in den inscbriften der
arvalischen bröder bei Gruter p. CXXI, 1 v. 23 struib.
effertiB für struibus et fertis, und öfter auf den jüngst
•) Wie wir in inschriften finden fietor pontißcum b. Grnter 270, 6.
lOBi, 1. Orelli 2281. ßctor virginum Veslaimm b. Gruter 811, 1.
**) Peatiis p. 310 M.: Strues geoera iiboram sunt, digitorum conjunclo-
rnm dod dissimilia, qui »nperjecta panieala in IrnnsTersnm contincntur.
444
SaveUber^, iimbrigch« wortdeutuagsn.
•Busgpgrabenen tafeln bei Heozen, Scavi nel bosco sacro
dei fratelli Arvalj, Koma 1868, striiibus fertisque p. 62
V. 40 (v.J. 105 n. Chr.), p. 65 a v. 43. b v. 56 (118 n.Chr.),
p. 70 V. 58. 61 (120 □. Chr.), p. 75 v. 71. 75 (155 n. Chr.),
struib, effert. für Btruib(us) et fert(is) p. 80 b v. 5 (222
11. Chr.), und einmal struibas ferctieq. p. 75 v. 60,
welche Schreibung mit et oben bei Paulus und in Varian-
ten bei CatO' c. 134 überliefert ist und die ableitung von
farcire sichert*), sowie die genauere deutung „föllsel" **)
gestattet. Es liegt alao nichts näher, als die regelmäfsig
in begleitung von strues oder umbr. strupla vorkommen-
den kucben, l&t. ferta und umbr. fikla, der sache nach
einander gleichzustellen, wiewohl sie eich im namen so
unterscheiden, dafs fertum von der innern anfQltung und
fikla von der äufsern gestaltung oder dem kneten aus teig
benannt ist.
Savelsberg.
Einige versteckte ausläiifer der indogermaa^
sehen wurzel bliä „glänzen".
MO'
In den mir zu geböte stehenden sprachwissenschaft-
lichen werken scheint Überall eine europäische wurzel albb
in der bedeutung „weii's sein, glänzen" vorausgesetzt zu
werden. Für mich hat es sich jetzt mit hülfe des slavo-
litauischen erwiesen, dafs jene vermeintliche wurzel albh
auf die indogermanische bhä oder auf die von letzterer
ausgehende bhal reduciert werden mufs.
*) A. K. I, 32 wollten auch umbr. fikla zugleich mit X&t.ferctum «uf
dieselbe wurzel farc zurüekfilliren, indem sie ohne Zweifel die gleiche bedeu-
tung ahnten, doch sind sie apftter weßen der formellen Schwierigkeiten davon
abge^'atigen und haben ca II, 175 roil ßotla versucht, dessen bedeutung , feige*
jedoch nicht weiter hilft, endlich II, 106 erklitrtA.es doch aus ri(r)k-ttla
von WZ. ferk, was jetzt einer liosonderen Widerlegung nieht mehr bedarf.
**) Theils wegen der beschrcibung des ähnlichen libnm, welches nach
Cato T. r. 7G ein aus kilso, meM und ei bereiteter kucben war, theila weil
farcire speciell „vollstopfen, anflllleii " bedeutet, namentlich von wUrsten
botetli, wie bei Apic. IT, 3, und so wirklich Persius sat. II, 48 von opino
ferlo „fettem fallsal" spricht.
SchtSnberg, einige ventecktp au»lHnfer iler indogenn. wnrzpl bbä, 445
Meine ansieht basiert, wie man sofort ersiebt, auf
metathesis, deren grofses gebiet ia den indogermaniscbeu
spracben wohl noch viel zu wenig beachtet ist. Was die
einzelnen sprachen anbetrifil, so haben die meister in den-
selben aach auf diesem gebiete viel gesammelt, aber eine
genügende vergleichende behandlang dieser erscheinung in
allen indogermanischen sprachen fehlt meines wisscna noch
immer, obgleich eine solche gewifs glänzende resuUate er-
geben müfste.
Die wechselnde Stellung der laute biliteraler wurzeln
ist jetzt schon in fällen wie skr. a^-uian-, lit. ak-men-, slav.
ka-meni-, lat. ar-mus, got. ar-ms, slav. ra-m^ (aber niss.
armjakü), skr. ar-ja-, slav. raj sicher anerkannt, wiewohl
auch die Identität der wurzeln von skr, alpa- alpaka- ge-
ring, schwach neben griecb. ?.anaQQ-^, ^ctTtäatfco, skr. atga-
nebeu }Mywv die weichen, lat. arca neben slav- raka oder
der Wurzel skr, rabb neben ulrp von vergleichenden Sprach-
forschern nicht geleugnet wird. Aber viel weiter geht der
kritische Sprachforscher nicht, insofern gewifs mit recht,
als die gefahr zu irren sehr grofs ist, da die die sprachen
bei der Umstellung leitenden gründe noch zu wenig aufge-
hellt sind. Indessen liegen doch in jeder spräche solche
thatsachen vor, die zum vorsicbtigen weitergehen auflbr-
dem, und das darf man auch jetzt schon behaupten, dafs
in vielen sprachen r und 1 aus physiologischen gründen
zur metathesis neigen und gern die dem jedesmaligen sprach-
idiom bequemere Stellung sich aussuchen. Vgl. Leo Meyer
vergl. gramm. I, 270.
Natürlich ist das gebiet der metathesis in den neue-
ren sprachen gröfser als in den alten, unter ersteren aber
am grflfsten, wie es mir scheint, im slavischen. Hier weist
die metathesis die verschiedensten combinationen in der
aufeinanderfolge mehrerer laute eines wortes auf.
Schon aus dem altbulgarischen fftbrt Miklosich, aus
dessen vergl, lautlebre der slav, sprachen ich viele der fol-
genden beispjele citiere, die sonderbarsten Umstellungen
an. Hier seien genannt: gomyla neben mogyla grab, ko-
priva neben kropiva nessel, dvirinii neben dlvriinü zur thür
446
ScliSnberg
gehörig. Aua dem grolsrussisclien verdienen beachtung
uinstellungen wie nadobiti-sja nöthig haben (impers.) ne-
ben su-aiabditi-sja sich mit dem nöthigen versehen, die
beide abieitungen von altbulg, doba opportunitas sind, vse
nom. plür, neben dialecÜHchem svi alle, zmurili und mzu-
riti die augeobrauen zusammeudriickeDf kablucokü neben
klobucokü absatz; ferner die interessante Umstellung von
doloni (altbulg. dlatiT) in ladonT flache haud und schliels-
lich das auch im kleinrussiscbeu vorhaudene vedmid, grofs-
ruM, medvedi neben vcdmedi bar, eigentlich „honigesser*.
Letztere Umstellung zweier silben ist auch schon dadurch
interessant, dalk hier sicherlich Volksetymologie mitwirkte,
indem das volk, dem die etymologie des zweiten theiles
von medvedii nicht mehr ganz klar war, das berüchtigte
gehlste des baren durch das verbum vedati (vgl. auch ot-
vedati koäten), gleichsam mit der spräche spielend, sich
verdeutlichen wollte.
Aua dem kleinrussischen seien angefiihrt: tverezyj ne-
ben altb. trezvu nüchtern und die auch im serbischen ge-
bräuchliche Umstellung von monastyri in namastyrl kloster.
Zum Schlüsse nenne ich noch das sonderbar verdrehte nen-
ßlov. smejn neben senjem senem (wz, im und praepos. sü)
Versammlung und verweise den, dem das angeführte noch
nicht genügt, auf Miklosich vgl. lautlehre s. 296, 339, 444
482, 499, 519.
Ein weitreichendes walten der metathesis in den sla-
vischen sprachen ist demnach einleuchtend. Andererseits
zeigt aber auch das slav. rabü, rabota nebst abieitungen
gegenüber dem deutschen arbeit und griech. ähfävEir, dafs
das slavische die in eiaigen sprachen vorhandene Umstel-
lung vermied. So hat auch das slavo -litauische die ur-
sprüngliche Stellung der wurzellaute gewahrt in folgenden
von der wurzel bhä oder bhal ausgehenden Wörtern: altb.
bclQ beleti bcITmo, lett. bäls, lit. bäl-ti bal-tas bal-timas
gegenüber den nach meiner Überzeugung umgestellten lat.
alb-us (umbr. alfu, sabin. alpus) albäre albugo, griech. ak-
(pog, ahd. albiz, altn, alt't, ags. älfet scbwan. Auch im
•Inlge venteckte tiialBarer der indogerm. wurzpl bbfi.
447
griechischen und germaniachen blieb die urBprüogliche Btel-
lung der laute in rpaXö>i r^aXw^ tfahigöii, im composituui
(f,a},a-X{i6^ y wohl auch in tfct'Aan'a neben slav. beiuga der
hausen uud in altn. bäl bxl flamme, skr. bb&la-s glänz.
(Vergl. Curtius grundz. no. 407). Ebenso finde ich aber
auch nmstellung der sonst im slavischen gewahrten Ord-
nung der wurzellaute und zwar eine bemerkenswerthe, der
von doloni in ladonT, von monastyri in uamastyri etc. ent-
sprechende Umstellung in ruas. lebeda gegenüber lit. balaüda
atriplex, melde (für beide? ) und in ksl. JebedT, polu. lab<jdz
schwan gegenüber lit. balandis, lett. balud taube. Die
verschiedene bedeutung letztgenaoater, bei angenommener
Umstellung sich formell genau deckender Wörter poln.
tab(;dz und lit. balandi-s löst sich aber völlig auf, sobald
wir erwägen, wie oft überhaupt die ursprünglich einem
bestimmten thiere gegebenen nameu später auf ein anderes
übertragen werden, und wie gerade in diesem falle die
Litauer das wohl indogerra. wort für taube ksl. gohjbi als
gulbe für den schwan gebrauchen. (Vgl. auch lat. columba,
welches im griech. xoXvfißoq die tauchcrcnte bezeichnet.)
Ob aus dieser namenvertauscbung auch Schlüsse für die
Urgeschichte und die Wechselwirkungen der Slaven und
Litauer sich Kiehen lassen, mag ein so tüchtiger forscher
wie Victor Hehn entscheiden.
Die aufTSndung jener, wohl unbestreitbaren gleichun-
gen balandi-s = Jab^dsi, balanda = lebeda brachte mich
vor allem andern zur identitälserklarung der wurzeln albh
und bhal. Und in der tbat dürfte diese Identität, wenn
wir das nebeneinandergehen von formen einer spräche wie
eftt?.6^ und ithfüg oder von alf't und bal, uud von formen
verschiedener sprachen wie albus neben belü bälas nebst
ihren oft genau stimmenden ableitungeu näher betrachten,
ferner bedenken, dai's eine der allgemeiu angenommenen
Umstellung von wz. rabh in arbh analoge Umstellung von
WZ. bhal die uubequeme gruppe abl ergeben hätte, — schon
durch die gleich ungen balandi-s = lab^dz = albiz zur
gewifshcit erhoben sein. Zum Schlüsse stelle ich hier noch
448
Zeyft
zusammen die freilich oichts beweisenden flufeDamen Belaja
■ihfetoi^ und Albis.
Tagaurog, den 14. november 1871.
G. Sohönberg.
Erörterungen aus dem gebiete der italischen
sprachen.
1. Deber sons.
Sont- hat Aufrecht in d. zeitscbr. bd. VIII, p. 71 — 74
ftir einen participialstamm erklärt, der aus ksont- eat-
standen sei, welches auf den griechischen participialstamm
xravT- von der wurzel /.rn zurückgehe, weswegen er als
ursprüngliche bedeutung desselben ^ zerstörend, tödtend"
angenommen hat. Diese erklärung hat Corssen in den kri-
tisctien beitragen zur latein. forraenlehre p. 33 — 34 mit
recht deshalb zurückgewiesen, weil es erstens nicht erweis-
lich ist, dafa ursprQngL kt sich im lateinischen im anlaut
zu ka gestaltet habe, und weil zweitens für die behaap*
tung, dafa im lateinischen von der anlautgruppe es das
das c geschwunden und nur s iSbrig geblieben sei, äaa
von Aufrecht angeführte lat, sex im vergleich mit dem
zendiachen zahlwort der sechszahl kbsvas keinen sicheren
beweis gibt. Richtig hat dagegen, wie es auch Corssen
a. a. 0. gebilligt hat, Lottner in d. zeitschr. bd. VII, p. 188
sont- mit dem ahd. siinta, nhd. sönde, zusammenge-
stellt. Diesem vergleich füge ich noch das altpreufsische
wort für strafe hinzu, dessen nom. sunde lautet, wie der
acc. suüdan und sundin und der gen. sundis. S. Nes-
selmann in der altprenfs. monatsschriffc bd- VIT. 1870.
p. 319. Beide Wörter, jenes deutsche und dieses altpreu-
fsische, stimmen in form und bedeutung auf's beste zu
dem lateinischen sons, schuldig, strafbar*).
*) ülemma neueste nntertacbliiigen Über aons (Ccrtias Studien III, 338 fT.)
scheinen dem berrn verf. bei abfiusiuig seiner bemerkuiigen noch nk-bt zu-
g&nglich gewesen za sein. Vgl. auch Fick in dieser Zeitschrift XX, 867 AT.
Ann), d. red.
eraiig«D ana dem t;obiete der ital. sprachen.
449
2. Ueber iuterpres.
Interpres gehört zu denjenigen Wörtern, welche die
Älteren und neueren etymologen auf die verschiedenste
weise ?M erklären versucht haben. Während bei dem
7,weiteD theil dieses wortes einige, wie schon Isidor. Origin.
X, 123, an pars dachten, stellten ihn andere mit pre-
tium, wie in neuerer xeit noch Pott etym. foraeh. th. T,
p. 206, oder mit 7ii-n (td-cxw, npctCig, und mit 7i{» cea^ro ,
wie zuletzt noch Schweizer -Sidler in d. zeitschr. bd. XI,
p. 76, andere mit parare und wieder andere mit praes
«usainmen. W. Kellner meint sogar in Herrigs archiv
filr das Studium der neueren sprachen und literaturen 1871,
bd. XLVin, p. 14S, indem er mehreres unvereinbare auf
einen gemeinsamen wortstanim mit dem begriff b rausen
zuriickftihrt, dais auf diesen auch der stamm pret in iu-
terpretari zurückgehe. Ich enthalte mich jedes worte.'»
ober diese irrigen, meistens von G. I. Vossius im Etymo-
logie, ling. lat. p. IBü näher dargelegten ableitungen.
Der zweite theil von inter-pre{t)-a ist vielmehr, wie
von Curtius in d. zeitschr. bd. IV, p. 2.37 und grundz. der
griecb. etymol. p. 624. 3. aufl. gezeigt worden ist, dem
Corssen über ausspr., vokalism. und beton. 2. ausg. bd. II,
p. 409 mit recht beistimmt, mit dem lit. prant-ü (merke),
prot-as (einsieht, verstand), die auf die wurzel prat zu-
rückgehen, und den entsprechenden gotb. fratb-j-an (ver-
stehea), fr atb-i (verstand), frod-a (klug), frod-ei (klug-
heit) zusammenzustellen. Noch deutlicher wird dies, wenn
wir i nter-pre(t)s nicht blofs mit dieser ItLauiscben und
zugleich lettischen wurzel prat (vergl. lett. prohtu, ver-
stehe, indem lett. oh == ursprüngl, an ist), sondern auch
mit der entsprechenden altpreufsischen wurzel pret (ver-
Htebeu) vergleichen. S. über diese Nesselmann forschun-
.gen auf dem gebiete der preuieischen spräche. 2ter beitrag
[in der altprcufs. monatsschrift bd. VUI. 1871, p. 77 — 78.
[Sehr fraglich ist es dagegen, ob mit jenem litauischen
prat und lat. pret das gricch. (fgaä (in (f(}(tL.ü}), wie Cnr-
'tius grundzQge d. griech. etymol. a. a. o., Wackernagel und
ZeiUchr. f. vergl. pprachf. XX. 6. 2i^
450
Zeyf»
Leo Moyer vcrgl. gramni. bd. I wollen, identisch sei. Dies
aber stellt nach dem vorhergehenden fest, dafa intor-
-pres eigentlich denjenigen bedeutet, welcher zwischen
zweien das verständnifs über irgend eine sachc ver-
mittelt.
3. Ueber viilpes.
Vergleichen wir griech. äkamj'^, dkunsxoii sowohl
mit ä?.oi7i6g {bei Hesych. ccImtius äkwmxcüStjg^ ncevovp-
jo?) und (<Xwnd (bei Hesych. äXotTzci i) ff7.w'nj/|), ala
mit dem lit. und altpreiifs. Iäp6 und lett. lapfsa, eo er-
gibt sich, dafs « prothetiach, '/.tun die etammsilbe und ex
Suffix ist: vgl. Curtiiis grundz. der griech. elyniol. 3. anfl.
p. 334. Dafs nun mit diesem griech. älünr/^^ dem Ht.
und altpreuls. liipe und dem lett. lapfsa das gleichbedeu-
tende lat. vulpes dasselbe wort ist, geht wohl deutlich
aus der gleichheit der coiisonauten der Stammsilbe 1 und p
hervor. Dennoch haben dieses mehrere gelehrte geleug-
net, indem sie vielmehr, was allerdings an und für sich
ungeachtet der Verschiedenheit der bedeutuug möglich
wäre, mehr oder weniger bestimmt vulpea für dasselbe
wort mit dem nhd. wolf erklären oder doch beide Wörter
auf dieselbe würze! zurückfiihren, wie Pott etymol. forsch.
I. th. p. 149 — 150 und 258, Förstcmann in d. zeitschr.
bd. I, p. 494, Lottner iti d. zeitschr. bd. VII, p. J75. Al-
lein so nahe auch diese Wörter einander zu stehen schei-
nen, 80 sind sie doch in der Wirklichkeit von einander ver-
schieden. Die indogermanischen Wörter fßr wolf nämlich,
skr. vrka-9, kslav. vlükii und vülkii, griech. Ai'zo-^,-,
lat lupu-8 und zend. vehrka, altn. vargr, lit. vilka-s,
goth. vulf-8, gehen auf eine grundform vraka-s oder
varka-s zurück, deren wurzel sich im sanskrit in der
form vrapü (lacerare) zeigt. Hier ist iu der kslav., gr.,
lat., lit. und goth. wortform das r in 1 und noch überdies
in der lat. und goth. die gutUiralis in die labialis flberge-
gangen, sowie in der griech. und lat. das anlautende v
geschwunden. Vgl. Curtius grnndzüge der gr. etyraologie
Sranf^^Sn^^ETete der italischen sprachen.
451
3- aufl. p. 153. Dagegen erscheint in dem lat. vulpes,
wenn wir es mit den oben angeführten ihm entsprechen-
den Wörtern vergleichen, der hinter dem anlautenden I ste-
llende lange vokal als kurzer vor dasselbe gesetzt, wie in
pulmo, verglichen mit nkiVftoiVy der attischen form für
Tti'iiitKaVy der hinter dem inlautenden 1 stehende diph-
thong als einfacher kurzer vokal vor dasselbe gestellt. Ein
ähnliches verhältnifa findet zwischen diilcis, scaipo,
sculpo und yXvxvg, yXdrpWy yXvrpto statt. Vgl. Diet-
rich de litterarum in lingna latina transpositione p. 15.
Dafs aber der in vulpes und pulmo vor dem 1 stehendo
vokal gerade u ist, hat seinen grund in dem dem u ähn-
lichen vokalischen beiklang, den das volltönende lateinische
1 hatte, in folge dessen es einen vorhergehenden kurzen
vokal sich zu u assimilirte. Vergl. Dietrich de vocalibus
latinis subiecta liüera 1 affectia. p. 28 ff. und Corasen über
ausspr. , vokalism. und betonung der lat. spräche 2, ausg,
bd. I, p. 220. bd. II, p. 138 flF. Das vor dem u aber in
vulpes stehende v zeigt, dafs in dem griech., lett., lit.
und altpreufs. worle anlautendes v abgefallen it>t, Vergl.
Curtius grund/.tige der griech. etymologie 3. aufl. p. 334.
Wir werden daher als grundforra der Stammsilbe vlap
oder valp annehmen müssen. Eine stütze findet diese an-
nähme in dem entsprechenden albanesischen namen des
fuchses (iE^Jisü K, insofern, wie in italo-alb. binnto = lat.
vespera, für anlautendes lat. v das atbanesisebe d bietet.
S. Stier in d. zeitschr. bd. XI, p. 143—144. Dunkel bleibt
indessen die wurzel dieses Wortes. Kaum erwähnenswerth
ist die erklärung der alten, die volpea für ein aus vo-
lupes entstandenes compositum hielten, mit welchem der
fuchs benannt wäre entweder, qiiod volare! pedibus
(Varr. de ling. lat. V, 20, 101. Quint. I, 6. Caper de ver-
bia dnbiis), oder quod volubilis esset pedibus (leider.
Origin. XII, 2, 29), aber ebenso wenig annehmbar ist Potts
(etym. forsch, th. I, p. 258) vergleichung von griech. «Aw-
n?;| mit skr. löpäpa-a (aasfresser), worüber s. Curtius
a. a. o. p, 334, und dessen ableitung des lat. vulpes (ety-
niolog. forsch, th. I, p. 149 und 258; th. II, p. 485) von
29*
152
V. Knumer
der akr. [irappos. inseparab. vi iiud der wurzpl lup (sein»
dcre), wonach es animal rapax bedeute.
Zeyle.
Zur beseitigung von mifsverstäudnissen.
Weun ich mir einige bemerkungen zii der anzeige,
die das vorige heft d. zeitschr. Ober meine gesehichte der
germaii. pliilologie gebracht hat, «« mHchpii erlaube, so ge-
schiebt dies nicht, um mich zu beschweren, sondern um
mich wo möglich mit meinem wohlwollenden hrn. recen-
Beuten zu verständigen. Derselbe nimmt anstoi's au der
art, wie ich in meinem hnche Goethe und Schiller bespreche.
Ich mnfa aber hier vor allem bemerken, dafe mir nicht
von fern in den sinn kommt, die unermcfslichen Verdienste
Sowohl Schillers als Goethes um die geistige wiederanf-
ricbtung unseres Volkes längnen oder verkleinern zu wol-
len. Wer das, was ich an verschiedenen stellen meines
buches über Goethe sage, unbefangen liest, der wird leicht
erkennen, dafs hier ein begeisterter Verehrer des grofsen
dichtere spricht, der eben als solcher die vorübergehende
abwendung des herrlichen raannes von unseren vaterländi-
schen dingen beklagt. — Was Schiller betrifit, so nimmt
mein hr. recensent nicht sowohl an dem austoi's, was ich
sage, als daran, dafs ich nicht mehr von Schiller sage.
Dies unrecht scheint ihm um so gröfser, als ich dann viel
zu ausführlich, wie er meint, von den romantikern spreche,
die doch nicht entfernt mit Schiller zu vorgleichen seien.
Hier aber läfst der hr. recensent ganz aul'ser acht, dals
ich nicht die geschieht© der deutschen literatur, sondern
die der germanischen philologie schreibe. Ich be-
spreche die romantiker nicht als dichter, auch nicht als
theoretische ästhetiker, sondern als mitgrönder der germa-
nischen philologie, als die immittelbaren Vorläufer Jaknb
Grimms. Wie es nun sehr abgeschmackt sein wOrde, die
dichtungen A. W. Schlegels über die Schillers zu setzen.
zur beMitigang von mifsveretändiiisBen.
80 würde es aiKliersehs gpgen JJe historische Wahrheit
verBtiiiseu, wenn joiiiivmJ behau[)t«ii wollte, Schiller halte
sieb eingehciuJoi- mit dem Nibclungeiified beschfiftigt als
A. W. Schlegel. Davou aber, in wie lern Schiller aui' dem
gebiet der germoniacben pbilolugie thätig gewesen ist,
handelt sieb''s in einer geschichtc dieser Wissenschaft. Dai's
Schiller wegen seiner grofBartigen wirkung auf die ganze
deiitsijhc geistesbilduijg und insbesondre auf unste fistbcti-
schen ansichten aunh in einer gcscbicbte der geruKUiischen
pbilologio gewürdigt werden sollte, ist richtig, und ich
hatte aueb in jueiiien entwürfen eine ausführlichere besprc-
cbung Scbillei-8 beabsichtigt. Als ich aber haud au's werk
legte, wollte es mir scheinen, als wenn das, was ich hier
zu sagen hatte, nicht sowohl in die geschiL'hte der ger-
inauiscben philulogie als in die der ästhetik und der deut-
schen litenUur gehörte. Ich beschlofa deshalb, mich hier
mit einigen atidputiingen zu begnügen und meine vorarbei-
ten zur darstullung Schillers fflr eine besondere abhand-
lung zurOckzulcgeu. Ich hätte dies nicht thun sollen,
Denn Schiller fordert auch in einer geschiehte der germa-
uischen philologie eine eingehendere besprechiing. In so-
fern also erkenne ich den tadel ujeiues verehrten hro. rc-
censenteu als begründet an, Wenn derselbe aber in mei-
uein verfahren die „abweuduug der rouiantiker von Schil-
ler" wittert, so verkennt er mich gänzlich. Hätte ich mich
auch sonst nirgends über Schiller geäufsert, so würde
schon das wenige, was ich in dem vorliegenden buche
(s. 2Ü2. '25);i. ÖBOfg.) über ihn sage, genügen, um jeden un-
befangenen leser vom gegentheil dessen zu überzeugen,
was der br. receosent bei mir voraussetzt.
Haben wir es im bisherigen nur mit vereinzelten eiu-
wendungen zu thun, so komnieu wir jetzt an einen schwer
wiegenden Vorwurf, den der hr. recensent meiner ganKen
darstcllnng macht. Er meint nämlich, ich führe den lescr
nur flVoa einer studierstube in die andere". Die germa-
nische philotogie „habe aber noth wendig einten ganz engen
zusammeuhang mit dem pulitiscbeu leben der Völker", da
sie ^dte beschäftigung mit den heimischen, den vaterlän-
454
V. Rautner, zur büseitigung von »liriiYersUlDdnissen.
dischen dingen" sei. „Dieser gewaltige hintergrund, von
dem auf die eiozeliien gelebrteu ein ganz anderes liebt
strahlt, ist zwar nicht ganz ribergangen, sagt der hr. re-
censerit, andeutiiDgen finden sich, aber sie sind vereinzelt
lind stellen das ganze nicht als ganzes nnd also nicht für
den unkiindtgen dentlieli und lebendig dar." Ich gestehe,
unter allen denkbaren vorwürfen, die man meinem bach
hätte machen können, habe icli diesen am wenigsten er-
wartet. Auf den gerade entgegengesetzten hatte ich mich
gefafst gomaoht, dafs ich nämlich zu viel Patriotismus und
politik in die geschichte der Wissenschaft mische. Meine
neigung zog mich ohnehin nach dieser aeite. Aber da
mir die gesohichte einer Wissenschaft anvertraut war,
hielt ich es für pflicht, meiner neigung den zügel nicht
scbiefsen zu lassen. Ich huldige nämlich noch der altvä«
teriscben ansieht, dafs man in einer geschichte der germa-
nischen philoIogie vor allein die geschichte der germani-
schen philologie zu suchen hat. leb glaube auch, dafs
dies mafshalteu meinem werke vortheil gebracht hat. Denn
jeder rechte leser will, dafs seinem eigenen nachdenken
auch einiges überlassen bleibe. Dafs aber irgend ein leser
meines bucbea die vaterländischen gedanken, die dasselbe
vom ersten blatte bis zum fetzten durchziehen, nicht be-
merkt oder nicht verstanden haben sollte, das kann und
will ich Dicht glauben.
Erlangen, am 14. märz 1872.
Rudolf von Räumer.
FIcchia, Giovaaui, Di bIcuiid t'oTnm de' nomi lucali dcU' Italia supe-
riore. Dieaertazio-ne linguiEitirit. Torino, ErtnaDuo Löscher 1&71. Eatr.
daJIe MenKirie della Reale Acckdemi« delle Scienze di Torino. 4.
pp. 101.
In der ortsnamenforscbnngj soweit sie romanisches ge-
biet betriflft, ist für Frankreich, die Schweiz und Tirol
schon beträchtliches geleistet worden. Aber erst die vor^
liegende schrift macht Ortsnamen Italiens zum gegen-
atiJ einer wirklicli wisseuscLaftticbcn iinteisi _
den beneonunsPn der oberitalicnischen ortBchaften wer-
deu die vier bemerkenswertliestcn licrauBgcgriflen, näm-
lich die auf -ago, die auf -asco, die auf -ate, uüd die
auf -engo, von denea jede eiuer audereu spräche augebört.
1) venez. -ago, friaul, -ä, lomb. -ag, -ac, piem. -e, in
der schriftsprafhe -aceo, -ago, -^, lat. -acum (aucli
weiblicb -iiga, -aca, da diese; formen eigeutlicib adjektiv;i
zu fundus, villa, praedinm u. s. w. sind) ist keltisch.
Es bildet, von den rein kcllisclien nanien abgesehen, ablei-
tungcu aus römischen gentilnamen, z. b, Lisignago ^
liiuiuiauuni, ausnahmsweise aus götternameß, z. b. Mer-
curago ^ Mercuriacum (vgl. Mogontiaeum). Neben
-ago (-acco) besteht nach Flechia s. M eine nebenform
-igo (-icco), z. b. Marcignago und Marcenigo,
Mornago und Mornigo. Allein hier ist i nicht aus a
entstanden; es ist abzutheilen -n-ago und -ni-go : Mar-
cin(i)-acum und Marcini-(a)eum, Mauri n (i)-acuui
und Maurini-(a)oum. DicBelben namen lauten franzö-
sisch Maroennay und Marcigny, Mornay und Mor-
goy. Aber hier ist y = e ^ ai (unter vorwärts wirken-
dem jotazistisubcu eiuÜuiä); dort scheint i = ia = ia zu
sein. Wir nchmeu nicht den geringsten anstand Busuagu
(8.21) auf Biisone zurückzufübreu, da auch B osonasco,
BosnaBCO und Busonengo vorkommeu und -iacus
(denu i verscbniilxt mit der endung) an gexmanisohen stüin-
meu urkundlich bezeugt ist (z, b. aus Lothringen finis
Dodouiaga, Kagiubertiaca). Weit eher erregt Pes-
lago = Pisoniaeum (a. 50) unser bedenken; denn 1 in
Ottole ngo, Ugoliuo und so vieku andern ist aus n
durch dissimilation (neben n ixud ni) hervorgegangen. Das
gleiche gilt von Boaolasco (a, 60). 2) -asco (-asca)
ist wahrscheinlich tiguriscb; merkwürdig nur seine weite
Verbreitung, an welcher doch das germ. -isk nur gerin-
gen aatheil haben kann. Vgl. z, b. aua Graubönden: Va!
Susasca (bei Süss), urk. Erasca ^ Araschgen, Tu-
milasoa (vom orte Tomils) = Domleachg, Tuverasca;
aus Vorarlberg; die bergnamen Nenzen gast (bei Nen-
456
Scbucbardt, anzeige.
ziag) und Laiiüeagast, iirk. (!). jabrb.) via Gisin-
gasca (vou Gisingeu). Diese eDÜung trilt nicht uiir an
persoiiennameti, sondern auch au pflanzennamon (/. b. Pi-
uasco) und an andere ortenamcn, allgemeine (z. h. Cam-
paeco), wie besondere (z. l». BorgamaBco). 3) -ate,
italianisirt ans lonib. -at, -a = lat. -atnni. Die form
-ato findet sieb für breseianische Ortsnamen, wie Bor-
nato (im novaresischen Bornate) und aurserhalb der
Lombardei, z. b. Soverato (im ncapol.). Meistens aber
entsprechen diesem lomb. -ute, iuBofern es die natürliche
heschafienheit eines ortes andeutet (denn es bezeichnet zum
grolsen theil den persönlichen besitz), die gemeinromanischeu
-etum und -ariae. In Caravate (im comask.J und im
niail. caravee, steinhaiife, gemäuer uimint Flechia (8.81)
carav a)a identisch mit lomb. churw. tiroh crap. Aber
überall, wo wir dieses wort antreffen, zeigt es p, nicht b,
noch V. Vielmehr stammt carav vom kelt. car, das nicht
nur in alten, soudera auch in vielen neueren Ortsnamen
erscheint, z. b. fr. Caralbe, Quercize, Chpyrouse
11. B. w. neben l*eyrealbe, Pierre-Scise, Uochouse
n. s.w. (wenn auch in einigen an quadrum, quadra, pr.
caire gedacht werden kann, woher Flechia den Ortsnamen
Carate leitet). Die kelt. ableitungssilbe av ( Zeul's Gr.*
783. 831 fg. ) ist gerade in Ortsnamen des benachbarten
Rätiens nicht uuhäufig (vergl. Cal-av eiia, iirk, Scan-
-av-a, Tal-av-erna, Vicin-av-es). Als appeliativum
lautet carav im comaskischen garov oder gärof, stein-
baufe; davon veltlin. garaviua, absturz, steingeröll (vgl.
comask. sgarotii-B, einstürzen, herabroUen, von gemäuer
nnd geetein). 4)-engo (-enga) gleich deutschem -iug,
-ingen (bis nach Toskana hinein), meist an germanischen
pereonennauien (doch auch Giordanengo, Pedrengo).
Zu den gleichiingeu zwischen eis- und transalpinischen Orts-
namen lassen sich noch einige hinznfßgen, wie Ghisla-
rengo = Geisselhöring, Marengo = Mebring,
Rodengo = Koding, — Möchte der verf., der nur ge-
legentlich nach Mittel- und Söditalien hitid bergreift, von
hier den stoff zu gleich gründlichen und iutercssanteu ar-
beiten eutuebmeu.
H. Schuebardt.
I. Sachregister.
Abfall fincfl antnatenden vocnls ror j
r im iBteiiiiscIicn and nltnordiechen
10; tiincs antaiitundün n iinil m
der dUsimilatian halber 50 ; des
aDslantenden b itRlischer praeposi-
tioneii bei enklilischer aiilebnung
an das folgende wort 88. 89.
Aorist auf -S^y 359 f.
Aasiin ilatiun im deutschen 401;
nothwt-mligß ftsaimiUtion 402 A.
dea an1aut9 aufeinander folgender
hilbra S-10.
Ausfüil der einen von zwei auf cin-
aifllcr folgenden gleichen süLen in
vedischeu verbalformen 71, im la-
teinischen 79. SO ; eine« conaonan-
tcn vor einem andern 402.
Causale bedeutung curop. vcrba ih-
ren arischen verwandten gegenüber
83.
Comparation dar adj. 842.
Composita, deren erstes glied «ine
pTftepoaition ist, im Iateims.chen 49.
Conaonanten: üebcrgang von c in
g im lat. 9. 166, von b in g im
vulgärlat. 340, von n in 1 43— 6l>,
von teiiuia in media im griech. 60,
von p in b im neaumbr. 83. 65,
von V in f im lat. 15 — 28 (im
romanischen 22, im iri&chen 23),
in m 174. r und I in den europ,
sprachen 30. Labiale im griech. =:
gutturalen im lat. 32. Entwicklung
von k aus vocalea im rublaer und
siebeubUrgiBchen dialect 73. d und
t vorgeschlngen in dent«cIiQn pro-
nominalformen 195.
Con'sonantengruppen. ru (lu)
für VBr in den indogermanischen
sprachen, durch die mittelstufo *vrii
(*vla) zu erlilären, 9 (1. ; im spc-
ciollen nach einem andern coni^o-
nanten 4. 6. abfall von anlauten-
dem c vor r schon in der Rnind-
spracbe & ; ausfall von g vor d im
latiitniechen 12 ; auafall von x oder
abachwttcbuiig desselbeu zu s in
italischen cviisonantengruppen 14;
ausfall von tt , if zwischen n und
ji im griechischen 18; von p zwi-
Kchen r und m im lateinischen 18 ;
lat. f nua der gruppe sv ciitatanden
23 ; genetiscbes verh<nia der con-
Bonantengruppeu griech. o-.t, if, n-r,
y*; lat. st; skr. kS 87f. cf. 89. 40;
abfall von unlantendeni u vor ip
89.43 (speciell Inkonisch rc, = ge-
meingriecli. i^ aa^ sp S9); a wirkt
auf folgendes n aepirirend 89; a
folgendes c zu ir verhärtend 43;
ausfall von r vor st im lateinischen
79; tibergang von tl in cl 138 f.;
von tr, dr in er, gr 140. — tv:
Dmwandlnngen desselben im lat.
145. ks im sanskrit 179.
Consonantenveratürknng 341.
Contraction, Verdunkelung der be-
deutung durch dieselbe 337.
Dativ im got. und lit. 407.
Decllnation, Uebergang der a-
stKmnie zu i- stammen im altnordi-
schen 9. umbrische ablativformen
auf -i, -ei von -u- stammen 89 f.
e-declination im lat. 848.
Denominetiva (grieeh.) 829.
Deutsche dialekte. Arbeiten über
dieselben aus den jahron 18G9 — 70:
72 ff. Buhlacr dialekt: lautliche
und grammatische eigonthUmlich-
keiten 73f. (vgl. auch unter con-
aonanten und Steigerung),
analogien mit dem englischen 73,
slavischc! lehnwörter 74.
Dual in pronominalformcn der neuo-
ron deutschen dialekte 192.
Elision in lat. wörtein 847.
Etruskischc nominntive auf-a8 92.
Fremdwörter 76.
458
Sachregister.
Grhjiicitual, auB(;iin^e<puiikt fUr dio
wisseascbaftliclic btoTlieUuiig der
in<1oi;erninnUcben gebrauche 75.
Xlulbvor-ale nach rocaleu entwickelt
im unnbr. 118 cf. 339. — j nach
k uml g im albaniachea 2S9.
Ilauchrerdiclitung 337. 3i0.
Uiatus, bescittguiifj desselben dureli
coiitioiiaiitciipiiischub 33K.
] ni pe rfec t bllduug Lni lat. 325.
In doger maiieD, bciinath dereelbeu
378.
lascbrjften aus Sponien 43& — 440.
Locntiv im slavtschcn 407.
Mosgapigch. Mestiapisch d &1 ft'.
55 aniii. Verdoppelang stamiiihar-
ler L'ousouuiiten vor cier gcnctivcu-
duQg ibi 54. Cousouatiteiigruppeii
55.
Hetathesis 445. Mctatheaia zweier
consonanlen, die durch «inen vocn!
getrennt find 24: die nicht nar
durch eitlen vucal, sondern auch
durch einen coiisoaant«n getrennt
sind 2i. 2&. Metathesi» des r iu
den ruman. sprachen, 260-
Namen. Folge der namen in ctrun-
kiscben iiischrilleu 92, in oskischeu
98. cf. 103 iV. beamtentitd im la-
teinischen und etrusitiacbeii zu Zu-
namen geworden 93. oskiache per-
Bonuiibeneiiiiijugen ohne crwähuung
des vaters Üä. oskische (und fa-
liskiscbe) peraoueabeueniiuugeii mit-
telst des (ktccndcutea ]05/r. na-
men auf -io- oakiscti zugleich aia
Vornamen und als familicnnacntin
gebraucht 113. weatg»tische na-
men auf Span, ingehriftea 430.
Naaaliruug 335.
Ortananien. Oberitalieuische Orts-
namen auf -ago (igo), aseo (asca),
ate, engo : Ursprung und analoga auf
andern gebieten 4B5 f.
Osklsch. Oakischo inschriften er-
läutert; a) grabschriften: 1) grab-'
gcbrift von Sorrento 96. 2) grab-
sehrift von Anz5 96. 3) grabschrift
von Cumae 97 ff. 4) grabscbriften
von S. Maria di Capua 99 — 109.
b, 1 ) slempelinscfarift eines Siegels
von Pompeji 1(J9 f. 2) weihcin-
schrift von Moli.-ie 1 U ff. 3 i in-
Bclirift eines censors von Boviununi
1 1 4 ff. — uoin. sing, der oskischeu
eigennamcn auf -io- 9&. cf. 1U3 f.
It3. langes i im oskischeu durch
ii oder if ouügcdrilckt 101. uo'iii,
sing, der oskiaehcn noiuJDa auf -lo-
102. oskiacbe stumme nuf -o- bil-
den den gen. sing, »tets auf -eis,
-efs 104. 105. verdUunung von e
za i im Dskiscben 105. oskisch {
neben i HO. oskiscb b ^ lat. v
nur da, 'vro letzteres aus gv ent-
standen 1 12. uafciscbe nora. »'ing.
auf -SS von mttnnlicben -a-stUni-
nieu 112.
Paolignisoho Inschrift 181.
Perfflcthildung dos lateinischen
auf vi 333, auf si 334.
Personalen düngen. Entstellung
der mit r anlautenden pcrson-ilcn-
dungen des sanekrit nach Bcnfey
69. 72.
Promctheuesage 201.
Stumm«. Stimmo auf -man in der
Wortbildung wie stamme auf -ma
behandelt 165 f. stSmuie auf -ni
im gricch. 328. *
Steigerung der kürzen i und u xu
Iki uud IUI im liuliloer dialekt 73.
Suffixa. Lat. -iltie, -u]u.-j ailjoctiva
aus suhstuntiveti tibleiteud 8 ; suf-
fixales s im hüchdeutschcn 10; la-
teinische subütantiviL auf -ido setzen
vcrba auf -irc voraus 18; erweite-
rung lat. subsLanlivüt&nme durch
das suni.t -Tc-, -ie- 20; lateinisch
-Tc-, griechisch -ux- in deminutiver
bedeutung 20; griechisches secun-
därtuffix -i't/v-, rfff'h- 27; ncun-
darsuflix -fo- (-ijy«) "> der be-
deutung lateinischem -öso- nahe
liegend 28; neutrales -ja- in col-
lectiver bedeutung 30; erwciterung
altnordischer adjectivstÄmme durch
das suflix -an- 3 1 ; luflix -*aiua-,
altbaktri^ch -aena-, griechisch -o-o-,
gotisch -eiuu-, hauptsächlich von
ftoffnnniea ableitend 42 f.; grie-
chisch -lAo- 50; noutralsuffix skr.
-t»3, griechisch -iol;, lateinisch -tus
80; skr. -üka-, griechisch -i-xi;,
-\'yil von intensivis ableitend 80;
umbr. cto ^ lat. -6tum 84 f. ; umbr.
-erno = lat. -ema 87; urabr. -alu-
mit den cnKusformen -ato, atui ^
lat. -atu- 89 f. ; lat. neuumbr. -un-,
alturabr. -un- Ol. — Lat. olo, culo,
4
Sachregister.
459
cro; cla, cnla, cra; cino, cinio;
cundo 134 — 147. cf. 240. Com-
parationssufBxe 842. — keltisch -av-
in Tätischen Ortsnamen 456.
Superlativbildong im latein 842.
Syntaktisches. Anslassnng der
verbindnngspartikel „und" im nm-
brischen und altlateinischen 88.
U m b r i s c h. ümbrische gefttTsinschrift
von Fossato di Vico erl&ntert 81
—95.
Verba, abgeleitete. Abgeleitete ger-
manische verba auf -jan neben grie-
chischen auf -in 9. 40.
Verbalen düngen an pronominibna
nnd parükeln in deutschen dialek-
ten 196. ableitnng der verbalen-
dnngen aus httlfsverben 321.
Verbal formen, zusammengesetzte
822.
Vocale. Lat. o und n ans älterem
ou 14. altn. 6 s= i der andern
germanischen sprachen 30. germa-
nisch i =s ä der gnmdform 30.
griechisch i; ans a vor q 87. os-
kisch { aus e dnrcb einflufs eines i
der folgenden silbe 47. lat. n ans
älterem vo 128. ou^, oub, ona,
oi im franzSsiscben 262 f. Ueber-
gang von a in o und u nach la-
bialen 269. 274; von on in lie, üa
(im albanischen) 278, von ie in i
(desgleichen) 281, (1 fttr i in deut-
schen dialecten 278.
Wnrzelerweiterung dnrchdh8.5;
durch bh 8. 38 ; durch k 3 ; durch
d bei wurzeln auf g im altbaktri-
schen, griechischen, lateinischen 12 ;
durch n im griechischen =s c im
lateinischen 82 ; durch d im litaui-
schen 88.
Zimmerische chronik. Ihre be-
dentnng fUr sagenkunde und ver-
wandtes 56 ff. Ihre sprachliche Stel-
lung: veriiUtnis zur neuhochdeut-
schen Schriftsprache 57 f. ; geogra-
phische begriffe der chronik: , hoch-
deutsch ", „ oberlendisch " u. s. w.
58; (Ualektische färbung als ent-
schieden alemannisch nachgewiesen:
lautlich und grammatisch 60 — 62,
am Wortschatz 62 — 69.
/
II. Wortregister.
A. Germanisclie sprachen.
1) Aeltestes deutsch.
Albis 448.
Mannns 408. .
Sugambri 84.
2) Gotisch.
A. ülfilanisch.
aflinnan 318.
aihta 327.
alev 340.
aljis 47.
authar 48.
arms 445.
asts 176.
azgo 140.
bleiths 41.
dauhta 827.
deigan 21.
drigka 412.
fauho 10.
foo 40.
frathjan 449.
frods 449.
fulls 409.
funins 40.
gadanrsta 327.
gamainja- 307.
ganauhta 327.
garebsni- 164.
hairda 168.
halte 164. 858.
hrainja- 807.
hnltha- 858.
hnn 187.
hveila 180.
kuntha 827.
laikan 11.
laiks 11.
leihvan 408.
liudan, lauth 2.
mahta 827.
manags 48.
manaseths 188.
mosta 327.
mnnda 327.
nadrs 140.
naiv 808.
4B0
Wortregister.
^^H
uhta 327.
Bolesuri 431,
436. ^^^1
ifatn 162.
Bniuciri 434.
Witiza 434. ^^M
ilivn- 11)2.
1 Cliiudasviulbus 432.
Wittirici 434. ^H
rnjjina- 163.
llimjus 431.
Zerexiiido 434. ^^H
rahtijaii 164.
Ebiii'iDua 431.
Z«rimundu 438. ^^H
riiiia 163.
E^ricnui 430.
^^1
saei 191.
Elkcano 431.
^^1
sakaii 31.
Hamakuns 31.
Ermeogon ... 432.
Erminigildi 482.
3) Altbochdeatscb. ^H
sarva 32.
Krvigius 431.
446. ^H
sanil 367.
Fafliii 434.
Am ^H
«eins 42,
Froila 431.
ancbal 412. ^^M
skstt« 179.
Proiliuba 434.
Äva ^H
skalda 827.
GamiuB 431.
^H
siiinkka 28. 411.
Geloyra 434.
^^M
H »t'Mt 8B0.
Oisand 4S4.
daucb 412. ^H
^^H
Gultinus 434.
dtincbal 412. ^^M
^^^ aunna 408.
OuiKlebebius (?) 432.
dunni 408. ^^M
Bvaintiia 28.
<;iiiiKliliu . . . 434.
vona ^H
ave 4^.
Gundmalvi . . . 432.
frauca 412. ^^B
Bvers 31.
Milduarena 439.
Fraiico 412. ^^M
srcs 42.
Iluicnid 437.
gaUa 408. ^^^H
svikns 34.
Hunirnc 432.
^^^H
svikautlis 84.
Ilduara 489.
^^^H
tulgus 21.
Levviun 432.
^^^H
Uiz- 34.
Liuvigildua 432.
^^^M
(hairsan 409.
Marispnlla 435.
^^^^M
tUaurfta 827.
Modufredi 432.
halm ^^^^1
thaursjan 409.
Nunlo 435.
halz ^^^H
thriäkan 313.
Oppilani 432.
^^^H
iisgeii^nan 304.
qaico 439.
^^^M
vaurms 27.
Qaiiiigia 434.
^^^M
▼eis 30.
Quistriciii 436.
^^^H
vigaii 28.
Kamirn» ^32.
^^^^H
vilüjeis 27.
Ranimirus 432.
^^^^1
vimls 442.
Baniilfo 433.
bold ^^^H
viasa 827.
ßeccaredi 433.
^^^H
vuliin 3.
ReeceBviütlius 438.
^^^H
vulfg 4 50.
Recisviiith 438.
^^^^H
vulln 409.
Hudciindo 432.
^^^^H
vnlthus 29.
Silo 434.
^^^H
vrika 26.
Sintila 483.
^^^^1
vruggo 26.
Stsibuti 433.
cbraph ^^^H
^^^
SUnando 433.
cbrimpban 3G7. ^^^^H
^^H
Sünuica 433.
^^^H
Svinthilanus 433.
^^^^H
R. Wc stgo tiBclio
SvJiUbiltuba 43(>.
^^^^H
eigennttmen.
Teüdeinirus 433.
^^^^H
Teadefriitii 4 33.
luhs ^^^H
Adofonsus 481.
VertsmuTiflu 433.
^^^^H
Agila 13 ].
Vintila 426.
^^^^H
ÄigD 431.
Widigail 436.
Poppo ^^^H
Aniannviodu 434.
Widigclu» 434.
prAwa ^^^H
ArgimJTu 43 i.
Wifredi 434.
'lucon ^^^^1
Bacauda 431.
Wülulfae 484.
^^^H
Wortregister.
461
ragin, regin 164.
ruodar 139.
skrank 412.
scrod 363.
Bcroddn 363.
scrötan 362.
semtön 368.
scrouzen 364.
Sparagildis 169.
stamphon 411.
stSchal 360.
stichil 360.
sunna 368.
sunta 448.
Tassilo 169.
trnkanjan 424.
wella 409.
werran 26.
widarliehseni 14,
wnrgian 25.
zer- 86.
zwfsala 146.
zur- 84.
4) Mittelhochdeutsch.
bem 173.
bratscbe 248.
brfine 178.
buole 42.
vanke, venken 39.
fobe 10.
Tunke 39.
gagen, gageren 160.
gSsen 303.
gis 308.
krapfe 367.
scberz 164.
smiegen 366.
sticbel 360.
stnit 152.
5) Reahochdentsch
and beatige ober- nnd
mitteldentsche dialecte.
bajoar. aink 194.
ameise 25.
arbeit 446.
alem. schwüb. Srrachen
a. s. w. 154.
ballen 387.
rahl. dann'nktt 74.
bajoar. dSs 194. 196.
dreist 79.
durst 409.
bajoar. fränk. Is 194.
schw&b. eisperbeer u. s. w.
14 f.
bajoar. eng(er) 194.
bajoar. enk(er) 194.
fladen 74.
freien 41.
alem. fries, friesen 67.
frone a. 8. w. 391.
fucbs 10.
gSbren 803.
garstig 308.
gas 303.
geisel 304.
geist 303.
ruhl. hass^rt 78.
alem. scbw&b. jöueken,
jaicba u. s. w. 163.
rahl. kaimatsch 74.
rohl. klamassen 74.
klein 306.
berlin. klumpatsch 74.
krank 806.
kringel 132.
nihl. kUbUder 74.
Loisach 1Ö9.
löschen 812.
menchel 319.
Milbiller 169.
moos 177.
mttcke 407.
muster 139.
alem. mflch, manch 316.
pladdern 74.
ruhl. qaä'tschen 74.
quehle 146.
quer 146.
qnirl 146.
rnhl. redder 76.
ringen 26.
roth 5.
rotbthler, rothwild 7.
rüder 139.
Bnhla, die Ruhl 74.
schaden 177.
Schaf häutl 159.
sehen, scheuen 88.
schlaich(en) 385..
schlaiken 886.
Bchlaitzen 387.
oberd. schleipfen 148.
Seidel 159.
Strut, Striet u. g. w. 152.
stampf 409.
sUnde 368. 448.
Schweiz, tannkuh 74.
frank, unka' 193.
Unstrnt 162.
rnhl. walfir 74.
wirren 26.
wUrgen 26.
zeter 76.
Zwetschge 75.
zwist 146.
6) Altsächsisch.
fi-leskian 812.
bodlös 188.
heiig 364.
hildi- 358.
holt 868.
ö|$ar 413.
regind 163.
söB 418.
sannea 868.
swfis 42.
sweban 41.
werran 26.
wargil 26.
7) Hittelnieder-
dentsch.
niederrhein. bouk 161.
niederrhein. fluelen 150.
niederrhein. harres 161.
niederrhein. kampkot 161.
niederrhein. lösten 161.
8) Neaniederdentsch.
A
ämeken, emeken 25.
niederrhein. enk(e) 194.
niederrhein. gtttt 194.
niederrhein. geger a.8.w.
150 f.
niederrhein. gött 194.
westf. it, jit, git 198.
westf. iDk(e), ank(e) 198.
niederrhein. j&tt, jött 194.
miegamke 34. *
■^^
Wortregister.
^^^H
H dittnars. mirL-m, niirimo-
wi'l 30.
.^^^^^H
1 ken 26.
wreuc, vvrence 3.
^^^H
1 niederrtaein. Siik(e) 194.
^^^H
1 sSr, sür S3.
Ijös, Ijd^a 14. ^^M
^K
12] EngUsch.
^^B
halrcd 73.
mü, mäi)U 306. ^^M
9) Altfriesiacli.
lather 13.
margr 48. ^^|
ruocbt 2.
newiiig 310.
maurr 21. ^^|
piaroire 24.
Diciss, pl. meisar 1. ^^M
ticklc 24.
mcngi 48. ^^B
vrrong 26.
mi'gamaurr 24. ^^H
10) Veufriesisch.
mür 366. ^^M
at 193.
131 Altnordisch. Is-
mund ^^H
jat 193.
ländisch.
mnndlaug, mnllaug 13. ^^^^|
jet 103.
Dararr ^^^^H
joiik(er) 198.
&l 366.
^^^H
jUDk(er) 198.
alft 446.
0-ff\a, egia HO. ^H
onk(er> 19.^.
arör 138.
Srr ^H
Hnk(er) 193.
arian 44.
rau^dyri 7. ^^H
wat, wet 193.
biU (btel) 447.
TaujgX ^^H
^^^
berjfl 178.
rau|^ 6. ^^M
^^^H
bredda 408.
raun ^^H
brun 178.
regln (rögn) 163. ^^H
11) Angelsächsisch.
bryua, bryni, -ing 178.
clasamall 47.
rejna 9. 40. ^^H
rjdtSa 5. ^^^^H
Slfet 446.
fiölkiinnigr 84.
ro;^ra ^^^^H
berian 113.
f(5n 10.
fyör. rrCf 7. ^^^B
bold, büü 138 f. 1
fiStlaug 12.
samfc^'r, sanifedra, aani- ^^H
cempn 411.
fn'knnr 44,
feddr ^H
citelian 24.
Iiallr 358.
samkynja 81- ^^H
gelilEsnced 412.
hall S55.
sammcüi^r, s&ramoeijra, ^^^^|
hille 354.
halr 354.
aamcnocddr 31. ^^^^H
healil 358.
haltr 358.
^^^M
Ie«)t1an 2.
h!cll 403.
^^^^^
lihan 408.
bei 354.
^^^^M
ksnn 14.
heia 30.
^^^M
nevesetJSa 810.
bildr 358.
^^^M
nivol 310.
hSll 409.
^^^^H
roddan ö.
holmi 855.
^^^^1
s«cht 31.
bolt 358.
^^^^1
scrüd 362.
hrata 164.
spraka ^^^^^|
seid 139.
kappi 4J1.
^^^^H
senvnn, syrwan 32.
kle 10.
atcttar-kor ^^^^H
searn 32.
kviatr 148.
^^^H
seiir 33.
kvi'el 146.
^^^^1
slse'p 41.
koUr 408.
BT^ 42. ^^^^H
sticel 360.
laugr (nicht lößr zu
^^^^^1
BW»' 6 42.
schreiben) 13.
^^^^^1
swefen 41.
laug, -B, 12.
sykn ^^^^H
swete 36.
loiga 408.
syn ^^^H
switol , Bweotol , «wutol
leika 11.
^^^H
84.
leikr 12.
^^^^1
lirig* 30.
M 10.
tor- ^^^H
Wortregister.
463
trano, trani 140.
tUDgl 14.
perflast 50.
|>urka 442.
urga 26.
lir 29 f.
iSrigr, ürogr 29.
vagar 23.
Vali 74.
vargr 22. 460.
v^l 30.
vfli 30.
v^r 30.
villr, Villa 27.
virgoU, virgill 26.
virr 408.
vökr 166.
vökra 167.
v5r, gen. varai 26.
ygrr, gen. ▼orrar 26 f.
fn 80.
14) FärSUch.
okkara 193.
okknra 198.
okkiir 193.
tikkara 193.
tikknm 198.
tikkar 198. 196.
tit 193.
Vit 198.
15) Norwegisch.
aakon, aakons 198.
dekan 198. 196.
dokkers 198. 196.
egen 42.
frokle 44.
jotnl, jutnl, j6tel 44.
r5y 7.
Böyr 33.
apraka 40.
sprftja 40.
atrükje 40.
vig 24.
veßrleikr (vfleig) 11.
vega 24.
16) Schwedisch.
ankare 412.
andra 418.
ttril 44.
b&nk 412.
Anna 418.
knnnig 413.
ian£ 412.
16 10.
Iddder 13.
lyssn, lyssne 14.
mal 44.
manke 412.
man 413.
okar 198.
sann 418.
skinn 418.
stnbb, stobbig 411.
södre 418.
Vit 198.
yrja ^6.
17) Dänisch-
anker 412.
bänk 412.
l&nke 412.
manke 412.
ögle 140.
sammel, samle 47.
syd 418.
vrang 26.
1) Altgriechisch.
ayröi 34.
aätifioovrti 166.
a^Qotp 178.
aiffo u. 8. w. 88.
ttl^aXioi 45.
a^ärot n. 8. w. 46.
äfiu* 88.
d^ovqoq 27.
ciii%f]q 28. 442.
aixlor, aiK¥ov 44.
äxo; 173.
alfiakiot 45.
dXäofiat 27.
alt, 27.
aXfialvu, akttiai 27.
dXlaaao) 48.
uAJl^Ao- 48.
akXoq 47 f.
aXcpävuv 446.
B. Griechisch.
'AXifttoi 448.
äXq)0<! 446.
dXiiiniil 460.
aXunäq, -na 460.
äf4aX6i 176.
ä/(a^TO(i'&) 170.
dfißXlaxw 169.
äntO-^tiv 26.
ä^i'o; 175.
ä(i:ttXoi; 60.
drtftüXioi 45.
'Av&iiXfi, -Q^vri 44. 46.
ävtXtXv 141.
dnoiqaat 26.
aitTW 31.
'Aqyoq 876.
aqdaXlaf -via 44.
aQriftiroq 168.
cipoT^ov 138.
avail^o; 46.
avalvu 46.
avy^ 168.
aii^f'i'Ti;« 367.
avXot 50.
avoi 83.
avzöq 187.
ätplqil.
ßaxxt\qiov 142.
ßäxrgon 142.
ßdfvai; 111.
ß.d 162.
ßloq 162.
ßXdaxri 3.
ßXoavqii 27.
ßoqiial 15. 16.
ßqaxttr 171.
/J^öja« 171.
ßqoxoq 26.
ßiqfiai 16. 16.
ßvQftöi; 20.
}'(i'(ä 188.
y^fi'« 408.
^H 464
Wortregister.
^1
■
^^^1 yliäifw, yXi'(pt) 4.51.
xtj'lq 856.
//ngjiioAÜTTfu' 17 f.
1
^^H ^'irxt'f 451.
xlitdo; 36 6.
ftn(j,HO(jOs 17.
H
^^^1 yriäati 365.
xi-ciitaQOi 357.
fiiHi/ivin 17.
H
^^1 WZ. yQV &. 362.
xAaiu 356.
fjof/'i'ffcnii'mt 17.
H
^^H ]fQvt,iti 3Ö4.
xXiifia 366.
fin[iHiii 1 7 f.
^^^B
^^^H Y(fVfüa. 362.
xXdiv 356.
/log^idji' 17.
^^^H
^^1 /(iiTTt; 362.
xnij'irfjos 447.
/Y.ng/jMTO? 17.
^^^H
^^H öa((a,f 40.
KoidJi'o? 356.
/<opi|(iSf< 18.
ftnnijfi 4. 18. 171.
^M
^^^1 deiftatvia 45.
KO(j<Ji-(j 30.
^^^B
^^^1 äfi/in).f'oi 45.
xpad«»! 164.
Mo^i^jj'; 18.
^^^H
^^1 il/;fnuai 172.
xyfxo?, x/^xo? 1 32.
fioiitfoj 18.
^^^H
^^^1 di/er^'}uaxa»'oi' 17t.
Kia.iv/iai 179.
/(dcr;fO? 176.
^^^H
^^H Ij^froi;, f/;cAoi; 44.
xxtii'oi 179.
|untoi; 176.
^^^H
^^^B li'(jyrvfit 26.
xxrjfia 179.
/^iiU, 169.
^^^B
^^^H tiifyiii 26.
xt^in^ 179.
/,;^,^/,,; 15 f. 24 f.
^1
^H
xi/^C« 179.
itVQiioi 16 f. 25.
^1
^^H fAi>T(in>' 143.
xrt).n? 180.
fri^d? 320. 366.
^1
^H WZ. /^;' 21.
x>>(jiTai-io,' 45.
fiütlinq 170.
^^^M
^H f^dui
kaywf 445.
i/iüoi' 43.
^^^H
^^H t(iltCi'iir
ialoi' 10.
Jii^iii' 179.
^^^^1
^^1 i^iaOnt
iäXiyO-jo; 144.
6^0? 170.
^^^^1
^^H iQttf/öi; 10.
Irinaiinq 445.
n/äaJ.*'os 45.
^^^H
^^^B tgtiiänt' 6.
i(f^Os- 364.
ntdilioi, niSafriü 46.
^H
^^H f^d'i-a
Iriioy 10.
öiarö.; 176.
^H
^^H /^fl'Jr'MUI 9. 40.
J.ix^o? 44.
dXtxoi 314.
^1
^^H J^vir^at 32.
J.txj-n»' 44.
öAAtyii. 313.
^^^H
^^H tgunrir 9.
Utqov 43.
ojtnhj 46.
^^^H
^H /iK, ir- 33. 34.
J,n]''fn' 12.
o/iaio; 46 f.
^^^H
^^H li'ayTiq 34-
loi'fooi'. XneiQnr 13-
n_(((i}'rtos 31.
^^^H
^^^H niyttaiiinq 4ö.
Ai^/^cj 3.
ÖjiUllTlHllOi 31.
^^^1
^^^1 lidiot; 35.
h'-ynq 3.
öfinnaxuiQ, Oftonät
QtS^^
^^^1 fr/ia^irj; 1*21.
ii';'i 10-
81.
^^^H iv^öaip^:; 32.
At'.xn; 2. 450.
finTaUoi;, urtTav/oi;
45. ^
^^^B tipalioi; 4B.
A(u;'ai(Oj', imjai'ifi"' 41.
fra>.niiior 177.
öirtiroi; 46.
B
^^^1 Jt/jfiirrK 4&.
n^,yä<; 21 f.
^M
^^H i'tSv^
^raAAe'q 175.
d^l;'f^^u 21.
H
^^M VXti< <7/<^ i~7-
fiäonat 121.
Ö^iyij 21.
^^^H
^^H &iiya).inii 45.
/i«yij 121.
Öm^o; 3.
^^^H
^^^1 O^riyartof 4fi'.
;fa«:tiii 171.
'Ö();(/a« 19 f-
^^^H
^^^1 (>i;>'a>'); 45.
ftäiiiiui 171.
St>)iixa<; 15 f.
^^^H
^^H ^(miTiii;, Oä^Kioii 79.
filläöjifnq 177.
öuHn( 19 f. 32.
^^^H
^^^1 ixfiatriu 45.
^f^r'int 189.
öi^i^ia; 30.
^^^H
^^^H tx/iiikioq 45.
fiitianii; 172.
äa/nq 176.
H
^H
fiiiinf 178.
oifyl'J 178.
H
^H
/rfraHlOKiü?', yrf i««;i<Jl(flS
oi'ifn 30.
^M
^^^a xa/xa^i'f( 45>
45.
»('(■avivvoc 20a
^^^H
^^H KctyxaMa 45.
fiii^o» 47.
oi'^otrd? 20.
^^^H
^^^1 xa;'xai'/o<; 45.
fiiairiii 366.
o'poM 30.
^^^H
^^^1 xayxarBq 43.
/W<o? 176.
i/fiiof 23. 142.
^^
^^H xä^a/rni,- 353-
,Hniu;^ 177.
nxiivq 24.
H
^^^1 »ar&Jjkinq 46.
finiO-fhi'ut 177.
öj;<»i; 23.
H
^^H xa.r!}oiv 46.
f»itj/<ij 17.
rialaCx»»»' 376.
^^^H
^^H xani-^Minc 441.
fi{)()tiryt. 17.
ndi'OQftnq 19>
^^^^1
^^^1 xf^iäixiriu 45.
fiof ijniiixi) 80.
nreo/ja« 179.
^^^H
^^H x((>Jal<oi; 44.
/(Of/<oli''xe»o>' 17.
D»(Jea<Tioc 874.
1
1
■nthQax'^giov 142.
IJtXaayoq 869.
Ui^aißot 378.
rthaXot, niirjkoi 46.
ntfoi; 46.
nCttiloq 176.
nAfi'ucdy 461.
noTtiQtor 142.
ILjOfiij&tii 202.
Tnlaavop 364.
nröa, nxola 86 flf.
nToi(», nrot^cu 87.
nivaAoi', jiTutlof 46.
36 ff.
mvQfia, mvqfio^ 86.
;itr*j 87.
■nvXri 170.
gäftfia 82.
^affTo; 32.
Qanrto 32 f.
Qoq)iiä 32.
o'ai'TaAoi' 60.
ffocwi dTjd-ot 189.
(TKij;!!«» 361.
axlftnio) 861.
ffxoiino; 361.
(TxKjj^äAio; 44.
(rxi'^<>ciiK« 45.
OftriXia 866.
<ro|9)? 43.
WortregUter.
anaqyaa, anaQyiia 40.
ffnilo; 46.
antv&-^Q 89.
tfnöyyos, aqoyyoq 28.
fftvAo? 46.
ffrixor 23.
aijaqayim 40.
ffiyi- 48.
atfQtyäat 40.
lai'i'? 408.
TogyqXws (öoey-) 442.
rigJift» 172.
Trjx<i> 172.
Tgiijpo» 172.
T 11X01' 28.
('VA09 166.
vöaXioi 46.
(pad'ot 38.
(^Jlati'a 447.
^.aAax^o; 447.
(paAij^ö; 447.
•jtaAto; 447.
^aAd; 447.
qlyyoi 88.
qiyyvt 39.
^j/ 48.
(jf»;//i 88.
(f0aru 39.
qO-^yyoftai 88.
qi*^« 179.
^/Aai 46.
4€5
9,fA( 48.
7>iA^(u 42..
(pCkni; 89. 41. 60.
(ftfioi 89.
(f^i- 89. 48.
qifpaxa 46.
0/£ 89.
yö^i/ 48.
q,OQfuxa 16.
(f oiia« 39.
q-QÜI^u) 449.
;(;«/< ('ij 166,
;foiii 408.
XQaiiiu 362.
XQifinjta&ai 863.
;^^i'(rd; 8. 363.
j^^w; 362.
ifi'AAo? 20.
latjj^oq 176.
2) Byzantinisch.
Neugriechisch.
/JÖAt») 245.
ygifiitaroi; 245.
yvip&oq 248.
^ocjun« 244.
.,4^.^» 51 ff.
«r^xAoc 141.
lof'jSAoi' 247.
C. Albanesisch.
(Der tosklsche dialekt nnbezeichnet.)
halt 245.
berr 268.
geg. b«r»{ 242.
brazfm 253.
brüske 253.
biial 243.
geg. biiklejez« 264.
billtsi 248.
biirr« 284.
bttsk 264.
cotte 266.
dertöj 261.
dnSk 264.
geg. dzibg 244.
ieater 248.
Zeitocbr. f. vgl. spraebf.
^gre 248.
geg. fer 248.
geg. ftrgöj 261.
fjdljg 252.
geg. gargarä 264.
gergiir 261.
gjelj 248.
sic.-alban. gjSr 248.
gremf 246. '
grfndem 254.
grinze 256.
jam&T 248.
j^t« 248.
kandü 243.
kemis 248.
kjUnkj 248.
XX. 6.
kjut^te 257.
koOd 248.
kökä 249.
geg. kol^ 242.
krem 266.
kukj 249.
knlje'te 247.
geg. kulumbrf 249.
geg. kurarf 246.
knpetöj 250.
kür 260.
gic.-alb. kurts^tü 261.
geg. läp 264.
liv(5r 248.
Ijdpe 264.
Ijuaj 260.
30
^H
Wortregister.
^^H
^^H löinke 242.
t6»B6 244.
^^^H
^^^1 geg. mbolja ?50.
geg. rrfke 243.
tertiirk 261. ^H
^^H m6\eze 2ä0.
miaj 251.
kalabr.-alb. a'rm(>lje2ßl. ^H
^^^1 geg. miimitie 241.
ruiJ 261.
ine tokiie 256. ^^M
^^H mana 2S0.
satnar 251.
tröv« 255. ^H
^^H
güg. getg 244.
Uits£ 255. ^H
^^H geg. Dgrt 245.
sitda 244.
^^^H
^^H paldntze 250.
geg. skjök« 248.
^^^H
^^H
skoj 256.
^^^^H
^^H peläme 248.
geg. sundurmÄ 251.
lapf 244.
adkfre ^^^H
^^H per
^^^^H
^^H geg. pits«re 255.
UrU 251.
vs ^^^H
^^H pljep
seutdse 257.
rätra 248. ^^^H
^^H rtjüar
£8$ 251.
^^H pljtibuT 251.
ietdne 251.
reljej 362. ^H
^^m pltStske 242.
Skispur 255.
v«rr{ 252. ^H
^^H
Spor 247.
vioir 252. ^M
^^^1 pulkje'r
ätfnk 255.
vittör« 263. ^^^H
^^H fartc'ke 244.
geg. stSrngöj 2S1.
^^^H
^^^1 |>tirure 256.
geg. Strdz« 244.
vorfen ^^^^H
^^^B rerndj
ätrime 252.
geg. zSr ^^^^^^
^^H
geg. stmng4! 346.
geg. zapi' ^^^^^^
^^B
Italische sprachen. ^^^|
Betitins, BetuCius 113.
constemare , conslernari ^^M
^^^^ 1) Lateinisch.
btduum 85.
^M
Bohetyus S40.
consaere 33. ^^^
^^H Achivi
caeruIuB S.
coqno ^^^^H
^^^H adulare. adulari 31.
caeaiuB H.
^^^^H
^^^^1 tidulter, adultera 49.
caligo 365.
^^^H
^^^H Agcsilavos 340.
calim (=: clam) 354.
crena ^^^^^^
^^^H agtius 175.
callus 355.
cresco ^^^^^1
^^H albus
canis 145.
crumrna 3G2. ^^^^^|
^^^H aliginigenus 340.
cclare 354.
culmen ^^^^H
^^H
celerissimiia 34 4.
Cdlmua ^^^^^^
^^H alter
cella 354.
CBlter ^^^^B
^^H »Itemip 138 f.
-cellere 356. 357.
Cupriue ^^^^^|
^^^H 141.
cerus 143.
curvug 175. ^^^^^H
^^^H KncnluTC 141.
cicatrii 400.
cusBi 334. ^^H
^^^H asniculus 144.
cingero 400.
Danavi«, Oanavom 340. ^^^H
^^^H aratrum 138.
Cipiua 109.
^^^^H
^^^H arca
cippiis 301.
dihaconas ^^^^^|
^^H ArchelayoB 340.
ciroare 132.
dio (snb dio) 36. ^^^^^|
^^^H archivuni 340.
circns 132.
^^^H
^^H Argivi 340.
cladee 367.
^^^^H
^^H
claadere 166.
^^^^1
^^^1 annue 445.
clunduB 164.
^^^^H
^^H audi{v)unt 339.
Clav» 357.
^^^^1
^^^H auguEtuB 168.
colli» 355.
^^^^^1
^^H 340.
Collum 844.
emem ^^^^|
^^^1 baculum 143.
polor 364.
^^^^H
^^H Banuius
columba 447.
esse 846. ^^^^^|
Wortregister.
467
exaDclare 141.
exstemare 86.
fastus 79
fastidium, fastidire 80.
fei 408.
ferculum 143.
feretmm 143.
ferire 173.
ferre 844. 846.
fertura 443.
fia 132.
ficus 23.
fingere 21.
firmus 17.
forctis 21.
forctns 21. 167.
forma 18 f.
Formiae 1 9 f.
formica 1 5 f. 24 f.
formidare 17.
formido 1 7 f.
formus 17.
fornicatns 20.
fornix 20.
fortis 21 f.
frans 6.
tnlcrum 143.
ftangus 23.
galerus 354.
Geneta 84.
germanus 165.
germen 165.
gessi 334.
(ad-, e-) gretus 7.
(con-, in-) gruere 5.
gnigein 340.
gruudio 864.
horctum 21.
horctns 23.
Iiumanus 166. 347.
humilis 166.
illustrare 15.
illnstris 14. 15.
indacula 137.
interpres 449.
inritare 161. 180.
invitas 161.
involucrum 148.
ipsippe 183.
isto 182.
jacnlam 187. 143.
Jannjariano 840.
laetus 41.
laqneuB 25.
Larisaevns 340.
lavacrum 13. 143.
lavere, lavare 12.
-lexi 334
lilinm 340.
praenest. losoa 13 f.
lucere 8. 13. 15.
lucram 148.
ludere 12.
Indicer, ludicrus 144.
Indus 12.
Inna 18. 14.
lupus 2. 450.
lustrum 15.
•luTia 12.
magister 345.
malesuadus 36.
malluviae, malinvium 18.
Manes, Mana u. s. w. 84.
mansi 334.
manus 121.
Marc 91 f.
marones 90 f.
Mamllios 91.
MaruUns, MaruUa 91.
mascnlus 144.
Menelavos 340.
minister 845.
Minius 104.
mittere 176.
mola 169.
mollis 176.
monstrum 139.
mortu(v)a 839.
mulcer« 172.
multus 44.
musca 407.
muscus 177.
mnsivnm 840.
nare 140.
natrix 140.
NicolaTos 346.
nigil 840.
nudus 12.
oocnlere 864.
Ofllius, Offilius u. B. w.
102.
OinomavoB 840.
oliva 340.
pampinus 60.
psnsa 369.
Fatercnlus 106.
patulu« 46.
pectas 80.
pellis 408.
pelluviae 12.
periculum 142.
pisU 182.
pins 96.
poclum, poculum 142.
pollubrum 18.
praefericulum 143.
pressi 884.
primns 128.
privus 122.
promnlgare 44.
ProtliesilaTos 840.
pnlex 20.
pulmo 451.
quam 191.
quatio, -cutio 128.
quattuor 145.
qui 191.
qnies 180.
qninqne 340.
quincunx 103.
remus 10.
retragendum 840.
rexi 334.
ridiculua 144.
rudns, raudus, rodus 6 f.
ruga 9.
rassns 7.
mtilus 7. 8.
saeculum, saedum 137 f.
Sangtts 131.
sapsa 181.
sarcimen 32.
i' sarcio 32.
. sarcuium 186. 137.
' sarmentum 18.
: sartus 32.
, scalpo, scnlpo 461.
' scipio 361.
!sclit- 148.
I scrantum 363.
^ scrotum 868.
jscruta 362.
Bcmtillns 363.
sediculum 136. 188.
seminium 138.
senex, senicis and senis
20,
serere 82 f. 137.
servare 32.
sescnnx 103.
sex 448.
siguaculnm 187.
Silitts 99,
similis 46. 47
simnl 46.
30*
^K
Woitff.guiter.
^^H
^H-
ventiis 442.
spaii. heme 33. ^^^^B
^^1 uinifter 846.
venni» 27.
span, liiaca 23. ^M
^H 182.
vernaculua 144.
rhätor. iocle^er 141. ^^^|
^H
verrero 26 f.
Lecce ^^^B
^^M sona 867. 448.
verriculum 26.
pieni, logiia 14. ^^^^|
^^H sonticus 367.
Vesta 91,
romagn. lusna 14. ^H
^^H «iorbeo 82.
viere 176.
span. niilagro 25. ^^^^B
^^1 BOTo, sorotn, «aveia 119.
viUus 175. 409.
port. mormo 26. ^^^^|
^^H »pectmm IB.
vinculum 136.
frz. iiiorvB 26. 4|^^^H
^^M
vinum 161.
sie. raorvu 25, ^^^B
^^H -»ternnro Bü (F.
via 162.
Bpati. niuerino 25. H
^^H eteruere 36.
vHv)oleuta 389.
.tpari. palabra 25. ^M
^^H sternnei« B7 f.
vivuä 162.
frz. palefrai 22. H
^H Kttlus 3ßO.
Volcanu.^ 8.
BpHU. peligro ?5. H
^^H SiiBdu. .36.
voltug, vultus 28 f.
IiaUl. pogri^ 140. ^M
^^H .suadeo 36.
voluctr, volncrig 144.
katal. pogue 146. H
^^H »Badns 86.
vulpcs 450.
pruv. poguotx 146. ^^
^^M i<uipte
vultuoäus 28.
raschiaie 141. ^^^^M
^^H Mtavis 36.
Rugrge 53. ^^M
^^1 »ubtragcrc 340.
^^M sdbuciilu 137.
2) HittellatelDlsch.
friaul. .Vuve 244. ^^H
comask. sgarot^ 46fi. H
^^M
parafredus 22.
sonaglio 136. H
^^H
rcfereiitin 22.
frz, soiinaill« 136. H
^H
»u'la 141.
spaveiitacchi« 186. ^^^B
^^H supemlituu 356.
eprone 247. ^^^^H
^^M sutela
aadicio 24. ^V^^l
^^M suvo
3) Rotsanische apra-
frz. touUfois, aldrz. tow-^^B
^H tau
cben.
tes voies 22. ■
^H lamen 18».
(ItttUeaiscUunbczeichnet).
proT. vorma 26. ^t
Span. Ximenc 436. ^^
^^1 tennis 408.
spau. acettajo, acertijo
span. yerno 24. ^^^H
^^M terra 844.
187.
^^^^M
^^H terrco 344.
friaul. babe 244.
^^^H
^^H torculuoi 136.
rum. bab« 244.
4) Umbrisch. Yols- ■
^^H tuireo 344.
rhätor. Barclamiii 141.
kisch. M
^^H kractam 442.
biffeiu 22.
^^H Cranquillua ISO.
iieuprov. borm 25.
bio 85 f. ^^J
^^M trixi 334.
proT. caire 456.
^^^H
^^m Tro(v)nm 839.
mnäl, oara%'i'e 456.
^^^H
^^M tnrgeo 40.
rhätor. categra HO.
eeto ^^^H
^^H -urala 148.
rum. clocä 243.
fikla 448. ^^^1
^^M -uere
cofaccia 24.
Folonie 88. 98. ^^^H
^^M unda 413.
frz. craiiidre 140.
buQt (bont) 185. S^H
^^m uvere 166.
lornb. cüurw. tirol. crap
buntak 185. ^^^B
^^^1 uxor, voxor 129.
468.
huntia 185. ■
^^M vacca
span. crema 140.
IktivJDo, Ijnviuo, Ijovinu H
^^M vagire
prov. crenier 140.
119. ■
^^H vagor
friaul. cnure 255.
ivenga 131. H
^^H vapor 161.
prov. defenaalh 137.
Javio, Jovio 119. H
^^M Ta«ce
span. Elvira 436.
kastmvuf, castruo 118. H
^^m vectJs 24.
allfr/,. e.itencelle 25.
cistsrno 86 S. H
^H vehicalam 23. 142.
aUspan. iemencia 22.
courtust 128 f. H
^H velle 344. 346.
veltliu. garavina 456.
krenkutro , cringatr» H
^^H vellere 3.
comaBk. g^iov, ^ror4&6.
130 ff. M
^H
fra, haiard 78.
Cubrar ^^^M
Wortregister.
469
kumaitu, kumulta u.s.w.
124 f.
knmates, comatir 126 f.
maleta 124.
luannre 118. 120.
maronato, maronatei 89 ff.
matrer 83.
oseto 8 3 ff.
piäi 191.
poei 191.
pre 122.
prcvo 121 f.
prinuyatns , prinnatnr
120 ff.
pro- 122.
promo 128.
portavetn, pnrdovitnll9.
pns, post 90.
seso 185.
sistiatiens 188.
Bu 88.
sumr 186.
trija, trioper 118.
taa, tova, tover 118 f.
tuva, duir 118.
urfeta 129 f.
Varie 93.
vatuTs, vatovn n. s. v.
118. 123. 441.
Vesnna 91.
5) OsUsch. Sabellisch.
amatens 188.
Bannas 112.
dama, damase 108.
eftiuTÜ, eitno 118.
birpiis 22.
fst 47.
Kifpifa 109.
kipem 83.
Kluva, CluTia 108.
Cnpra 83.
cupmm 88.
lamatir 105.
meddfss, ftcSdtti a. b. w.
118.
Minies 104.
ombnet 116.
op 108.
opsed, upsed 110.
patir, patfr 105 f. 109 f.
plens 181.
post 90.
profatteDB 183.
proffed 118.
sakupam 116.
Salaviis, Salava 103.
samfi 116.
samü 46 f.
Sancns 130.
seffi 188.
Best. 181.
sifei 188.
Silies 98 f. 104.
SUli 98.
Statie 97. 99.
snvefs, savad 119.
teremnattens 183.
Ufiis 102.
UpfaU 102 f.
uruTO 87.
nupsens 183.
veia 23.
6) Etraskisch.
Mam 92.
Menis, Meina 104.
Messapiscli.
MalemniuB , Malennius
50. 55.
Dasius 53 f.
Dasumus u. s. v. 53 ff.
Lupiae , Lopiae u. s. w.
61 ff.
Rudiae, ßodiae 52 ff.
E. Arische sprachen.
1) 8ans}crit.
agina 175.
antara 48. 49.
anja 47 ff.
anjaka 48.
anjaga, anjagSmin 49.
anjatara 48.
anjönja 48.
abhilSva 10.
abhibnit, abbfbruti 4.
WZ. ar (rnömi) 313.
arftra 139.
ams 163.
arja 445.
arjamja 166.
alga 445.
alpa 445.
avrka 171.
a9man 445.
afinija 166.
yrz. as 176.
asi 176.
&ita, äsiknl 140.
Srta 163.
WZ. i§ 176.
isikä u. s. w. 177.
i§u 176.
I4gnja 308.
WZ. viki 166.
akSan 177.
udanja 45.
ufSnja 308.
ür^, fir^ 21.
Sr^avja 22.
ür^asvant 22.
ar|ita 21 f.
ürnä 409.
ö^as 168.
Sn^sa 169.
WZ. kar 143.
karira 166.
karmika 166.
WZ. kars 26 f.
kargö 27.
kirtenja 308.
WZ. kürd 164.
krmi 27. 175.
keta 161.
ketana 161.
WZ. krl4 12.
kgatra 179.
WZ. ksan 179.
WZ. käam 180.
k§ä 179.
WZ. kSi 179.
WZ. k§u, ksänti
WZ. kiubh 38.
kiumS 38.
kSnra 179.
1 470
Worlre(;i-iter.
^^H
1 ksema leo.
1 manüiami 203.
^^^^^^1
■ kimäjalö 38.
manthara 202.
vata ^^^H
1 gülra H».
WZ. mar? 171.
vitula 28. ^^^H
H grSvan 10.
inar^ana 171.
vSri '2i). SO. ^^1
^^ Kana 187.
mätra 47.
v^ra ^^M
^^H Mandanii 50.
WZ. Ulis 1.
vSla, b&la 30. ^H
^K lUkaiLlu (von WZ. kan)71.
WZ. lllill 1.
23. ^^M
kheka 180.
mütra 366.
WZ. vtdh (vjadh) 174. ^^|
^r^ara 306.
iiie4hro- !•
191. ^^M
I^raa 807.
meU 1.
vrka 2. 171. 450. ^H
vz. ^rv B.
ra^ana 163.
vrkSi 2. ^M
^hätn 144.
riij^as 163.
vr^nd 3. ^H
InSti 866.
rata 180.
WZ. vraft 150. ^^M
WZ. gvttr, ^val 5.
w z. ran 7 l .
farkarS 148. ^H
taniis 408.
rant«, ranta 70 f. 314.
fardbas 168. ^H
te^as 1G8.
WZ. rabh 445.
WZ. {udb, (ondb 35. ^^U
WZ. darh, ilrhati 21.
WZ. ruft 3. 14,
46. ^^M
dStrü 139.
WZ. r-ng 9.
sakta, sakti 31. ^H
duisvapua 40.
WZ. rudh 3.
WZ. sa^, sang 31. ^^M
durvada 36.
rudhirä 6.
samänd 47. ^^H
dr4ha 167.
WZ. roh 2.
gnräiiii 38. ^^H
WZ. dhar 17. 19.
rüpä 3 f. 18.
^^M
dliarimän 19.
rärä 8.
WZ. sag, aanti 33. ^^U
dharträm 113.
WZ. re^, rSgate 11.
Budiv, tndiva 36. ^^H
WZ. dbars 79.
röman, löman 4.
auvana 408. ^^H
WH. dlivnr 5.
röhajSmi, röpajämi 4.
^^M
-lihru, -dlinit 5.
röhit 7.
sfinfta, Bünnrl 35. ^^|
dhnitr b.
röhita 6 f.
Bthäaa 46. ^^^H
unkra, nÄhra 140.
WZ. lagK, laägh 12.
^^^^H
WZ. niv 3 10.
la v^iiaka 1 .
8va 42 ^^^H
pakSii, paki^afl 80.
lavi 10.
^^^^1
palitä, pälikni 140.
Invilra 10.
svfidu 36. ^^M
pavitra 144.
WZ. lunS, lunkati 3.
hauus 408. ^^H
ptltram 14 '2.
WZ. lubb, lubhjati 3.
WZ. bvar, bruiiStt 4 ^^|
pu.skaru, puNkala 14S.
WZ. m 10.
^^^
pur^a 400.
lötram 148.
^H
pürvfl 175.
pratisfiriCB 33.
lüpA^as 451.
löha 6.
2) Prakrit H
pramuiulia 202.
vaKaknd 140.
rukkha ^^M
prijit 41.
vadStui 36.
(inschr. vun Giniar) ^^M
prijatfi 41.
vania (wz. vbd) 71.
^M
WZ. pri 41.
WZ. vam 24.
^^M
WZ. l>liang 38. 39.
vamrä, vamraka 24.
^^M
bhavila 41.
btiavja 41.
WZ. var 3 f.
vanitrara 143.
3) H
bfaslas 447.
varäoja 307.
pjar, pijsr 4t. ^H
bhgvaj 41 f.
värkis 3. 168.
^^1
WZ. bhss 79.
WZ. varg, vrna)^nii 26.
^^1
WZ. bliä 41 f.
wi. bliram 16 f.
WZ. vardh, vardbale 2.
varpas 4. 18.
4) Zigeunerisch. ^H
bhrü 178.
valralka 16. 24 f,
^H
maksikfi 407.
vavri 24.
Bcbuklo, schukalo 14lt. ^^^^M
manisara 3S.
va^ä i77.
^^^H
inap4ala 202.
vahilram 142.
^^^H
matb, macth 17Ü. 202.
vahja 23.
1
Wortregister.
471
5) iltpersisch.
tharda 168.
paruva 176.
lijSti 176.
hamapitar 31.
6) Ältbaktrisch.
aoganh 169.
aogazdäo 169.
aothra 189. 148.
anja, ainja 48.
Sonbaire, SonhSire 166 ff.
Sftaothwana 147.
WZ. nrud 6.
qaena 42 f.
khSvas 448.
zaremaja 166.
tighra, -i, 861.
dstbra 189.
WZ. tbru 6.
paonrva 176.
pathana 46.
fS&naj 39.
WZ. fSa, fSnjant 89.
maoiri 24.
mfitbra 366.
mrBra 3.
raokb§na 14.
WZ. mk, caus. raoka-
jeiti 8.
WZ. rad 2. 8. 6.
vaoiri 24.
WZ. var, verenvaiti 8.
vareKanh 3.
WZ. varezd 12.
vareta 27.
WZ. vared 2.
vSra 29 f.
yehrka 460.
fareta 30.
faredba 168.
fadbu 86.
ftüna 46.
WZ. fnt 6.
WZ. is 180.
gäta 180.
äsiti 180.
skSta 180.
WZ. Bkjä 180.
hana 20.
bannra 32.
hithwaat 147.
hu, bfi, hvö 34 f.
hvarez 36.
hvira 85.
7) Pehlvi.
fgS 39.
8) Nenpenlsch.
hemSn 47.
9} AfghanisclL
Inr 10.
10) Ossetisch.
andar 48.
11) Armenisch.
ail 47 f.
F. Lettisch -slawische sprachen.
1 ) iltprenrsisch.
addle L39.
aumüsnan 366.
dinkaut 167.
drükui 167.
ebsentliuDs 188.
erderkts 167.
gSntaan 167.
glawo 408.
kerda 167.
kennen 166.
kermeniskas 166.
kirkis 167.
ISnkinaa 167.
Upe 450.
lauxnos 14.
mergan 167.
milan 176.
niqnaitings 162.
panno 40.
podingan 157.
poqnoitisnan 162.
WZ. pret 449.
qnaito 161. 162.
quoit 162.
snnde 448.
wirbe 408.
yttroy 139.
2) Lltadsch.
akmen- 446.
antras 48.
apmetai 176.
aps^gti 31.
arklas 188.
atnünklas 139.
aükld 187. 189.
^ioksas 8.
ankaztas 169.
•üti 137.
avinas 176.
balanda 447.
balandis 447.
balti 446.
brauna 178.
britva 408.
buklas, bukla, bukle 1 38.
dygalis 46.
diklas, dfikle 139.
^gle 139.
galva 408.
gerkle 189.
grabas 867.
griüti 6.
grabt! 867.
gulbe 447.
gurkl.vB 189.
bklas 139.
iszkyla 366.
kalnas 866. 409.
kelti 866.
kerdius 168.
kilnas 866.
kinkaa 400.
kirmU 176.
klanas, klanis 368.
■
Wortregister.
1
^M klauda 164.
8Vjrrfi'.ti 80.
britva 407.
J
^m klaude 166.
szalinaa 366.
cedilo 189.
^H klaadingas 165.
szalti 30.
creda 167.
^^H
■ kliati 166.
azittaa 187,
triivT 175.
^^H
■ kladyti 166.
tamfe 189.
dtv-rTjlö 446.
^^H
^M kOAü\yS 364.
tamui 407.
diain 446.
^^^B
■ kvUaljra 162.
triiksztu 44-2.
doba 446.
^^H
^B kvestl 161.
turklclia 189.
glava 407.
^^H
^H kreivaa 175.
tverti 173.
gomyla = mogy
In 445.
^M kulnls iOg.
väUs, pl. v^Iai 80,
g;iiii'Tati 811.
j
^H laigyü 12.
vazys 28.
gnevö 311.
1
^M lapK 450.
vc'rti 8.
go1q.bT 447.
J
^H iDgnas B.
vcrziii, yhriti 26 f.
griibü 367.
^^M
^H luszts 10.
vidbs 174.
grülo 139.
^^M
^H miiiszas ] .
vükas 4 50.
jazino 175.
^^M
^^ maadaa 36C,
vilna 40ö.
kamoni- 445,
^^M
^H mazgas 177.
vSlnia 409.
kflSTlT 364.
^^H
^M meU.s 170.
virti 3.
klada 358,
^^H
^M meeü 176.
virras 408.
klnti 357.
^^H
■ railu 175.
virz)'8, verzys 25,
kleti 356.
^^H
H militi 170.
seltnen- 165.
holUra 357.
^^B
^H paklanaa 368.
Z^aklaS 138.
koprira, kropi^ra
443, 1
^M paklanua 358.
krank 132.
^J
^H paminklaa 139.
krivü 176.
^M
^B pilnas 409.
^1 pinnaa 175.
3) Lettisch.
fcrong 132.
lebedT 447.
s
^P plere 408.
angja- 169.
licLva 408.
^^H
V^ prantii 449.
ankla, auklia 137. 139.
lo^ea- 864.
^^H
H pr<$ta9 440.
balud 447,
luiia 13.
^^1
H rauka 9. 164.
bala 446.
mechu 1.
^^1
H rlnkti 164.
ikri 139.
mezda 174
^^1
■ rädas 7.
jttuneklis 144.
mravij 25."
^^H
■ rudiklte 7.
lapfsa 450.
mucha 40 7.
^^H
^B rndis 7.
maifg 1.
myJ5 366,
^^H
^M rankü, riikti 9,
mila 175.
oralo 138.
^^H
^B aagüs 81.
prohtu 449.
ovi'nü 175.
^^H
^H sausae 33.
sagtis 31,
piseno 364,
^^1
^U aegiü, Be^ti 31.
s^deklis 138.
poiijj} 180.
^^M
■ seklä la'T.
segli 189.
poklonü 868.
^^H
^1 s^Ua 244.
Sita 244.
pokuj 180.
^^1
^B skiaudu, skUudie'li 3S.
amIkU 144.
poinyjg 366-
^^H
^1 skreplei 363.
spidelft 39.
prüvTi 175.
^^H
^H smanku 366.
spigals, gpi^uhi 39.
rabü 446.
^^H
^H Bpengiu, !<peiigtl 39.
sp/gulfit 39.
rav; 164.
^^1
^H npinde'ti 39.
widduklis 144,
raj 445.
^^H
^B fipmgu, spinge ti 39.
r^ka 164.
^^H
^m Epjioju 37.
raka 445.
^^H
^^ sprogü, sprage'ti 40.
4) Eirctiengla wisch.
ralija 74.
rokü 164.
H
^^^H sravii'ti 5.
agnici 1 75.
Tuda 6.
^^1
^^^^^ smdza, emsti 5.
armg 445.
ruzda 7.
'^^H
^M stiklaa S61.
^zlü 365.
akolü 179.
^^1
^B svkrtis SO.
b^Iii 446.
slemu 355.
^^M
H sveriii, nvtrti 20. 33. 34.
beluga 447.
aliJnice 408.
^^H
H sviräs 20.
blato 74.
smoku 366.
J
Wortregister.
41
smokva 28. 411.
jedjupak 248.
kleinruss. tverezyj 446
smnc^ 366.
knlenica 242.
vedmedi 446.
Bmyc§ 866.
kuljen 242.
kleinrass. vedmid 446.
siuykü 866.
lokma (lokva) 242.
stiklo 361.
madjnpak 248.
ätipi 180.
sÜTgzlo 866.
moma 241.
ploöa, ploska 242.
7) Gechisch.
tomu 407.
pmd 242.
bydlo 138.
tr^zTÜ 446.
rdakva 248.
hrdlo 139.
tvoru 178.
sito ^44.
role 74.
ugn 169.
Btap 247.
Spina 46.
nv^Blo 866.
Btreha 244.
T§zlä 866.
zaba 244.
varu 3.
Tgif 366.
8) Polnisch.
vläku 460.
vlSna 407.
6) Russisch.
bryndza 242.
ikra 139.
vozn 28.
anqjaku 446.
jodla 189.
Tritt 3.
gnevü 811.
tabedz 447.
vrubi 408.
kablncoku , klobncokü
radlo 138.
znati 366.
446.
ladoni 446.
5) Serbisch. Neubnl-
lebeda 447.
medvädi 446.
9) Sorbisch.
garlsch. Kroatisch.
miarhi, zmnriti 446.
kleinruBB. namast^T 446.
morre 26.
baba 244.
aünabditi sja 446.
braie 241.
avi 446.
G. Keltische sprachen.
1 ) Altkeltisch.
{o 174.
löeg 12.
3) Kymrisch
car- 466.
l<$thar 18.
aradyr 138.
lautro 18.
maoiB 2.
gwad 123.
moirb 25.
hwnt 187.
mnc 407.
jach 174.
2) Irisch.
nathir 140.
samail, Munal 47.
jechyt 174.
mwys 2.
alle 47.
8u-, 80- 84. 86.
ailigim 48.
Gedrackt bei A. W. Schade (L. Schade) in Berlin, Stallschretberntr. 47.
Verbesserangen und nachtrage.
8. 13, z. 9 Ha: laii^ör,
8. 72^ ff. Herr Hermann PQgter, hauptmann im ersten obersclilestachen in-
fanterie-regiment no. 22 zu Rastatt, hat die gUte gehabt, uns einige
bemerkningen zu der anzeigu vuu Regcls Euhlaer luundart mitzatlieilen.
Herr Pflster bezweifelt namentlich, dals die von Regel fUr den uralten
zaaammecbang des thUriogiacbeit und angliacben Stammes geltend ge-
macbten erscbeinuiigen, <1a sie theilweiae aacb in andern dialekten vor-
kommen, zu einem solchen beweise wirklich verwendbar seien. Er er-
wähnt femer, dafs die sprachgemärse erklärung der henneborgiscben
(Übrigens auch sonat vorkommenden) participia auf angebliches -ing,
wie sie z. b. von Tobler in d. zeit^chr. XVI, 269f. gegeben worden ist,
ihm schon vor jähren von dr. Grein aus hessischen weisthUmem bestä-
tigt wurde. Endlich sieht er das wesentliche der siebenbilrgischen for-
men hockt, hockt, brockt u. s. w. in der entwickelung eines gutturalen
vor dentaleil, trennt sie also von den ruhlaiechcn schrek, sclirik, sfiik.
Intereüsont fUr die beziehungen zwischen Siebenbürgen und dem Kie-
derrhcin ist. da<i vorkommen derselben erscheinung im kölnischen und
niederhessischen (vgl. Pfister, über den cbattisciien mamen, Kassel 18ti8,
g. 41}: in niederhessiaches, strichen begegne IiUkt, ükfa für heut, ans;
das kölnische gehe noch einen schritt weiter, indem es den echten den-
tal hinter dem unechten eindriuglinge tilge: hUck, zick ss heut, zeit.
8. 191, z. 2 lis: poei.
s. 241, z, 7 V. n. lis: 88 statt 48.
8. 262, z. 2 V. u. lis : uruiö statt ulmt'.
Zu 8. 2S7, z. 18 V. o. fl°. waren zunächst it. difflcoltoso , maestoso, pietoso,
sp. dißcnltosa, magestuso, piadoso u. s. w., dann auch fr. cbaritable, v^-
ritablc, it. maestevole u. s. w. zu vergleichen.
Zur anm. auf s. 375. Während in den übrigen romanischen sprachen der
einschub des n vor dentalen oder gutturalen nnter den verschiedenartig-
sten bedingnngen eintritt, so im rtunUuischen fast nur unter der, dafs
die betreffende silbe mit o anlautet: c^runt fUr 'cünuQt (cauutus), mS-
nunt mHrunt (minutus) — genunchiu (genlculum), mänunehiu (manicu-
lam für -a), ijfiiunchiu r(.'runchiu (auch rinichiu ^ reniculns) — aoaC-
uiiitzä aiuErintzli [•adminaoiare, sp. amenazar) — ftiningine (ftiligine) —
moninck (mandacare), auch nuntä (von nnptus, =: nuptias). Sehr sel-
ten in anderen fltllcn, wie amindoi (ambo doo), sparaagä (asparagas),
wozu man aber it, amenduo, nengr. ttnaQÜyyi halte.
B. S78, z. 8 v. 0. Ils: käliip statt kalüp.
ebend. z. 1 v. u. lis: poille statt poille.
8. 282, z. 10 y, o. : zu „ind. piel" füge hinzu: „ich zeuge*,
ebend. z. 8 v. n. lis: dU'rStti statt dU'retS.
s. 283, z. 14 V. 0. lis: jatBr« statt j^tere.
s. 300, z. 7 V. o. lia: noßi dnl statt noni dm.
s. 355, z. 16 V. o. iia: nachzuweisen,
ebend. z. 17 v. o. lis: fleck,
ebend. anm. ?.. 2 lis: doutscheD.
s. 403 in der tabella zu anfang der vierten Bp«lt« lis: rl : U.
9. 480, z. 2 V. u. lis: Egicani.
i
r